Titel: | Skizzen aus der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth. |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XCIV., S. 401 |
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XCIV.
Skizzen aus der allgemeinen Londoner
Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth.
(Fortsetzung von S. 326 des vorhergehenden Heftes.)
Mit Abbildungen auf Tab. VI.
Eyth, Skizzen aus der Londoner Ausstellung.
Französische Locomobilen.
Die systematische Güterzerstückelung und das in Folge hievon geringe Capital welches
dem Landbau Frankreichs zu Gebot steht, zeigt seinen Einfluß deutlich in der
Entwickelung der Ackerbaugeräthe des Landes. Wenn wir deßhalb nichtsdestoweniger
eine ziemliche Anzahl von Locomobilen finden, so hat dieß seine Ursache darin, daß
die französische Locomobile ihre Entstehung weniger wie die englische dem Landbau,
als anderen mehr rein technischen Bedürfnissen verdankt und so ist es nur natürlich,
daß wir von den 9 ausgestellten Maschinen nur 3 in der eigentlichen
Agricultur-Abtheilung, die übrigen 6 aber im westlichen Annex unter der
Classe der allgemeinen Maschinen finden. Von den englischen Ausstellern haben 16 im
Departement der Agricultur und nur 4 ihre Maschinen im Raum für allgemeine
Maschinerie ausgestellt.
Was den allgemeinen Charakter der französischen Locomobile betrifft, so ergab sich
derselbe theilweise aus ihrer Entstehungsweise, oder er hat sich überhaupt noch
nicht vollständig constituirt. Verglichen mit den englischen Constructionen finden
wir sie zu unserem Erstaunen durchaus schwerer, unbeholfener, weniger locomobil;
Schmiedeeisen und Messing ist zu sehr gespart. Eigenthümliche Regulatoren,
verstellbare Expansion, Dampfgehäuse und Vorwärmer nehmen den Maschinen das einfache
Aussehen, das selbst dem Landwirthe ein gewisses Vertrauen einflößt. In den Details
haben sich natürlich die Verhältnisse noch nicht so festgestellt, wie in einem
Lande, wo jährlich Tausende von Locomobilen aus 100 Fabriken hervorgehen, und wir
finden deßhalb in den 9 ausgestellten Maschinen eine größere Mannichfaltigkeit, als
in den 19 der englischen Fabriken.
Was den Kessel betrifft, so verschwindet die viereckige Feuerbüchse ganz und ist
gewöhnlich durch einen verticalstehenden cylindrischen Theil ersetzt, der –
eine rühmliche Eigenschaft der französischen Maschinen – einen äußerst
geräumigen Dampfdom bildet. Kessel mit Feuerröhren und rückwärtslaufenden Heizröhren
sind, wie wir sehen werden, fast eben so häufig, als mit Heizröhren welche direct in
die mit dem Kamin verbundene Rauchkammer münden. Die Spannung, in welcher zur Zeit
der wesentliche Unterschied des continentalen und englischen Dampfmaschinenbaues
liegt, schwankt zwischen 5 und 7 Atmosphären.
Das Mittel der Maschine und das Mittel des Kessels liegen ohne Ausnahme in einer
verticalen Ebene.
Die Maschine ist fast stets auf einer gemeinschaftlichen Fundamentplatte aufgebaut,
die auf dem Rücken des Kessels angeschraubt ist, und an welche die Theile entweder
angegossen oder angeschraubt sind. Dieß gibt natürlich der Maschine ein schweres
Aussehen, ist aber von wesentlicher Bedeutung, wo das Spiel der Schieber und der
fast stets veränderlichen Expansion genau seyn soll.
Gespaltene Kurbelstangen sind Regel. Gewöhnlich haben sie offene Köpfe. Auch die
Excenterstangen sind meist gespalten, weil die Schieberstangen gewöhnlich geführt
sind. Die Excenter sind stets von Gußeisen, häufig aber innen mit einer ungefähr 2
Millimeter starken Messingverkleidung ausgegossen.
