Titel: | Röhrenkessel mit beweglichem Feuerherd, von Laurens und Thomas, Ingenieure in Paris. |
Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. I., S. 1 |
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I.
Röhrenkessel mit beweglichem Feuerherd, von
Laurens und Thomas, Ingenieure in
Paris.
Aus Armengaud's Génie industriel, Januar 1861, S.
43.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Laurens' Röhrenkessel mit beweglichem Feuerherd.
Die Figuren
34–36 stellen dieses neue Feuerungssystem in seinen Hauptheilen dar. Es ist
dasselbe jedoch sehr zahlreicher Abänderungen je nach der beabsichtigten
specielleren Anwendung fähig.
Im Innern des Cylinders A, B, C, D – des
eigentlichen Dampfkessels – befindet sich der Verdampfapparat x, y, z, u, o bestehend aus dem die Feuerung
enthaltenden mittleren oder Hauptrohr x, y, z, u und der
Feuerröhre i. Diese umgeben das Hauptrohr und münden
einerseits in die hintere Kammer z, u, o andererseits in
die äußere Wand des an das Hauptrohr angenieteten Halsstückes v, t. Die ringförmige Gestalt dieses letzteren bietet die Möglichkeit dar,
die Fläche v, t durch radiale Erhöhungen oder Stäbe zu
verstärken und somit zum Ertragen der höchsten vorkommenden Druckwirkungen tauglich
zu machen. Bei Anwendung von geringem Druck ist das Halsstück v, t nur eine ebene oder schwach gewölbte Platte. Die Verbindung des
Verdampfapparates mit dem Kessel wird durch die Flantsche G mittelst Bolzen auf irgend eine der in solchen Fällen üblichen Arten
bewirkt.
An dem vorderen Ende des Verdampfapparates befindet sich die ringförmige Rauchkammer
x, y, welche mittelst Bolzen an der Vorderfläche m, v, t befestigt ist. Sie ist in der Zeichnung nicht
angegeben, nimmt aber den durch die Buchstaben m, n, v,
t begränzten Raum ein. Der Rost liegt in der Hauptröhre; die Flamme geht
von dort durch deren ganze Länge nach der hinteren Kammer z,
u, o, dann durch die Röhre i in die vordere
Kammer m, n, v, t, von wo sie in der Fig. 36 gezeichneten oder
in einer anderen Weise nach dem Kamin zieht, was sowohl nach Unten als nach Oben
geschehen kann.
Die vordere Oeffnung des Rohres x, y ist mit Thüren für
den Feuerherd und Aschenfall versehen.
Man ersieht hieraus, daß der Hauptkessel mit allen dazu gehörigen Apparaten und
Leitungen ein Ganzes für sich bildet, woraus der Verdampfapparat mit dem Feuerherd
leicht entfernt werden kann.
Der Eintritt des Speisewassers durch den Vorwärmer K, L
wird dadurch nicht behindert.
Es ist mithin derjenige Theil des Kessels, welcher am meisten der Abnutzung
unterliegt und am häufigsten der Reinigung und Reparaturen bedarf, beweglich, was
namentlich für den Röhrenapparat von großer Wichtigkeit ist. Fig. 35 zeigt den
herausgenommenen Verdampfapparat und die bloßgelegten Röhren, die mithin sehr leicht
zu reinigen sind.
Für große Dampfkessel können leicht mehrere Verdampfapparate nebeneinander oder
gegenüber, mit der Hinterfläche gegen einander gekehrt, in demselben Hauptkessel
angebracht werden, wenn man die Heizfläche vergrößern will, ohne das Gewicht des
beweglichen Theils zu sehr zu vermehren. In allen Fällen ist die Freiheit der Ausdehnung, welche den Heizflächen gegeben
ist, von dem größten Werthe für ihre Dauerhaftigkeit.
Das im Kessel befindliche Wasserquantum kann je nach dem Bedürfnisse der betreffenden
Verwendung beliebig vermehrt werden, ohne daß es erforderlich wäre, zugleich die
verdampfende Oberfläche im selben Verhältniß zu vergrößern.
