Titel: | Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz. |
Autor: | C. Schinz |
Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. LXIII., S. 270 |
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LXIII.
Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz.
(Fortsetzung von S. 192 des vorhergehenden
Heftes.)
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Schinz, über Siemens' Glas-Schmelzöfen.
V. Regeneratoren mit Gasfeuerung von C.
W. und F. Siemens in London. – Anwendung derselben auf
Glas-Schmelzöfen.
Die Regeneratoren stammen als solche bekanntlich von Ericsson her; früher wurde ihr Zweck durch Lufterwärmungsapparate erfüllt,
welche durch abgehende Wärme betrieben wurden. Die Benutzung abgehender Wärme ist
folglich keine neue Erfindung; eben so wenig ist es die Gasfeuerung, wie ich schon
öfters erwähnte. Die Ansprüche der Gebrüder Siemens
können sich daher höchstens darauf ausdehnen, die ersten gewesen zu seyn, welche für
diejenigen Fälle, wo der Natur der Sache nach sehr viel abgehende Wärme auftritt,
dieselbe in größerem Maaßstabe wieder benutzten. Auf dem theoretischen Standpunkte
ist anzunehmen, daß sich die Temperatur eines Feuers weit über die bisherigen
Grenzen steigern läßt, indem man die Körper, welche zur Verbrennung kommen, vorher
an die sonst abgehende Wärme bindet. Aber in der Praxis findet diese Steigerung, in
Verbindung mit den übrigen Factoren des Heizprocesses, sehr enge Grenzen, weil die
Entwicklung der ursprünglichen Wärme nur durch Verbrennung bewerkstelligt wird.
Verbrennung ist chemische Verbindung zwischen dem Sauerstoff der Luft und einem
brennbaren Körper; so lange als letzterer in fester Form vorhanden ist, z.B. als
Kohks, ist eine Verbrennung desselben sogar in Luft von 3000° C. Temperatur
denkbar; es ist dabei nur Bedingung, daß der heiße Luftstrom lange genug mit dem
festen Brennstoffe in Berührung bleibt, damit die durch die Wärme weit auseinander
gerückten Sauerstoffatome nach und nach mit ihm in den erforderlichen Contact
gelangen können. Die Unzulänglichkeiten und Schwierigkeiten einer praktischen
Anwendung des Princips, die Temperatur eines Feuers durch Benutzung der abgehenden
Wärme mittelst Regeneratoren zu steigern, habe ich bereits in diesem Journal Bd. CLXI S. 342 beleuchtet.
Indem nun Siemens noch weiter geht, und seine
Regeneratoren auf die Gasfeuerung anwendet, in der Art daß er nicht nur die Luft,
sondern auch die zu verbrennenden Gase auf eine möglichst hohe Temperatur zu bringen sucht, bevor
er sie der Verbrennung unterwirft, verkennt er gänzlich die hier in Betracht
kommenden Naturgesetze.
Wir haben früher schon mit Williams den Werth der heißen
Luft zur Beförderung der Verbrennung beleuchtetS. 43 in diesem Bande. und brauchen also hier nicht darauf zurückzukommen.
Wir gehen daher sofort zur Beschreibung eines Siemens'schen Glas-Schmelzofens mit auf die
Gasfeuerung angewendeten Regeneratoren über, wie er im Practical Mechanic's Journal, März 1862, S. 309 veröffentlicht wurde. Die
dort mitgetheilten Werkzeichnungen sind jedoch keineswegs so ausgeführt, daß man sie
leicht verstehen könnte, weßhalb wir die 4 Durchschnitte unserer Quelle auf 11
vermehrt haben.
Figur
1–12 auf Tab. VI repräsentiren diese Construction. Für die Figuren 1, 2, 3, 5, 7 und 10 ist der Maaßstab 1/72,
und für die Figuren
4, 6, 8,
9 und 11 ist er
1/144 der wirklichen Größe; Fig. 12, ein Stück des
Regenerators darstellend, ist in 1/20 der wirklichen Größe gezeichnet.