Gehen wir zur Betrachtung der einzelnen Exemplare über, so fällt uns mit Recht auf,
daß einige der ersten Namen französischer Locomobilenbauer fehlen. Callas besonders, mit dem wir am liebsten die Reihe
begonnen hätten, hat nicht ausgestellt. Hingegen sind andere der bedeutendsten
Fabriken in würdiger Weise vertreten, und so beginnen wir die Reihe mit
J. F. Cail et Comp., Paris, quai de
Billy 48.
Wenige Fabriken des Continents sind in so reicher und mannichfaltiger Weise
vertreten, als dieses ausgedehnte Geschäft, welches in fünf verschiedenen
Fabriken zu Paris, zu Denais, zu Douai, zu Valencienne und zu Brüssel nahezu
5000 Arbeiter beschäftigt. In dem französischen Departement finden wir dieselbe,
neben vielem andern, durch eine 8 bis 10pferdige Locomobile vertreten.
Der Kessel dieser Maschine (Fig. 1 und 2), für 5
Atmosphären Spannung berechnet, besteht aus dem cylindrischen, einen hohen Dom
bildenden Theile über der runden Feuerbüchse und dem an denselben sich
anschließenden, die Siederöhren enthaltenden horizontalen Kessel, an dessen
anderem Ende in gewöhnlicher Weise die den Kamin tragende Rauchkammer sitzt. Die im
belgischen Departement ausgestellte, in Brüssel gebaute 2–3pferdige
Locomobile von durchaus ähnlicher Construction hat 8 Röhren von 6 Centimeter
Durchmesser, die 8–10pferdige 20 von 7 Centim. Durchmesser. Ein an der
Seite der Feuerbüchse angebrachter Trichter zum Füllen des Kessels ist sehr
praktisch, wenn er sich auch etwas eigenthümlich ausnimmt. Der Kamin ist zweimal
umzuklappen, und legt sich auf einen über der Geradführung angebrachten Träger.
Vom Dampfdom aus führt ein hochgebogenes Rohr den Dampf dem Cylinder zu, das, im
Gegensatz zu der uns bekannten englischen Constructionsweise, den Zweck hat,
durchaus trockenen Dampf in den Cylinder zu bringen. Freilich ist der Dampf auf
diesem langen Wege dem Condensiren sehr ausgesetzt.
Die Maschine ist nur auf einer Gußplatte aufgeschraubt, an deren einem Ende die
sich schief gegen den Kamin neigenden Lager angegossen sind. Der Cylinder trägt
seitlich den angegossenen Schieberkasten, der mit der Meier'schen Expansionsvorrichtung (besonderer zweitheiliger
Expansionsschieber, dessen Platten durch das rechte und linke Gewinde an der
Schieberstange gegen einander verstellt werden können) in der Weise versehen
ist, daß die Expansion jeden Augenblick während des Ganges der Maschine
verstellt werden kann. Die Expansionsschieberstange tritt nämlich nach hinten
und vorn aus dem Schieberkasten heraus, und verlängert sich gegen die Welle hin
in ein Kopfstück mit zwei Zapfen, das durch ein Böckchen geführt ist, und in dem
sie sich dreht (Fig. 3). Die zwei Zapfen werden durch die gespaltene Excenterstange
gefaßt, ganz ähnlich wie die ebenfalls geführte Schieberstange des
Vertheilungsschiebers. Nach der anderen Seite hin tritt die Stange, die hier
viereckig wird, lose durch eine Messingbüchse, welche durch Ansätze in der
gußeisernen Büchse eines kleinen Gestellchens gehalten ist, das am
Schieberkasten festgeschraubt ist. Diese Büchse wird durch ein Rädchen gedreht,
wodurch auch die Schieberstange sich dreht und die Expansion sich ändert. Am
anderen Ende der Büchse, eingeschraubt in dieselbe und durch einen
eigenthümlichen Ansatz am Drehen verhindert, verschiebt sich durch die Drehung
des Rädchens ein zweites Büchschen in horizontaler Richtung. Dieser Ansatz, d.h.
