Titel: | Die Zinnoberbereitung mittelst Schwefelkalium; vom Bergingenieur Magnus Firmenich in Cöln. |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CIV., S. 370 |
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CIV.
Die Zinnoberbereitung mittelst Schwefelkalium;
vom Bergingenieur Magnus Firmenich in Cöln.
Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1861 S.
1025.
Firmenich, über Zinnoberbereitung mittelst
Schwefelkalium.
Der Zinnober tritt in der Natur auf theils in Krystallen, theils krystallinisch, derb
und erdig, als späthiger, faseriger und erdiger Zinnober, und zwar entweder auf
Lagern und Gängen oder als erdige und staubartige Theile der ganzen Gebirgsmasse
beigemengt. Ebenfalls wird solcher auf chemischem Wege, auf trocknem wie auf nassem,
dargestellt, auf trocknem Wege jedoch bei weitem am meisten. Bei der Bereitung im
Großen bringt man gewöhnlich Schwefel und Quecksilber im Verhältniß von 1 : 7 in
einem eisernen Geräth zum Schmelzen und unterwirft das erhaltene Schwefelquecksilber
einer Sublimation in irdenen feuerfesten Gefäßen, oder man mischt, wie in Idria,
Quecksilber und fein gepulverten Schwefel vorher in rotirenden Fässern und bewirkt
die chemische Verbindung und Sublimation durch Erhitzen der Mischung in gußeisernen
Kolben. Eine Darstellung, welche noch weniger bekannt seyn dürfte, jedoch ihrer
überaus günstigen Resultate halber in Beziehung auf Farbe des Products und
Haltbarkeit desselben im Feuer vor allen anderen Methoden den Vorzug verdient, ist
die Zinnoberfabrication mittelst Schwefelkalium. Dieselbe bedingt vorab die
Bereitung eines möglichst reinen Schwefelkaliums. Dasselbe kann zwar auf
verschiedene Weise im Maximum dargestellt werden, jedoch ist die Bereitung mittelst
Aetzkalilauge und Schwefel im Ueberschuß durch Kochen, sowie die durch Schmelzen von
Potasche und Schwefel, für die Zinnoberbereitung verwerflich, da sich dabei
unterschwefligsaures oder schwefelsaures Kali bildet, welche der Zinnoberbereitung
hindernd in den Weg treten. Ein ganz reines Schwefelkalium ist nur dadurch zu
erzielen, daß schwefelsaures Kali mittelst Holzkohle reducirt wird; durch
nachheriges Sättigen mit Schwefel verschafft man sich alsdann die zur Bereitung
geeignete Lauge. Man nehme z.B. 20 Th. fein gepulvertes schwefelsaures Kali und 6
Th. gepulverte Holzkohle, mische sie gehörig mit einander und fülle damit hessische
Schmelztiegel von einem Quart bis zu 3/4 ihres Inhalts an. Diese werden, gut
bedeckt, in einem Schmelzofen erhitzt, wobei die Masse nach und nach in heftiges
Kochen geräth, welches nach erfolgtem Durchschmelzen aufhört. Nunmehr hat sie das
Ansehen von geschmolzenem Metall; es ist nun Einfach-Schwefelkalium (KS)
entstanden, eine Substanz, die nach dem Erkalten eine braune oder rothe Farbe zeigt,
krystallinisch ist und an der Luft schnell feucht wird und zerfließt. Hierzu gießt
man Regenwasser im Verhältniß von 2 : 7 und bringt die Mischung in einem eisernen
Kessel zum Kochen. Alsdann wird die Lösung filtrirt und durch Erkalten das nicht
reducirte schwefelsaure Kali abgesondert, indem solches sich an den Wänden in
Krystallen absetzt. Die auf solche Weise gereinigte Lauge wird sodann neuerdings zum
Kochen gebracht und nach und nach gestoßener Schwefel bis zur Sättigung, welche an
dem Aufwallen der Flüssigkeit und Bildung von Blasen an der Oberfläche zu erkennen
ist, zugefügt. Das Einfach-Schwefelkalium nimmt bis zur vollständigen
Sättigung noch 4 Atome Schwefel auf, muß jedoch alsdann sorgfältig vor dem Zutritt
der Luft bewahrt werden, da deren Sauerstoff zersetzend auf dasselbe einwirkt.
Um nun zur Fabrication des Zinnobers überzugehen, füllt man Flaschen mit je 10 Pfd.
