Titel: | Die Metalllegirung von Joh. Aich, ein schmiedbares Messing. |
Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XIV., S. 34 |
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XIV.
Die Metalllegirung von Joh. Aich, ein schmiedbares
Messing.
Aus Armengaud's Génie
industriel, März 1861, S. 126.
Aich's Metalllegirung.
Die Legirung, welche sich Hr. Aich am 26. Februar 1860 in Belgien patentiren ließ,
gewährt die Vortheile, daß sie sich im kalten wie im rothwarmen Zustande bearbeiten
läßt, daß sie sich schmieden läßt ohne ihre Cohäsion zu verlieren, und daß sie sich
leicht schmelzen läßt, um dann gehämmert, gewalzt und getrieben zu werden. Ein
anderer Vorzug der neuen Legirung ist, daß ihre Gestehungskosten geringer als
diejenigen des Messings sind, und viel niedriger als die des Kupfers, welche beide
Metalle sie beim Schiffsbau und für zahlreiche industrielle Zwecke mit Vortheil
ersetzen kann, weil sie eine größere Zähigkeit besitzt und sich weniger oxydirt.
Den größten Vortheil gewährt nach dem Erfinder eine Legirung, welche als
gleichförmiger Guß auf
60
Gewichtstheile
Kupfer,
38,2
„
Zink und
1,8
„
Eisen enthält;
diese Zusammensetzung hat man als Anhaltspunkt zu nehmen, wenn
man zur Darstellung der Legirung Metalle von verschiedener Reinheit anwendet.
Ueber das Aichmetall und Sterrometall,
zwei neue Metalllegirungen; von Oberst de Paradis.
Einem Vortrage, welchen der Verf. über diese beiden schätzbaren Legirungen am 16. November 1860 im
nieder-österreichischen Gewerbeverein gehalten hatVerhandlungen und Mittheilungen des nieder-österreichischen
Gewerbevereines, 1860 S. 254. Wien 1861., entnehmen wir Folgendes:
1) Ueber das Aichmetall.
Diese Legirung wurde von dem Techniker der k. k. Kriegsmarine Hrn. Johann Aich erfunden; er nahm auf das nach ihm benannte
Aichmetall ein ausschließliches Privilegium und übertrug die Verwerthung
desselben contractlich der unter der Firma Gebrüder Rosthorn bekannten Metallwaaren-Fabrik in Oed bei Wien.
Das Aichmetall (nicht zu verwechseln mit dem in England erfundenen und hierorts
häufig Neu-Messing genannten Muntz-Metall) hat an seiner Oberfläche eine um eine leichte
Schattirung dunklere Farbe als Messing, im Bruche ist es feinkörnig und erinnert
in feiner Textur an jene des ungehärteten Gußstahles; die Farbe des Bruches
unterscheidet sich wesentlich von jener der Oberfläche, sie ist fahl, ins
Röthliche spielend und hat Aehnlichkeit mit der Farbe am Bruche eines nicht
vollkommen gebrannten Ziegels. Die Oberfläche nimmt feine Politur und Glanz
an.
Die Dichte ist nach den Bestimmungen des Prof. Schrötter im ausgeglühten Zustande 8,37, im federharten Zustande
8,40.
Das Gewicht eines Kubikfußes ist also beziehungsweise 471,88 Wr. Pfund und 472,97
Wr. Pfd. oder in runden Zahlen 472 Pfd. und 473 Pfd., das eines Kubikzolles 8,74
Wr. Loth und 8,75 Wr. Loth oder nahezu 8 3/4 Wr. Loth.
In Bezug auf Dehnbarkeit, und zwar sowohl unter dem Hammer als der Walze oder im
Drahtzug mögen folgende Angaben genügen:
Im rothwarmen Zustande gestattet es jede mechanische Bearbeitung, es schmiedet
sich leichter als Eisen und wenigstens so leicht wie Kupfer. Als Beispiel seiner
außerordentlichen Dehnbarkeit kann angeführt werden, daß eine Gußtafel von 9
Linien Dicke nach Einem Durchgange unter der Walze auf Laminen von 3 Linien
gestreckt wird, wo durch eine einzige solche Operation ihre ursprüngliche Länge
um 200 Proc. vermehrt wird.
Als nothwendige Vorsicht hiebei muß bemerkt werden, daß bei dieser Bearbeitung
die Kirschrothhitze strenge eingehalten werden müsse, denn eine Uebertreibung,
z.B. bis zur orangegelben Farbe, schadet der Cohäsion.