die Stellung dieser zweiten Büchse gibt den Grad der Expansion an, mit welchem
die Maschine arbeitet. Dieser ganze Theil macht die sonst einfache Anordnung der
Steuerung etwas complicirt. Bei 2–3pferdigen Maschinen vollends erscheint
uns die Anwendung veränderlicher Expansion eine förmliche Pedanterie, um so mehr
als mit dem Absperrventil nahezu das gleiche Resultat erzielt wird. Die Excenter
und Excenterringe sind von Guß und mit Metall ausgelegt (Fig. 9). Die
Geradführung besteht aus zwei breiten Linealen, einerseits an der Stopfbüchse
mit zwischengelegten Messingblechen, andererseits an einem auf der
Fundamentplatte stehenden Säulchen festgeschraubt, das die gegabelte
Kurbelstange umgreift. Die Kolbenstange ist im Gleitstück mit einer Mutter
befestigt (Fig.
10). Dasselbe hat Messingbacken, welche die Lineale übergreifen; es
ist von Schmiedeeisen und die beiden Zapfen sind angeschweißt. Der eine,
bedeutend länger als der andere, führt den Kolben der Speisepumpe. Diese ist an
der Seite des Cylinders angeschraubt und besteht aus Messing, mit angegossenem
Ventilkästchen. Die Kurbelstange hat auf der Gleitstückseite geschlossene Köpfe
ohne Schalen, auf der Seite der Kurbel einen offenen Kopf. Die Welle ist aus
einem Stück für die Kurbel abgebogen; die Arme der Kurbel sind viereckig
geschmiedet und ungefähr unter 45° gegen die Welle geneigt, was dem
Ganzen ein etwas unsolides Aussehen gibt, aber eine Eigenthümlichkeit
sämmtlicher französischen Locomobilen ist (Fig. 27).
Ein Regulator, durch den gewöhnlichen Riemen in Betrieb gesetzt und von ziemlich
unförmlicher Größe, sitzt auf dem Cylinder und zeichnet sich durch verschiedene
Eigenthümlichkeiten aus. Anstatt der Kugeln z.B. sind plattgedrückte Scheiben
angewendet, die vermuthlich den Luftwiderstand beim Drehen vermeiden sollen
– ein äußerst unwesentliches Element bei der langsam gehenden, durch
Riemen und Räder bewegten Spindel. Wesentlicher ist das Gewicht, welches
absichtlich von den Gegenhebeln des Regulators gehoben wird und somit die Höhe
des Regulators wesentlich beeinflußt.
Dieses Gewicht, bei Cail durch ein verstellbares
Gegengewicht an dem weiteren Gestänge je nach Bedürfniß balancirt, spielt auf
der dießmaligen Ausstellung eine Rolle. Amerika stellt Regulatoren aus, bei
welchen dasselbe das wesentliche Princip der Drosselklappenbewegung bildet. Auch
im deutschen Departement finden wir dasselbe bei den Regulatoren der Maschinen
der Wilhelmshütte in Anwendung.
In Fig.
28 geben wir eine Skizze mit den Dimensionen eines dieser amerikanischen Regulatoren von Porter. Noch vor kurzer Zeit bemühte man sich da und dort bei der
Construction von Regulatoren das Gestänge und die das Hebelwerk bewegende Büchse
durch Gegengewichte dermaßen zu balanciren, daß die Kugeln möglichst ihre
theoretische der Pendellänge entsprechende Höhe annehmen können. Derselbe Zweck
wurde durch verhältnißmäßig außerordentlich große Kugeln zu erreichen gesucht.
Heute finden wir im Gegentheile das Gewicht jener Büchse und die Kugeln so
klein, daß sie nach dem früheren Princip vergrößert, förmlich wirkungslos wären.
