Titel: | Ueber Chaudron's Verbesserung der Kind'schen Cuvelirungsmethode; von A. T. Ponson. |
Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. VI., S. 11 |
Download: | XML |
VI.
Ueber Chaudron's Verbesserung der Kind'schen Cuvelirungsmethode; von
A. T.
Ponson.
Aus dem Journal des mines, 1861, Nr. 9, durch die
berg- und hüttenmännische Zeitung, 1861, Nr. 13.
Ponson, über Chaudron's Verbesserung der Kind'schen
Cuvelirungsmethode.
Vor ungefähr 12 Jahren nahm der berühmte Bohringenieur Kind in Frankreich, Belgien und Preußen ein Patent 1) auf das Abbohren von
Schächten großen Querschnittes und 2) auf die Cuvelirung derselben.
Der erste Versuch mit diesem Verfahren wurde zu Schönecken bei Forbach im Departement
der Mosel, der zweite bei Rotthausen nördlich von Essen angestellt. Hierbei glückte
das Abbohren der Schächte, wozu ein besonders construirter, 3,5 Meter breiter Bohrer
verwendet wurde, vollkommen, auch werde ich hierüber nicht weiter sprechen, da ich
dieses Verfahren speciell in meinem Traité
d'Exploitation des Mines de houille, t. I p. 324 und 450 auseinandergesetzt
habe;Daraus wurde es im Jahrgang 1855 des polytechn. Journals, Bd. CXXXVI S. 326 mitgetheilt.
Seitdem hat aber Kind sein Bohrverfahren vielfach verbessert; man f. Beer's Beschreibung der Einrichtung des neueren
Kind'schen Bohrapparates im polytechn.
Journal Bd. CXLIX S. 323.A. d. Red. auf die Cuvelirungsmethode jedoch, womit Hr. Kind
minder glücklich war, will ich näher eingehen, um die Wichtigkeit der Chaudron'schen Verbesserung besser ins Licht zu
setzen.
Kind will nach der Specification seines Patentes hölzerne
oder gußeiserne Verrohrungen anwenden, wovon erstere aus durch eiserne Ringe
gebundenen und aus eigenen Dauben gefertigten cylindrischen Fässern ohne Böden,
welche mittelst 0,3 Meter hoher blechener Ringe untereinander verbunden werden
sollten, letztere aus gußeisernen, mit Flantschen untereinander verbundenen
Cylindersegmenten bestehen sollten. Zwischen der Borlochswand und der Auskleidung
sollte ein, später mit hydraulischem Cement auszugießender, freier Raum von 25 bis 30
Centimetern Weite bleiben.
Der unterste Ring einer solchen Verrohrung wurde stets von Eisen genommen, und bekam
am unteren Ende einen äußeren, auf einen Holzkranz aufgeschraubten Rand, wurde auch
mit einer dicken Schicht Beton umgeben, welche durch eine aus dünnen Bretchen mit
auf die Fugen genagelter Leinwand gebildete Hülle festgehalten wurde. Der darüber
befindliche Ring, welcher, wie die übrige Cuvelirung, von Holz oder Eisen seyn kann,
ist soviel weiter, daß er nach Art der Rohrstücke eines Teleskopes über dem
untersten Ringe verschoben werden kann. Die inneren Ränder dieser beiden Stücke sind
mit vier Vorsprüngen versehen, durch welche vier, den untersten Ring tragende,
Zugstangen hindurchgehen. Dieselben dienen dann, wenn der unterste Ring zum
Aufstehen gekommen ist, zur Führung für das äußerlich darüber hinabgleitende nächst
obere Stück der Cuvelirung, welches in einer gewissen Höhe mit einer soliden Bühne
geschlossen ist. In letzterer befindet sich in der Mitte ein Loch, welches mittelst
eines Kolbens, eines Ventiles und einer Zugstange beliebig geöffnet werden kann, so
daß hierdurch das Uebertreten von Wasser und die Geschwindigkeit der Versenkung der
Verrohrung beliebig regulirt wird.
