Titel: | Vergleichende Versuche mit verschiedenen Feuerungen; von Dr. C. Stammer. |
Autor: | Karl Stammer [GND] |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. CVII., S. 401 |
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CVII.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen
Feuerungen; von Dr. C.
Stammer.
Stammer's vergleichende Versuche mit verschiedenen
Feuerungen.
Von allen neuerdings in Vorschlag gekommenen Feuerungen für Dampfkessel erscheint der
Etagenrost von Langen
(polytechn. Journal Bd. CLVIII S. 241)
jedenfalls als eine der rationellsten. Es läßt sich von vornherein ein günstiger
Erfolg, d.h. gegen gewöhnliche Feuerungen eine erhebliche Mehrnutzung der Kohlen
erwarten. Indessen haben viele verunglückte Versuche mit anderen rationell
scheinenden Heizmethoden dargethan, daß hier die Theorie nicht entscheiden kann,
sondern daß nur sichere Proben ein Urtheil zu begründen im Stande sind. Da ich in
der Lage war, die Leistung des Langen'schen Etagenrostes einem zuverlässigen Vergleich mit mehreren
anderen Feuerungen zu unterwerfen, so glaube ich um so mehr durch Mittheilung der
erlangten Resultate zur richtigen Beurtheilung beitragen zu dürfen, als eine solche
nur durch Zusammenstellung zahlreicher Resultate zu erreichen ist.
Ein absolutes Maaß für den Werth einer Feuerung haben wir nicht; es ist vielmehr nur
ein Vergleich mit vorhandenen Feuerungen möglich, und dieß reicht auch für die
Praxis aus, da es sich immer nur um Ersetzung der alten durch neue bessere
Einrichtungen handeln kann. Es gehört demnach zu einem maßgebenden Versuche stets
ein doppeltes Experiment, eines mit dem alten, das andere mit dem neuen System,
wobei die hauptsächlich zu erfüllende Bedingung die vollkommene Gleichheit aller
Umstände ist. Es gehört dahin Gleichheit der Kessel, nach Form und Größe, möglichste
Gleichheit des Brennmaterials, möglichst ähnliche Dampfentwicklung, Spannung etc.,
gleiche Temperatur des Speisewassers u.s.w. Sind diese und andere Umstände, wie sie
im Verlaufe der Praxis auf die Leistung eines Kessels influiren können, nach Thunlichkeit ausgeglichen, so können geringere
Einflüsse, wie Druck und Temperatur der Luft u. dgl., füglich vernachlässigt werden.
Handelt es sich ja doch stets nur um größere Differenzen. Für geringere
Mehrleistungen wird man sich nicht leicht veranlaßt fühlen, eine Aenderung der
Feuerung vorzunehmen.
Diese Gesichtspunkte sind bei den folgenden Versuchen leitend gewesen. Die
Uebereinstimmung, welche sich bei gelegentlicher Wiederholung des einen oder anderen
Versuches herausstellte, beweist, daß die so gewonnenen Resultate alles Vertrauen
verdienen; der Einfachheit wegen werde ich auch nur die Mittelzahl von den
entsprechenden Versuchen angeben, die, wie gesagt, von den einzelnen Ergebnissen in
für die Praxis unerheblicher Weise abweicht.
Als Maaß für die Leistungsfähigkeit wurde die Menge des verdampften Wassers benutzt.
Der Dampf entwich frei, so daß kein Druck im Kessel entstand; das verdampfte Wasser
wurde von Zeit zu Zeit aus einem mit Sorgfalt tarirten großen Gefäße nachgefüllt.
Die Kessel, welche zu sämmtlichen Versuchen dienten, hatten gleiches Maaß und
gleiche Gestalt. Sie bestanden aus einem Hauptkessel von 30 1/2' Länge und 5' Durchmesser,
mit darunter liegendem Siederohr von 24' Länge und 3' Durchmesser. Die Einmauerung war in allen Fällen, mit
Ausnahme der Gall'schen Feuerung, die gleiche. Vor jedem
Versuch wurde der betreffende Kessel 12 Stunden außer Betrieb gesetzt, dann der
Wasserstand am Standrohr genau notirt. Nach Beendigung der Verdampfung blieb der
Kessel ebenfalls – bei geschlossenen Thüren und Register – 12 Stunden
stehen, worauf nochmals Wasser bis genau zum ersten Standpunkte nachgefüllt wurde.