Der schiefe Schacht A mit dem darüber gestülpten
Eisendeckel dient zum Aufgeben des Brennstoffes. Die mit feuerfestem Material
gefütterte schiefe Ebene B bildet die Fortsetzung des
Schachtes A; von ihr aus gleiten die Kohlen auf den Rost
C, auf welchem sie abdestilliren und die
verbleibenden Kohks in Kohlenoxydgas verwandelt werden. Aus der eisernen Röhre D tropft beständig auf die Kohlen auf B etwas Wasser herab, welches dieser Röhre oben
besonders zugeführt wird. Während man bei der Gasfeuerung in Deutschland und in
Frankreich den Wasserdampf unter den Rost führt, um letzteren zu schützen und damit
der Wasserdampf auf seinem Wege durch die glühende Kohle sich in Wasserstoff-
und Kohlenoxydgas zersetzt, wollen die Gebrüder Siemens
über dem Roste einfach Wasserdampf erzeugen, welcher mit den Gasen nach dem Glasofen
abzieht. Diesem Wasserdampf ist eine sehr wichtige Rolle zugedacht. Nachdem nämlich
die Erfinder bei ihren ersten Constructionen die Erfahrung machten, daß die den
Gasen beigemischten Theerdämpfe auf ihrem Wege durch die Regeneratoren dieselben
nach wenigen Tagen mit Ruß verstopfen, weil die Theerdämpfe natürlich in den
glühenden Regeneratorsteinen sich zersetzen und Kohle ausscheiden, haben sie diesen
Uebelstand durch zwei Mittel beseitigt. Das erste dieser Mittel besteht in der
Abkühlung und theilweisen Condensation dieser Theerdämpfe durch die Röhren D und E; das zweite Mittel
ist eben jener Wasserdampf, welcher mit den in den Regenerator gelangenden
Theerdämpfen neue chemische Verbindungen eingehen soll, die ein Ablagern von Kohle
nicht gestatten. Daß eine wenigstens theilweise Condensation der Theerdämpfe in den
Röhren D und E stattfinden
muß, ist jedem Sachverständigen klar; wie viel und welche Art von Theerdämpfen dann
noch in den Regenerator gelangen, ist hingegen unbekannt, ebenso ob und in welchem
Grade die mitziehenden Wasserdämpfe auf dieselben einwirken. Ohne Zweifel
veranlassen aber diese zwei Mittel einen Verlust an der vom Brennstoffe zu
gewinnenden Wärme, einerseits durch die Abscheidung der condensirten Theerdämpfe und
andererseits durch die latente Wärme welche sich im Wasserdampf bindet.
Die Abkühlung der Generatorgase in den Röhren D und E hat aber nach Siemens noch
einen anderen Zweck; damit sich nämlich in den Regeneratoren und in den Canälen
welche ihnen das Gas zuführen, dieses nicht unter einem geringeren Drucke als dem
der Atmosphäre befinde, wobei in Folge von Undichtheiten der Wandungen Luft
angesogen werden und eine vorzeitige Verbrennung stattfinden könnte, müssen die
abgekühlten und daher spec. schwereren Gase durch die Röhre F (Fig.
2) sich selbst in den Regenerator hineindrücken.
Diese Wirkung wird in desto höherem Grade stattfinden, je größer die Abkühlung in den
Röhren D, E und F ist, aber
desto mehr Theerdämpfe werden auch verdichtet werden; man erzielt jedoch hierbei den
Vortheil, daß der Wirkung des Kamins ein Theil der Arbeit erspart wird, das Gas
durch den Regenerator hindurch anzusaugen.
Indem nun die Gase aus der Röhre F (Fig. 2) austreten, ziehen
sie durch den Canal G, dann über die Klappe H in den Canal I (Fig. 3), von da
nach K (Fig. 3 und 4) und in den Canal L, von hier aus durch den Regenerator M (Fig. 5); über diesem
angekommen, treten sie durch Y
a, Y
a₁ und Y
a₂ (Fig. 6) in den Canal N (Fig. 5 und 6) und aus diesem in den
Ofen O.
Eine Verbesserung gegen frühere Patente sind die stehenden Regeneratoren, welche dem
durchgehenden Gase weniger Widerstand leisten, weil der Weg kürzer geworden ist.
Da gleichzeitig auch Luft in den Canal N gelangt, so
fängt hier die Verbrennung an; die in diesem Canale und im Ofen sich bildenden
Verbrennungsproducte ziehen dann in dem am anderen Ende des Ofens befindlichen
Canale N abwärts, und werden durch den Kamin
gleichzeitig durch die Canäle Y, Y₁, Y₂ und X, X₁
(Fig. 6)
in die Regeneratoren M₁ und M₃ angesogen, dann durch L₁ und L₃ (Fig. 4) nach W₁ und L₁
geführt, streichen dann rückwärts von den Klappen H und
V (Fig. 2) in den Canal P, P und Q (Fig. 4), an dessen Ende
der Kamin angebracht ist, welcher die Verbrennungsproducte durch den bezeichneten
Weg anzieht und evacuirt.
