Titel: | Ueber die Gewinnung des Wismuths aus Erzen durch Schmelzen im Tiegel; von R. Vogel, k. k. Hüttenmeister in Joachimsthal. |
Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XLIV., S. 187 |
Download: | XML |
XLIV.
Ueber die Gewinnung des Wismuths aus Erzen durch
Schmelzen im Tiegel; von R. Vogel, k. k. Hüttenmeister in
Joachimsthal.
Aus der österr. Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1862, Nr. 33.
Vogel, über die Gewinnung des Wismuths aus Erzen durch Schmelzen im
Tiegel.
Das geringe Ausbringen von Wismuth aus Erzen bei dem bisherigen Saigerproceß und der
hohe Werth dieses Metalles, welcher innerhalb eines Jahres von 3 fl. für das Wiener
Handelspfund auf 17 fl., d. i. mehr als ein Drittheil von jenem des Silbers, sich
erhöhte, gaben Veranlassung, auf einen zweckmäßigeren Proceß zu denken, dieses
kostbare Metall aus den Erzen zu gewinnen.
Die günstigen Resultate, welche man in der Joachimsthaler Hütte hinsichtlich des
Bleiausbringens hatte, brachten den Gedanken nahe. Wismutherze in einem 28 Fuß hohen
Bleiofen nach dem bewährten Verfahren zu verschmelzen, und es wurden in dieser
Beziehung Versuche abgeführt, welche aber als mehr oder weniger ungünstig bezeichnet
werden müssen. Das Ausbringen an Metall war nämlich sehr gering, im günstigsten
Falle nur 24 1/2 Proc. vom Aufbringen – es war noch dazu verunreinigt mit
Blei, denn Blei aus dem Ofengemäuer kam in das Schmelzgut und Wismuth dafür wieder
in das Ofengemäuer – der größere Theil des Wismuths gieng in das Ofengegrätz
– und der Metallabgang betrug 15 Proc.
Die Ursachen eines größeren Metallabganges liegen in der Eigenschaft des Wismuths,
welches bei einer geringen Temperatur flüssig bleibt und noch dazu dünnflüssiger als
Blei ist, somit in das Ofengemäuer und in das Gestübbe der Zustellung weiter
eindringt als letzteres Metall, und sich der beabsichtigten Gewinnung entzieht.
Dieser Umstand wirkt auf das Ausbringen um so ungünstiger ein, als nur geringe
Quantitäten dieser seltenen Erze zu Gebote stehen und der größere Theil des
Metallinhaltes in die unvermeidlichen Nebenproducte geht.
Die Wismutherze sind meistentheils sehr geringhaltig, so daß die reichsten Erze
selten mehr als 30 Pfund im Centner halten und der Durchschnittsinhalt aller bisher
nach dem unten beschriebenen Verfahren zu Gute gebrachten Erze unter 10 Pfund fällt.
Es ist überdieß noch ein größeres Quantum tauber basischer Zuschläge erforderlich,
um die leichtflüssige Schlacke zu bilden, und bei diesen vielen ungünstigen
Verhältnissen daher ein
größerer Metallabgang, als bei Bleierzen und bei bleiischen Silberbeschickungen
stattfindet, erklärlich.
Die bisherige Annahme, daß Wismuth in höherer Temperatur flüchtiger sey als Blei,
scheint sich im Großen nicht zu bestätigen; beim Abtreiben der Joachimsthaler
Werkbleie nämlich variirt der Metallabgang nur innerhalb der gewöhnlichen 7 bis 9
Procent, gleichviel ob mehr oder weniger Wismuth in den Bleien enthalten ist; ja
wenn auch beim Abtreiben mehrerer Schwarzblicke auf Feinblick das ganze Metallbad
aus Wismuth bestand, war doch kein größerer Verbrand nachzuweisen.
Es ist zwar die Temperatur bei dem Abtreiben wismuthhaltiger Werkbleie nicht so hoch,
wie bei reinen Bleien, allein andererseits müßte wieder die längere Zeitdauer die
Verflüchtigung befördern, indem das Wismuth sich viel schwerer und langsamer oxydirt
und beim Abtreiben von circa 150 Centner Wismuthbleien
drei bis vier Mal 24 Stunden gefeuert wird, während reine Bleie innerhalb 24 Stunden
und noch eher abgetrieben sind.
Auch dürfte die Ansicht, daß Wismuth nicht flüchtiger als Blei sey, der Umstand
bestätigen, daß beim Schmelzen wismuthhaltiger Beschickungen der Abgang nicht größer
ist, als bei einer rein bleiischen Beschickung. Im Schmelzofen ist gewiß die
Temperatur hoch genug.