Der Gang des Apparates ist nun folgender: Man hängt zuerst die beschriebenen beiden
unteren Ringe und setzt einen dritten Ring auf, wenn der oberste Rand an der
Hängebank befindlich ist, hängt die verbundenen drei Ringe wieder um soviel und
befestigt den vierten Ring und sofort, bis der unterste Ring auf das Kohlengebirge
aufstößt. Hierauf senkt sich der obere Theil der Cuvelirung immer noch weiter und
drückt die Betonlage außerhalb des untersten Ringes zusammen, wodurch nach Kind's Plane eine undurchdringliche Abdichtung am festen
Gestein hergestellt werden sollte. Letztere Hoffnung konnte sich indessen nicht
realisiren, da das Versenken der Cuvelirung mehrere Wochen dauert, während welcher
Zeit der Beton entweder ausgewaschen wird und nicht mehr bindet, oder so fest wird,
daß er alle Fügsamkeit verliert. Daher gelang diese Abdichtung weder in Schönecken,
noch in Rotthausen, wie bereits erwähnt wurde, wozu noch der Umstand mit beigetragen
haben wird, daß diese Verrohrungen von Holz waren, welches im Wasser zu viel an
Gewicht verliert, um noch einen bedeutenden Druck auszuüben.
Chaudron's Verbesserung besteht in der Anwendung von Moos
statt des hydraulischen Mörtels und in der Vermehrung des Druckes durch Anwendung
einer gußeisernen Verrohrung, welche zwar auch von Kind
mit in sein Patent aufgenommen, aber nicht benutzt worden war.
Diese verbesserte Methode ist zu Péronnes bei Binche im Hennegau bei einem
Wetterausziehschachte in Anwendung gekommen, welcher circa 30 Meter von dem Förderschachte Sainte-Marie entfernt ist und
mittelst Bohrers im Kreidegebirge bis zu 105 Metern Teufe hergestellt wurde, bei 2
Metern über dem Kohlengebirge in Tourtia ansteht und aufwärts bis zu 43 Metern unter
der Hängebank mit gußeisernen Tubbings verwahrt ist. Die Tubbings bestehen aus 2
Meter hohen, im Innern 1,94 Meter weiten, in einem Stück gegossenen Cylinderringen,
welche mit Flantschen und 25 Stück Schrauben untereinander verbunden und auf den
Fugen mit 3 Centim. starken Bleiblechen gedichtet sind. Das Moos ist in der
sogenannten Moosbüchse (boîte à mousse)
zwischen der Bohrlochswand und dem unteren Ringstücke eingeschlossen und mit einem
Netze (filet) umgeben; seine Zusammendrückung wird
dadurch erleichtert, daß in die Winkel der Moosbüchse, am Boden und gegen das nächst
obere Ringstück hin, schiefgebogene Bleche eingelegt sind.
Das untere Ringstück ist an dem nächst oberen durch vier Zugstangen aufgehangen, wie
oben beschrieben worden ist, so daß während der Zeit des Hinablassens der Tubbings
das Moos nicht comprimirt wird. An Stelle der hölzernen Bühne bei Kind ist eine aus zwei concaven Stücken gebildete, im
Mittel mit einer Oeffnung versehene Scheibe angewendet, auf deren Oeffnung immer
soviel Rohre aufgesetzt werden, als die Cuvelirung hoch ist. Letztere dienen zum
Hängen derselben und zum Austrittt verdrängten Wassers.
Der Vorgang ist ganz der nämliche, wie der oben beschriebene. Wenn das unterste
Ringstück zum Aufsitzen gekommen ist, so sinkt der übrige Theil der Verrohrung nach
Innen hinab und preßt also das Moos durch sein Gewicht so fest zusammen, daß alle
Unebenheiten und Klüftchen des Gesteines ausgeglichen werden und ein ganz dichter
Anschluß hergestellt wird.
Zu Péronnes wurde das Moos um 14/15 seines ursprünglichen Volumens
zusammengepreßt, indem die dazu angewendeten 45 Hektoliter Moos erst durch Stampfen
in der Moosbüchse auf 15 Hektoliter, dann aber im Schachte gar bis auf 3 Hektoliter
zusammengedrückt wurden.
Nun erst beschäftigte man sich mit der Ausgießung des Zwischenraumes zwischen der
Schachtwandung und der Verwahrung mit Beton, wozu man sich nach Kind's Vorgange eines blechernen, ringförmigen und bequem
in diesen Zwischenraum gehenden Gefäßes ohne Boden und Deckel bediente, in welchem
der Beton auf einem Siebboden lag. Ein gußeiserner, hineinpassender Ring, welcher an
einer Stange steckt, dient zum Ausstoßen des Betons und zum Feststampfen desselben,
wenn dieses Gefäß bis an den Ort der Bestimmung hinabgelassen ist.
Da die Verwahrung zu Péronnes bis jetzt sich ganz dicht erwiesen hat, so
scheint durch die Verwendung von Moos statt des Betons das Kind'sche Verfahren für die Praxis brauchbar geworden zu seyn, woran man
nach den oben citirten Erfahrungen zu zweifeln berechtigt war.