Dieses Auffüllen ließ sich mit großer Genauigkeit bewerkstelligen, und ließ in
Betreff der verdampften Wassermenge keine Unsicherheit zurück. Um möglichst die bei
kurzen Versuchen unvermeidlichen Fehler auszugleichen, wurde zu jedem Versuch außer
55 Pfd. Holz zum Anfeuern ein Quantum von mindestens 6 Tonnen – zu 380 Pfd.
Steinkohlen (Freiburger Kleinkohlen)- angewandt; bei der Gall'schen Feuerung wurden bis zu 10 Tonnen verbrannt. Die Ausdehnung der
Versuche erlaubte daher, ein dem praktischen Betrieb möglichst entsprechendes
Resultat zu gewinnen. Die Kohlen wurden zu jedem Versuch genau abgewogen; die
geringe Quantität Holz ist bei der Berechnung vernachlässigt worden. Jeder einzelne
Kessel war, wie es wohl selbstverständlich ist, von aller Verbindung mit den übrigen
Kesseln und der gewöhnlichen Speiseleitung abgeschlossen, und zwar wurde die
Schließung der Hähne und Ventile nicht für zureichend erachtet, sondern eine
Trennung der Verschmutzungen an den betreffenden Stellen vorgenommen.
Aus diesen Andeutungen wird man beurtheilen können, in wie fern diese Versuche einen
Maaßstab für die Leistungen der verschiedenen Feuerungen bieten, und auch für andere
Umstände als die eben vorliegenden ihren Werth behalten; ich gehe nach diesen
allgemeinen Bemerkungen zu den einzelnen Proben über.
I. Gewöhnlicher Planrost. – Die Feuerung war mit
zwei Thüren versehen, durch welche abwechselnd Kohlen aufgeworfen wurden Das Feuern
geschah in derjenigen Weise, wie es erfahrungsmäßig die beste Ausnutzung bot. Im
Durchschnitt von zwei Versuchen wurde verdampft:
durch 1 Pfd. Kohlen
5,30 Pfd. Wasser
in einer Stunde
1677 Pfd. „
II. Gall'sche Feuerung.
– Das Princip dieser Feuerung (polytechn. Journal Bd. CXLI S. 1) ist jedenfalls geeignet, eine
sehr vollkommene Verbrennung und Verwerthung des Brennstoffes zu veranlassen.
Nachdem sie schon früher an einem größeren Kessel von etwas abweichender
Construction versucht worden war, und ein sehr ungünstiges Resultat geliefert hatte,
wurde, um einen sicheren Vergleich zu gewinnen, ein Kessel von den oben angegebenen
Dimensionen mit dieser Feuerung versehen, an welcher zugleich einige Aenderungen
angebracht waren, wie sie der frühere Versuch an die Hand gegeben hatte. Dennoch
konnte das Resultat keine Veranlassung bieten, diese Feuerung anzunehmen. Es wurden
nämlich verdampft (im Mittel von zwei Versuchen)
durch 1 Pfd. Kohlen
5,34 Pfd. Wasser
in einer Stunde
1355 Pfd. „
Es fand also gegen I kein besserer Effect, wohl aber eine so viel langsamere
Verdampfung statt, daß die Kesselfläche der Fabrik sehr wesentlich hätte vergrößert
werden müssen, ohne daß doch eine Ersparniß zu erzielen gewesen wäre.
Die Feuerung war von dem Maurermeister Günther in Breslau
(seither verstorben) gebaut, und es ist nur anzunehmen, daß das Princip Gall's für die Verhältnisse des Kessels etc. nicht
richtig angepaßt war. Da indessen ein bestimmter Fehler nicht herauszufinden war, so
kann das Resultat nur als ein ungünstiges hingenommen werden.
III. Querrost mit Einschnitten. – Dieser Rost
(beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLVI S.
351) war von einer Breslauer Gießerei für den betreffenden Kessel passend
geliefert und ein Heizer eigens in der Art des Feuerns unterwiesen worden, so daß
wohl der unter den gegebenen Umständen erreichbare Effect zu erwarten stand. Es
wurden verdampft:
durch 1 Pfd. Kohlen
5,62 Pfd. Wasser
in einer Stunde
3323 Pfd. „
Die Mehrverdampfung für diese Kohlenmenge betrug also gegen 1 6,0 Proc., die
Kohlenersparniß für gleiche Dampfmenge 5,7 Proc.; die Verdampfung in derselben Zeit
ist so groß, daß man für gleiche Dampfmenge mit etwa der halben Kesselfläche
auskommen würde. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, daß dieser Rost wegen des häufigen Schürens und
Aufwerfens eine fehr vermehrte Bedienungsarbeit verlangt.