Beim Schmelzen der Wismutherze wurde die Wahrnehmung gemacht, daß viel Eisen
zugeschlagen werden muß, um Wismuthmetall auszubringen. Diese Eigenschaft, wie so
viele andere, theilt dasselbe mit Blei. Beim Wismutherzschmelzen ist nicht nur
Schwefel in der Beschickung, sondern auch Arsen, und die Veranlassung zur
Verflüchtigung des Wismuths daher viel größer. Ein weiterer Grund zu einem größeren
Eisenzuschlag ist auch die Bildung von Speise, da Wismutherze immer Kobalt-
und Nickelkiese enthalten; wenn kein oder nicht genügend Eisen zugeschlagen wird, so
geht viel Wismuth in Verbindung mit Arsen und Schwefel in die Speise. Die
Wismutherze mögen auch Schwefelwismuth enthalten und auch deßhalb ist Eisen als
Zuschlag nothwendig.
Da nun das Schmelzen im Hohofen sich wegen des schlechten Ausbringens als
unausführbar erwies, und der Werth dieses Metalles sich so sehr erhöhte, so
versuchte der Verf. Erze in einem Tiegel im Zugofen zu schmelzen, welches auch bei
einem Zuschlag an Eisen von ungefähr 30 Proc. und an Soda von 15 bis 50 Proc., je
nach der Quantität der vorhandenen Kieselerde, vollkommen gelang. Es wurde auch
versucht, 10-12 Proc. Flußspath und Kalk zuzuschlagen, um dadurch an der
kostspieligeren Soda zu sparen, es scheint jedoch, daß bei mehr Zutheilung von
Flußspath und Kalk die Beschickung strengflüssiger wird. Kieselsäure verbindet sich mit Natron unter
allen Basen bei der geringsten Temperatur zu einer Schlacke und ein rasches
Einschmelzen bei der geringsten Hitze wird, als unvermeidliche Bedingung des größten
Metallausbringens, bei diesem Tiegelschmelzen erfordert.
Das Verfahren hierbei ist folgendes: die feingequetschten oder gepochten Wismutherze
werden mit 58 Proc. Eisendrehspänen und nach Halt und Ansehen der Erze mit 15 bis 50
Proc. Soda, 5 Proc. Kalk und 5 Proc. Flußspath gemischt, und in einen ausgewärmten
großen Tiegel von 23 Zoll Höhe und 16 Zoll Weite eine Charge von ungefähr 1 Ctr. Erz
eingetragen. Außer den Drehspänen wird auch altes Schmiedeeisen in größeren Stücken
in den Tiegel gegeben, damit Eisen im Ueberschuß vorhanden sey. 5 Procent des
Sodazuschlages werden zu oberst als Decke aufgestreut, um an der Oberfläche ein
baldiges Schmelzen oder wenigstens Zusammenbacken zu bewirken und dadurch die
Verflüchtigung des Wismuthmetalles zu verhindern. Der Schmelztiegel wird zudem mit
einem Deckel zugedeckt.
Der Tiegel steht in einem gewöhnlichen Zugofen. Dieser hat zwar einen gußeisernen
Rost, doch wird die Luft nur durch fünf Löcher, welche von außen oberhalb des Rostes
einmünden, zugelassen. Die Thür des Aschenraums bleibt verschlossen. Dieß geschieht
aus dem Grunde, weil der Rost, von dem ohnedieß ein bedeutender Theil durch den Fuß
des Tiegels bedeckt ist, nach ein oder zwei Tagen Feuerung mehr oder weniger blind
wird und nicht mehr den gehörigen Luftzug gestattet, indem es fast unvermeidlich
ist, daß bisweilen beim Schöpfen und Beschicken der Erze etwas verzettelt wird, von
dem Ziegelgemäuer abbröckelt und schmilzt, und beim Aufgeben der Holzkohle auch hier
und da Steine in den Ofenschacht gelangen. Die fünf Löcher oberhalb des Rostes
bleiben jedoch immer frei und gestatten den Luftzutritt, welcher durch Schieber
regulirt wird.
Beim zweiten Aufgeben der Kohle wird die nur an dem Rande geschmolzene
Beschickungsmasse durcheinander gearbeitet und dadurch ein baldiges Schmelzen der
ganzen Masse befördert. Sobald alles vollkommen flüssig ist, wird mit
schmiedeeisernen Löffeln geschöpft, nach Umständen bloß Schlacke oder auch Speise,
und ist der Wismuthmetallkönig schon angewachsen, auch Wismuth. Die geschmolzene
Masse wird in eigene Gießbuckel von Gußeisen in Zuckerhutform geschüttet, damit
Speise und Wismuththeilchen unten an der Spitze sich sammeln und wieder eingetragen
werden können. Schlacke, Speise und Wismuth sondern sich sehr gut ab. Täglich werden
2 bis 3 Centner Erze verschmolzen.