Hiedurch kann eine den ganzen Verbrauch ausgleichende Wassermasse erhalten werden,
die nicht an der heftigen Siedebewegung Theil nimmt und mithin die Quantität des
mitgerissenen Wassers nicht vermehrt.
Ueberhaupt ist das System der beweglichen Feuerung ein solches, daß es der
zahlreichsten Abänderungen in der Ausführung fähig bleibt und sonach in den
verschiedensten Fällen Vortheil gewähren muß.
Diese Einrichtung gestattet die allgemeine Anwendung der Röhrenkessel, indem sie die
bisherigen, allgemein bekannten Uebelstände derselben beseitigt. Diese sind nämlich
hauptsächlich die Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Reinigung, wenn diese
überhaupt ausführbar ist, ferner die Unmöglichkeit der Anwendung von Kesselstein
lieferndem Wasser und endlich die Nothwendigkeit häufiger Reparaturen, die fern von
geeigneten Werkstätten nicht vorgenommen werden können. Dazu kann man noch die
Kostspieligkeit der gewöhnlichen Röhrenkessel rechnen, wenn ein den wechselnden
Dampfbedarf ausgleichendes Wasserquantum in Vorrath gehalten werden soll.
Bei dem neuen Kessel dagegen ist eine rasche und wirksame Reinigung leicht, woraus
eine längere Haltbarkeit und stets gleichbleibende Kohlenersparniß folgt; daher
steht auch der Anwendung von hartem Wasser kein Hinderniß entgegen. Sollten demnach
Reparaturen vorkommen, so ist der ganze Heizapparat ohne anderweitigen Aufenthalt
leicht und schnell aus dem Kessel entfernt; er kann dann nach einem entfernten Orte
zur Reparatur geschickt werden und ein einziger Reserveapparat sichert vor jeder
Betriebsunterbrechung. Die freie Ausdehnung aller erhitzten Theile trägt im
Gegensatze zu den gewöhnlich an beiden Enden festgekeilten Röhren anderer Kessel
nicht wenig dazu bei, die Zahl der vorkommenden Reparaturen, namentlich in Folge der
sonst leicht entstehenden Undichtheiten, zu vermindern.
Befinden sich in einer größeren Fabrik mehrere Kessel, so reicht dafür demnach
– bei gleichem Kaliber der Kessel – eine
Reservefeuerung zum Auswechseln einer etwa der Reparatur benöthigten hin. Die sonst
erforderlichen Reserve – Dampfkessel werden dadurch überflüssig. Wenn dieß
Princip festgehalten wird, für die verschiedenen Größen der Dampfkessel
gleichkalibrirte Feuerungen anzufertigen, so wird das Mittel geboten seyn, daß bei
vorkommenden Unfällen an verschiedenen Kesseln, namentlich Locomotiven, Seeschiffen
u. dgl. durch wenig zahlreiche, an bestimmten Orten befindliche Reserveherde
vielfachem Aufenthalte und Unglück vorgebeugt werden kann.
Was den Nutzeffect dieser Kessel betrifft, so kommt er demjenigen gleich, welchen bei
vorgenommenen Versuchen die besten Röhrenkessel ergaben. Der Nutzeffect kann aber
auch bei längerem Gebrauche wegen der stets leicht zu bewirkenden Reinhaltung der
Verdampfflächen auf gleicher Höhe erhalten werden.
Aus Allem diesem geht hervor, daß das neue System die größten Vortheile für alle
Anwendungen von Dampfgeneratoren bietet; es werden daher sowohl die Fabriken mit
stehenden Kesseln und Maschinen, als die Dampfschifffahrt und die Locomobilen großen
Nutzen daraus Ziehen. Namentlich dürfte durch Mitführung von Reserveherden oder
durch Aufstellung derselben für bestimmte Kaliber auf bestimmten Stationen die
Ursache so mannichfacher Aufenthalte der Dampfschiffe bei weiten Reisen wegfallen
und diese also mit weniger Kostenaufwand ausgeführt werden können.