Titel: | Künstlicher Sandstein, ohne Brennen dargestellt, von Fr. Ransome. |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. LXXXIX., S. 343 |
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LXXXIX.
Künstlicher Sandstein, ohne Brennen dargestellt,
von Fr. Ransome.
Aus dem Practical
Mechanic's Journal, Januar 1862, S. 260.
Ransom's künstlicher Sandstein.
Ueber die Fabrication künstlicher ungebrannter Sandsteine ist in der letzten
Versammlung der British Association zu Cambridge ein
Bericht von Dr. Ansted
erstattet worden, aus welchem wir nach unserer Quelle das Wichtigste mittheilen.
Hr. Ransome erhielt schon vor vielen Jahren ein Patent auf
die Darstellung künstlicher Steine durch Brennen verschiedener Gemenge von Kalk,
Thonerde und Sand, welche zuvor mit Wasserglaslösungen befeuchtet worden sind; die
hiernach dargestellten Producte waren sehr schön. Jetzt hat sich derselbe ein neues
Verfahren patentiren lassen, welches einen harten und dauerhaften Stein, ohne Brennen, mittelst doppelter Zersetzung bei
gewöhnlicher Temperatur herzustellen gestattet.
Der neue Stein, gänzlich verschieden von allen bisher künstlich erzeugten Steinen,
kann in jeder Form und Größe erhalten werden und eignet sich nicht allein zu grober
Mauerarbeit, sondern auch zu den feinsten und schönsten architektonischen
Verzierungen. Er besteht aus gewöhnlichem Sand und Kreide oder einer anderen
Mineralsubstanz, mit einem kieselerdehaltigen Bindemittel, welches die Masse fest,
hart und unzerstörbar macht, indem es durch eine nachfolgende einfache Operation in
ein unlösliches Kalksilicat verwandelt wird, daher das Product die Eigenschaften der
alten römischen Mörtel besitzt, welche seit zweitausend Jahren sich unverändert
erhalten haben.
Die Bereitungsart ist einfach und beruht auf
wissenschaftlichen Grundsätzen. Der Sand und die Kreide oder sonstige
Mineralsubstanz werden innig mit einer angemessenen Menge gelösten
Natron-Wasserglases gemischt. Dieß geschieht in einer gewöhnlichen Thonmühle
und liefert eine plastische Masse, welche man entweder in Formen preßt oder zu
Platten walzt etc. Hierauf wird die Masse mit einer Lösung von Chlorcalcium
getränkt, wornach eine doppelte Zersetzung beider angewandten Lösungen eintritt; es
entsteht nämlich unlösliches Kalksilicat und Chlornatrium; ersteres umhüllt und
cementirt alle festen Theile von Sand oder Kreide etc. aufs festeste, während das
gebildete Chlornatrium durch Waschen entfernt wird.
Die Herstellungskosten sind für einfache Steine und
Platten geringer als an manchen Orten die Kosten für natürliche Steine, während die
Mehrkosten für die Arbeit beim Formen von Zierrathen u.s.w. sehr gering sind. Die
Hauptausgabe veranlassen die erforderlichen Formen, obgleich auch diese nicht
erheblich ist, da man sowohl Gyps wie Holz für dieselben anwenden kann.
Die Hauptvortheile des Verfahrens sind folgende:
1) Die Fabrication ist einfach und wohlfeil, da sie keine großen Einrichtungskosten
etc. erheischt.
2) Die angewandten Materialien gehören zu den gewöhnlichsten und fast überall
vorkommenden Naturproducten.
3) Die Steine können an dem Orte, wo man ihrer bedarf, und in der genau
erforderlichen Gestalt dargestellt werden und zwar zum selben Preise wie natürliche
Steine im bearbeiteten Zustande. Das Aussetzen der Steine ist dasselbe wie das der
schönsten natürlichen Steine. Man kann ihnen jede verlangte Farbe ertheilen.
4) Die Fabrication ist mit keinerlei Materialverlust verbunden; nöthigenfalls können
die Steine hohl gemacht werden.
5) Die künstlichen Steine werden nicht wie die natürlichen von den Dünsten der
Atmosphäre, namentlich in Fabrikorten und in bevölkerten Städten, angegriffen; sie
werden vielmehr mit der Zeit immer härter und bilden, abgesehen von dem Urgesteine,
das beste und dauerhafteste Material für äußere Verzierungen an den Gebäuden.
