Titel: | Ueber die Relation zwischen Zucker, Dextrin und Alkohol im Biere; von C. G. Reischauer. |
Autor: | C. G. Reischauer |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. CXI., S. 451 |
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CXI.
Ueber die Relation zwischen Zucker, Dextrin und
Alkohol im Biere; von C. G. Reischauer.
Reischauer, über die Relation zwischen Zucker, Dextrin und Alkohol
im Biere.
Im Frühlinge des verwichenen Jahres hatte ich, zunächst zu meiner eigenen Belehrung,
eine Versuchsreihe über den vorliegenden Gegenstand unternommen. Die Aufmunterung
des Herrn Staatsrathes N. de Witt von St. Petersburg, und
das Interesse, das derselbe an dieser Arbeit zeigte, bestimmten mich zur
Vervollständigung und nun zur öffentlichen Mittheilung derselben. Ich darf mir dabei
nicht verhehlen, daß die uns bis jetzt für den aufgeworfenen Zweck zu Gebote
stehenden analytischen Methoden wohl Manches zu wünschen übrig lassen, wie es kaum
bei einer Arbeit wo wir uns so weit vom sichern Ufer der reinen Wissenschaft auf das
offene Meer der Praxis hinauswagen, anders seyn kann. Die Mittel wie sie uns der
jeweilige Standpunkt der Wissenschaft bietet, auf die Praxis anzuwenden, wird indeß
immer von einigem, wenn auch nur temporärem Gewinn seyn. Am Schlusse unserer
Betrachtung werde ich den Anomalien, die unsere Bestimmungen in dem vorliegenden
concreten Falle erleiden, noch flüchtig Rechnung tragen. Noch habe ich der
angenehmen Pflicht nachzukommen, Herrn Deiglmayr
jun., einem unserer intelligentesten Bräuer, meinen Dank
für die Bereitwilligkeit abzustatten, mit welcher derselbe mir das betreffende
Untersuchungsmaterial zustellte.
MusculusAnnales de chimie et de phys., Oct. 1860, S. 203
und Comptes rendus t. LIV p. 194; polytechn. Journal Bd. CLVIII S. 424 und Bd. CLXIV S.
150. gelangte auf experimentellem Wege zu dem Schlusse, daß bei der Einwirkung von
Diastase auf Stärke die letztere in zwei Aequivalente Dextrin und 1 Aequivalent
Traubenzucker zerfalle, und dehnt diesen Vorgang auf den Maischproceß mit den Worten
aus: „der große Aufwand von Gerste, welcher in den Brauereien nöthig ist,
um ein nicht viel Alkohol enthaltendes Getränk zu erzeugen, findet seine
Erklärung in der Wirkungsweise der Diastase; zwei Drittel der Stärke gehen als
Dextrin in das Bier über, welches übrigens diesem Getränke eine etwas gummige
Consistenz ertheilt, die sehr beliebt ist.“
Die nächste Aufgabe der folgenden Versuche war: diese Aussage von Musculus gleichfalls auf dem Wege des Experiments an dem
beredeten Product unmittelbar zu prüfen. Es konnte dieses einmal durch Feststellung
des Verhältnisses zwischen Dextrin und Zucker in der Würze, denn aber auch im
fertigen Biere geschehen, im letzteren Falle unter Reduction des gleichzeitig
bestimmten Alkoholgehaltes auf die zu seiner Erzeugung erforderlich gewesene
Zuckermenge. Die Combination beider Bestimmungen mußte außerdem den Vortheil
gewähren, uns darüber einen Aufschluß zu geben, ob während der Gährung etwa noch
eine weitere Verwendung von Dextrin zur Alkoholbildung statthabe, d.h. ob unter den
Verhältnissen der Praxis nicht etwa ein Theil des Dextrins vergährbar sey. Wäre
dieses der Fall, so müßte das Verhältniß des Dextrins zum Zucker in der Würze ein
größeres als im fertigen Biere seyn, den Alkohol desselben gleichfalls auf Zucker
zurückgeführt.
