Titel: | Ueber eine bisher unbekannt gebliebene Wirkung des Lichtes; von Niepce aus Saint-Victor. Fünfte Abhandlung. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. X., S. 35 |
Download: | XML |
X.
Ueber eine bisher unbekannt gebliebene Wirkung
des Lichtes; von Niepce aus Saint-Victor. Fünfte
Abhandlung.Die bezüglichen vier Abhandlungen des Verf. wurden im polytechnischen Journal
Bd. CXLVII S. 51, Bd. CXLVIII S. 126, Bd. CLI S. 130 und 435 mitgetheilt.
Aus den Comptes rendus, Juli 1861, t. LIII p.
33.
Niepce, über eine bisher unbekannt gebliebene Wirkung des
Lichtes.
Bei Fortsetzung meiner Versuche über die Wirkung, welche das Licht auf alle porösen
oder runzeligen Körper ausübt, indem es ihnen für lange Zeit das Vermögen ertheilt,
die Gold- und Silbersalze zu reduciren und die Stoffe zu bleichen, habe ich folgende
neue Thatsachen entdeckt.
Wenn man einen frisch abgebrochenen Theil vom Schnitte eines Tellers aus achtem
Porzellan einem starken Sonnenlicht zwei bis drei Stunden lang aussetzt und ihn
hernach auf einem mit Chlorsilber präparirten Papier anbringt, so erhält man nach
24stündiger Berührung eine Reduction des Silbersalzes an dem Theile des Papiers,
welcher dem vom Licht getroffenen des Porzellans entspricht, hingegen keine an dem
Theile des Porzellans, welcher gegen das Licht geschützt wurde. Gewisse Sorten von
Fritteporzellan erlangen diese Thätigkeit leichter.
Eine Stahlplatte, von welcher der eine Theil polirt, der andere aber matt gemacht
worden war, indem man auf denselben Scheidewasser stark einwirken ließ und ihn mit
Alkohol vollkommen reinigte, wurde hernach drei bis vier Stunden lang in folgender
Weise belichtet: die Hälfte der polirten und matten Platte unter einem
undurchsichtigen Schirm und die andere Hälfte unter einem weißen Glase. Die Platte
wurde dann mit einem Papier bedeckt, welches mit eiweißhaltigem Chlorsilber
präparirt war. Nach 24stündiger Berührung erhielt ich einen Abdruck des matten
Theils, welcher vom Licht getroffen worden war, aber keinen vom polirten Theil, und
auch keinen von dem unter dem Schirm gewesenen matten Theil.
Eine stark matt geschliffene und mit destillirtem Wasser vollkommen gereinigte
Glastafel gab dieselben Resultate wie die Stahlplatte.
Ich bemerke noch, daß das Licht unter einem violetten Glase weniger Wirkung hat als
unter einem weißen Glase.
Diese Versuche zeigen also, daß die Reduction der Silbersalze auch erfolgen kann,
ohne daß eine chemische Wirkung stattfindet, wie in dem Falle wo man ein Metallsalz mit
einer organischen Substanz belichtet, oder bloß eine der beiden Substanzen.
Der Chemiker Arnaudon in Turin hat einige meiner Versuche
in den verschiedenen Oasen wiederholt, und die Resultate waren dieselben wie an
freier Luft. Ich selbst beabsichtige sie im Vacuum zu wiederholen.
Ich habe bekanntlich gefunden, daß die belichtete Erde Spuren der erlangten
Wirksamkeit auf eine Tiefe gibt, welche bis 1 Meter betragen kann, aber nach der
Natur des Erdreichs und dem Grade der Belichtung variirt. Diese Wirksamkeit, welche
die Erde erlangt, beweist uns, daß das Licht bei der Vegetation continuirlich thätig
ist. Ich theile als Beleg folgenden Versuch mit: In einem Rohr von Weißblech,
welches mit einer mit Weinsteinsäure getränkten Pappe gefüttert und so lange
belichtet worden war, daß es das salpetersaure Silber stark reducirte, brachte ich
in der Mitte, ohne daß eine Berührung mit dem Rohr statt fand, eine kleine Blase an,
welche eine schwache Stärkelösung enthielt; nach 48 Stunden fand ich, daß diese
Stärke die Barreswil'sche Flüssigkeit schwach reducirte;
eine andere Stärke, welche unter dieselben Umstände versetzt wurde, ohne daß eine
Belichtung stattgefunden hatte, reagirte gar nicht auf jene Flüssigkeit.
Diese von einem belichteten Körper erlangte Wirksamkeit oder Thätigkeit hat also in
vielen Fällen dieselbe Eigenschaft wie das Licht; ich will nun aber einen Versuch
anführen, wo sie nicht wie dieses wirkt. Bekanntlich oxydiren sich die Erdharze wie
die Harze an der Luft und am Licht; aber mit dieser von einem belichteten Körper
erlangten Thätigkeit konnte ich einen Judenpech-Firniß nicht in festen Zustand
überführen, auch reducirt ein belichtetes Erdharz die Silbersalze nicht. Der Grund
davon ist vielleicht, daß diese Thätigkeit, wie das Licht, in die glatte Schicht des
Judenpechs nicht eindringen und sich darin fixiren kann.
Eine im Schatten oxydirte Eisenplatte reducirt die Silbersalze nicht, sie reducirt
dieselben aber, nachdem sie belichtet wurde.
Ich habe auch einige Versuche angestellt um zu ermitteln, ob das Licht einen
Stahlstab magnetisirt, wie öfters behauptet wurde. Nachdem ich alle Fehlerquellen
entfernt hatte, war es mir unmöglich eine an einem Haar aufgehängte Nähnadel durch
eine andere Nadel anzuziehen, welche sehr lange unter einem, durch eine starke Linse
concentrirten Lichtbündel belichtet worden war; der Versuch gelang weder mit weißem
Licht, noch als ich dieses durch ein violettes Glas gehen ließ.
Ich wickelte hernach eine Nadel in ein mit salpetersaurem Uranoxyd oder
Weinsteinsäure getränktes und belichtetes Papier, ferner hieng ich eine Nadel
horizontal in Röhren auf, welche belichtete Pappen enthielten. und die Resultate waren immer
negativ; dieß beweist, daß die oben besprochene Thätigkeit keineswegs der
Elektricität zugeschrieben werden kann.
Ich habe sodann die ersteren Versuche mit sehr schwach magnetisirten Nadeln
wiederholt, um zu sehen ob es mir gelänge dieselben zu entmagnetisiren; ich erhielt
aber stets negative Resultate.
Folgerungen. – Aus meinen sämmtlichen Versuchen
geht hervor, daß die bleibende Thätigkeit, welche das Licht allen porösen Körpern,
selbst den trägsten ertheilt, auch keine Phosphorescenz seyn kann, denn in diesem
Falle würde sie nach den Versuchen von E. Becquerel nicht
so lange dauern; es ist daher wahrscheinlicher, daß sie, wie Léon Foucault glaubt, eine unseren Augen unsichtbare Strahlung
ist, welche nicht durch das Glas dringt.
Die Magnetisirung und Entmagnetisirung betreffend, war es mir unmöglich mit dem Licht
allein solche zu erzielen.