Der Sodazuschlag wirkt nicht nur deßhalb günstig, weil Natron sich bei einer niederen
Temperatur mit der Kieselerde zu einer dünnflüssigen Schlacke verbindet, sondern auch
indem die entweichende Kohlensäure ein rasches Niedergehen des specifisch schwereren
Metalles und der Speise bewirkt, gleichsam wie das aufdringende Wasser im Setzsiebe,
welches die specifisch leichteren Theile in die Höhe bringt und das Setzgut
niedergehen läßt. Die Quantität des Sodazuschlages wird lediglich empirisch
bestimmt, beim ersten Eintragen einer neuen Erzpost nach Gutdünken genügend gegeben,
und dann so viel abgebrochen, als die Schmelzbarkeit gestattet. Fast immer wird das
Quantum richtig getroffen. Es ist zudem unnöthig, so viel Soda zu geben, daß eine
ganz reine schwarze glasige Schlacke sich bildet und das Ganze vollkommen schmilzt;
ein großer Theil der Kieselerde erscheint in der Schlacke in weißen Augen bis zwei
Linien Durchmesser ausgeschieden; es handelt sich eigentlich nur um eine flüssige
Masse, in welcher das Wismuth niedersinken kann.
Von dem Schmiedeeisen in groben Stücken wird im Verhältniß des Schwefel- und
Arsenhaltes der Erze mehr oder weniger aufgelöst, und ungeachtet Eisen im Ueberschuß
vorhanden ist, hält die abgefallene Kobaltnickelspeise noch circa 2 Pfund.
Doch die Schlacke hält keine Spur von Wismuth und das Ausbringen ist meistentheils
größer als bei der Probe im Kleinen, weil es bei dieser unvermeidlich ist, daß etwas
Wismuth an dem Speisekorn hängen bleibt, folglich die Probe einen zu geringen Halt
anzeigt.
Zur Verminderung der Kosten versuchte man statt Schmiedeeisen Gußeisenstücke zur
Herstellung des Ueberschusses einzutragen, mußte aber darin ablassen, indem wegen
leichterer Schmelzbarkeit des Gußeisens die Consumtion an Eisen größer wurde, mehr
Eisen in die Speise gieng und diese unnöthig an Kobaltnickel arm machte.
Die Unkosten betragen bei Erzen von 30 Proc. Wismuthhalt 14 fl., bei 5 Proc. 22 fl.,
und sind somit im Vergleich mit dem ehemaligen Saigerprocesse sehr hoch. Auch
hinsichtlich des Bleimetalls wäre der Saigerproceß überlegen, denn bei diesem hat
das Vorkommen von Bleiglanz wenig oder gar keinen Einfluß, weil dieses Metall in den
Saigerrückständen bleibt, während beim Tiegelschmelzen das Blei ebenso gut wie
Wismuth in den König geht, das Wismuth verunreinigt und durch den kostspieligen mit
Verlusten verbundenen gewöhnlichen Abtreibproceß wieder weggeschafft werden muß.
Allein dadurch, daß alles im Erz enthaltene Wismuth gewonnen wird und daß auch arme
Erze zu Gute gebracht werden können, gewährt das Tiegelschmelzen ungleich größere
Vortheile, selbst wenn der Werth des Metalles sich um vieles vermindern sollte. Bei
den dermaligen Preisen unterliegt es keinem Anstande, bleifreie Erze von nur 2
Procent Wismuth zu
verschmelzen, indem der Werth des ausgebrachten Productes von 34 fl. doch immer die
Unkosten übersteigt. Einen weiteren Vortheil gewährt dieses Verfahren noch dadurch,
daß der Kobalt- und der Nickelhalt ohne den geringsten wahrnehmbaren Verlust
in der Speise concentrirt erhalten wird und somit in dem Product einen viel höheren
Werth erhält, als in den Erzen.
Ein Mangel dieser Manipulation ist noch die geringe Haltbarkeit der Schmelztiegel; im
günstigsten Falle hält einer durch 78 Stunden 11 Ctr. zu schmelzen aus. Gegenwärtig
sind kostspielige belgische Graphittiegel in Anwendung, und werden natürlich in
dieser Beziehung, sowie hinsichtlich der Feuerung und des Ofens selbst,
Verbesserungsversuche gemacht.
Die Gewinnung des Wismuthmetalles, selbst aus den ärmsten Erzen, ist durch diesen
Proceß gesichert und derselbe bereits Jahres in ununterbrochenem Betriebe.