Obgleich zu diesem Zweck eine Totalbestimmung des Extractgehaltes, weil es nur auf
das Verhältniß zwischen Zucker und Dextrin ankommt, nicht streng erforderlich war,
so wurde dieselbe doch durchgeführt, um gleichzeitig einen Anhaltspunkt über die
Menge der übrigen Bestandtheile, welche den festen Rückstand mit constituiren, so
wie über den Zuverlässigkeitsgrad der dabei befolgten Methode zu gewinnen. Sie
geschah durch directes Eindampfen der Flüssigkeiten in trockenem Luftstrom mittelst
Aspirators und Austrocknen, zuletzt bei 110° C. im, durch den Thermostaten
regulirten Oelbade, bis zur Constanz des Gewichtes. Die Flüssigkeit befand sich
dabei in einem den Liebig'schen Trockenröhren ähnlichen
Apparate. Eine nähere, mit bildlichen Darstellungen versehene Beschreibung meiner
Vorrichtung ist bereits von A. Vogel
jun.Buchner's neues Repertorium für Pharmacie, Bd. IX
S. 241; polytechn. Journal Bd. CLVIII S. 300. mitgetheilt; durch Verweisung auf diese sehe ich mich daher des Eingehens in
die Details des Apparates überhoben.
Der Gang der Operation gestaltete sich wie folgt:
Bier
6,598
Grm.
Nach 6 Stunden im Wasserbade
0,495
„
d.h.
7,50 Proc.
Extract
Nach
weiteren
3 Stunden
0,480
„
„
7,27 „
„
„
„
„
0,466
„
„
7,06 „
„
„
„
„
0,465
„
„
7,05 „
„
„
„
„
constant.
Die Probe wurde nun ferners je drei Stunden lang im trockenen Luftstrom auf
110° C. erhalten, und erlitt dadurch noch folgende Gewichtsabnahmen:
Nach
3 Stunden
bei 110° C.
0,4625
Grm.
d.h.
7,01 Proc.
Extract
„
„
„ „
0,461
„
„
6,99 „
„
„
„
„ „
constant.
Ich habe diesen bei 110° C. unveränderlichen Rückstand als trockenes Extract
betrachtet.
Behufs der Zuckerbestimmung wurden weiter 50 Grm. Bier, im gegenwärtigen Falle ohne
vorherige Austreibung des Alkohols durch Eindampfen, auf 250 Kub. Centim. mit Wasser
verdünnt, aus dem Grunde um die Probe nicht durch einen zu beträchtlichen
Zuckergehalt unzuverlässig zu machen.
Von der so erhaltenen Flüssigkeit waren 12,5 K. C. erforderlich um 10 K. C.
Kupferlösung, entsprechend 50 Milligrammen Traubenzucker
(C¹²H¹²O¹²), zu reduciren.
Der Zuckergehalt des Bieres ergibt sich darnach zu:
Textabbildung Bd. 165, S. 453
(Die Statthaftigkeit, Traubenzucker auf diese Weise neben Dextrin zu bestimmen, haben
directe Belegversuche bejaht. Eine Dextrinlösung von der Concentration wie sie in
unseren Versuchen vorkommt, wirkt auf die mit 30 K. C. Wasser auf 10 K. C. verdünnte
alkalische Kupferlösung erst nach länger fortgesetztem (etwa 1/4 Stunde) Sieden und
selbst dann kaum merkbar. Da nun die Ratification unserer Ablesungen, wenn ihr, wie
in unseren Bestimmungen, ein Approximationsversuch vorangieng, nur wenige Minuten in
Anspruch nimmt, so kann das Resultat durch die Anwesenheit des Dextrins nicht wohl
beeinflußt werden. Eine stärkere Alkalinität hebt die Dextrinreaction völlig, auch
für stundenlang fortgesetztes Sieden auf.)