Im kalten Zustande bearbeitet ist es zwar steifer als Messing, besitzt aber eben
so viel Dehnbarkeit, wie die aus ihm erzeugten feinen Bleche und Drähte
beweisen. Diese Bearbeitung im kalten Zustande erhöht die Steife und Härte,
welche jedoch, wie beim Messing, durch Ausglühen nach Belieben wieder entfernt
werden kann.
Die Härte des Aichmetalles ist im gegossenen Zustande so wie nach der Bearbeitung
im rothglühenden Zustande größer als jene des Messings und der gewöhnlichen
Bronze; durch Bearbeitung im kalten Zustande kann die Härte aber bis zu einer
Höhe von 80 Proc. der bei ungehärtetem Gußstahl bekannten Härte gebracht
werden.
Ueber die elektrische Leitungsfähigkeit des Aichmetalles wurden Versuche in dem
Etablissement der HHrn. Siemens und Halske in Wien gemacht; die Resultate waren
folgende:
Die elektrische Leitungsfähigkeit des ausgeglühten Drahtes von Aichmetall verhält
sich zu dem Drahte aus steirischem Eisen (wobei der Widerstand des letzteren als
Einheit angenommen ist) wie 0,654: 1; zu russischem Kupfer wie 3,432: 1. Der
Widerstand des hartgezogenen Aichmetalldrahtes ergab sich größer als jener des
ausgeglühten weichen Drahtes, und zwar im Verhältniß von 1: 0,921. Beim
Vergleiche findet man also, daß Aichmetall dem Kupfer an elektrischer
Leitungsfähigkeit nachsteht, das Eisen aber bedeutend übertrifft.
Wir kommen jetzt zu jener Eigenschaft des Aichmetetalles, welche entschieden als
seine bei Weitem wichtigste betrachtet werden muß: nämlich der Festigkeit. Die in dieser Hinsicht gemachten Versuche
betreffen die absolute Festigkeit und den Widerstand sowohl gegen die Torsion
als auch jenen, welchen aus Aichmetall durch Bearbeitung im kalten Zustande
erzeugte Röhren einem inneren Drucke entgegenzusetzen im Stande sind.
Die absolute Festigkeit wurde durch Zerreiß-Versuche sowohl im k. k.
polytechnischen Institute als auch im k. k. Arsenal zu Wien erprobt, und
erreicht im ausgeglühten Zustande im Mittel die Höhe von 550 Wiener Centnern per Wiener Quadratzoll; durch mäßige Bearbeitung im
kalten Zustande, z.B. mittelst Hämmern, Walzen, Ziehen, kann seine absolute
Festigkeit leicht auf 800 bis 900 Wiener Centner per
Quadratzoll gebracht werden. Durch Ausglühen sinkt dieselbe wieder bis zu dem erwähnten Minimum von
550 Ctr. herab.
Als Vergleich hierbei möge dienen, daß aus ähnlichen mit derselben Vorrichtung
gemachten Zerreiß-Versuchen sich für
geschmiedetes Kupfer
nur
220
Centner,
„ „
beste Sorte
260
„
Geschützbronze
285
„
„
beste Sorte
330
„
gutes Schmiedeeisen
495
„
Armstrong-Kanoneneisen
596
„
per Wiener Quadratzoll als Maaß der beziehungsweisen
absoluten Festigkeit ergeben, welche Zahlen genügen dürften, um den
ungewöhnlichen Festigkeitsgrad des Aichmetalls, welcher bis jetzt nur beim
Gußstahle übertroffen wird, klar vor Augen zu stellen.
Die hohe Torsionsfestigkeit beweist der Umstand, daß eine 4 1/2 Zoll lange, 6
Linien breite und 4 Linien dicke Stange um 1 1/4 Umdrehung oder 450°
gewunden werden konnte, ohne die geringsten Kantenrisse zu zeigen. Ueber den
Widerstand von Aichmetall-Röhren gegen inneren Druck geben die später zu
erwähnenden Sprengversuche Aufschluß.
Die bedeutendste Masse der bisher aus Aichmetall erzeugten Gegenstände bildeten
Vieche für den Schiffbeschlag sowohl für die k.
k. Kriegsmarine, als auch für Privatrheder des In- und Auslandes.
Die zur Befestigung der Schiffe nothwendigen Stifte (Spiker) wurden aus diesem Metalle verfertigt, und zwar aus Draht auf
kaltem Wege. Sie zeichnen sich durch Steifheit und Festigkeit aus.
