Titel: | Verbesserungen in der Fabrication schmiedeeiserner und messingener Röhren; von C. Kesseler, Hütteningenieur in Greifswald. |
Autor: | C. Kesseler |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. VII., S. 22 |
Download: | XML |
VII.
Verbesserungen in der Fabrication
schmiedeeiserner und messingener Röhren; von C. Kesseler,
Hütteningenieur in Greifswald.
Kesseler's Verbesserungen in der Fabrication schmiedeeiserner und
messingener Röhren.
A. Schmiedeeiserne
Röhren.
Ein Product der Eisenindustrie, welchem bisher in Deutschland leider so wenig
Aufmerksamkeit geschenkt worden, daß fast der ganze kolossale Bedarf noch bis heute
aus England bezogen wird, wo in der Nähe von Birmingham zahlreiche Fabriken dasselbe
hauptsächlich für den Export herstellen, sind die schmiedeeisernen Röhren, die außer
zu Siederöhren in Dampfkesseln, hauptsächlich zu Gasleitungs-Röhren benutzt
werden, aber auch sonst in der Industrie vielfach Anwendung finden. In England ist
die Zahl der Patente, welche sich auf Verbesserung des Verfahrens zur Erzeugung
dieser Röhren beziehen, so groß, daß allein das Verzeichniß derselben mehrere Bogen
füllen würde, ein Zeichen, daß die Fachmänner sich sehr wohl bewußt seyn müssen, wie
mangelhaft die bisher eingeschlagenen Wege sind. Nur in einem Punkte gleichen sich
alle Methoden: ein Blech oder Bandeisen von entsprechenden Dimensionen wird der Breite nach
zusammengerollt und dann die Nath geschweißt. Alle Abweichungen, welche die
verschiedenen Patente von einander haben, beziehen sich nur auf die Art und Weise
der Schweißung, ob stumpf, oder mit Ueberschlag (capwelded), und die zu diesem Zweck einzuschlagenden Wege. Russel, der Inhaber des Patentes auf die Methode mit
Ueberschlag zu schweißen, die jedoch nur bei Röhren größerer Dimensionen anzuwenden
ist, hat von Allen den entschiedensten Fortschritt gemacht, da seine Röhren gegen
die stumpf geschweißten insofern den Vorzug verdienen, daß sie weniger zum Platzen
geneigt sind.
Um einen richtigen Maaßstab zur Würdigung der von mir vorgeschlagenen Verbesserungen
zu haben, dürfte es nicht überflüssig seyn, das im Allgemeinen in England
beobachtete Verfahren vorher kurz zu beschreiben.
Wie oben schon angedeutet, wird ein bereits fertiges Fabrikat, Blech oder Bandeisen angewandt, um Röhren
daraus zu erzielen, woraus erhellt, daß die Röhrenfabrication in dieser Weise nicht
mit zum Hüttenbetriebe gehört, da dieser aus Rohmaterialien arbeitet. Die zugeschnittenen Streifen, von der Länge des
zu erzielenden Rohres und einer Breite gleich dem Umfange desselben, werden in einen
Glühofen gebracht, und nach erfolgter Erhitzung durch passende Vorlagen vermittelst
eines Zugwerkes gezogen um ihnen die Röhrenform zu geben. Größere Dimensionen lassen
sich auf diese Weise nicht gut erzeugen; man wendet deßhalb eigens construirte
Maschinen an, vermittelst welcher die Streifen in die Röhrenform gebracht
werden.
Die nächste Manipulation ist das Schweißen der Nath. Zu diesem Zwecke hat man lange
Schweißöfen; direct vor der Arbeitsthüre, welche sich auf dem Kopfende des Ofens
befindet, ist eine Ziehbank placirt, deren Kette ohne Ende fortwährend von der
Maschine betrieben wird, und die so eingerichtet ist, daß sie an jedem Punkte die
Ziehzange bequem faßt, sobald diese in ihren Bereich gebracht wird. Hat das Rohr nun
Schweißhitze erhalten, so wird es schnell durch den Ziehring gesteckt, von der Zange
erfaßt und durchgezogen. Hierbei ist es nothwendig, daß der Ofen auf die ganze Länge
des Rohres – also circa 18 Fuß – eine ganz
gleichmäßige Hitze gebe, und wie schwer dieß zu erzielen ist, wird jeder Praktiker
genügend wissen. Aus diesem Grunde fällt sehr viel Ausschuß, da stellenweise die
Röhren verbrennen, ehe sie auf anderen Stellen genügend geschweißt sind. Ein neueres
Verfahren ist daher besser, obgleich es auch seine Mängel hat. Die Oefen haben bei
demselben nur die halbe Länge des Rohres, es wird erst die eine Hälfte geschweißt,
und anstatt durch Ringe, zieht man durch Zangen, welche die Vorlage bilden. Ist die
eine Hälfte fertig, so wird die zweite vorgenommen; dabei kann es aber nicht
ausbleiben, daß eine Stelle in der Mitte doppelte Hitze erhält und dadurch leicht
fehlerhaft wird. Im Ganzen ist dieß Verfahren indeß vorzuziehen, da es die Arbeit
schon aus dem Grunde wesentlich erleichtert, daß das kalte Ende stets in der
Ziehzange stecken kann, also keine Zeit durch Anbringung derselben verloren geht.