Dieselbe Probe wurde zur Controle auch noch mit einer neuen Portion Bier wiederholt,
unter vorhergehender Entfernung des Alkohols durch Eindampfen. Es wurden dabei 150
Grm. Bier auf beiläufig 37 Grm. eingeengt und dann auf 200 K. C. wieder mit Wasser
verdünnt. Der dritte Theil dieser Flüssigkeit, entsprechend also 50 Grm. Bier, wurde
endlich noch mit 200 K. C. Wasser versetzt. Es waren wieder 12,5 K. C. zur Reduction
von 10 K. C. Fehling'scher Lösung benöthigt. Dieses
entspricht einem Zuckergehalte von:
Textabbildung Bd. 165, S. 454
nahezu übereinstimmend mit unserer ersten Bestimmung. Die
Anwesenheit des Alkohols hatte also keinen wesentlichen Einfluß auf das Resultat.
Nehmen wir das Mittel aus beiden Bestimmungen, d.h. 2,07 Proc.
C¹²H¹²O¹², als Ausgangspunkt unserer
Rechnung an.
Von den noch übrigen zwei Dritteln unseres mit Wasser wieder aufgenommenen
Abdampfungsrückstandes schmolz man nun weiters fünf Proben zu je 10 K. C. unter
Zufügung von 1,5 K. C. verdünnter Schwefelsäure (von 160 Grm. SO³ im Liter)
in Glasröhren ein und erhitzte im gesättigten Kochsalzbade. Nach dreistündigem
Sieden öffnete ich die erste dieser fünf Proben. Ihr Inhalt wurde auf 50 K. C. mit
Wasser verdünnt, und von der erhaltenen Flüssigkeit waren zur Reduction von 10 K. C.
alkalischer Kupferlösung erforderlich:
a)b)
5,25,1
Mittel – 5,1 K. C.
Dieses gibt einen nunmehrigen Zuckergehalt, in Procenten des Bieres ausgedrückt
von:
Textabbildung Bd. 165, S. 454
Dieser letzte Werth drückt also die Zuckermenge aus, entstanden aus, der Ueberführung
des Dextrins vereinigt mit der bereits im Biere fertig vorhandenen. Subtrahirt man
davon den oben gefundenen Antheil dieser letzteren, so erhält man für den aus dem
Dextrin durch die Behandlung mit Schwefelsäure im Kochsalzbade neu gebildeten
Zucker:
6,47 – 2,07 = 4,40 Proc.
C¹²H¹²O¹².
Es mußte jedoch noch die Frage entstehen: ob durch das dreistündige Erwärmen auf circa 110° C. die Ueberführung des Dextrins in
Zucker bereits vollständig von Statten gegangen war. Wir öffneten daher nach
nochmals drei Stunden lang fortgesetztem Sieden eine zweite Röhre. Ihr Inhalt, wie
oben verdünnt, zeigte nun in 4,9 K. C. die 50 Milligramme Zucker; d.h. aber in
Procenten des Bieres ausgedrückt:
Textabbildung Bd. 165, S. 454
Der Zuckergehalt hatte sich also während dieser letzten Periode des Siedens noch
vermehrt.
Die dritte, nach im ganzen neunstündigem Sieden geöffnete Röhre zeigte nach dem Verdünnen auf 75
K. C. die 50 Milligramme Zucker in 7,5 K. C., woraus sich die Zuckerprocente des
Bieres ableiten zu:
Textabbildung Bd. 165, S. 455
Die Ausbeute an Zucker hatte sich also durch das abermalige um drei Stunden
verlängerte Sieden nicht mehr vergrößert, sondern war vielmehr um ein Geringes
wieder herabgestimmt worden. Die theilweise Caramelisirung des Zuckers unter den
obwaltenden Umständen mußte ein derartiges Resultat von vorn herein erwarten
lassen.
Nehmen wir nun den mittleren (Nro. 2) dieser drei Werthe für den Zuckergehalt nach
der Behandlung mit Schwefelsäure, als den höchsten, für unsere Betrachtung zur
Grundlage, so werden wir damit der Wahrheit offenbar am nächsten kommen. Wir
erhalten alsdann:
Gesammtmenge des Zuckers
nach
der Behandlung mit Schwefelsäure
6,80 Proc.