Statt der früheren 25–50 Umdrehungen machen nun aber diese Regulatoren
100–300, d.h. sie gehen beträchtlich schneller als die Maschinen. Durch
das beständig constante Gegengewicht werden die Kugeln jedoch aus ihrer
unförmlich hohen Lage gezogen, so daß sich das Gegengewicht und das Bestreben
der Kugeln emporzufliegen, balanciren. Sobald sich nun die Geschwindigkeit der
Maschine ändert, ändert sich die Geschwindigkeit des Regulators um das
zwei- oder dreifache und die theoretische Höhe im Verhältniß zu den
Quadraten dieser verschiedenen Geschwindigkeiten. Das Gegengewicht aber ist
stets eine constante Größe, so daß das Bestreben der Kugeln, ihre höhere oder
niederere Lage einzunehmen, ein verhältnißmäßig viel größeres ist, als bei
bedeutend größeren Kugeln, die um ihre theoretisch der Geschwindigkeit
entsprechende Höhenlage balanciren. Ein weiterer Vortheil, besonders für
Locomobilen, ist, daß bei dem so geringen Gewicht der eigentlich sich drehenden
Kugeln eine nicht ganz senkrechte Lage des Regulators von geringer Bedeutung
ist. Dieser Eigenschaft gemäß finden wir im amerikanischen Departement sogar
Regulatoren mit drei Kugeln und horizontaler Spindel, bei welchen das
Gegengewicht durch eine Feder vertreten ist.
Was die Cail'sche Locomobile im Ganzen betrifft, so
ist weder die Ausführung, welche ziemlich oberflächlich genannt werden kann,
noch die Form der Details trotz des symmetrischen Baues des Ganzen besonders
hervorragend.
Wie wir anführten, arbeitet die Maschine mit 5 Atmosphären Spannung.
A. de
Coster Paris rue Stanislas 9.
Hr. de Coster liefert, abgesehen von der Stellung und
Art des Regulators, der ein ganz gewöhnlicher Kugelregulator ist, eine ziemlich
genaue Copie der Cail'schen Locomobile. Steuerung,
Geradführung, Kolbenstange, Welle, Lager, Fundamentplatte und Kessel sind genau
nach dem beschriebenen Modell. Nur ist die Ausführung durchaus sauberer, und die
Formen sind unleugbar runder und dem Auge wohlthuender gehalten. Er bietet nur
eine Maschine, die sich, durchaus französisch, wie sie ist, würdig jeder
englischen an die Seite stellen kann. In Betreff der näheren Beschreibung
verweisen wir auf Cail.
Albaret et Comp.,
Liancourt (Oise).
Eine dritte Locomobile von 6 Pferdekräften, mit horizontalem Kessel und offen auf
dessen Rücken liegendem Cylinder (Fig. 5), ist von dem
früheren Hause Duvoir, jetzt Albaret
et
Comp., ausgestellt. Der Kessel ist in seiner
Form und seinen Verhältnissen dem Cail'schen durchaus
ähnlich; die Maschine liegt, wie dort, auf einer angeschraubten Fundamentplatte,
an der die schiefen Lager und die Geradführung angegossen sind. Hierin liegt das
wesentlich Unterscheidende der beiden Constructionen. Albaret hat nämlich nur ein Lineal, oder
besser eine breite, gußeiserne Gleitbahn, die mit angegossenen Leisten das Gleitstück
übergreift und so tief liegt, daß keine gespaltene Kurbelstange nöthig ist (Fig. 6).
Die Enden derselben sind mit Bügeln versehene geschlossene Köpfe. Die
Schieberstange ist außerhalb geführt und deßhalb die Excenterstange, welche
flach gehalten ist, gespalten. Nur ein Excenter und der gewöhnliche
Muschelschieber sind für die Dampfvertheilung angewendet; die Expansion ist
deßhalb für die 5 Atmosphären, mit welchen der Kessel arbeitet, eine ziemlich
geringe.
Eigenthümlich, und für Locomobilen nicht ohne Werth, ist der Ringregulator, von
dem wir in Fig.