Nachdem die Röhren geschweißt sind, werden sie gerichtet, indem sie zwischen
gehobelten gußeisernen Platten gerollt werden; die obere dieser Platten wird
vermittelst der Maschine hin- und herbewegt, und indem diese Arbeit unter
Zufluß von Wasser geschieht, werden alle Schlacken von der Oberfläche entfernt.
Was die mit Ueberschlag geschweißten Röhren betrifft, so werden die für dieselben
bestimmten Streifen abgeschrägt, ehe sie gerollt werden. Nach dem Schweißen passirt
das Rohr die Walzen anstatt der Ziehbaut, und
gleitet dabei über einen Dorn (mandril), da der
Ueberschlag einer Pressung ausgesetzt werden muß. Die Anwendung von Dornen ist indeß
durch die Dimensionen des Rohres beschränkt, weßhalb engere Röhren auch stets nur
stumpf geschweißt werden können.
Beleuchten wir also das bisherige Verfahren, so ist Folgendes daran auszusetzen:
1) die Verwendung schon fertiger Erzeugnisse des
Hüttenbetriebes (Blech oder Bandeisen);
2) die Benutzung eigener Maschinen, welche die
Röhrenfabrication dem Hüttenbetriebe entzieht, statt daß sie einen integrirenden
Theil desselben bilden sollte;
3) die Mangelhaftigkeit des erzielten Fabrikates, da alle
Röhren Schweißnäthe haben, die beim Biegen derselben leicht Platzen, und auch sonst
große Sicherheit nicht gewähren.
Die Verbesserungen, welche ich nunmehr vorschlagen werde, und die in den meisten
Staaten, welche Eisenindustrie besitzen, auf längere Zeit patentirt sind, haben den
Zweck, die beregten Uebelstände zu beseitigen.
Das Halbfabrikat, welches jedem Producte der Stabeisenfabrication zu Grunde liegt,
ist die Rohschiene, welche aus der gezängten Puddel-Luppe in passende
Dimensionen vermittelst des Luppen-Trains gewalzt wird. Die Rohschiene wird
verwandt, um Stabeisen des verschiedensten Profils, Blech, Bandeisen etc. aus ihr zu
erzeugen, warum verwendet man sie nicht zur directen Erzeugung von Röhren, welches
den Vortheil gewähren würde, daß man Zeit, Brennmaterial und Abbrand spart? Ein Rohr
ist doch weiter nichts als ein Blech oder Bandeisen in etwas anderer Form. Auf der Verwendung von Rohschienen zur directen Erzeugung von
schmiedeeisernen Röhren beruht mein neues Verfahren. Zunächst werden
Rohschienen von bogenförmigem Querschnitt und so dünn als
möglich gewalzt; dieselben werden in passende Längen zerschnitten; aus diesen
Stücken bildet man hohle Paquete, welche durch Draht oder geschweißte Bandeisenringe
zusammengehalten werden. Das so gebildete hohle Paquet besteht aus zwei Lagen, einer
inneren und einer äußeren, dem entsprechend die Profile der Rohschienen gebildet
seyn müssen; die Stoßfugen der äußeren Lage sind gegen die der inneren versetzt, so
daß das ganze hohle Paquet in richtigem Verbande angelegt ist. Mit diesen Paqueten
wird ein Schweißofen gewöhnlicher Construction so besetzt, als wenn man Stabeisen
walzen will. Nachdem die Schweißhitze erlangt ist, wird jedes. Paquet zwischen
gewöhnlichen Rundeisenwalzen über Dornen ausgewalzt. Die Construction der Dorne ist
derartig, daß ein rasches Auswalzen, eine Hauptbedingung, möglich ist. Zu dem Ende
befindet sich fest verankert mit dem Walzengerüst, ein Gerüst hinter den Walzen,
gegen welches der Dorn sich stützt. Dieser ist von Gußstahl und von etwas geringerem
Durchmesser, als das Innere des zu erzeugenden Rohres. Da, wo er in dem
Walzen-Caliber liegt, ist er mit einem Zapfen versehen, auf welchem der