C¹²H¹²O¹²
davon im Biere fertig gebildet
2,07 „
„
d.h. aus dem Dextrin entstanden
4,73 „
„
diese in Dextrin ausgedrückt
4,26 „
C¹²H¹ºO¹º
und unter Zuziehung der Bestimmung der Gesammtmenge der festen
Bestandtheile übersichtlicher:
Zusammensetzung des Bierextractes:
Zucker
2,07 Proc.
Dextrin
4,26 „
übrige Bestandtheile
0,66 „
–––––––––
d.h. gefundenes Extract
6,99 „
Gemäß diesen Daten finden sich also Zucker und Dextrin in dem fertigen Biere fast
genau in dem von Musculus aufgestellten Verhältnisse wie
1 : 2. In der Würze indeß, auf welche Musculus dasselbe
bezieht, mußte daher auch offenbar der für die Erzeugung des Alkohols verwendete
Zucker – falls nicht gleichfalls Dextrin, in proportionaler Menge, für seine
Bildung verwendet wurde – einen nicht unbedeutenden Ueberschuß gegen dieses
Verhältniß ergeben.
Die Bestimmung des Alkohols verbanden wir nun zugleich mit der
Extractbestimmungsmethode, wie dieses für die Bieruntersuchung immer wünschenswerth
seyn muß. Wir ließen die vom Aspirator aus dem Apparate angesogenen alkoholischen
Dämpfe des Bieres eine gemessene Menge einer, mit Schwefelsäure versetzten,
titrirten Lösung von zweifachchromsaurem Kali passiren, welche sich in einem
mittelst Wasserbad auf 100° C. erwärmten Liebig'schen Kaliapparate befand. Es wird in diesem Falle der Alkohol zu
Essigsäure oxydirt, indem ein Aequivalent desselben vier Aequivalente Sauerstoff aufnimmt, und
dadurch eine äquivalente Menge Chromsäure zu Chromoxyd reducirt wird, nach dem
Schema:
C⁴H⁵O, HO+ 4 O
= C⁴H³O³ + 3 HO
und in Wechselwirkung mit der Chromsäure aufgefaßt:
3 C⁴H⁵O, HO+ 8
CrO³
=
3 C⁴H⁵O, HO + 12
O + 4 Cr²O³
= 3 (C⁴H³O³ + 3 HO).
Fügt man nun nach der reducirenden Einwirkung der Alkoholdämpfe eine für die völlige
Reduction der ganzen Chromsäure genau ausreichende Menge schwefelsauren
Eisenoxydulammoniaks zu, so wird man offenbar an diesem letzteren einen der
reducirenden Wirkung des Alkohols entsprechenden Ueberschuß in der Flüssigkeit
haben, der sich nach starker Verdünnung mit Wasser leicht durch Chamäleonlösung
ermitteln läßt. Ist letztere nun mit demselben Salze gemessen, so ergibt sich die
Relation zwischen dem Chamäleon (ausgedrückt als Eisenammonsalz) und dem Alkohol
sehr einfach, indem ja ein Aequivalent Alkohol 4 Aequivalente Sauerstoff gebraucht
und wiederum 2 Aequivalente Eisenoxydul ein Aequivalent Sauerstoff anzeigen. Ein
Aequivalent Alkohol entspricht also in der reducirenden Wirkung acht Aequivalenten
Eisenoxydulammoniak.
In unserem speciellen Falle hatten wir 20 K. C. einer Lösung von 14,86 Grm. KaO,
2CrO³ in 200 K. C., also 1,486 zweifach-chromsaures Kali
vorgeschlagen. Diese würden nun zur völligen Reduction zu Chromoxyd erfordern, gemäß
dem Schema:
2 CrO³+ 6 Fe
=
Cr²O³+ 3 Fe²O³
– wonach also 1 Aeq. zweifach-chromsaures Kali 6
Aeq. Eisenoxydul verlangt – an schwefelsaurem Eisenoxydulammoniak (FeO,
SO³, NH⁴O, SO³ + 6HO): 11,76 Grm. – Dieselben nach der
Alkoholeinwirkung zugefügt, waren nun noch zur beginnenden Färbung durch Chamäleon
51,4 K. C. desselben nöthig, und der Gehalt des letzteren war derart daß:
15,9 K. C. Chamäleon entsprachen – 0,196 Grm. Eisensalz.