Eine weitere Verwendung des Aichmetalles bei dem Schiffsbau bilden Bolzen in allen Dimensionen bis zu 22 Fuß Länge und 2
1/2 Zoll Dicke, welche sämmtlich in früherer Zeit aus Eisen, später aus Kupfer
und endlich aus Muntz-Metall gemacht worden waren.
Indem nun in allen jenen Theilen des Schiffskörpers, welcher mehr oder weniger
der Wirkung des Seewassers ausgesetzt ist, die Anwendung des Eisens möglichst
vermieden, und wie gesagt durch Muntzmetall und Kupfer ersetzt werden muß, so
eröffnet sich hier dem Aichmetall eine ausgebreitete Anwendung, die um so
weniger bezweifelt werden kann, als das Muntzmetall feiner geringeren
Festigkeit, das Kupfer aber sowohl wegen seiner geringeren Festigkeit als seines
bedeutend höheren Preises halber die Concurrenz mit dem Aichmetalle auf keine
Weise auszuhalten vermögen, wozu noch der Umstand kommt, daß, abgesehen von dem
an und für sich schon billigen Preise des Aichmetalls, auch noch die Gegenstände
der großen Festigkeit desselben willen von bedeutend geringeren Dimensionen und
sogar bis zur Hälfte
des Gewichtes leichter gemacht werden können, und noch immer wenigstens dasselbe
wie jene aus Kupfer oder Muntz zu leisten vermögen.
Einen interessanten Beleg für die Brauchbarkeit des Aichmetalles im Schiffsbau
können folgende in der erwähnten Oeder Metallwarenfabrik von Joseph v. Rosthorn gemachten Versuche mit 18 Zoll langen
Schrauben geben, welche letztere 2 1/4 Zoll dick und unter dem Kopfe mit einem
Conus versehen waren. Jede zehnte dieser Schrauben wurde vor der Ablieferung in
folgender Weise erprobt:
Zuerst wurden sie im kalten Zustande unter einem Winkel von 12° gebogen
und kalt wieder gerade gerichtet, hierauf wurde mit einem halbzölligen Bohrer in
hartes, festes Eichenholz ein 3 Zoll tiefes Loch vorgebohrt, um dem Gewinde
einen Angriff zu verschaffen, die Schraube mußte sich ihren eigenen Weg selbst
bahnen und sich sammt ihrem 2 1/2 Zoll im Durchmesser messenden Conus bis zum
Kopf ins Holz einsenken, ohne daß hierbei eine einzige Schraube litt. In Folge
der besprochenen Leistungen und nach eingehender Prüfung derselben haben Se. k.
k. Hoheit der durchlauchtigste Hr. Erzherzog und Marine-Obercommandant
mit gewohntem Scharfblick die große Brauchbarkeit des Aichmetalles für die
Marine erkannt und anzubefehlen geruht, daß die ausgebreiteste Anwendung
desselben, namentlich für den Schiffsbau als Ersatzmittel für Kupfer und
Muntzmetall, fernerhin gemacht werden soll.
Mit Holzschrauben sind in der Fabrik des Hrn. Brevillier zu Neunkirchen Versuche gemacht worden;
die Köpfe an der größeren Gattung sind im rothwarmen, bei den kleineren
Gattungen im kalten Zustande gepreßt. Die Vortheile bestehen für den Erzeuger in
einigen Fabrications-Erleichterungen, folglich geringeren
Erzeugungskosten, für den Consumenten im Vorzuge der Festigkeit.
Ferner wurden bereits Locomotiv-Kolbenringe aus Aichmetall gefertigt und
äußerst elastisch gefunden; jedoch ist die Zeit ihrer Verwendung noch zu kurz,
um ein endgiltiges Resultat zu schöpfen.
2) Ueber das
Sterrometall.
Das Sterrometall ist in seinem Ansehen und sonstigen Eigenschaften dem Aichmetall
sehr ähnlich; das wesentliche Merkmal, durch welches sich dasselbe vom
Aichmetall unterscheidet, und dem es auch seinen Namen verdankt, besteht in
einem bedeutend höheren Grade von Härte, welche auf dem vom k. k. Hauptmann Uchatius construirten Apparate gemessen wurde, und im
ausgeglühten Zustande schon 60 Proc., im gehärteten Zustande aber 93 Proc. der
Härte des ungehärteten Gußstahles beträgt; während auf demselben Apparate die Härte der
gewöhnlichen Geschützbronze nur durch 52 Proc. und jene des besten
Geschützgußeisens nur durch 60 Proc. bezeichnet wird.