6) Die Festigkeit des künstlichen Steines ist größer als diejenige des Portlander
Kalksteins.
Die relative Festigkeit des Steins wurde durch folgende
Versuche geprüft:
Eine parallelepipedisch geformte Stange von 4 Zoll Breite und 4 Zoll Dicke wurde auf
ein eisernes Gestell gelegt, so daß sie an jedem Ende 1'' Auflage hatte und zwischen
beiden Auflagen 16 Zoll frei blieben; sie trug in der Mitte ein Gewicht von 2122
Pfd., während eine Stange von Portlander Kalkstein unter gleichen Umständen bei 795
1/2 Pfd. brach.
Die Cohäsionskraft wurde an besonders behauenen Stücken
geprüft, deren Querschnitt an der schwächsten Stelle 5 1/2 Quadratzoll betrug:
Ransome's Stein trug
1,98 Pfd.
während Portlander Kalkstein, von
denselben Dimensionen und ähnlich behandelt, brach
bei
1,10 „
natürlicher Stein (Kalkstein) von Bach brach bei
0,79 „
natürlicher Stein von Caen brach bei
0,76 „
Ein 4zölliger Würfel des Ransome'schen Steines trug ein
Gewicht von 30 Tonnen bevor er zerdrückt wurde.
Dr. E. Frankland spricht sich
über den Ransome'schen Stein folgendermaßen aus:
„Die Proben wurden so gut als möglich von gleicher Form und Größe
geschnitten, mit einer harten Bürste gereinigt und bei 100°C. vollständig
getrocknet, dann mit Wasser getränkt und wieder gewogen, und so ihre Porosität
oder wasserabsorbirende Kraft bestimmt. Dann wurden sie 48 Stunden lang in eine
große Menge der unten genannten sauren Lösungen gehängt und der Gewichtsverlust
jeder Probe bestimmt. Hernach wurden sie mit Wasser bis zur Entfernung aller
Säure gekocht und abermals gewogen. Endlich wurde nach dem Trocknen bei
100°C. und Reinigen mit einer harten Bürste der Gesammtverlust seit dem
ersten Bürsten ermittelt. Folgendes sind die erhaltenen Zahlen:
Textabbildung Bd. 167, S. 345
Natürlicher Stein (Kalkstein) von;
Porosität. Proc. des vom trockenen Stein absorbirten Wassers; Procentische
Gewichtsänderung durch Eintauchen in verdünnte Säure;
Gesammtverlust-Procente durch die Wirkung der Säure des Auslochens mit
Wasser; Weiterer Verlust durch Abbürsten; Gesammtverlust durch alle Wirkungen;
von 1 Proc; von 2 Proc; von 4 Proc; Abnahme; Zunahme; Bath; Caen; Aubigny;
Portland; Anston; Whitby; Hare Hill; Park Spring; Ransome's Patentstein;
keine
Ueber die Zusammensetzung und Eigenschaften des Bitterkalks aus den
Steinbrüchen von Anston, welcher hauptsächlich
zum Bau des neuen englischen Parlamentspalastes verwendet wurde, setze man
polytechn. Journal Bd. CLXIV S. 283.
Die Zahlen in vorstehender Tabelle sprechen für sich selbst; sie zeigen
einerseits, daß die Steine von Portland, Whitby, Hare Hill und Park Spring die
besten natürlichen Steine in Bezug auf Widerstandsfähigkeit gegen die Atmosphäre
der Städte sind, und andererseits daß der Ransome'sche Patentstein den besten von ihnen ebenbürtig ist. Berücksichtigt man noch die
Neuheit des künstlichen Steins (das untersuchte Exemplar war erst vor 14 Tagen
dargestellt), so muß man, in Betracht der bekannten Eigenschaft des
Kalksilicates mit der Zeit immer härter und krystallinischer zu werden, zu der
Ansicht kommen, daß das von Ransome erfundene
Material besser wie alle anderen Steine – die Urgesteine ausgenommen
– zu äußeren Bauverzierungen anzuwenden seyn wird.
Nach der Zusammensetzung des Ransome'schen Steines ist
auch ein schädlicher Einfluß der Atmosphäre der Seeküsten auf denselben nicht zu
befürchten.“