Titel: | Nachtrag zur Beschreibung des von dem Mechaniker Hrn. W. Winter in Charlottenburg construirten Doppel-Condensators, für die Anwendung desselben auf stationäre und Schiffs-Dampfmaschinen so wie auf Locomotiven; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Autor: | Robert Schmidt |
Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XXII., S. 94 |
Download: | XML |
XXII.
Nachtrag zur Beschreibung des von dem Mechaniker
Hrn. W. Winter in Charlottenburg construirten
Doppel-Condensators, für die Anwendung desselben auf stationäre und
Schiffs-Dampfmaschinen so wie auf Locomotiven; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Schmidt, Nachtrag zur Beschreibung von Winter's
Doppel-Condensator.
Hr. W. Winter, welcher mein „Bureau für mechanische Gewerbe“ seiner
Zeit mit der Ausführung der Zeichnungen und der Besorgung der Patente für seinen neuen
Condensationsapparat betraute, hatte mich gleichzeitig beauftragt, dessen
Construction zur geeigneten Zeit durch dieses Journal dem größeren Publicum
mitzutheilen. Durch ein Versehen von Hrn. Winter's Seite
ist nun eine derartige Mittheilung etwas verfrüht in die „Verhandlungen
des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen“ gekommen
und daraus in dieses Journal (Bd. CLXIV S. 84) übergegangen, welche ich hier nun, da
der Gegenstand doch bereits in die Oeffentlichkeit gelangt ist, nach bestem Wissen
zu vervollständigen gedenke.
In Bezug auf den Patentschutz, dessen sich der in Rede stehende Apparat erfreut, habe
ich zunächst anzuführen, daß derselbe nicht bloß in Preußen, sondern auch in Frankreich, Belgien
und England patentirt ist, und die Patente in letzteren
drei Staaten auch noch käuflich abgelassen werden können. In Bezug auf die bereits
geschehene Ausführung des Apparats, wie solche früher beschrieben worden, habe ich
zu erwähnen, daß eine zweite Ausführung desselben hier in Berlin in der bekannten
Färberei von Open geschehen, und daß, nach dabei
gemachten Erfahrungen, dieselbe eben so günstige Resultate in Bezug auf
Kesselsteinverhütung und Brennmaterialersparniß geliefert hat, als die bereits
erwähnte erste Ausführung in Charlottenburg. Es stellte sich nämlich auch bei der
neueren Ausführung eine Brennmaterialersparniß von 25 bis 30 Proc. gegen früher ein,
und die Kesselwände blieben ganz frei von festen Bestandtheilen.
Um unsere Absicht zunächst in Bezug auf stationäre und Schiffs-Dampfmaschinen zur Ausführung zu bringen,
haben wir einen für solche Maschinen passenden Apparat neuerdings in drei Ansichten
dargestellt (Fig.
30 zeigt nämlich einen verticalen Durchschnitt, Fig. 31 einen solchen
nach der Linie xy und Fig. 32 einen solchen
nach der Linie vw), und erörtern, die allgemeine
Anordnung und Wirkungsweise dieses Apparats voraussetzend, specieller die Frage:
durch welche Umstände werden die oben erwähnten Vortheile bei Anwendung des Winter'schen Condensationsapparats besonders bedingt?
Zunächst wird bekanntlich die Kaltwasserpumpe und dadurch die zu ihrer Bewegung
nothwendig werdende Kraft gespart, welche bei Maschinen mit Condensation der alten
Art um so mehr in Betracht kommt, als diese Pumpe nothwendig einerseits immer mehr
Wasser schaffen muß, als zur eigentlichen Condensation gehört, andererseits aber
auch noch für eine schlechte Condensationsmethode mehr Wasser erforderlich ist, als
für eine vollkommenere. – Vollkommener wird aber bei dem in Rede stehenden
Apparat die Condensationsmethode deßhalb seyn, weil aller aus der Maschine strömende Dampf sofort
mit vielen feinen Wasserstrahlen in Berührung gebracht wird; dieser Umstand gibt
aber zugleich einen weiteren Grund für die vortheilhafte Wirkung des Apparats.
– Die sogenannte Luftpumpe kann bei Anwendung des Winter'schen Condensationsapparats bedeutend kleiner als bei den Apparaten
älterer Construction aus mehreren Gründen seyn. Zunächst läßt sich nämlich erwarten,
daß durch die hier angeordnete Einspritzmethode weniger Luft in den Condensator
gezogen wird als bei der bisherigen Anordnung, also auch weniger Luft fortzuschaffen
ist. Ferner ist, wie schon erwähnt, die Condensationsmethode hier eine
vollkommenere, es wird also auch weniger Wasser zu derselben gebraucht, welches die
Luftpumpe fortzuschaffen hat. Endlich aber unterstützt die Speisepumpe, welche mit
dem Rohre F in Verbindung steht, die Luftpumpe in ihrer
Function, indem sie ja auch einen Theil des Condensationswassers nach dem Kessel
fortschafft. Nach den von Hrn. Winter gemachten
Erfahrungen, kann bei Anwendung seines Apparats das Raumverhältniß des
Dampfcylinders zu dem der Luftpumpencylinder für doppeltwirkende Pumpen 1 : 20, für
einfachwirkende 1 : 10 seyn. – Die Gründe, weßhalb das in den Behälter K tretende Speisewasser möglichst rein und zugleich von
sehr hoher Temperatur ist, sind bereits früher genügend angegeben; wir möchten hier
nur noch auf die Wichtigkeit hinweisen, welche möglichst warmes Speisewasser für den
Betrieb mit Dampf hat, wenn solcher zeitweise in großen Quantitäten aus dem Kessel
abgelassen werden muß, wie dieß für manche Fabricationszwecke erforderlich ist. In
den zwei Färbereien, die im Besitz des Winter'schen
Apparats sind, hat sich derselbe auch in Bezug hierauf vollkommen bewährt, indem es
in solchen Fällen nie schwer hielt, den Dampf nach rechtzeitigem Speisen des Kessels
wieder auf die normale Spannung zu bringen.
