Titel: | Asphaltrohre zu Gas- und Wasserleitungen etc., von Büsscher und Hoffmann in Neustadt-Eberswalde. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. LVIII., S. 182 |
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LVIII.
Asphaltrohre zu Gas- und Wasserleitungen etc.,
von Büsscher und Hoffmann in
Neustadt-Eberswalde.
Aus dem Journal für Gasbeleuchtung, Juli 1861, S.
227.
Ueber Asphaltrohre zu Gas- und Wasserleitungen etc.
Die Genannten fertigen seit etwa 12 Jahren künstliche Steinröhren, die, aus einem
schmelzbaren Asphaltmörtel gegossen, als Wasserdurchlässe bei Eisenbahn- und
Chausseebauten eine ausgedehnte Verwendung gefunden haben. Neuerdings sind dieselben
durch ihre Steinpappfabrication und durch gleichzeitige ähnliche Bestrebungen in
ParisMan s. polytechn. Journal Bd. CLIII S.
10 und Bd. CLVIII S.
397. veranlaßt, auch Röhren aus Papier und Asphalt herzustellen, welche neben der
Unoxydirbarkeit jener früheren Röhren noch den Vortheil einer größeren Dichtigkeit
und Leichtigkeit besitzen.
Die Röhren werden von asphaltirtem Papier zusammengerollt, welches, zu einer
homogenen Masse verbunden, mehr oder weniger oft über einander liegt, der Art, daß
die Röhren an und für sich vollständig luft- und wasserdicht sind. Sie sind gegen 5
Fuß lang und können je nach Aufgabe und Zweck mit verschiedenen Wandstärken und mit
Muffen aus demselben Stoffe hergestellt werden. Die Verbindung und Dichtung beim
Legen geschieht in sehr einfacher Weise dadurch, daß das Muffende inwendig mittelst
eines heißen Eisens angewärmt, das einzuschiebende Rohrende dagegen in geschmolzenen
Asphalt eingetaucht oder mit demselben bestrichen und demnächst in die Muffe
eingeschoben wird. Die Muffe werden übergeschoben. Abzweigungen, Krümmungen und
Kniee werden in ähnlicher Weise aus gleichen Stoffen gefertigt. Aus den Materialien,
aus denen diese Röhren bestehen, so wie aus der Art und Weise ihrer Herstellung,
erwachsen nun folgende charakteristische Eigenschaften, welche sie vor anderen zu
baulichen Zwecken zu verwendenden Röhren von Metall oder gebrannter Erde theils
vortheilhaft, theils aber unvortheilhaft auszeichnen.
I. Der Hauptbestandtheil der Röhren, der Asphalt, ist seit Jahrhunderten, ja seit
Jahrtausenden als ein Material bekannt, welches vollständig wasserdicht ist, und
feuchtigkeitswidrig nicht allein selbst der Zerstörung und der Vergänglichkeit
widersteht, sondern auch leichtvergängliche, animalische und vegetabilische Stoffe,
denen er als Hülle dient, vor Verwesung schützt. (Aegyptische Mumien.) Diese
Unvergänglichkeit des Asphalts darf wenigstens überall da als feststehend angesehen
werden, wo dieses Material dem unmittelbaren Einflusse des Sonnenlichtes entzogen
ist, also vorzugsweise
unter der Erde, weßhalb in dieser Beziehung den bezeichneten Röhren bei ihrer
Verwendung unter der Erde eine unbegrenzte Dauer und Unvergänglichkeit vindicirt
werden kann.
Es ist hinlänglich bekannt, wie schnellen Zerstörungen gußeiserne oder andere
Metallröhren von außen her unterliegen, wenn sie mit einem Erdreich umgeben sind,
das mit oxydirenden und zersetzenden Materien geschwängert ist, oder wie oft
tropfbare oder gasförmige Flüssigkeiten, denen solche Röhren zu Leitungen dienen,
einen solchen Zersetzungsproceß, von innen erzeugen, eine Zersetzung, die sehr
häufig eine gleichzeitige schädliche Einwirkung auf jene hindurchströmenden
Flüssigkeiten ausübt. (Bleioxyde, Kohlensäure, Bleisalze u.s.w. in den Bleiröhren
der Wasserleitungen etc.)