7 eine Skizze geben. Zwei Streben mit ausgebüchsten Köpfen führen eine
Röhre, welche horizontal und parallel mit der Schwungradwelle liegend, von
dieser direct durch einen Riemen in Bewegung gesetzt wird. Diese Röhre baucht
sich in der Mitte fast zu einer Kugel aus, durch deren inneren hohlen Raum eine
Spindel geht. Letztere liegt in der Richtung des Durchmessers eines
wulstförmigen Ringes, den sie auf diese Weise in der Schwebe erhält. Die Spindel
bewegt ferner mittelst eines Zahnsegments, wenn der Wulst sich dreht, eine mit
einer Zahnstange versehene runde Stange im Centrum der Röhre, welche nach der
einen Seite hin durch eine verstellbare Feder nach links gezogen wird, und so
den Ring stets in einer möglichst geneigten Lage erhält. Am anderen Ende steht
die Stange mit einer Büchse außerhalb der Röhre in Verbindung, die das direct
mit der Drosselklappenspindel verbundene Hebelchen in Bewegung setzt.
Selbstverständlich sucht sich durch die Centrifugalkraft der Ring während des
Ganges der Maschine aufzurichten, dreht dadurch die Spindel, auf welcher er
steckt, und bewegt somit die Drosselklappe (Fig. 8). Durch eine
Schraube, mit welcher die im Regulatorrohr liegende Feder gespannt werden kann,
kann der Regulator fast für jede beliebige Anzahl von Umdrehungen der Maschine
gebraucht werden. Die Vortheile der Vorrichtung liegen jedoch wesentlich darin,
daß der Regulator bei jeder Stellung der Achse mit derselben Leichtigkeit und
Genauigkeit arbeiten wird, die er in der genau horizontalen Lage hat. Eine
weitere Eigenthümlichkeit der Fabrik sind die Quecksilbermanometer, welche sie
bei ihren Kesseln anwendet (Fig. 11). Zwischen
zwei halbkugelförmigen Flantschen, zu welchen sich die Dampfrohre und der
Manometer ausbauchen, ist eine gerippte Stahlplatte geschraubt; die eine, untere
Seite derselben wird direct vom Dampf des Kessels berührt, die obere Hälfte der
Kugel ist mit Quecksilber gefüllt, das in der darüber befindlichen Glasröhre
natürlich steigt, wenn der Dampf die Stahlplatte ausbaucht.
Die Dampfspannung ist 5 Atmosphären. 10- und 12pferdige Maschinen sind mit Umsteuerung
und variabler Expansion versehen. Die Anzahl der Umdrehungen schwankt zwischen
100 bei 12 und 135 bei 3 Pferdekräften; sie ist somit durchschnittlich niedriger
als die Umdrehungsanzahl englischer Locomobilen. Die Preise sind für
3
Pferdekräfte
3500 Francs.
4
„
4000 „
6
„
5500 „
8
„
7000 „
10
„
8500 „
12
„
9500 „
Maschinen mit zwei Cylindern werden nicht gemacht. Dieselben sind überhaupt auf
dem Continent viel seltener als in England.
Laurens et Thomas,
Paris, rue de Rivoli 232.
Ein Kessel, der seine entschiedenen Vortheile hat, wird uns von dieser Fabrik in
seinen verschiedenen Anwendungen vorgeführt, und namentlich auch auf seine
Bedeutung für den Locomobilenbau hingewiesen.Man vergl. über diesen Röhrenkessel mit beweglichem Feuerherd polytechn.
Journal Bd. CLX S. 1 und Bd. CLXIII S. 2.A. d. Red. Wo man so häufig den Gebrauch des schlechtesten Wassers fast nicht
vermeiden kann, ist es allerdings sehr wünschenswerth, den Kessel hie und da
nicht bloß durch das Abblasen zu reinigen, und die Kessel von Ransomes und Sims im
englischen Departement zeigten uns schon einen etwas mangelhaften Versuch dieses
Problem zu lösen. Unleugbar erfolgreicher war Frankreich in diesem Bestreben,
indem die Kessel von Laurens und Thomas kaum etwas zu wünschen übrig lassen, was die
Möglichkeit betrifft, sie mit wenig Mühe vollständig zu reinigen.
