Titel: Das hydrostatische Rotationspendel; von L. Grosjean.
Autor: L. Grosjean
Fundstelle: Band 165, Jahrgang 1862, Nr. II., S. 7
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II. Das hydrostatische Rotationspendel; von L. Grosjean. Privilegirt in Oesterreich seit April 1862. Mit Abbildungen auf Tab. I. Grosjean, über das hydrostatische Rotationspendel. Der bisher am meisten angewendete Apparat um die Geschwindigkeit der Motoren zu reguliren, ist wohl unstreitig das Watt'sche Kreispendel. Dasselbe unterliegt aber einem Mangel, den zu beseitigen längst Bedürfniß war, vorzüglich für Motoren, welche Werke betreiben deren Bewegung eine möglichst gleichförmige seyn soll. Wenn auch durch Wahl eines größeren Elongationswinkels das Spiel des Kreispendels dem eines Franke'schen parabolischen Pendels nahezu gleichkommt, so bleibt doch ein Hauptmangel zurück, der allen diesen und ähnlichen Apparaten gemeinschaftlich eigen ist und welcher durch deren Beharrungsvermögen herbeigeführt wird. Wenn schon zwischen dem Beginn einer von der normalen abweichenden Geschwindigkeit und deren Zurückführen auf erstere, dem regulirenden Apparat eine gewisse Zeit gestattet werden muß, so ist es doch von großem Belang diesen Zeitraum auf die kleinste mögliche Größe zu beschränken. Der Wunsch, diese Grenze zu erreichen, ließ vorliegendes hydrostatische Pendel entstehen, bei welchem eben das Beharrungsvermögen der schwingenden Masse benützt wird, um die Regulirung rechtzeitiger zu bewirken. Rotirt ein cylindrisches Gefäß, welches auf gewisse Höhe mit einer Flüssigkeit gefüllt ist, um dessen verticale Achse mit einer Winkelgeschwindigkeit w, so nimmt bekanntlich die vorher in ruhendem Zustande eine horizontale Ebene bildende Flüssigkeit nun die Oberfläche eines Paraboloids an, dessen Parameter durch P = 2g/w² gemessen wird. Bezeichnet n die Anzahl der Rotationen pro Minute, so wird P = 2g . 900/n² . π² = 1788 . 94788/n² (in metrischem Maaß). Für eine Ordinate y gleich dem Radius des Gefäßes, nämlich für den höchsten an den Wänden emporgeschleuderten Flüssigkeitsfaden, ist die zugehörige Abscisse x = y²/P = 0,000558987 . y² . n², welches die Größe der Denivellation angibt, welche bei n Rotationen entsteht; für eine andere Rotationszahl n₁ ist x = 0,000558987 . y² . n₁² und daher x – x = 0,000558987 . y² . (n² – n₁²)      (I) Es ist nun in die Augen springend, daß das Denivellations-Paraboloid durch die ursprüngliche horizontale Ebene hr, Fig. 13, dergestalt geschnitten wird, daß: 1) das Flüssigkeitsvolum, welches an der Gefäßwand über die Horizontale hr geschleudert wird, gleich ist jenem in der Mitte verdrängten; 2) die Höhe der Hebung an der Gefäßwand gleich ist der Senkung am Scheitel des Paraboloids. Hieraus folgt: af = x/2, ferner ab = √y²/2 = 0,7071 . y. Da nun y als Radius des Gefäßes constant ist, so bezeichnet die Ordinate ab den Radius eines in der horizontalen Ebene liegenden constanten Kreises, welcher allen möglichen Denivellations-Paraboloiden gemeinschaftlich ist, und in welchem dieselben sich alle unter sich und mit der Horizontalen schneiden. Setzt man innerhalb dieses Kreises einen concentrischen Schwimmer von nahezu demselben Radius ab, so folgt dieser den