II. Daraus, daß endloses Papier, welches durch eine vollständige Sättigung und
Tränkung mit Asphalt absolut Wasser- und luftdicht gemacht ist, in mehreren und
vielfachen Lagen zu einem hohlen Cylinder von homogener Wandung zusammengelegt ist,
resultirt eine zweite Eigenschaft dieser Röhren, ihre absolute Dichtigkeit, wichtig
namentlich für alle Gasleitungszwecke, weil Gase auch bekanntlich bei einer
geringeren Pressung in den Rohrleitungen aus den feinsten Oeffnungen zu entweichen
vermögen.
III. Aus eben dieser Fabricationsweise resultirt die große Stärke der Röhren, die
willkürlich gesteigert werden kann, und bei den Calibern, welche gewöhnlich
angefertigt werden, für 15 Atmosphären Pressungen (circa
450 Fuß Wassersäule) vollständige Sicherheit gewährt.
IV. Eigenthümlich ist ferner das schlechte Wärme- und Elektricitätsleitungsvermögen
der Asphaltröhren, Eigenschaften, welche Asphalt sowohl, als auch Papier, beide in
hohem Grade, besitzen. Diese Eigenschaft ist gleichwichtig für Wasser- als auch für
Gasleitungen; denn das Wasser wird sich im Winter schwerer abkühlen, im Sommer
schwerer erwärmen, und bei Gasleitungen wird im Winter jenes schädliche Ausscheiden
von Eisnaphtalin- und anderen Krystallen, welches in strengen Wintern so leicht
Veranlassung zu Verengungen und Verstopfungen metallener Gasröhren gibt, sehr viel
weniger Störungen verursachen, wenn es nicht etwa durch den gänzlichen Mangel
galvanischer Strömungen, die in Metallröhren so wirksam sind, und welche bekanntlich
bei allen Krystallisationsprocessen einen wesentlichen Factor bilden, überhaupt
vermieden werden wird.
V. Demnächst haben wir noch des geringen specifischen Gewichts, also der Leichtigkeit
dieser Röhren zu gedenken, welche sowohl beim Transport, als auch beim Verlegen
derselben nicht unerhebliche Ersparungen herbeiführen wird. Bei der Arbeit des
Verlegens ist es von großer Wichtigkeit, ob die Rohre durch einen oder durch zwei
Arbeiter oder durch mehrere oder durch wie viele gehoben, von der Stelle bewegt und gerückt werden
können, und wir müssen es daher dem Urtheile der competenten Fachmänner überlassen,
zu bestimmen, welche Ersparnisse in dieser Beziehung durch die Verwendung dieser
Röhren erzielt werden können. Jedenfalls wird es erreichbar seyn, die einzelnen
Rohre auf ziemlich bedeutende Längen schon vor ihrer Verlegung in dem dazu
aufzuwerfenden Graben, auf ebener Erde zu einem Stücke zu verbinden und so in
größeren Längen mit einem Male zu verlegen. Der Umstand, daß die Rohre der
Elasticität nicht entbehren, wird dieß Verfahren noch practicabler machen.
Wo Röhren in lockeren: oder wasserhaltigem Terrain verlegt werden, in welchem die
Gräben nicht lange offen gehalten werden können, ohne zusammen zu stürzen, ist diese
schnelle Arbeitsförderung wichtig, und daran schließt sich die weitere Ersparung,
daß zur Dichtung der Stöße in den Muffverbindungen weder Cement, noch Blei, noch
Gummi, noch getheerter Hanf, sondern nur ein wenig geschmolzener Asphalt gebraucht
wird, der in einfachster und wenig kostspieligster Weise die Dichtung schnell und
dauerhaft bewerkstelligt.
