Titel: | Ueber Farbstoffe aus Phenylsäure; von P. Monnet. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. CXXIII., S. 453 |
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CXXIII.
Ueber Farbstoffe aus Phenylsäure; von P. Monnet.
Aus dem Bulletin de la
Société industrielle de Mulhouse, 1861, t. XXXI p.
464.
Monnet, über Farbstoffe aus Phenylsäure.
So wie das Anilin, gibt auch die Phenylsäure (Carbolsäure) mit gewissen Agentien
farbige Producte, welche aber, mit Ausnahme der Pikrinsäure, bis jetzt noch keine technische
Verwendung gefunden haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß die Phenylsäure
ebenfalls noch eine wichtige Rolle zur Erzeugung von Farbstoffen spielen wird. Berthelot hat bekanntlich gefunden, daß ein blauer Körper
in großer Menge entsteht, wenn man Chlorkalk auf phenylsaures Ammoniak wirken läßt.
Béchamp hat, indem er dem Ammoniak das Anilin
substituirte, dieselben Resultate erhalten, weßhalb er sich dahin aussprach, daß das
Anilin nur dann Blau liefere, wenn es Phenylsäure enthalte. Diese Behauptung steht
aber mit den Thatsachen ganz in Widerspruch, denn der von Berthelot angegebene blaue Farbstoff entsteht, selbst wenn man Anilin
anwendet, nur in einer alkalischen Flüssigkeit, und die geringste saure Reaction
reicht hin, um ihn verschwinden zu machen. Das mittelst unterchlorigsaurer Salze
erzeugte Anilinblau behält dagegen seine Farbe nur in einer neutralen oder sauren
Lösung, und wird durch freies Alkali violett. Ich will einige Details mittheilen, um
zu zeigen, warum das durch ein unterchlorigsaures Salz erhaltene Anilinblau unter
Umständen in ein unreines Violett übergeht.
Diese Umwandlung rührt von der Zersetzung des blauen Farbstoffs in Violett und in
eine braune harzartige Substanz her. Wenn man nämlich in ein Gemisch von
unterchlorigsaurem Natron und schwefelsaurem Anilin in sehr verdünnter Lösung Seide
bringt, so färbt sich dieselbe sehr schnell blau. Wenn man diese Seide sofort
trocknet und dann mit Benzin digerirt, so gibt sie an dasselbe nichts ab, läßt man
aber diese Seide einige Stunden lang an der Luft hängen, so geht ihre Farbe in ein
schmutziges Violett über. Wäscht man sie dann wieder mit Benzin, so löst dieses eine
reichliche Menge brauner Substanz daraus auf, während gleichzeitig ein lebhaftes und
reines Violett auf der Seide befestigt bleibt. Nach Gerhardt erhält man eine Lösung von prachtvoll violetter Farbe, wenn man
in eine sehr verdünnte Lösung von Phenylschwefelsäure einige Tropfen Eisenchlorid
fallen läßt.
Bisher mißlangen alle Versuche, dieses Violett in reinem Zustande und hinreichend
concentrirt für den Zeugdruck zu erhalten.
Ich habe gefunden, daß durch lange Einwirkung von Stickstoffoxydgas auf
Phenylschwefelsäure in der Kälte, je nach dem Sättigungsgrade, zuerst Roth, dann
Violett und Blau entsteht. Im Gegensatz zu den übrigen Reactionen der Phenylsäure
behalten diese Farben ihre ursprünglichen Nüancen nur bei Gegenwart starker Säuren;
das Wasser verwandelt sie in opalisirendes Gelb, und durch Zusatz von Ammoniak
erhält man eine Flüssigkeit von einer mehr oder weniger blauen, aber stets sehr
schönen grünen Farbe. Färbeversuche mit diesen Körpern gaben nur mittelmäßigeResultate, weil
dieselben wenig Verwandtschaft zu den Faserstoffen haben.
Eine andere merkwürdige Reaction ist die Einwirkung von Jodamyl auf
Phenylschwefelsäure. Man setzt zu 25 Grm. Phenylschwefelsäure 15 Grm. Jodamyl. Die
beiden Flüssigkeiten wirken in der Kälte nicht aufeinander und vermischen sich nur
unvollkommen; man erhitzt auf 130° C., wobei die Reaction beginnt und
reichlich Joddampf entwickelt wird; man setzt das Kochen bis zur vollständigen
Austreibung des Jods fort, worauf das Gefäß vom Feuer genommen wird; dasselbe
enthält nun eine orangegelbe syrupartige Masse, welche durch Säuren in ein lebhaftes
Gelb umgewandelt wird. Durch verdünnte Alkalien erhält man sofort in sehr
reichlicher Menge einen schön rothen Farbstoff, dessen Lösung einer Lösung von
Anilinroth täuschend ähnlich ist. Säuren stellen die gelbe Farbe wieder her. Dieser
Körper bietet die größte Analogie mit der Rosolsäure dar.