Die beiden Regeneratoren M₁ und M₃ werden also durch die Verbrennungsproducte auf
eine hohe Temperatur gebracht; die Wärme, welche sie absorbirt haben, wird nachher
von dem durchgehenden Strom von Gasen und Luft wieder aufgenommen.
Um dieß zu bewirken, wird nach einer gewissen Zeit die Klappe H so gedreht, daß die aus G kommenden Gase
nicht mehr nach I, sondern nach I₁, (Fig. 3) ziehen, dann durch
K₁, L₁
(Fig. 4),
hernach aufwärts durch den Regenerator M₁ (Fig. 5) in die
Canäle Y, Y₁, Y₂ (Fig. 6), und endlich in den Canal N und den
Schmelzofen O. Die Verbrennungsproducte gehen in diesem
Falle auf der entgegengesetzten Seite des Ofens durch N,
X
a, X
a₁ und Y
a, Y
a₁, Y
a₂, durch die Regeneratoren M und M₂ die Canäle
K, K₂ und L,
L₂ und durch W und I nach P und Q in
den Kamin.
Die zur Verbrennung dienende Luft tritt aus dem Fußboden in den Canal S (Fig. 2 und 7) ein, von da durch die
kleinen Canäle T, T (Fig. 2 und 8) in den Canal U, U, und geht dann von der Klappe V (Fig. 9) das eine Mal nach
den Canälen W, K₂, L₂ in den Regenerator M₂ und durch
X
a, X
a₁ in den Canal N, – das andere Mal nach den Canälen W₁, K₃, L₃ durch den Regenerator M₃ und durch X, X₁ in den Canal
N₁.
Der Strom von Gasen und Luft geht also abwechselnd durch die Regeneratoren M und M₂, während
gleichzeitig die Verbrennungsproducte durch M₁
und M₃ gehen; nach der Umdrehung der Klappen H und V geht der Strom von
Gasen und Luft durch M₁ und M₃, und die Verbrennungsproducte gehen durch M und M₂. Es empfängt
daher je ein Paar der Regeneratoren Wärme aus den Verbrennungsproducten und ein
anderes Paar gibt diese Wärme wieder an den durchgehenden Strom von Gasen und Luft
ab.
Man kann diese Anordnung und den leichten Wechsel der Functionen dieser Regeneratoren
nur bewundern; dennoch wird aber leider nicht dasjenige geleistet, was man erwarten
möchte.
Vor Allem ist nicht anzunehmen, daß die Klappen H und V, welche stets auf der einen Seite von einem
verhältnißmäßig kalten Luft- und Gasstrom, auf der anderen Seite von sehr
heißen Verbrennungsproducten bestrichen werden, längere Zeit dicht schließen können,
aus welchem Material sie auch bestehen mögen.
Dieß wäre nun bezüglich der Klappe V von geringerer
Bedeutung, weil die
hinter derselben hinziehenden Verbrennungsproducte den nächsten Weg in den Kamin
nehmen und eher Luft von der anderen Seite der Klappe mit sich reißen als sich der
Luft beimischen würden; indessen hätte eine erhebliche Undichtheit dieser Klappe
immerhin den sehr bedeutenden Nachtheil, daß einerseits das in den Ofen ziehende
Luftquantum beträchtlich vermindert würde und andererseits der Zug im Kamin sehr
heruntergestimmt werden müßte, weil die eindringende Luft das Volumen der
Verbrennungsproducte vermehrt.
Weit schlimmer wirkt ein Undichtwerden der Klappe H,
indem hier der Brennstoff selbst, das brennbare Gas, von den Verbrennungsproducten
mit in den Kamin gezogen wird und folglich unverbrannt entweicht. Diese Wirkung wird
um so erheblicher seyn, je mehr das Gas in den Röhren D,
E und F abgekühlt wird, und zwar aus zwei
Gründen: erstens weil das abgekühlte Gas im Canale G
einen größeren Druck hervorbringt, daher um so geneigter ist durch eine Undichtheit
an den Rändern der Klappe hindurchzugehen; zweitens weil das abgekühlte Gas ein
kleineres Volumen einnimmt und folglich ein um so größeres Gewicht desselben
verloren gehen kann.