VI. In Bezug auf Widerstandsfähigkeit gegen äußeren Druck, also gegen Erddruck sind
die Asphaltröhren ebenfalls geprüft und als hinlänglich stark befunden, um jeglichen
in der Praxis vorkommenden derartigen Belastungen mit voller Sicherheit widerstehen
zu können.
Lassen nach alledem die Asphaltröhren eine ausgedehnte und für viele Zwecke durch
andere Röhren nicht erreichbare vortheilhafte Anwendung zu, so haben sie doch zwei
wesentliche Schwächen, deren wir hier erwähnen, damit daraus die Fälle bestimmt
werden können, in welchen sie entweder ganz unbrauchbar oder doch zur Anwendung
nicht zu empfehlen sind.
Zunächst bedarf es wohl kaum der Erinnerung, daß Asphaltröhren zur Aufnahme von
Flüssigkeiten, die stark erhitzt sind, oder von derartigen Gasen untauglich sind,
weil der Asphalt leicht erweicht und schmilzt. Demnächst würde es aber auch nicht
zweckmäßig seyn, diese Rohre zu Leitungen von festen oder flüchtigen Oelen zu
benutzen, weil solche mit dem Asphalt Verbindungen eingehen, und durch denselben
verunreinigt werden würden. Außer diesen Substanzen sind uns keine bekannt, welche
zersetzend auf das Rohrmaterial einzuwirken vermöchten.
Maaßgebend für die Verwendung im Großen wird in den allermeisten Fällen der Preis der
Asphaltröhren bleiben.
Die Preise stellen sich zur Zeit wie folgt:
Lichte Weite der Rohrein Zollen.
Preis pro laufenden
Fußincl. Muffe.
Ungefähres Gewicht pro
laufendenFuß in Zoll-Pfunden.
2
4 1/2 Sgr.
2 3/3
3
7
„
4 1/3
4
10
„
6
5
14
„
8
6
18
2/3 „
10 1/3
7
23
1/3 „
13
8
28
„
16 2/3
9
33
„
20 2/3
10
38
„
25
11
43
1/4 „
30
12
50
„
36
Diese Preise können für einzelne Zwecke, bei welchen eine geringere Festigkeit, also
eine Materialersparniß zulässig ist, reducirt werden, und dürften in den
allermeisten Fällen erhebliche Ersparnisse gegen Metallrohre, ja selbst gegen irdene
Rohre herbeiführen.
Daher sind denn auch überall, wo die Verfertiger ihre Rohre den betreffenden
Technikern vorgezeigt haben, dieselben mit dem lebhaftesten Interesse und der
aufmunterndsten Anerkennung aufgenommen, und ist von denselben ihre Verwendbarkeit
ausgesprochen:
a) Zu Gasleitungen, denen sie
vorzugsweise Dichtigkeit gewähren, und bei denen sie die Gefahr vermindern, mittels
Eis und anderer Krystalle verengt oder verstopft zu werden; die Verluste der
Gasanstalten, welche durch Undichtigkeiten gußeiserner Rohrleitungen verursacht
werden, erreichen oft die Höhe von 25 Proc. und darüber.
b) Zu Wasserleitungen, in
welchen reines Wasser keinerlei Beigeschmack, keinerlei schädliche Beimischung durch
Oxyde und metallische Salze erhält, und in welchen ätzende Bestandtheile des
Wassers, wie sie bei Grubenwassern in Bergwerken häufig eine schnelle Zerstörung der
Eisenrohre herbeiführen, ohne Einfluß bleiben.
c) Zu Leitungen unreiner
Flüssigkeiten, wie Gauche, Cloak etc., welche
gußeiserne Rohre ebenfalls in sehr kurzer Zeit zerstören, und für welche irdene
Röhren wegen ihrer großen Zerbrechlichkeit und der Schwierigkeit, respective
Kostspieligkeit einer guten Dichtung der Muffverbindungen, ausgeschlossen bleiben
müssen.
d) Zu Wind- und Wetterleitungen in
Bergwerken, in welchen hölzerne Röhren ihrer Undichtigkeit wegen große
Verluste und ihrer Vergänglichkeit wegen oftmaligen Ersatz herbeiführen; endlich
e) Zu Leitungen einer Menge
von chemischen Flüssigkeiten und Gasen, die bisher aus
Rohren von anderen kostspieligen Substanzen hergestellt werden mußten.
