Titel: | Neuer Schiffs-Dampfkessel, von Dr. Fr. Grimaldi. |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. LVIII., S. 248 |
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LVIII.
Neuer Schiffs-Dampfkessel, von Dr. Fr. Grimaldi.
Aus dem Civil Engineer and
Architect's Journal, November 1862, S. 351.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Grimaldi's Schiffs-Dampfkessel.
Dieser, dem Erfinder in England patentirte Kessel ist für stehende und
Schiffsmaschinen, besonders aber für letztere, von vortheilhafter Anwendbarkeit, und
namentlich zur Erzeugung von hochgespanntem Dampf bei gepanzerten Schiffen geeignet,
wo Ersparniß an Raum und Last von großer Wichtigkeit sind. Die Eigenthümlichkeit
dieses Kessels besteht darin, daß derselbe sich während der Dampfbildung fortwährend
um seine Achse über der Feuerung dreht. Dadurch ist seine besondere Form, so wie die
Einrichtung zum Speisen, zum Dampfabführen u.s.w. bedingt.
Diese Construction bietet den Vortheil rascher Dampfentwickelung indem das Wasser,
welches sonst nur ein sehr schlechter Wärmeleiter ist, hier durch mechanische
Mischung aller Theile hin und her bewegt wird, wozu die überall angebrachten Röhren
besonders beitragen. Auch erfährt die Dampfentwickelung auf ruhigen Flächen
erhebliche Schwierigkeit in der Lostrennung des Dampfes von diesen, was hier
gänzlich vermieden wird, indem die Oberfläche des Kessels durch dessen Bewegung
allmählich unter neue Wassertheile gebracht wird und so die Dampfblasen
gewissermaßen abgefegt werden. Die Bewegung des Kessels und der Röhren ist eine sehr
langsame, und das Wasser fast ganz in Ruhe.
Der sich drehende Kessel ist nothwendig von cylindrischer Gestalt; er ist daher
besonders zur Erzeugung von hoch gespanntem Dampf geeignet und folglich der
Beachtung von Seite derjenigen besonders würdig, welche seit einiger Zeit versuchen,
Hochdruckmaschinen auf den Seeschiffen einzuführen.
Es kann noch nicht genau festgesetzt werden, welchen Bruchtheil der bisherigen
Heizfläche man bei den sich drehenden Kesseln nöthig hat; nach den vorliegenden
Erfahrungen scheint etwa ein Fünftel derselben ausreichend. Man nimmt 9 Quadratfuß
horizontaler Oberfläche oder 15 Quadratfuß Gesammtfläche als ausreichend an, um
stündlich einen Kubikfuß Wasser zu verdampfen, während der sich drehende Kessel dieß
mit 3 Quadratfuß Oberfläche bewerkstelligt hat. Natürlich gilt dieß nur unter der
Voraussetzung reiner Oberflächen; gewöhnlich nimmt man für Schiffskessel
20–30 Quadratfuß als für jede Pferdekraft nothwendig an.
Der in Fig. 13
und 14
dargestellte Kessel ist cylindrisch, mit flachen Böden, und fast ganz mit 3zölligen
Röhren angefüllt. An jeder Seite befindet sich ein Zapfen, durch welchen resp. das
Speise- und das Dampfrohr hindurch gehen. Letzteres erstreckt sich radial
zwischen den Röhren hindurch nach der Oberfläche des Kessels; der Dampf tritt
nämlich an der höchsten Stelle des Kessels ein und nimmt kein oder doch nur wenig
Wasser mit sich, da ihn die oberen im Dampfraum befindlichen Röhren überhitzen und
trocknen. Die Sicherheitsventile dieser Kessel befinden sich an dem festen
Dampfrohr, und Dampf- und Wasserstandsröhren sind in der in den Figuren
angedeuteten Weise passend angebracht. Der Kessel macht 1 1/4 bis 1 1/2 Umdrehungen
per Minute und zwar entweder mittelst einer
Verbindung mit der Maschinenwelle, oder mittelst einer besonderen auch zur Speisung
u.s.w. benutzbaren kleinen Maschine.
Der ganze Kessel ist in ein mit Ziegeln gefüttertes Gehäuse eingeschlossen, so daß
für den Feuerzug hinreichender Raum um ihn herum bleibt. Jeder Theil der Kesselwand
geht der Reihe nach über die unten angebrachte und sich unter der ganzen Länge hin
erstreckende Feuerung, und wird so als Heizfläche verwerthet, wodurch es erklärlich
wird, daß ein kleiner Kessel dieser Art so viel Wirksamkeit zeigte; die
Kesselplatten können bei dieser Einrichtung niemals überhitzt werden, wenn auch noch
so wenig Wasser im Innern vorhanden ist. Der Boden wird stets zunächst bedeckt; eine
Explosion ist also kaum denkbar.
Es hat sich herausgestellt, daß die Drehung des Kessels und der Röhren die Bildung
des Kesselsteins sehr erschwert, wenn nicht unmöglich macht. Der kleine
Versuchskessel, welcher sich auf der Londoner Industrie-Ausstellung befand,
blieb während 14 Monaten unter Benutzung gewöhnlichen Wassers in Thätigkeit und
wurde bei der nach je sechs Monaten vorgenommenen Untersuchung nur mit wenig
pulverförmigem Absatz im Innern bedeckt, aber ohne Incrustation gefunden. Nur in den
unbeweglichen Theilen, wie bei der Speiseröhre, zeigten sich Spuren einer solchen.