Der äußere Kessel (Fig. 19, 20 und
21)
ist ein einfacher Cylinder, der hinten mit einem halbrunden Boden vollständig
geschlossen ist; vorn ist, nach außen stehend, ein Winkeleisen angenietet, an
das die starke Stirnwand, welche den Cylinder abschließt, angeschraubt ist. In
dieser Stirnwand ist das den Rost enthaltende Feuerrohr angenietet, welches nach
hinten führt und in eine schmiedeeiserne Kappe mündet, von der das Feuer in
Siederöhren wieder zurückkehrt. Vorn, das über die Stirnwand des Kessels
verlängerte Feuerrohr umgebend, ist die eigentliche Rauchkammer, auf welcher der
Kamin – direct über der Feuerthür – sitzt. An der inneren Seite
des äußeren Kessels sind in der Längenrichtung zwei Winkeleisen angenietet. Auf
diesen ruhen zwei Röllchen, welche das hintere Ende des Feuerrohres tragen, und
auf denen die Last rollt, wenn Feuerrohr und Siederöhren mit einem einfachen
Flaschenzug zum
Reinigen ausgezogen werden. Wie man sieht, hat man bei einer derartigen
Operation nur die einzige Flantsche an der Stirnfläche des Kessels dicht zu
bekommen. Der einzige Nachtheil ist, daß die hintere Rauchkammer und somit das
eine Ende der Siederöhren, nicht jeden Augenblick zugänglich ist. Doch kann
auch, wenn der Kessel herausgenommen ist, die hintere Kappe abgenommen,
gereinigt und die Röhren untersucht werden. Ein besonderer Dampfdom ist an dem
dem Kamin entgegengesetzten Ende aufgenietet. Das ausgestellte Exemplar, welches
wir im Auge haben, ist keine eigentliche Locomobile, sondern nur eine
gewöhnliche transportable Maschine, indem sich der Kessel nicht auf einem
Radgestell befindet.
Die eigentliche Maschine ist zwar ein merkwürdiges Kunstwerk französischer
Gießerei, aber als Maschine nichts weniger als empfehlenswerth. Cylinder, mit
dem einen, die Stopfbüchse enthaltenden Deckel, Geradführung, Schieberkasten,
Lager und Fundamentplatte sind alle zusammen ein einziges Gußstück. Dabei liegen
die Lager der Geradführung so nahe, daß der Kopf der gespaltenen Kurbelstange
beginnt, wo die Schenkel des die Geradführung umgreifenden Theils
zusammenkommen, so daß sie nicht zweimal so lang ist, als der Hub. Ferner ist
die aus zwei breiten Linealen und einem Gleitstück gebildete Geradführung in
keiner Weise zu reguliren, wenn sie sich, was jedenfalls sehr rasch geschieht,
ausnützt. Auch das Gehäuse des Absperrventils, welches, wie alle französischen
Absperrvorrichtungen, durch Spindel und Rädchen geschlossen wird, ist noch an
den Cylinder angegossen (Fig. 22), wobei nur
zu loben ist, daß das Gewinde, in welchem sich die Spindel bewegt, in einem
besonderen Bügel außerhalb des Dampfraumes eingeschnitten ist. Auf dem Cylinder
sitzt schließlich das Cylinderchen des Luftregulators, der von dieser Fabrik
angewendet wird und bekanntlich im Princip darin besteht, daß durch eine Pumpe
Luft in einen mit einem Kolben und einem kleinen Ausströmungshahn versehenen
Cylinder gepumpt wird. Dieselbe spannt sich dort nach der Geschwindigkeit der
Maschine mehr oder weniger, und schiebt den mit einem Gewicht niedergehaltenen
Kolben empor, der dadurch die Drosselklappe in Bewegung setzt. Die vielen
reibenden Theile der ganzen Vorrichtung machen das Arbeiten dieser Apparate
vermuthlich etwas unsicher. Ist das Gegengewicht durch eine Feder ersetzt, so
haben sie bei Locomobilen denselben Vortheil, der durch den Ringregulator von
Albaret zu erreichen gesucht wird, daß ihre
Wirkung durch Schwanken und schiefes Stehen der Maschine nicht beeinflußt
ist.