Man hatte also für den gefundenen Alkohol, d.h. dessen absolute Menge:
Textabbildung Bd. 165, S. 456
Und da wir, wie oben mitgetheilt, 6,598 Grm. Bier für die Bestimmung verwandten, so
ergibt sich der Procentgehalt des Bieres an absolutem Alkohol zu:
Textabbildung Bd. 165, S. 456
Da nun die Zerlegung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure (im Allgemeinen) nach dem
bekannten Schema von Statten geht:
C¹²H¹²O¹² =
2C⁴H⁶O²4C
O²
oder ein Aequivalent Traubenzucker (= 180) auch zwei
Aequivalente Alkohol (2 . 46) liefert, so waren zur Bildung obiger 2,82 Proc.
Alkohol offenbar auch 5,52 Proc. Traubenzucker erforderlich.
Summiren wir jetzt diese Menge zu der obigen, in dem fertigen Biere noch vorhandenen,
so gestaltet sich das in der Würze obwaltende Verhältniß zwischen Zucker und Dextrin
wie folgt:
Zucker
7,59 Proc.
des Bieres
Dextrin
4,73 „
„ „
Dieses Verhältniß ist also nun nahezu ein umgekehrtes als das von Musculus vorausgesetzte, denn statt zwei Aequivalente
Dextrin auf ein Aequivalent Zucker kommen in Wirklichkeit – d.h. abgeleitet
aus dem Resultate der Gährung – umgekehrt zwei Aequivalente Zucker auf ein
Aequivalent Dextrin.
Wir müssen jedoch festhalten, daß dem Ergebniß dieser Betrachtung die Voraussetzung
zu Grunde liegt: der Alkohol sey wirklich gänzlich aus in der Würze präexistirendem
Zucker hervorgegangen, abgesehen von der Eventualität, daß noch im Verlaufe der dem
Maischen folgenden Processe eine Umsetzung von Dextrin, durch das Zwischenglied
Zucker, in Alkohol statthaben konnte.
Es erübrigt uns also noch, zur Controle dieselben Betrachtungen auch auf die Würze
auszudehnen. Dieses führte zu folgenden Resultaten. Wir machten zunächst wieder die
Gesammtbestimmung des Extractes und erhielten wie oben im trockenen Luftstrom
eingedampft und getrocknet:
Würze
5,651
Grm.
Nach dem Eindampfen nach
3 Stunden im Wasserbade
0,829
Grm.
d.h.
14,67 Proc.
3 Stunden
weiters
bei 110° C.
0,795
„
„
14,07 „
„
„
„ „
0,788
„
„
13,94 „
„
„
„ „
0,782
„
„
13,84 „
„
„
„ „
0,780
„
„
13,80 „
„
„
„ „
constant.
Von dieser Würze wurden nun 100 Grm. auf 500 K. C. gebracht und wegen der
Concentration eine Portion der Flüssigkeit noch auf das doppelte Volumen mit Wasser
verdünnt. 8,5 K. C. des erhaltenen Liquidum vermochten 10 K. C. alkalische
Kupferlösung zu reduciren. Daraus leitet sich der Zuckergehalt der Würze ab zu:
Textabbildung Bd. 165, S. 457
Eine andere Probe der obigen Mischung, 100 Grm. Würze auf 500 K. C., wurde wieder,
nachdem 1,5 K. C. der erwähnten verdünnten Schwefelsäure zugefügt waren, in ein
Glasrohr eingeschmolzen und während 6 Stunden, als der nach den früheren Versuchen
entsprechendsten Dauer, im Kochsalzbade erhitzt. Nach dem Verdünnen auf 60 K. C.
waren nun 10,8 K. C. der zuckerhaltigen Flüssigkeit zur Reduction von 10 K. C.