Die merkwürdige Art, wie sich manche mit Condensation arbeitende Schiffskessel, wie
es scheint durch eine Säurebildung an schmierigen Stellen, an den Seiten und an den
Röhren angegriffen fanden, ist noch nicht genügend erklärt, mag aber zum Theil dem
Schaum zuzuschreiben seyn, welcher auf dem Kessel schwimmt und stets mit demselben
Punkt des Kessels in Berührung ist. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß dieser
Uebelstand sich bei dem rotirenden Kessel nicht zeigen wird, da dessen ganze Fläche
mit dem Schaum in Contact kommt und zwar immer nur auf sehr kurze Zeit. Indessen
fehlt es noch an Erfahrungen über diesen Punkt.
Die Höhe des Kessels übersteigt nie 10'; sein Gewicht, wenn er mit Wasser gefüllt
ist, erreicht nicht die Hälfte von demjenigen eines gewöhnlichen Schiffskessels,
selbst wenn er, was nicht nothwendig ist, die gleiche Heizfläche haben sollte. Auch
die übrigen Dimensionen sind sehr vermindert. Ein gewöhnlicher Schiffskessel mit
1400 Quadratfuß Heizfläche bedeckt einen Raum von 10 1/2' auf 11 1/2', bei einer
Höhe von 16 1/2', und wiegt mit dem Wasser 31 1/2 Tonnen; dieß gibt etwa 51 Pfund
per Quadratfuß Heizfläche, und die nöthige
Bodenfläche beträgt etwa 1/10 Quadratfuß per Quadratfuß
Heizfläche. Ein rotirender Kessel dagegen von über 1600 Quadratfuß Heizfläche nimmt
bei 9' 7'' Höhe einen Raum von 9' 6'' auf 7'' 4'' ein, d.h. nur 1/25 Quadratfuß per Quadratfuß Heizfläche; dabei wiegt er mit dem Wasser
13 Tonnen oder 18 Pfd. per Quadratfuß Heizfläche.
Nehmen wir also einstweilen an, daß für beide Kessel ein Quadratfuß Heizfläche die
gleiche Wirkung hätte, so finden wir, daß der rotirende Kessel gegen den
gewöhnlichen Schiffskessel nur
ein Drittel an Gewicht,
ein Viertel an Volumen,
die Hälfte in der Höhe,
die Hälfte an Bodenfläche
einnimmt.
Ist die Heizfläche beim rotirenden Kessel nur von doppelter Wirkung, so werden diese
Verhältnisse noch um die Hälfte verringert, und wenn die Folgerungen, wozu man
bereits gelangte, durch die Erfahrung bestätigt werden, so wird der neue Kessel an
Gewicht und Raum nur ein Drittel der bisherigen Schiffskessel erfordern.
Was den Brennmaterialbedarf betrifft, so gestattet der kleine Versuchskessel noch
keinen sichern Schluß in dieser Beziehung. Er hat nur 18'' Durchmesser und 18''
Länge, verwandelt aber mit dem Verbrauch von 1 Pfd. Kohle 7 1/2 Pfd. Wasser in
überhitzten Dampf. Man kann also hiernach eines guten Effectes bei großen Kesseln
gewärtig seyn.
Vermindertes Gewicht und geringere Größe, also verminderte Kosten; Vermeidung
übermäßiger Abnutzung gewisser Theile, in Folge der Gleichmäßigkeit aller Abnutzung;
möglichste Stärke der Construction und mit- hin Vermeidung der
Explosionsursache; Einfachheit in der Herstellung und Reparatur – Alles dieß
scheint diesen Kessel als den besten Hochdruckdampferzeuger für Dampfschiffe zu
empfehlen.
Um ein entscheidendes Resultat zu erlangen, wird jetzt ein solcher Kessel von 30
Nominal-Pferdekräften durch John Stewart und Sohn zu den erforderlichen Proben hergestellt.
In dem Langendurchschnitt Fig. 13 und dem
Querdurchschnitt Fig. 14 ist B der Kessel mit den dreizölligen
Röhren t: e ist der vordere nach innen verlängerte
Zapfen, welcher mit sechs Paar Röhren p versehen ist,
die nach dem Umfang divergiren und daselbst offen sind. S ist das Dampfrohr, welches ruhend bleibt, während der an dasselbe dicht
schließende Zapfen sich dreht; es ist mit einer Längsöffnung o versehen, welche mit den oberen Röhren p in
Verbindung steht, so daß jedesmal nur durch die zwei obersten Röhren Dampf austreten
kann, da nur diese mit dem Abzugsrohr verbunden sind. In Folge der Stellung der
Röhren zum Dampfrohr muß alles Wasser, welches etwa in eine aufsteigende Röhre
mitgeführt würde, nach dem Wasserraum durch das untere offene Ende zurückfließen,
wodurch also das Rohr vollkommen trocken bleibt und den Dampf nur aus dem obersten
Kesselraum empfängt. Eine der Bodenröhren p ist mit der
Abflußröhre n verbunden.
Der andere Kesselzapfen trägt außerhalb des Gehäuses das Zahnrad C, durch welches die Hülfsmaschine D den Kessel in Bewegung setzt. Durch diesen Zapfen
tritt das Speiserohr f ein; g und h sind die Wasser- und
Dampfröhren des Standrohres d. E ist das eiserne
Gehäuse, welches den Herd G, den Feuerraum H und die Rauchkammer N
bildet. Der Boden des Gehäuses ist bis auf einige Zoll von den Roststäben vorn und
hinten offen, um die Luft unter dem Rost eintreten zu lassen. Der Haupttheil des
Gehäuses, welcher den Kessel und den Ofen umfaßt, ist mit feuerfesten hohlen Ziegeln
gefüttert, welche in einander eingreifen und an das Gehäuse verankert sind.
P ist die Zwischenwand zwischen Kessel und Rauchkammer.
Die Seiten des Gehäuses sind mit Zugangsthüren zum Reinigen und Repariren der
Kesselröhren versehen.