Der Winter'sche Condensator hat in der beschriebenen Form
bis jetzt ausschließlich für stationäre Maschinen Anwendung gefunden und die
erwähnten günstigen Resultate geliefert; für Schiffsmaschinen möchte sich derselbe
in gleicher Form, wie die bereits angegebene eignen, auch ist, nach einem Rescript
vom 14. Februar 1862, derselbe von dem königl. preußischen Marine-Ministerium
den betreffenden Maschinenfabriken zur Beachtung empfohlen worden. Für Locomotiven will Hr. Winter
das seinem Apparat zu Grunde liegende Princip in folgender Art zur Anwendung
gebracht wissen:
Fig.
33–36 stellen die betreffenden Theile einer Locomotive, und zwar Fig. 33 einen
verticalen Querdurchschnitt, Fig. 34 einen verticalen
Längendurchschnitt
dar; Fig. 35
ist ein Durchschnitt nach der Linie xy der Fig. 33, und
Fig. 36
ein Durchschnitt nach der Linie vw der Fig. 34.
B, B sind die Rohre, welche den Dampf vom Kessel nach
den Cylindern, C', C' diejenigen, welche den
verbrauchten und nicht condensirten Dampf nach dem Blaserohr führen. Der in den
Cylindern gebrauchte Dampf gelangt zunächst in die Rohransätze C, und aus diesen nach dem Condensator A. Derselbe ist in seinem unteren Theile A'' schalenförmig gestaltet, und mit folgenden
Abzweigerohren versehen: A' führt den gebrauchten und
nicht condensirten Dampf mittelst der Rohre C', C' nach
dem Blasenrohr; das Rohr D führt den gebrauchten und
nicht condensirten Dampf, der nicht mehr aus dem Blaserohr treten kann, nach dem
Tender; das Rohr E leitet das Wasser aus dem Tender nach
dem Condensator, und die Rohre F endlich leiten das
durch den condensirten Dampf erwärmte Speisewasser nach den Pumpen. – G ist ein mit kleinen Oeffnungen b versehener, in dem Condensator befindlicher Behälter,
in den das Wasser aus dem Tender zunächst tritt. Derselbe ist mit einem Ventil a und dieses wiederum mit einem Schwimmer H versehen, welch ersteres mehr oder weniger geöffnet
ist und Wasser in G läßt, je weniger Wasser in dem
schalenförmigen Gefäß A'' sich befindet.
Die Wirkungsweise des beschriebenen Apparates ist nun folgende: Das Rohr E führt das Wasser vom Tender unter das Ventil a. Da im Anfange die Schale A'' leer ist, so liegt der Schwimmer auf dem Boden von A'', das Ventil ist weit geöffnet, das Wasser tritt
durch die kleinen Oeffnungen b, und, aus denselben
spritzend, condensirt es den von den Cylindern kommenden Dampf. Das aus dem
condensirten Dampf und dem eingetretenen Wasser gebildete Speisewasser füllt mehr
und mehr den schalenförmigen Raum A'', bis zu einem
bestimmten Punkte hin der Eintritt vom frischen Wasser durch selbstthätiges
Schließen des Ventils a verhindert wird. Dieser Zustand
wird nur für Augenblicke eintreten, da die Pumpen bei Anwendung dieses Apparates am
besten continuirlich arbeiten und das in den Condensator geschaffte Wasser
fortschaffen.
Hr. Winter nimmt nach den an derartigen Apparaten
gemachten Erfahrungen an, daß das Speisewasser durch Anwendung dieses Apparates eine
Temperatur von 60–70° R. erhalten, und so mit Fettsäuren verbunden
seyn wird, daß dadurch die Bildung eines festen, dem Kessel anhaftenden Kesselsteins
vollständig verhindert wird, auch die in dem Condensator geschaffene Luftverdünnung
von der Art seyn möchte, daß sie die Leistungsfähigkeit der betreffenden Maschine um
ein Bedeutendes erhöhen würde.
Etwaige Anfragen in Betreff der beschriebenen Apparate werden auch gerne durch mein
„Bureau für mechanische Gewerbe“ beantwortet.