Im Zusammenhang mit dieser Locomobile, welche, was die Maschine betrifft, in
Arbeit und Form der Details sehr unschön ist, stellt Thomas
eine hübsche
Anordnung der Daumensteuerung aus, deren gewöhnlicher constructiver Nachtheil
bekanntlich der ist, daß der Daumen, im Deckel des Schieberkastens befestigt,
kein genaues Untersuchen dieser subtilen Bewegung zuläßt, so daß der Grad der
Expansion bei irgend welchen Stellungen des Daumens gewöhnlich eine sehr
fragliche Größe bleibt. Anstatt eines gewöhnlichen, durch Drehung seiner Achse
verstellbaren Daumens hat Thomas eine Achse durch die
Seitenwand des Schiebers gesteckt, die im Schieber selbst ein Lager hat und ein
dreieckiges Stahlstück gerade über der Mitte der Schieber trägt (Fig. 23). An dieses
Stahlstück stoßen die Ansätze des Expansionsschiebers, welche unter dem gleichen
Winkel, wie das Dreieck angefeilt sind. Das Stück kann nun durch eine Schraube
und durch ein Rädchen in der Richtung der Spindel verschoben werden, so daß
hierdurch während des Ganges der Maschine mit Bequemlichkeit die Expansion
geändert wird.
Hiemit schließt die Reihe der französischen Locomobilen mit horizontalen Kesseln
und frei auf denselben liegenden Cylindern. Neben einigen verticalen,
transportabeln Maschinen mit außen liegenden Cylindern finden wir zwei
Locomobilen mit Cylindern im Dampfraum und zwei mit solchen in der Rauchkammer.
Mit den ersteren fortfahrend, erscheint zunächst:
L. Bréval, Paris, 22 rue
Chastillon.
Derselbe stellt eine niedliche 3pferdige Locomobile (Fig. 12 und 13) aus,
welche bei 1/2 Cylinderfüllung und 6 Atmosphären mit nur 100 Umdrehungen
arbeitet. Der Kessel besteht äußerlich aus zwei Cylindern von verschiedenen
Durchmessern, von denen der größere die ebenfalls cylindrische Feuerbüchse, der
kleinere das Röhrensystem enthält (15 Röhren von 5 1/2 Centim. Durchmesser).
Der Cylinder und Dampfdom bildet ein viereckiges Gußstück, welches auf den Kessel
aufgenietet ist und den Schieberkasten mit seinem Muschelschieber, sowie,
darüber liegend und sehr schwer zugänglich, das Absperrventil und die
Drosselklappe enthält. Die starke Kolbenstange verlängert sich über den
Kreuzkopf und wird durch eine förmliche Stopfbüchse mit Hanfdichtung geführt
(Fig.
18). Das Gestell für dieselbe dient zugleich als Bock für den durch
Riemen und conische Rädchen getriebenen Regulator. Dieser Bock und die mit
horizontalen Deckeln versehenen Lager der Welle sind sämmtlich auf einem
gemeinschaftlichen Gußstück aufgeschraubt, das jedoch mit dem Cylinder in keiner
Verbindung steht. Die Schieberstange ist nicht geführt, das Excenter ist von Guß
und die Welle für die Kurbel abgekröpft. Die Speisepumpe sitzt senkrecht unter
der Welle.
Die Preise dieser Maschinen sind für:
2
3
4
6
8
10
12
und
15
Pferdekräfte resp.
3000
3400
4200
5800
7500
8500
9500
12000
Francs.
Locomobilen von mehr als 6 Pferdekräften sind mit variabler Expansion versehen,
die leicht während des Ganges verstellt werden kann. Die Art wie dieß geschieht,
ist in der sehr schönen horizontalen Maschine, welche dieselbe Firma ausstellt,
zu ersehen (Fig. 14). Bréval wendet einen
gewöhnlichen Vertheilungsschieber an, und eine einfache Platte als
Expansionsschieber. Die Expansionsexcenterstange greift ein Gleitstück an, das
mittelst einer Schraube in einer Coulisse verstellt wird, die, um einen Endpunkt
drehbar, der Schieberstange einen größeren oder kleineren Hub ertheilt. Die
Coulisse ist etwas theuer, das Handhaben des Apparats jedoch sehr einfach und
bequem, und die Grenzen der Cylinderfüllung sind für hohe Spannungen sehr
geeignet, indem sie bei dem ausgestellten Modell zwischen 3/4 und 1/16
Cylinderfüllung schwanken.