Dornkopf lose aufgesteckt ist, welcher dem Inneren des Rohres die Form zu geben
bestimmt ist. Der Dornkopf ist etwas conisch und zwar so, daß sein dünnes Ende
hinter der Walze sitzt, welches den Zweck hat, daß das Rohr beim Walzen leichter
gleite. Ist eine Passage vollendet, so wird der Dorn mit dem Rohre über die
Oberwalze gehoben, das Rohr nach vorne abgezogen, wobei der lose Dornkopf sich mit
abzieht, und sodann wird es in das zweite Caliber geführt, in welchem bereits ein
ähnlicher Dorn placirt ist. Nach und nach wird auf diese Weise das Rohr vollendet,
wobei jedoch zu beobachten ist, daß die Abnahme in den Calibern eine sehr sanfte
sey, um den Druck auf die Dorne nicht unnütz zu vermehren, da diese sich sehr leicht
biegen. Dieß ist auch der Grund, weßhalb zur Erzeugung kleinerer Röhren eine weitere
Manipulation stattfinden muß.
Ganz analog dem Falle in der Stabeisenfabrication, wo seine Dimensionen durch
einmalige Procedur nicht erzielt werden können, sondern wo man vorgewalzte Stäbe
zerschneidet, um sie in einer zweiten Hitze zu vollenden, wird auch hier verfahren.
Man nimmt ein Rohr von größerem Durchmesser und größerer Eisenstärke, welches
vermittelst Walzung über Dorne bereits erzielt ist, und zerschneidet es in
entsprechende Stücke, um diese mittelst Rundcaliberwalzen ohne
Dorne aus freier Hand gerade so, wie Rundeisen feinerer Dimensionen, fertig
zu walzen. Würde man diese Procedur indeß sofort ohne Weiteres vornehmen, so würde
die Oeffnung sich zupressen und kein Rohr entstehen. Ich fülle daher das Rohr, ehe
es in den Schweißofen kommt, mit einer Masse, welche in der Hitze nicht schmilzt,
eine Verschiebung ihrer einzelnen Partikeln gestattet, und nach vollzogener Walzung
ohne große Mühe aus dem Innern zu entfernen ist. Am besten ist hiezu fein gemahlener
Quarz geeignet. Die Enden des Rohres werden mit passenden Rundeisenpfropfen
versehen, und das Ganze nunmehr geschweißt und gewalzt. Da bei der ersten Passage
schon die Enden des Rohres massiv werden, so kann die Füllung nicht entweichen,
woraus resultirt, daß sie sich mit auswalzen muß. Während also die Länge im
quadratischen Verhältniß des sich vermindernden Durchmessers wächst, verringert sich
die Eisenstärke des Rohres im geraden Verhältniß des Durchmessers. Will ich also
beispielsweise ein Rohr von 1'' äußerem Durchmesser und 1/8'' Wandstärke erzeugen,
so kann ich einsolches
von 2'' Durchmesser mit 1/4'' Wandstärke zu Grunde legen. Zum Richten der Röhren
nach dem Walzen bedarf es besonderer kostspieliger Maschinen nicht, da dasselbe wie
beim Stabeisen mit hölzernen Hämmern sehr gut erreicht wird, indem das Rohr, weil es
gefüllt ist, nicht zusammengedrückt werden kann. Nach dem Erkalten schneidet man
unter der Stabeisen-Schere die massiven Enden ab, und entfernt den Quarz
durch leichtes Klopfen der Röhren, was sehr leicht von Statten geht, falls nur das
verwandte Material wirklich feuerfest war.
Stellen wir die durch mein Verfahren erzielten Vortheile zusammen, so ergiebt sich
(vgl. oben):
ad 1) Aus Rohschienen werden auf directem Wege Röhren
erzeugt, daher Ersparung an Zeit, Brennmaterial und Abbrand.
ad 2) Die Anfertigung der Röhren kann ohne besondere
kostspielige Vorrichtungen in jeder gut eingerichteten Walzhütte vorgenommen werden,
so daß die Fabrication der Röhren aufhört eine Special-Industrie zu bilden,
daß sie vielmehr naturgemäß dem Walzhütten-Betriebe einverleibt werden kann.