Wenn wir annehmen, daß die in den Canal G gelangenden
Gase noch eine Temperatur von 150° C. haben, so wird nach den gegebenen
Höhenverhältnissen der Druck an diesem Punkte wenigstens einer Luftsäule von 3 1/2
Fuß (metrisch) entsprechen; wenn nun die Höhe des Kamins nur 50 Fuß und die in
demselben herrschende Temperatur nur 1000° C. beträgt, so wird der negative
Druck im Canale P, P wenigstens einer Luftsäule von 39
1/2 Fuß gleichkommen, somit die Druckdifferenz vor und hinter der Klappe H = 3 1/2 + 39 1/2 = 43' Luftsäule betragen. Die dieser
Druckdifferenz entsprechende Geschwindigkeit ist = 53' per Secunde. Nun hat die Klappe H 4' auf 3';
wenn daher am Umfange derselben nur 1/4 Linie Raum bleibt, so ergibt dieß einen
Querschnitt von (2 . 4 + 2 . 3) . 0,0025 = 0,035 Quadratfuß; dieser mit der
Geschwindigkeit 53' multiplicirt, gibt 1,855 Kubikfuß Gas, welche per Secunde in den Kamin abgeführt werden.
Da nun ein Ofen, welcher 80 Zollcentner Glassatz enthält, per Stunde höchstens einen Steinkohlenaufwand von 2 Ctr. erfordern sollte,
und die aus 2 Ctr. Steinkohlen per Stunde entwickelten
Gase bei 0° nur 13040 Kubikfuß, bei 150° C. 19 560 Kubikfuß und per Secunde 5,433 K. F. betragen, so würde der Verlust
nahezu ein Drittel der entwickelten Gasmenge seyn. Es ist aber gar nicht
wahrscheinlich, daß die Klappen auf 1/4 Linie dicht bleiben, sondern in den meisten
Fällen wird die Undichtheit viel größer werden und damit natürlich auch der Aufwand an
Brennstoff.
Da ferner diesen Klappen nicht beizukommen ist, ohne den Ofen abzustellen und sogar
ziemlich kühl werden zu lassen, so wird der entstandenen Undichtheit während der Ofencampagne nicht einmal zu steuern und
Rauchbildung unvermeidlich seyn.Die deutsche Industriezeitung, 1862 Nr. 31, enthält folgende Replik,
Rauchverbrennung durch Generatoröfen betreffend:„Dresden, den 27. Juli 1862. Auf Hrn.
G. E. Lichtenberger's Mittheilung (in Nr. 30
der sächsischen Industriezeitung) über Rauchverbrennung durch
Generatoröfen kann ich als Nachbar der hiesigen Glashüttenanlage der
HHrn. Siemens und Mehlis nicht umhin, einige Worte zu entgegnen. Es existirt in
Dresden kein Etablissement, welches durch seine Rauchwolken die Umgebung
mehr belästigt, als die erwähnte Glashütte. Diese Rauchbelästigung geht
so weit, daß die Nachbarn sich genöthigt sahen, bei der
Wohlfahrtsbehörde Beschwerde über den schädlichen Qualm zu führen, der
durch diese sogenannten Rauchverbrennungs-Apparate hervorgerufen
und verbreitet wird..... Die neben der Dresdener Glashütte gelegenen
Haus-, Garten- und Feld-Grundstücke werden durch
diese hochgepriesene patentirte Feuerungsanlage entwerthet, weßhalb die
Nachbarn genöthigt waren, bei der Behörde den Antrag auf Anwendung des
§. 40 des Gewerbsgesetzes vom 15. October 1861 zu
stellen.“
Folgen wir nun dem Gase und der Luft weiter auf ihrem Wege durch die Regeneratoren
hindurch (in welchen sie unzweifelhaft auf eine sehr hohe Temperatur gebracht
werden) in die Canäle Y, Y₁, Y₂ und X, X₂
durch welche sie in den Canal N gelangen, so trifft hier
das Gas in drei, die Luft in zwei bedeutenden Strömen zusammen; die
Berührungsflächen, welche die chemisch zu verbindenden Körper sich darbieten, sind
möglichst klein, aber der Querschnitt dieser Ströme ist sehr bedeutend, daher ein
gegenseitiges Mischen von Gas und Luft nur in sehr geringem Maaße stattfinden kann,
überdieß sind beide durch eine Temperatur von großer Intensität ausgedehnt, wodurch
ihre Verbindung noch weiter erschwert wird; die unvermeidliche Folge davon ist, daß
erst im Schmelzofen selbst, durch Umkehrung der Ströme, eine lebhaftere Verbrennung
erfolgt; aber sie kann unter den gegebenen Umständen keineswegs eine vollständige
seyn, sondern wird zum größten Theil erst dann bewerkstelligt, wenn die Mischung
wieder unter dem Ofen in die Regeneratoren tritt, in welchen dann allerdings ein
Zusammendrücken, viele Richtungsänderungen und Zertheilungen der Ströme stattfinden,
welche die Hauptverbrennung in diesem Theile des Apparats begünstigen und
vollenden.