Samuel Hughes erstattet im „Artizan“
über Proben, die mit dergleichen Röhren angestellt wurden, folgenden Bericht:
„Die der Prüfung unterworfenen Röhren hatten
beziehungsweise 4, 5 und 6 Zoll lichte Weite, der Druck, welchem diese Röhren in
meiner Gegenwart ausgesetzt wurden, variirte von 150 bis 250 Pfd. (die
nachfolgenden Maaße und Gewichte sind englisch) auf den Quadratzoll. Die
6zölligen Rohre, von denen zwei Längen zusammen zu einer Röhre verbunden waren,
wurden mit 150 Pfd. gepreßt. Die Röhren widerstanden diesem Druck, der gleich
einer Wassersäule von 345 Fuß ist, ohne das geringste Zeichen eines irgendwo
sich zeigenden Lecks. Darauf wurde ein einzelnes 6zölliges Rohr mit 250 Pfd. auf
den Quadratzoll, also mit einem einer Wassersäule von 575 Fuß gleichkommenden
Druck geprüft; bei diesem Druck zeigte sich ein ganz feiner unbedeutender Leck
an dem Muff des Rohrs, während dieses selbst vollkommen gesund blieb.
„Die 5zölligen und 4zölligen Rohre wurden eine nach dem andern mit einen:
Druck von 220 Pfd. auf den Quadratzoll = 506 Fuß Wassersäule gepreßt, ohne daß
sich das geringste Zeichen eines Lecks zeigte.
„Die Röhren wurden auch einer Pressung von außen unterworfen, und zeigten
sich bis zu einem solchen Grade als vollkommen widerstandsfähig, daß sie den
größten in der Praxis nur irgend vorkommenden Erddruck und den unregelmäßigsten
Druck auszuhalten vermögen.
„Ich halte die Röhren vorzüglich geeignet für Gasleitungen und
Straßenabzuchten und eben so für die Wasserleitungen, in denen die Maximalhöhe
400 Fuß nicht übersteigt.
„Die Asphaltrohre haben vor allen anderen Vorzüge in Betreff ihrer
Zähigkeit, Leichtigkeit und geringen Zerbrechlichkeit bei eintretenden Stößen
oder Erschütterungen. Die Röhren wurden dem stärksten Druck, welchem
Gußeisenrohre sollen widerstehen können, nicht ausgesetzt. Im Uebrigen ist es
wohl bekannt, daß man bei Gußeisenrohren sich nie der Grenze des Maximaldrucks,
der nach Versuchen und nach Rechnung etwa zulässig wäre, nähern darf, ohne sich
der Gefahr von Brüchen oder Undichtigkeiten auszusetzen.
„Auf der anderen Seite ist die Anfertigung der Asphaltröhren so wesentlich
eine in der Hand des Arbeiters liegende, und jede Umwickelung des Papiers ist so
vollkommen auf die anderen gedrückt, daß die wirkliche Festigkeit der Röhren,
wie sie für die Praxis nothwendig ist, sich viel mehr der Grenze der durch
Experimente gefundenen nähert und viel gleichförmiger ist, als dieß bei
Gußeisenröhren der Fall ist. Deßhalb ist es wahrscheinlich, daß für den
praktischen Gebrauch die Asphaltröhren den Gußeisenröhren an Festigkeit
vollkommen gleich gesetzt werden können.“