Wie groß dieser Vortheil anzuschlagen ist in einer Zeit, wie wir sie kürzlich
durchgemacht haben, wo viele Walzhütten wegen Mangel an Aufträgen Pausiren mußten,
überlasse ich der Beurtheilung geehrter Fachmänner.
ad 3) Die nach meiner Methode erzeugten Röhren sind
massiv ohne jede Schweißnath,
denn die Vereinigung der Plattinen zu einem Ganzen ist bei guter Schweißhitze in der
Regel vollständig, da Plattinen bekanntlich besser schweißen als schon fertiges
Stabeisen; überdieß sind die Stoßfugen der Plattinen nirgends durchgehend.
Die in Schweden und in Oesterreich unter meiner Leitung angestellten Versuche haben
diese Vorzüge meiner Methode auch vollständig dargethan, da in den betreffenden
Walzhütten mit wenig Vorrichtungen sofort mit der Anfertigung von Röhren vorgegangen
werden konnte. Die Qualität dieser Röhren läßt nichts zu wünschen übrig; man kann
dieselben den kürzesten Biegungen aussetzen, ohne daß sie platzen. Durch
hineingetriebene Dorne kann man wohl Risse im massiven Eisen derselben erzeugen,
allein nirgends ist eine Schweißfuge zu entdecken.
Es möchte indeß noch eine weitere Nutzanwendung meines Verfahrens außer zur
Röhrenfabrication möglich seyn; ich meine das Mittel der Füllung zur Erzeugung von Stangen-Eisen, welches dieselbe im
Inneren behält. Die Röhrenform bietet in Bezug auf Festigkeit überall die
nützlichste Verwendung des Materials, es wird also eine Masse von Gegenständen
geben, bei denen man dieselbe zu Grunde legen möchte, sobald der Preis des
Erzeugnisses dieses gestattet. Ich mache hiebei zunächstauf eiserne Telegraphendraht-Stützen aufmerksam. Wollte man Röhren nach
bisherigem System gefertigt, dazu anwenden, so würden dieselben die Concurrenz der
hölzernen Stangen, des hohen Preises wegen, nicht aushalten können. Füllt man aber
die nach meiner Methode angefertigten hohlen Rohschienen-Paquete, ohne sie
erst über Dorne zu walzen, sofort mit Quarz, und walzt sie aus wie Rundeisen, so
erhält man ein Rohr mit Füllung, an beiden Enden massiv, das für den Preis des
gewöhnlichen Stabeisens herzustellen ist, und das seinen Zweck um so besser erfüllen
würde, als der Quarz im Innern mit zur Vergrößerung der Steifigkeit beiträgt.
Ich nenne ferner Eisenbahnschienen, die man vierseitig
befahrbar, als Röhren mit Füllung und massiven Enden walzen könnte. Es müßten diese
Schienen billiger werden, als alle jetzt in Anwendung gebrachten, weil bei gleicher
Tragfähigkeit die Röhrenform an Material erspart. Außerdem würde die
Walz-Arbeit eine einfachere seyn, da das Profil sich dem Quadrate nähert, die
Abrundung der Seiten und Ecken könnte für dieselbe nur willkommen seyn. Die
Fahrbahnen dieser Schienen müßten aus der Walze auch um deßhalb viel dichter
hervorgehen, weil sie ihren Druck senkrecht empfangen, während die Köpfe der
jetzigen Schienen in den Walzen seitwärts liegen. Aus demselben Bestreben, eine
dichte Fahrbahn zu haben und Material zu sparen, gingen die sogenannten
Brückenschienen hervor; es dürfte indeß von Seiten der
Eisenbahn-Techniker zu überlegen seyn, ob die von mir vorgeschlagene
Röhrenform nicht den Vorzug verdiene. Anstatt der Laschen
würden die Röhrenschienen auf den Stößen Dübel erhalten
können, welche in die massiven Enden eingebohrt werden. Doch genug der Vorschläge,
ich habe die Ueberzeugung, daß unsere Industrie sich der von mir angegebenen Mittel
noch in vielen Fällen wird mit Nutzen bedienen können.