Außerdem finden wir von Breval eine sehr hübsche
transportable Maschine mit verticalem Kessel (Fig. 15 und 16).
Dieser Kessel ist einzig in seiner Art auf der Ausstellung. Er besteht aus einem
äußern und einem innern Cylinder, welch letzterer durch zwei eingenietete
Querstutzen, die mit Wasser gefüllt sind, das Feuer auffangt. Diese Querstutzen
können vom Kesselstein sehr schwierig befreit werden und ihre vollständig
horizontale Lage ist offenbar für das Aufsteigen des Dampfes sehr hinderlich.
Der Kamin führt durch den Dampfraum in die Höhe.
Besser als der Kessel ist die Maschine, deren Welle über den Kessel wegläuft,
während der Cylinder unten auf einer gemeinschaftlichen Fundamentplatte
aufgeschraubt ist. Für den Schieber ist eine Gegenkurbel an den Kurbelzapfen
angeschweißt. Die Führung der Kolbenstange ist wie bei Breval's Locomobile durch eine Stopfbüchse erhalten. Die Kurbel ist
von Guß und das ihr nächstliegende Lager mit der Fundamentplatte
zusammengegossen.
Die Maschinen sind für kleine Bedürfnisse äußerst zweckmäßig, hübsch ausgeführt
und sehr billig; ihr Preis ist nämlich für:
1
2
3
4
5
6
8
Pferdekräfte,
1500–1800
2400
2800
3400
4000
4600
5800
Francs.
Die zweite Fabrik, welche die Cylinder in den Dampfraum legt, ist
Durenne fils, Paris, quai Napoléon
27.
Auch bei diesen Maschinen bildet der Cylinder und der Dom wenigstens theilweise
ein gemeinschaftliches Gußstück, auf dem jedoch, um den Dampfraum weiter zu
vergrößern, ein schmiedeeiserner runder Aufsatz angeschraubt ist. Dieses ganze, ziemlich groß
aussehende Gebäude sitzt über der Feuerbüchse, ähnlich wie bei Hornsby's Maschinen.
Das Eigenthümliche an diesen französischen Maschinen ist jedoch, daß der Cylinder
und damit die ganze Maschine schief liegt (Fig. 24 und 26).
Dadurch wird bei einer verhältnißmäßig sehr tiefen Lage des Cylinders für die
Welle und die Kurbel die nöthige Höhe gewonnen. Der Kessel ist den englischen
Locomobilkesseln sehr ähnlich, nur ist er mit dem über dem Kessel und dem den
Cylinder enthaltenden Gußstück sich erhebenden Dom versehen. Dieses Gußstück ist
mit der Fundamentplatte, welche die Geradführung und die Lager trägt, in keinem
directen Zusammenhang, und so ist durch letztere durchaus sehr schwere Unterlage
für die Maschinentheile eigentlich nichts gewonnen. Die Geradführung (Fig. 25)
besteht aus den zwei gewöhnlichen Linealen; die Kurbelstange ist gespalten und
mit geschlossenen Köpfen versehen; die Kurbelwelle besteht – die einzige
dieser Art – aus zwei getrennten Stücken, mit aufgekeilten Kurbeln,
welche durch den in beide eingekeilten Kurbelzapfen verbunden sind. Die
Speisepumpe sitzt horizontal auf der Fundamentplatte und ist durch ein Excenter
bewegt. An beiden Enden trägt die Welle die in Frankreich durchaus gewöhnlichen
zwei kleinen, schweren Schwungräder.
Die Maschine ist weder constructiv noch in der Ausführung besonders schön; ihr
Hauptfehler dürfte die Schwierigkeit seyn, mit der dem Schieberkasten und dem
Cylinder zuzukommen ist, welche beide vollständig verbaut sind.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)