Dadurch werden dann allerdings die Regeneratoren vollständig weißglühend werden, und
wenn man nachher die Klappen H und V wendet, werden die dann durchströmenden Gase und Luft
eine solche Temperatur erreichen, daß sie schon durch diese dem in dem Ofen
befindlichen Glase eine nicht unbeträchtliche Wärmemenge zuführen, und einzig und allein dadurch ist es
erklärlich, wie in einem solchen Ofen überhaupt Glas geschmolzen werden kann; daß
aber dabei keine oder nur sehr geringe Brennstoffersparung gegen die älteren
Glasofen-Systeme stattfinden kann, ist eben so einleuchtend als thatsächlich
erwiesen.
Im Gegensatze zu Beaufumé, welcher unnöthigerweise
für Dampfgeneratoren Gebläse anwendet, machen die Gebrüder Siemens von diesem schätzbaren Mittel keinen Gebrauch, das gerade bei
Oefen, welche einer sehr hohen Temperatur bedürfen, die größten Dienste leistet.
Daher kommt es auch, daß die Siemens'schen Glasöfen sich,
wenigstens zum Verarbeiten des Glases, in den meisten Fällen als unpraktisch
erwiesen haben.
Schon in meiner früheren Kritik der Siemens'schen
Regeneratoren habe ich dargethan, daß die Wirkung des Kamins nothwendig eine stets
wechselnde seyn muß. Dieß wird durch die größere oder geringere Höhe des Kamins
nicht geändert, denn diese Höhe muß eine solche seyn, daß durch die von ihr
abhängende Zugkraft die Widerstände in den Regeneratoren und in sämmtlichen Canälen
überwunden werden können. Diese Kaminhöhe oder Zugkraft a
priori genau zu bestimmen, ist aber bei einem so complicirten und in seinen
Functionen wandelbaren Apparate nicht möglich, daher es dem Zufall überlassen
bleibt, ob der Zug zu stark oder zu schwach wird. Ist derselbe zu schwach, so wird
weniger Gas erzeugt, weniger Luft angesogen und die Temperatur im Ofen sinkt; bei zu
starkem Zuge hingegen ziehen die Gase und die Luft so schnell durch den Ofen, daß
durch die offenen Arbeitsöffnungen a, a kalte Luft
angesogen wird, welche das Austreten der Flammen durch dieselben ganz verhindert, wo
dann das Glas nicht mehr verarbeitet werden kann.
Wenn man dem Kamin eine Höhe gibt, welche einen kräftigen Zug sichert, so kann man
dann allerdings letzteren durch Register zu reguliren suchen; aber die Function des
Kamins ist, wie wir gezeigt haben, an und für sich in Folge der Natur des Apparats
eine stets wandelbare und wird es noch mehr durch Luftstöße und Winde; jeder
Windstoß wird, je nach der Seite von welcher er kommt, den Zug entweder hemmen oder
verstärken, daher an der einen Seite des Ofens dem Arbeiter ellenlange Flammen durch
die Arbeitsöffnung ins Gesicht jagen, während gleichzeitig auf der anderen Seite des
Ofens Luft eintritt, oder umgekehrt.