Kupferlösung hinreichend; d.h. der Zuckergehalt ergab sich jetzt auf 100 Theile
Würze bezogen, zu:
Textabbildung Bd. 165, S. 458
Von diesem Werthe haben wir nun wieder den bereits in der Würze fertig vorgefundenen
Zucker mit 5,88 Proc. abzuziehen, wodurch sich alsdann der durch Umsetzung des
Dextrins entstandene zu 8,01 Proc. ergibt. Derselbe, auf Dextrin zurückgeführt, gibt
endlich 7,21 Proc. Dextrin
(C¹²H¹ºO¹º).
Die Zusammensetzung unserer Würze ergibt sich hiernach im Ueberblick zu:
Zucker
5,88 Proc.
Dextrin
7,21 „
übrige Bestandtheile
0,70 „
––––––––
gefundener fester Rückstand
13,80 Proc.
Hier war also in der frischen Würze in der That das Verhältniß zwischen Dextrin und
Zucker ein derartiges, daß letzterer zurückstand, wenn auch bei weitem nicht so
bedeutend als das von Musculus gefundene Verhältniß
verlangt.
Der Vergleich dieses Ergebnisses mit dem beim fertigen Biere erhaltenen spricht also
für eine noch während der ferneren Aufbereitung des Bieres resp. der Gährung
stattfindende Umsetzung eines Antheils Dextrin in Zucker als Zwischenglied –
sicher endlich in Alkohol.
Stellen wir die Thatsachen der beiden Versuchsreihen nun, des leichteren Vergleiches
wegen, noch einmal zusammen, und zwar das Verhältniß zwischen Zucker und Dextrin auf
100 Theile des festen Rückstandes, exclusiv der als übrige
Bestandtheile aufgeführten Begleiter, setzen also die Summe von Zucker und
Dextrin gleich hundert, jedoch jenen aus dem Alkoholgehalte abgeleiteten –
gleichsam idealen – Zucker mit eingerechnet, so erhalten wir für die Relation
der beiden genannten Bestandtheile:
1)
In der Würze:
Zucker
44,92 Proc.;
Dextrin
55,08 Proc.
2)
Im fertigen Biere:
Zucker
61,61 Proc.;
Dextrin
38,39 Proc.
oder auf 1 Gewichtstheil Zucker
kommen:
1)
in der Würze
1,226 Theile Dextrin
2)
im fertigen Bier
0,623 Theile Dextrin
Es drängt sich nun von selbst die Frage auf: in welchem Verhältnisse nach diesen
Daten denn die Zuckerbildung nach dem Maischen, dieselbe bis dahin gleich 1 gesetzt,
noch voranschreite; oder mit anderen Worten: in welchem Verhältnisse die
Zuckerbildung des ganzen Brauprocesses zu der in der Würze bereits sich vollendet
habenden stehe.