Quecksilber, 2 Pfd. Schwefel und 4 1/2 Pfd. Schwefelkaliumlauge und bringt solche,
vorher mäßig erwärmt, in eine eigens dazu vorgerichtete Schaukel, deren Kasten mit
Strohpolster versehen ist und gewöhnlich zwei Flaschen faßt. Dieselbe wird bei der
Arbeit zur Vermehrung des Effects gegen ein Strohpolster gestoßen. Nach 1
1/2- bis 2stündigem Schaukeln erwärmen sich die Flaschen allmählich und die
Mischung nimmt eine grünlich-braune Farbe an. Nunmehr tritt eine Verbindung
des Quecksilbers mit dem Schwefel der gesättigten Schwefelkaliumlösung ein, während
diese sich wieder aus dem zugesetzten Schwefel ergänzt. Man thut wohl, um die
Mischung locker zu erhalten, die Flaschen von Zeit zu Zeit zu wenden. Nach ungefähr
3 1/2 Stunden wird das Quecksilber vollständig verbunden seyn; die Mischung hat eine
dunkelbraune Farbe angenommen und erkaltet nun nach und nach. Die ganze Operation
nimmt ca. 5 Stunden in Anspruch. Alsdann bringt man die Flaschen in ein Wärmzimmer,
in welchem die Temperatur auf 35 bis 40º R. gehalten werden muß. Hier färbt
sich die Mischung allmählich roth, und zwar gewöhnlich innerhalb 2 bis 3 Tagen,
während welcher Zeit dieselbe jedoch täglich drei bis vier Mal, tüchtig
aufgeschüttelt werden muß. Von wesentlichem Einfluß auf die Nüance der Farbe ist die
Wärme. Je kälter die Mischung in die Schaukel gebracht wird, um so heller wird auch
die Farbe des Fabricats. So wird z.B. heller Carminzinnober mit gelblichem Stich
dadurch dargestellt, daß man die Flaschen vor dem Stoßen im Winter eine Stunde lang
der frischen Luft aussetzt, im Sommer dagegen eine Stunde lang in Kübel mit kaltem
Wasser stellt.
Der in Flaschen fertige Zinnober ist nun noch von seinem überschüssigen Schwefel zu
befreien. Zu dem Ende setzt man vorher zu jeder Flasche ca. 1/2 Quart reines
Wasser zu und gießt die Mischung nach vorherigem tüchtigen Umschütteln auf ein
Filter. Die Lauge fließt alsdann klar ab, worauf der auf dem Filter zurückgebliebene
Zinnober in steinernen Töpfen mit Aetznatronlauge versetzt wird, damit der
überschüssige Schwefel aufgelöst werde. Später wird diese Lauge möglichst rein
abgegossen und der Zinnober bleibt zurück. Jedoch muß dieser noch oft mit Wasser
ausgewaschen und sodann auf ein Filter gebracht werden, wo er durch fortwährendes
Zusetzen von frischem Wasser von aller Lauge gänzlich befreit wird. Auf die
Auflösung des überschüssigen Schwefels und die Entfernung der Lauge ist die größte
Sorgfalt zu verwenden, denn lediglich von ersterer hängt die Feuerbeständigkeit und
von letzterer die Haltbarkeit der Farbe des Fabricats ab. Die Filtrirarbeit
erfordert durchschnittlich 2 bis 3 Tage. Nun ist der Zinnober noch zu trocknen; man
bringt ihn dazu direct vom Filter auf den Rost eines Trockenschrankes. Bei ganz
mäßiger Wärme trocknet er hier so weit ab, daß er in Stücke bricht und sich nicht
mehr feucht anfühlt. Jetzt auf eiserne Pfannen gelegt, wird er von Neuem in den
Trockenofen gebracht und mit einer 3 Fuß langen eisernen Krücke fortwährend
umgewendet. Die Hitze wird dabei auf ca. 50º R. gesteigert. Nimmt der
Zinnober durch die stärkere Hitze zeitweilig auch eine dunklere Färbung an, so ist
dieß doch ohne Nachtheil, während er andererseits durch scharfes Trocknen an
Feuerbeständigkeit bedeutend gewinnt. Das Trocknen, die letzte Manipulation dieser
Fabricationsmethode, nimmt ungefähr 5 Stunden in Anspruch.
Wie schon früher bemerkt, dürfte diese Darstellungsweise des Zinnobers, über welche
ich mir speciellere Mittheilungen vorbehalte, allen anderen Methoden den Rang
streitig machen, denn das erzielte Fabricat entspricht fürs erste allen
Anforderungen in Bezug auf Schönheit der Farbe und Haltbarkeit derselben im Feuer,
während bei den meisten anderen besonders letztere Eigenschaft, die
Feuerbeständigkeit, vermißt wird; zweitens calculirt sich dasselbe bei diesen
günstigen Resultaten auch noch bei weitem billiger, als der auf gewöhnlichem Wege
dargestellte Zinnober.