IV. Langen'scher Etagenrost.
– Derselbe war von der Friedrich-Wilhelmshütte bei Siegburg geliefert, und
zwar dem betreffenden Kessel angepaßt, jedoch auf ausdrückliche Bestellung in seinen
Dimensionen so getroffen, daß er eine stärkere Dampfentwickelung als die bisherige
Feuerung gestattete. Es wurden verdampft:
durch 1 Pfd. Kohlen
6,04 Pfd. Wasser
in einer Stunde
3234 Pfd. „
Die Mehrleistung betrug also gegen I sehr nahe 14 Proc. für gleiche Kohlenmenge; die
Ersparniß an Kohlen also 12,2 Proc. An Kesselfläche verlangt die gleiche
Dampfbildung nur etwa 52 Proc. gegen die Feuerung I.
Dem Etagenrost gebührt also vor allen hier in Frage
gekommenen entschieden der Vorzug. Die Kohlenersparniß ist nicht unerheblich, die
Ersparniß an Kesseln ebenfalls. Denn wenn sich auch im großen Fabrikbetriebe die
Sache etwas ungünstiger stellen sollte, so ist doch immerhin zu erwarten, daß 1/10
an Kohlen und 1/3 an Kesseln weniger gebraucht werden würden. In letzterer Beziehung
stimmt diese Feuerung mit dem Querrost sehr nahe überein, doch beträgt bei diesem
die Kohlenersparniß nur etwa halb so viel wie beim Etagenrost.
Es sind gewiß unter anderen Verhältnissen mit diesen Rosten noch bessere Resultate zu
erzielen, wie denn die früher in diesem Journal (Bd. CLVIII S. 245) publicirten
Versuche schon darauf hindeuten, daß der Nutzen um so größer wird, je geringer die
angewandten Kohlen sind. Auf der anderen Seite ist aber die Art des Feuerns von so
erheblichem Einfluß auf das Resultat, wie dieß ja bei allen Feuerungsanlagen nicht
anders seyn kann. Es hat sich aus den betreffenden Beobachtungen herausgestellt, daß
es für die verschiedenen Dimensionen etc. der Kessel, so wie für die verschiedenen
Anforderungen, welche an die Dampfentwickelung gestellt werden, auch verschiedene
Dimensionen des Rostes gibt, welche den höchsten Ertrag bedingen, und daß dieses
Maximum nicht in allen Fällen dasselbe seyn kann. Es gibt ohne Zweifel eine
Dampfentwickelung, für welche unter fast gleichen Umständen die Kohlenersparniß die
größte ist, und es fällt das Maximum der Dampfentwickelung für einen bestimmten
Kessel gewiß nicht mit dem Maximum der Kohlenersparniß zusammen. Da nun in dem
vorliegenden Beispiele eine weitaus stärkere Verdampfung beabsichtigt und erzielt
wurde, als sie sonst stattfand, so kann man gewiß mit Recht annehmen, daß wenn der
Etagenrost für diese Kessel etwas kleiner und mithin die Verdampfung etwas geringer
gewesen wäre, eine noch etwas größere Kohlenersparniß hätte erzielt werden können.
Es würde dann aber auch
für gleiche Dampfmengen wieder an Kesselfläche nicht so viel gespart werden. Während
es sich hiernach erklärt, warum vielleicht in anderen Fällen noch weniger Kohlen
gebraucht worden, als in dem vorliegenden, so kann man doch zugleich den Schluß
ziehen, daß diese Ersparniß auch nach diesem Versuche
eine sehr befriedigende und die Feuerung bestens zu empfehlen ist.
Ich lasse zum Schlusse der leichteren Uebersicht wegen die Zusammenstellung der
Resultate folgen. Zum Vergleiche aller Zahlen ist einerseits die Dampfmenge, welche
die gleiche Menge Kohlen liefert, und andererseits die Kohlenmenge, welche zur
gleichen Dampfmenge erfordert wird, für den Planrost – 100 gesetzt. Dasselbe
gilt für die zu einer bestimmten Dampfentwickelung in gegebener Zeit erforderliche
Kesselfläche.
Textabbildung Bd. 162, S. 405
Bezeichnung der Feuerungen; Verdampftes Wasser auf 1
Pfd. Kohlen; Verdampftes Wasser in 1 Stunde; Verdampfung für gleiche
Kohlenmenge; Kesselfläche für gleiche Dampfleistung; Gewöhnlicher Planrost; Gall'sche Feuerung; Querrost; Etagenrost