Das Verhalten des Sterrometalls bei der Bearbeitung sowohl im rothwarmen als im
kalten Zustande ist ganz dem analog, was vom Aichmetall gesagt wurde. Seine
absolute Festigkeit im ausgeglühten Zustande ist nur unbedeutend verschieden vom
Aichmetall gefunden worden; durch Bearbeitung im kalten Zustande nimmt sie wie
bei diesem, nur wie es scheint in etwas geringerem Verhältniß zu, übrigens sind
die Grenzen, bis zu welchen die Erhöhung der absoluten Festigkeit bei diesen
beiden Metallen durch Bearbeitung im kalten Zustande mit Nutzen getrieben werden
könne, noch nicht mit Sicherheit ermittelt.
3) Das Aichmetall im Vergleich mit
dem Sterrometall.
Die ungemeine Festigkeit dieser beiden, im kalten Zustande bearbeiteten Metalle,
besonders aber des Aichmetalls, brachten Hrn. Joseph v. Rosthorn auf den Gedanken, Röhren, welche einen bedeutenden Druck von
innen auszuhalten haben, mittelst einer eigenthümlichen Manipulation zu erzeugen
und deren Widerstand zu prüfen. Da nun diese Prüfung auf dreierlei Art
vorgenommen werden konnte, nämlich durch Einpressen incompressibler Flüssigkeit,
wie z.B. Wasser durch eine hydraulische Presse- oder durch Erzeugung
hochgespannter Dämpfe, wie dieß in Dampfkesseln geschieht – oder endlich
durch Verpuffung von Schießpulver, wie bei allen Arten von Feuerwaffen, so wurde
diese letztere Methode gewählt, als jene, bei welcher mit Leichtigkeit der
größte und wegen seines plötzlichen Auftretens schädlichste Druck gegen die
Wände erzielt werden konnte, überzeugt, daß Röhren, welche einer, überdieß noch
forcirten Action der Pulvergase Widerstand leisten, ganz sicher auch allen
sonstigen, ihnen in den technischen Gewerben möglicher Weise aufzuerlegenden
Festigkeitsbedingungen zu entsprechen fähig seyn werden.
Diese Versuche waren vergleichende und wurden mit Röhren aus verschiedenen
Metallen, nämlich aus Kanonenbronze gewöhnlicher und aus solcher ausgezeichneter
Gattung, aus Schmiedeeisen bester Sorte, aus Steno- und aus Aichmetall
gemacht. – Die Röhren hatten 8''' Bohrung und 2 Linien an Metallstärke,
ihre Länge betrug 7'', die Ladung bestand aus 7 Gram. Pulver, einem leichten
Filzstoppel und einem schmiedeeisernen Cylinder von bestimmtem Gewichte, welches
bei jeder einzelnen Röhre bis zum Zerspringen für jeden nachfolgenden Schuß um
ein gleiches Quantum (21 Gram.) erhöht wurde. Als Resultat stellte sich heraus,
daß die Gewichte, bei
welchen die Röhren sprangen, in folgendem Verhältnisse zu einander standen:
gewöhnliche Bronze
10,
Bronze bester Qualität
13,
Sterrometall
24
im
Mittel,
Schmiedeeisen bester Qualität
28
„
„
während Aichmetall selbst bei 52, d.h. dem Fünffachen des
gefundenen Gewichtes für Bronze und beinahe dem Doppelten des Gewichtes für
gutes Schmiedeeisen noch nicht zum Springen gebracht werden konnte. Der Versuch
in Bezug auf Aichmetall ist also noch nicht beendet und muß noch fortgesetzt
werden, und ich behalte mit vor, über das Endresultat seiner Zeit zu
berichten.
Wenn man nun alles bisher Gesagte in Kürze zusammenfaßt, so dürfte sich klar
herausstellen, daß Aich- und Sterrometall im Vergleich zu allen bisher
verwendeten Materialien bedeutende Vorzüge für sich haben, und daß ferner das
Sterro seiner größeren Härte und folglich geringeren Abnützung durch Reibung
wegen, in allen jenen Fällen den Vorzug selbst vor dem Aich verdient, wo es sich
um Gegenstände handelt, für welche die oben angegebene Festigkeit im gegossenen
oder warm bearbeiteten Zustande genügt, daß aber für alle Gegenstände, die eine
sehr hohe Festigkeit bedingen, das Aichmetall nicht nur dem Sterro, sondern
allen übrigen bisher verwendeten Metallen, mit einziger Ausnahme des Gußstahles,
bei Weitem vorzuziehen sey, und daß beide, Aich- und Sterrometall, den
Vortheil bieten, wohlfeiler als Bronze und Kupfer zu stehen.