Die oben beigebrachten Zahlen drücken dieses Verhältniß noch keineswegs aus, wie es
auf den ersten Blick scheinen könnte, da ja in demselben Maaße als der Zuckergehalt
zunimmt, die Dextrinmenge geringer wird. Ebenso würde es sehr schwierig seyn, in
einer Brauerei mit den Quantitäten der Würze und des daraus erhaltenen fertigen
Bieres eine derartige Erhebung zu bewerkstelligen. Da indeß das Verhältniß der
beiden fraglichen Bestandtheile in beiden Stadien des Productes und außerdem der
Vorgang der Umsetzung des Dextrins (im Allgemeinen) bekannt ist, so können wir
offenbar auch auf indirectem Wege zu unserem Ziele gelangen. Man braucht nur zu
überlegen, daß bei der Ueberführung des Dextrins in Zucker ja auch noch eine
Wasseraufnahme Statt hat. Bezeichnen wir die Größe derselben durch y und die des Zuckers in dem fertigen Biere durch x, folglich durch x –
1 den neugebildeten Zucker, so ist offenbar jene assimilirte Wassermenge:
(1) y = (x – 1)18/180 =
(x – 1)/10
Eine zweite Gleichung ergibt sich eben so leicht aus der Summe der Bestandtheile im
fertigen Biere, die ja 1 + (1,226 + y) ist – der
eingeklammerte Werth den aus dem Dextrin erzeugten Zucker darstellend – und
zugleich Zucker und Dextrin in dem Verhältniß 1 : 0,623 enthält; d.h. aber:
(2)
1 + 1,226 + y = x + 0,623
x
Aus beiden Gleichungen ergibt sich dann leicht als Resultat der Umsetzung von Dextrin
in Zucker, aus dem Verhältnisse der Würze in jenes des fertigen Bieres wie
folgt:
x = 1,396 Zucker im fertigen Biere
y = 0,040 assimilirtes Wasser
und 0,623
x = 0,870 Dextrin im fertigen Biere, Alles
bezogen auf 1 Theil Zucker in der Würze.
Die Gesammtveränderung in den dem Maischen noch nachfolgenden Processen gestaltet
sich demnach, übersichtlich zusammengestellt, in folgender Weise:
a) In der Würze.
b) Im fertigen Biere.
Zucker
1
1,396
Dextrin
1,226
0,870
Wasser
0,040
–
––––––––––––––––––––––––––––––––––
2,266
2,266
Hier waltet also zwischen Zucker und Dextrin in der Rubrik b) noch immer das im Versuche gefundene Verhältniß 1 : 0,623 (= 1,396 :
0,870) ob. Dieses Schema entwickelt uns aber ein Bild des Wachsthums des
Zuckergehaltes auf Kosten des Dextrins. Wir hatten also auf diesem Wege gar nicht
nöthig die absolute Menge aus einem gegebenen Quantum Würze erhaltenen Bieres zu
erheben; das Verhältniß der in Rede stehenden Bestandtheile vor und nach der Gährung
genügte vollständig für unsere Deduction.
Man kann das Endergebniß dieser Betrachtung nun etwa folgendermaßen zusammenfassen:
Setzt man die bis zum Maischen incl. stattgefundene
Zuckerbildung = 1, so war die Gesammtzuckerbildung im
Bräuproceß = 1,4, oder dieselbe schritt in den dem
Maischen nachfolgenden Vorgängen noch um 0,4, also
fast um die Hälfte der bis dahin stattgefundenen, voran. Demnach stellt
sich das Dextrin also praktisch als im hohen Grade vergährbar heraus.
Wenn die in unseren Bestimmungen benutzte Methode auch nicht absolut scharfe
Resultate zu geben vermag, da das Bier ein Gemisch von zahlreichen Körpern
darstellt, deren Verhalten gegen die alkalische Kupferlösung nicht näher untersucht
ist, so tritt doch gewiß die, die Begleiter so vielfach überwiegende Zucker-
und Dextrinmenge derart in den Vordergrund, daß das Verfahren wohl im Stande ist uns
im Großen und Ganzen ein Bild von dem betreffenden Vorgange zu geben. Die Begriffe
Traubenzucker (Glucose) und Dextrin sind dabei lediglich im Sinne der befolgten
Bestimmungsmethode aufzufassen und sind also gewissermaßen Gattungsbegriffe von
Körpern, die resp. direct und nach der Behandlung mit Schwefelsäure die Kupferlösung
zu reduciren vermögen. Die Anzahl der Einzelglieder in dieser Gruppe scheint, wie
ein flüchtiger Blick auf die Literatur darüber beweist, sehr bedeutend zu seyn. Ich
erinnere nur an die Arbeiten Dubrunfaut's,Comptes rendus t. XXIII p. 42 und Annales de chimie et de
physique, 3. ser. t. XXI p. 178.
Biot's,Comptes rendus t. XLII p. 351. der die Glycose in drei verschiedene Zuckerarten zerfällt, Bechamp's,Comptes rendus t. XLII p. 640.