B. Messingene Röhren.
In einem Aufsatz „über die Behandlung des schmiedbaren Messings bei der
Erzeugung gewalzter Fabricate“ (polytechn. Journal Bd. CLVI S. 141)
deutete ich an, daß ich speciell über die Fabrication von messingenen Siederöhren
für Locomotiven mich in einem weiteren Artikel aussprechen würde. Mancherlei
Umstände haben mich davon bisher zurückgehalten; ich hole diese Pflicht daher heute
nach, indem das Vorhergehende die Art und Weise der Fabrication wird besser
verstehen lehren.
Auch hier dürfte es nützlich seyn, die bisherigen Methoden der Fabrication kurz zu
beschreiben.
Die älteste Methode ist die Erzeugung von Röhren durch Löthungder Fuge, welche bis heute durch
Anwendung von besonders construirten Oefen, Fräsemaschinen zur Abschrägung der
Bleche etc. auch stets ihre Vervollkommnung erfahren hat.
Als Muntz in Birmingham das schmiedbare Messing erfand,
suchte er natürlich auch nach weiterer Verwendung dieses ausgezeichneten Materials,
das zunächst zu Schiffsbeschlägen verwandt wurde. Er erzeugte also auch
Locomotiv-Siederöhren, welche aus einem Stück ohne Löthnath waren, die sich
längst als ein Mangel herausgestellt hatte. Sein Verfahren wurde früher schon in
diesem Journal mitgetheilt, es gehört aber zur Sache, dasselbe hier mit kurzen
Worten zu beschreiben. Muntz gießt zunächst Röhren von
einem rechteckigen äußeren und flachovalen inneren Querschnitt. Nachdem diese
Gußstücke geglüht sind, walzt er dieselben zwischen Blechwalzen zu langen Streifen
von 1/4'' Stärke aus; es wird indeß die Vorsicht beobachtet, das Innere der
Gußstücke vorher mit einer Kochsalzlösung zu bestreichen, um ein Anhaften der
Flächen bei der Pressung, welcher sie ausgesetzt werden müssen, zu verhindern. Die
erzeugten Streifen sind nun bereits ein Rohr, das bloß noch durch geeignete
Vorrichtungen aufgebogen und gerundet zu werden braucht. Bei dieser Arbeit stellt
sich indeß auf beiden Längsseiten des Rohres ein Ueberfluß von Metall heraus, der
durch Fräsen etc. entfernt wird.
So originell und sinnreich diese Methode ist, so hat das dadurch erzeugte Fabrikat
jedoch den großen Fehler, daß zu beiden Seiten das Messing sich beim Walzen stark
eingekniffen hat, und deßhalb zwei Näthe entstehen, die, wenn auch nicht sichtbar,
doch gegen gut gelöthete zurückstehen müssen, um so mehr, da es zwei sind. Beim Einbörteln der Röhren zeigt sich dieser
Fehler deutlich. Von dem Vorurtheil, daß Röhren aus schmiedbarem Messing wegen ihres
etwas größeren Zinkgehaltes weniger haltbar seyen, ist man neuerdings
zurückgekommen, da die Erfahrung das directe Gegentheil bewiesen hat.
Ein anderes Verfahren, welches in den letzten Jahren bedeutende Fabriken, namentlich
Heckmann in Berlin, das königl. Messingwerk
Hegermühle bei Neustadt-Eberswalde, mit geringen Abweichungen auch Schöller u. Comp. zu St. Veit
bei Seobersdorf in Oesterreich, außer dem Erfinder selbst, der in Wien eine Fabrik
errichtete, adoptirten, ist das von Godouard, einem
Belgier. Nach demselben werden cylindrische Röhren von der doppelten bis dreifachen
Wandstärke, jedoch annähernd demselben inneren Durchmesser, als die zu erzielenden,
gegossen, welche durch Zugringe über feststehende Dorne im kalten Zustande auf der
Ziehbank gezogen werden. Die Gußstücke sind auf einem Ende massiv und dieser massive
Theil ist etwas conisch, um immer bequem durch den Zugring zureichen. In das massive Ende
schraubt man eine starke eiserne Oefe, an welche der Zugapparat anfaßt. Nach jedem
erfolgten Zuge werden die Röhren ausgeglüht; bis zur Vollendung sind mindestens 20
solcher Operationen erforderlich. Ein Umstand erleichtert die Arbeit wesentlich,
nämlich der, daß ein und derselbe Dorn stets benutzt werden kann, indem nach dem
Ausglühen das Rohr sich so viel erweitert hat, daß derselbe wieder hineingeht. Diese
Methode liefert ein elegantes Fabrikat, allein die absolute Festigkeit des Messings
wird bei derselben über Gebühr in Anspruch genommen, ferner kostet sie viel Kraft
und verursacht einen großen Aufwand an Brennmaterial und Arbeitslohn, so daß sie den
Fabrikanten einen ziemlich magern Nutzen läßt.