Die zuerst von Bischof vorgeschlagene indirecte aber
höchste Nutzung der rohen Brennmaterialien mittelst der Gasfeuerung war ohne Zweifel
ein bedeutender Fortschritt der Pyrotechnik. Für Zwecke, welche keine hohe
Temperatur erheischen, ist die Gasfeuerung das sicherste Mittel um die Bildung von
Rauch zu verhüten, und zwar mit sehr bemerkbarer Brennstoff-Oekonomie; sie
hat aber einen noch viel höheren Werth in allen den Fällen, wo hohe Temperaturen
erforderlich sind. Bekanntlich geht die Wärme aus irgend einem Körper um so
schneller an einen anderen kälteren über, je größer die Temperaturdifferenz
derselben ist; da nun die Gasfeuerung das Mittel ist, um den Verbrennungsproducten
die größtmögliche Temperatur zu ertheilen, so ist sie auch eine Quelle der
Brennstoff-Oekonomie, weil der zu erwärmende Körper eine verhältnißmäßig
kürzere Zeit mit den Verbrennungsproducten in Berührung zu bleiben braucht, um die
erforderliche Temperatur zu erlangen; will man aber die Zeit nicht in Anschlag
bringen und verwerthen, so kann auch bei der Gasfeuerung die Temperatur gemäßigt
werden, indem man in der Zeit-Einheit weniger Brennstoff consumirt.
Aber die Vortheile der Gasfeuerung lassen sich nur dann erreichen, wenn Gas und Luft
in richtigen (stöchiometrischen) Verhältnissen zusammengeführt werden, und dieses
Problem ist noch zu lösen, nachdem Bischof in dieser
Richtung die Bahn gebrochen hat.
Hinsichtlich der Gasfeuerung hat Siemens Alles gethan, was
von dem Ziele entfernen kann; der Erfolg seiner Apparate beweist mehr als alle von
ihm gemachten Versuche, daß eine gesteigerte Temperatur der zu vereinigenden
gasförmigen Körper nur Nachtheil und nicht Vortheil bringt.
Nachschrift.
Nach der Mittheilung des Hrn G. E. Lichtenberger in Nr. 3
der deutschen Industriezeitung, Januar 1862, sind in der Dresdener Glashütte mit dem
Siemens'schen Ofen monatlich 25 Schmelzen gemacht
worden, deren jede mit einem Aufwand von 20 Tonnen (à 2 Scheffel) Braunkohle
ungefähr 30 Ctr. Glas lieferte. Eine Tonne Braunkohle wiegt circa 180 Pfd., somit erfordert 1 Pfd. Glas (20 × 180)/(30 ×
100) = 1,2 Pfd. Braunkohle und die Schmelzzeit ist, wenn wir annehmen, das Glas
werde in 10 Stunden verarbeitet, 19 1/3 Stunden.
Vergleicht man dieses Resultat mit den Leistungen der gewöhnlichen Glasöfen, so kann
man allerdings eine Zeitersparung von 50 Procent herausrechnen, wenn man die
Vergleichung mit den schlechtesten anstellt; es gibt nämlich in Böhmen Glasöfen, in
denen die Schmelzung 30 bis 48 Stunden dauert, aber in Frankreich und Belgien wird
Flaschenglas in weniger als 15 Stunden geschmolzen und auch der Brennstoffverbrauch
per 1 Pfd. Glas ist in diesen Ländern kaum höher als
der für den Siemens'schen Glasofen angegebene, während
derselbe in Böhmen per 1 Pfd. Glas bis 7 Pfd. Holz
beträgt, welche circa 1,5 Pfd. Braunkohle äquivalent sind. – Würde
der Siemens'sche Glas-Schmelzofen wirklich eine
höhere Temperatur hervorbringen als andere Oefen, so müßte die Schmelzzeit eine
merklich kürzere und der Brennstoffverbrauch ein bedeutend kleinerer seyn, denn es
ist Thatsache, daß in Glasöfen ohne Regeneratoren die Schmelzzeit für grünes
Flaschenglas auf 12 Stunden und der Brennstoffverbrauch für Schmelzung und
Verarbeitung (22 Stunden) auf 8 Pfd. Holz per 1 Pfd.
Glas reducirt werden kann; 2 Pfd. Holz sind aber bei einer Ofentemperatur von
1800° C. 0,4 Pfd. Braunkohle mittlerer Güte äquivalent, daher die von mir
hervorgehobenen Fehler der Siemens'schen Construction
durch die Resultate der Praxis bestätigt werden.