Denivellationen die bei verschiedenen Geschwindigkeiten entstehen, nach Maaßgabe der Bewegung des Schwerpunktes der verdrängten Flüssigkeit, und ist hiernach das Mittel ein zu regulirendes Organ des Motors, z.B. die Drosselklappe einer Dampfmaschine, entsprechend zu bewegen. In der That wirkt dieser Apparat, für den Fall als die Flüssigkeit den Rotationen des Gefäßes unmittelbar folgt, so sicher als ein in parabolischer Bahn sich bewegender Schwungkugel-Regulator, weil für jede Winkelgeschwindigkeit eine zugehörige beharrungsfähige Denivellation nothwendig sich gestaltet, und wird denselben wegen Wegfall jedes nennenswerten Reibungswiderstandes übertreffen. Dieß gilt, wie bemerkt, unter der Voraussetzung daß die Flüssigkeit durch irgend eine Vorrichtung, z.B. ein an der inneren Gefäßwand angebrachtes Schaufelsystem, gezwungen wird der Bewegung des Gefäßes zu folgen. Indem nun diese Schaufeln an der' inneren Wand und zwar in radialem Sinne von letzterer bis an den gemeinschaftlichen constanten Kreis vom Radius ab, reichend, dagegen in Bezug auf die horizontale Ebene, diese unter einem Winkel von 45° schneidend angebracht werden, erzeugen dieselben außer dem Mitführen der Flüssigkeit noch eine andere weitergreifende Wirkung. Befindet sich nämlich der Apparat in Bewegung und es tritt eine Geschwindigkeitsänderung ein, z.B. von der normalen Rotation n zu einer geringeren n₁, so wird die Flüssigkeit in Folge ihres Beharrungsvermögens augenblicklich eine relative Bewegung längs der Gefäßwand anzunehmen bestrebt seyn, nämlich bestehend in der Differenz zwischen der vorangegangenen normalen und der nun vorhandenen verminderten Geschwindigkeit. Indem nun diese in relativer Bewegung begriffene Flüssigkeitsmasse gegen die schiefen Flächen des Schaufelsystems stößt, wirkt letzteres denivellirend auf die Flüssigkeit, bevor die Denivellation x₁, welche der Rotation n₁ entspricht, eintreten konnte. Diese Voreilung ist um so zweckmäßiger, als sie im Verhältniß mit dem (positiven oder negativen) Momente wächst, welches ursächlich die Geschwindigkeitsveränderung herbeizuführen im Begriffe ist. Um praktische Abmessungen zu erhalten, dient folgende Betrachtung: Das Volum der in der Mitte durch die Rotation n verdrängten Flüssigkeit ist (ab² . π . af)/2 = y² . π . x/8 und für die Rotation n = y² . π . x₁/8 daher das Volum, welches der Apparat versetzt, wenn dessen Rotation von n auf n₁ übergeht: = y² . π . (x – x₁)/8 das Moment dieser Flüssigkeitsversetzung ist daher W = y² . π . (x – x₁)/8 × (x – x₁)/3 × γ, wobei γ das Gewicht eines Kubikmeters der Flüssigkeit in Kilogr. bedeutet. Es ist daher für Wasser W = 130,89969 . . y² (x – x₁)², und da nach       (I) (x – x₁) = 0,000558987 . y² . (n² – n₁²) so wird W = 0,0000409 y⁶ (n² – n₁²)² Setzt man für n und n₁ jene Rotationszahlen, deren Differenz genügen soll den Apparat wirksam zu machen, und für W das Moment, welches die entsprechende Bewegung des zu regulirenden Organes hervorbringt, so wird Textabbildung Bd. 165, S. 10 wodurch der innere Radius des Gefäßes bestimmt wird. Aus x ergibt sich die nöthige Höhe desselben. Um die Wirksamkeit des schief gestellten Schaufelsystems zu würdigen, setze man die Umfangsgeschwindigkeit des äußersten