Andere Vorschläge aus England gehen dahin, die Röhren im kalten Zustande über
hineingesteckte polirte Dorne durch Caliberwalzen zu vollenden. Nach jeder Passage
eines Calibers muß der Dorn durch Maschinen aus dem Rohr gezogen und dieses
ausgeglüht werden. Diese Methode ist noch kostspieliger als die vorhergehende.
Noch Andere wollen galvanische Niederschläge über Bleicylinder machen, diese die
Walzen Passiren lassen, und dann das Blei ausschmelzen u.s.w.
Wir sehen, daß die einzigen, im großen Betriebe adoptirten Methoden zur Erzeugung von
messingenen Locomotiv-Siederöhren bisher die drei zuerst angegebenen sind.
Von denselben liefert das Godouard'sche Verfahren, wenn
vorsichtig angewendet, entschieden das beste Fabrikat, das Muntz'sche indeß das billigste.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß die Fabricationskosten der messingenen
Siederöhren auf die Hälfte sich ermäßigen lassen, wenn
die Bearbeitung des Metalls im glühenden Zustande vor sich geht. Das Mittel hierzu
ist dasselbe wie das von mir für eiserne Röhren vorgeschlagene. Wo die Dimensionen
es gestatten über feststehende Dorne zu walzen, da erzeugt man rasch, billig und gut
auf diesem Wege, wie Versuche zur Genüge bewiesen haben. Sehr lange und dünne Röhren
müssen mit Füllung gewalzt werden; diese Arbeit ist so
einfach, daß sie kaum mehr vereinfacht werden kann; den schwierigsten Punkt bildet
hierbei die Herstellung vollkommen tadelfreier Gußstücke, die übrigens auch das Godouard'sche Verfahren erfordert, da jeder Fehler
derselben sich in den vollendeten Röhren wiederfindet. Indeß ist es wohl keinem
Zweifel unterworfen, daß geübte Gießer, mit guten Einrichtungen versehen, um so eher
hierin ein gutes Resultat erreichen werden, als ja immer Tausende von Stücken nach
demselben Modell zu erzeugen sind.
Man würde, um nach meinem Verfahren Röhren zu erzeugen, alsozunächst Röhren gießen, die an
beiden Enden gewölbte Böden besitzen, und in denselben nur so viel Oeffnung als für
das Auflager des Kernes und Abführung der Luft aus dem Inneren derselben
unumgänglich nöthig ist. Nachdem der Kern aus dem Gußstück entfernt, dasselbe innen
und außen sauber geputzt ist, würde dasselbe mit einer festen Füllung von dem
feinsten trockenen Formsand versehen und auf beiden Enden mit eisernen Schrauben zu verschließen seyn. Ich wähle eiserne Schrauben, weil dieselben später immer wieder zu benutzen sind,
messingene würden beim Walzen im glühenden Zustande leiden. Ein tüchtiger Walzer mit
5 bis 6 Gehülfen kann mit einem einzigen Glühofen auf diese Weise per Stunde mindestens 10 Stück Röhren vollenden; er hat
die einzige Vorsicht zu beobachten, daß ihm nie ein Rohr in der Walze umschlägt,
weil starke Näthe anstatt sich wegzuwalzen, bei dieser Arbeit sich nach innen
pressen. Hat das Rohr die verlangte Dimension erhalten, so entfernt man zunächst den
einen Boden desselben und die Füllung, schraubt in den anderen Boden eine Oese, und
giebt ihm, um es elegant zu machen, einen Zug über Dorn auf der Ziehbank. Die auf
diese Weise erzeugten Siederöhren müssen um so mehr den Vorzug vor allen anderen
verdienen, als bei ihrer Herstellung das Metall in glühendem Zustande durch den
Druck verdichtet und in keinerlei Weise wie bei anderen Methoden maltraitirt
wurde.
Ich hoffe den Sachverständigen so klar als es ohne Zeichnungen möglich ist, gewesen
zu seyn. Der Hauptzweck dieser Abhandlung war: die Aufmerksamkeit der
Walzhüttenbesitzer auf einen Artikel zu lenken, der hauptsächlich noch in Händen der
englischen Fabrikanten sich befindet, und es würde mir zur besonderen Freude
gereichen, daß mir dieß gelungen, erfahren zu dürfen.
Greifswald, im December 1861.