Die Gasöfen der Gebrüder Siemens sind neuerlich von Hrn. Prof. Th. Scheerer in der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1862 Nr. 31,
besprochen worden. Er entwickelt in seiner Abhandlung die Theorie, nach welcher die
Ofentemperatur durch die Regeneratoren bis auf ein gewisses Maximum gesteigert
werden könnte, durchsetzt aber seinen Text mit zwei Notabene, welche in der Praxis von der Theorie abweichen.
Das erste NB. betrifft die Temperatur, welche die
Regeneratoren wirklich erlangen können und die er zu 1945° C. annimmt.
Das zweite NB. betrifft die Temperatur, auf welche sich
Luft und Gas in den Regeneratoren erhitzen, die er ebenfalls zu 1945° C.
annimmt.
Er bespricht dann als temperaturdeprimirende Umstände: 1) das unrichtige
Volumverhältniß zwischen Gas und Luft, und 2) die Veränderung der Wärmecapacitäten
der Gase bei hoher Temperatur.
Dennoch kommt er zu dem Schlusse, daß man nahezu 4000° C. als die
wahrscheinliche Temperatur des Siemens'schen Ofens
annehmen kann, wornach es möglich seyn müßte, größere Quantitäten Platin in
demselben mit Leichtigkeit zu schmelzen, ja selbst Quarz darin zum Flusse zu
bringen!
Eine solche Annahme widerstreitet aber sehr dem Umstande, daß der Siemens'sche Ofen aus keinem anderen Material construirt
ist, als andere Oefen auch, und daß diese bei einer Temperatur von 4000° C.
in sehr kurzer Zeit zusammenschmelzen müßten.
Ich habe in diesem Journal Bd. CLXIV S. 352
nachgewiesen, daß ein und dasselbe Glas in 7 bis 48 Stunden Schmelzzeit auf dieselbe
Temperatur gebracht werden kann, wenn die Ofentemperatur zwischen 1850° und
1750° C. wechselt; es ist also eine viel niedrigere Temperatur als
4000° C. hinreichend, um eine Abkürzung der Schmelzzeiten von Glas (oder auch
von Stahl) zu bewerkstelligen. Wenn die Ofentemperatur nur um 100° C. höher
ist als sonst, so genügt dieß, um die bedeutendsten Wirkungen hervorzubringen;
weiter zu gehen, gestattet das Material nicht, aus welchem der Ofen construirt ist.
Es entsteht nun die Frage, ob die Gebrüder Siemens
wirklich eine Erhöhung der Ofentemperatur um 100° C. zu Stande gebracht
haben, denn von einer Erhöhung derselben um 2000°, wie Scheerer annimmt, kann nicht die Rede seyn; daß in dem Dresdener Glasofen
diese Erhöhung um 100° nicht erreicht wurde, ist nach den oben angegebenen
Resultaten desselben außer Zweifel.
Allerdings spricht Hr. Prof. Scheerer nur von Siemens'schen Stahlschmelz- und Schweißöfen, welche er
nach beigegebenen Zeichnungen beschreibt. Sie haben im Allgemeinen dieselbe
Einrichtung wie der oben beschriebene Glasofen, weichen aber von demselben
wesentlich darin ab, daß Gase und Luft, bevor sie in den eigentlichen Ofen
eintreten, durch einen engen Canal ziehen müssen, daher eine Annäherung ihrer Atome
wenigstens an dieser Stelle stattfinden kann; ferner liegt es in der Natur der
Stahlschmelz- und Schweißöfen, daß der Raum, in welchem die Wärme benutzt
werden soll, ein viel kleinerer ist als bei den Glasöfen, wodurch eine bessere
Verbrennung ermöglicht wird.
Wir können daher annehmen, daß die Gebrüder Siemens in
derartigen Oefen wirklich eine Erhöhung der Temperatur um 100° C. erreicht
haben; daß dieß aber mit der ganzen Brennstoffersparung erzielt wurde, welche eine
rationellere Ofenconstruction mit Weglassung der Regeneratoren ermöglicht, müssen
wir bezweifeln.
Bei diesem Anlasse kann nicht unerwähnt bleiben, daß die von Hrn. Prof. Scheerer als temperaturdeprimirender Umstand aufgeführte
Veränderung der Wärmecapacitäten der Gase bei hoher Temperatur, nach Regnault's Versuchen nicht begründet ist. Ein solches
Verhalten zeigen allerdings die festen Körper, aber dasselbe ist bei ihnen
glücklicherweise von geringem Einfluß auf die Berechnungen welche diesen Factor
einschließen.