Wasserfadens pro Secunde für n Rotationen v = (2y . π . n)/60 und für n₁ Rotationen v₁ = (2y . π . n₁)/60 daher v₁² = 0,010966227 . . . (n₁²). Die Höhendifferenz welche durch den Stoß der relativen Bewegung des Flüssigkeitsfadens gegen die Schaufeln veranlaßt wird, ist folglich: Textabbildung Bd. 165, S. 10 d.h. die Höhendifferenz welche augenblicklich durch die Geschwindigkeitsveränderung von n auf n₁ hervorgebracht wird, ist gleich jener Denivellation die auf gewöhnlichem Wege, jedoch später entstehen würde. Die Formel (II) zeigt, daß für die Anwendung die Größenverhältnisse des Apparates, daher dessen beanspruchter Raum und Kostenaufwand, um so geringer wird, je größer bei gleichbleibendem Werthe von W und n/n₁ die Rotationszahlen n und n₁ an und für sich genommen werden. Folgende Tabelle, bei welcher W = 0,005k m und n/n= 50/49 angenommen ist, enthält die Werthe von y, x und x₁ für verschiedene Winkelgeschwindigkeiten. Rotationenpro Minute. Radiusdes Gefäßes. Denivellat. Differenz. I.    n  = 80   n₁ = 78,4 y = 0m,4466 x  = 0m,4466 x₁ = 0m,4289 xx₁ = 0m,0157   II.    n  = 90   n₁ = 88,2 y = 0m,3266 x  = 0m,4829 x₁ = 0m,4638 = 0m,0191   III.    n  = 100   n₁ =   98 y = 0m,3045 x  = 0m,5182 x₁ = 0m,4977 = 0m,0205   IV.    n  = 200   n₁ = 196 y = 0m,19182 x  = 0m,82271 x₁ = 0m,79013 = 0m,03258 Für eine Füllung des Gefäßes mit Quecksilber, wofür Textabbildung Bd. 165, S. 11 und wenn für W und n/n₁ die obigen Werthe beibehalten werden, gestalten sich folgende Dimensionen für verschiedene Geschwindigkeiten: V.    n  = 130   n₁ = 127,4 y = 0m,1648 x  = 0m,2566 = 0m,2464 xx₁ = 0m,0102   VI.    n  = 140   n₁ = 137,2 y = 0m,1569 x  = 0m,2696 x₁ = 0m,2589 = 0m,0107   VII.    n  = 150   n₁ = 147 y = 0m,1498 x  = 0m,2822 x₁ = 0m,2710 = 0m,0112   VIII.    n  = 200   n₁ = 196 y = 0m,1237 x  = 0m,3423 x₁ = 0m,3287 = 0m,01355 In Figur 14 ist ein nach Resultat VIII construirtes, mit Quecksilber gefülltes hydrostatisches Rotationspendel in 1/4 der natürlichen Größe dargestellt, und besteht aus einem gußeisernen Gefäße, welches auf einer Spindel dicht befestigt ist. Diese Spindel lagert in einem Ständer, welcher mit Spur und Halslager versehen, ölhaltend, die Spindel frei rotiren läßt, und seinerseits auf einem Quader des Fundaments aufgeschraubt ist. Ueber die Verlängerung der Spindel, welche in das Gefäß tritt, ist der ebenfalls gußeiserne Schwimmer derart aufgesteckt, daß derselbe mittelst Feder und Nuth an der Spindel leicht auf und ab bewegt werden kann, dagegen an ihrer drehenden Bewegung Theil zu nehmen gezwungen ist. Der Schwimmer ist an seiner Tauchungsfläche nach dem Denivellations-Paraboloid geformt, welches der normalen Geschwindigkeit des Apparates entspricht. Am oberen Ende seiner Hülse ist auf übliche Weise die Stange eingehängt, welche die Bestimmung hat die Schwimmerbewegung auf das zu regulirende Organ zu übertragen. An der inneren Gefäßwand sind 16 gegen den Horizont um 45° geneigte Schaufeln angegossen und oben durch einen ringförmigen Deckel abgeschlossen. Die rotirende Bewegung wird dem Apparat mittelst einer am Untertheil des Gefäßes aufgekeilten Riemscheibe ertheilt. Pancsova, den 21. Mai 1862.

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