Anthon's u.s.w. für den Zucker. Unter den Begleitern desselben im Biere
gehören hierher Caramel, Caramelen und Caramelan (Gélis), Assamar, Pyrodextrin, Glucinsäure und Apoglucinsäure,Mulder's Chemie des Bieres, deutsch von Chr. Grimm, Leipzig 1858, S. 239. Melassensäure Peligot's
Ann. de chim. et de phys. t. LXVII p. 157. u.a.
Die Menge aller dieser Substanzen ist indeß so gering, daß wohl kaum eine wesentliche
Beeinflussung unseres Resultates davon zu fürchten ist.
Von einem besondern Interesse für diese Frage ist indeß noch die Säure, welche Graham, Redwood und Hofmann
bei der Gährung des Zuckers entdeckten,Report upon original gravities, byGraham, RedwoodandHofmann. London 1852. und die Mulder
„Gährungszuckersäure“ nennt. Von ihr fanden die Entdecker, daß
sie, obwohl frei von Dextrin (!) und Zucker, dennoch die alkalische Kupferlösung
reducirt. Mulder hält sie für Glucinsäure und stellte sie
aus dem Biere dar.Chemie des Bieres S. 416. Eine Lösung von Rohrzucker in sieben Theilen Wasser lieferte Graham, Redwood und Hofmann in
drei Versuchen, beziehungsweise mit 1,5, 3 und 6 Volumprocenten flüssiger Hefe
versetzt, nach beendigter Gährung eine Ausbeute von 4,4, 3,72 und 3,7 Proc.
(offenbar des angewandten Zuckers) dieser, in ihren Eigenschaften an Caramel und
Glucinsäure erinnernden, nicht mehr gährungsfähigen Substanz. Wir können nun zwar
wieder den Einfluß dieses Körpers auf unsere Bestimmungen nicht genau entwickeln, da
über das Verhältniß in dem er die Kupferlösung reducirt, und über den Aufwand von
Zucker welchen sie zu ihrer Bildung beansprucht, nichts vorliegt. Ihr Einfluß wird
immer ein merklicher seyn. Indem nun aber die Gährungszuckersäure selbst wieder auf
die Kupferlösung reducirend wirkt, so fällt dadurch natürlich der gefundene
Zuckergehalt wieder höher aus, und es findet also in Bezug auf die Frage nach dem
anfänglich oder transitorisch vorhandenen (zur Alkoholbildung verwendeten) Zucker
eine Art von Compensation Statt.
Diese Verhältnisse zeigen zur Genüge, daß es durchaus nicht einerlei ist, ob man von
einer analytischen Bestimmung einen Aufschluß über die in der gährungsfähigen
Flüssigkeit vorhandene Zuckermenge oder über die des nach der Umsetzung daraus
wirklich erhaltenen Alkohols verlangt. Beide stehen offenbar nicht in einem so
einfachen Zusammenhange als das gewöhnliche, den Vorgang wohl im Allgemeinen
repräsentirende Schema angibt, welches uns aber über die, die genaue Lösung
derartiger Fragen völlig beherrschenden accessorischen Vorgänge durchaus jede
Rechenschaft schuldig bleibt.
Hinsichtlich der praktischen Ausführung der Zuckerbestimmungen ist noch anzumerken,
daß die sämmtlichen Ablesungen (mit Ausnahme der ersten) erst dann geschahen, wenn
in einer abfiltrirten Probe der Fehling'schen
Probeflüssigkeit Traubenzuckerlösung keine Reaction mehr hervorbrachte.
Vergleichende Versuche hatten nämlich gezeigt, daß die Zufügung von Ferrocyankalium
zu der angesäuerten Flüssigkeit durchaus kein sicheres Mittel zur Entdeckung eines
Kupferrestes abgab. Wo Blutlaugensalz nichts mehr erkennen ließ, entstand meist bei
Zufügung von Traubenzucker und Sieden noch eine sehr merkliche Ausscheidung.