Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. , S. 315 |
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Miscellen.
Miscellen.
Vergießen von Eisenstäben in Steinen.
Dieß geschieht jetzt fast stets mittelst Blei, wodurch eine natürliche galvanische
Kette entsteht, welche das Rosten des Eisens sehr befördert. Viel besser ist schon
die Anwendung von Schwefel, noch besser die von Zink,
wodurch das Eisen vor dem Rosten wesentlich geschützt wird, da es in dieser
galvanischen Combination die Rolle des weniger oxydirbaren Metalles übernimmt.
(Breslauer Gewerbeblatt, 1860, Nr. 16.)
Verbesserte Art des Löthens unter Vermittelung von Chlorzink;
von Fr. Scheefer in Mainz.
Es kommt beim Löthen mit Zinnloth unter Vermittelung von Chlorzink oft vor, daß die
Lösung des letzteren zu dünnflüssig ist, und sich deßhalb nicht in solcher Menge
auftragen läßt, wie man dieß wünscht. Um diese Lösung besser haften zu machen und
sie kleisterartig zu verdicken, kann man sich einfach eines kleinen Zusatzes von
gepulvertem Stärkmehl oder Kartoffelmehl bedienen, den man kalt unter dieselbe
rührt. Das Stärk- oder Kartoffelmehl verdickt sich nach einigen Minuten in
der starken Lösung des Chlorzinks ebenso, wie in kochendem Wasser, und bildet eine
Art Kleister, der sich jetzt in beliebiger Menge auftragen läßt. Beim Löthen hindert
dieser Zusatz, der sich verkohlt, nicht weiter, sondern läßt sich, wie das
Löthwasser, ohne diesen Zusatz abwaschen. Ich glaube hierdurch den Blecharbeitern
keine unwillkommene Mittheilung gemacht zu haben, (Allgem. deutscher Telegraph, 1860
S. 112.)
Ueber Nachweis des Phosphors bei Vergiftungen.
Gelegentlich häufiger Untersuchungen von Phosphor-Vergiftungen hat Scherer die Beobachtung gemacht (Annalen der Chemie und
Pharmacie, Bd. CXII S. 214), daß äußerst geringe Mengen Phosphor sehr einfach durch
die Reaction auf Silbersalz wahrgenommen werden können. Der Phosphor verdampft schon
bei gewöhnlicher Temperatur auch unter Flüssigkeiten; wenn daher in ein Gefäß über
eine Phosphor enthaltende Flüssigkeit ein mit salpetersaurem Silberoxyd getränkter
Papierstreifen gehängt wird, so schwärzt sich dieser, namentlich wenn ein wenig
erwärmt wird. Ist die Schwärzung so reichlich, daß sich mehrere Papierstreifen so
erhalten lassen, dann gelingt es auch durch die Behandlung derselben mit
Königswasser, den Phosphor als Phosphorsäure nachzuweisen. Um jedoch einen Irrthum
zu vermeiden, ist es nöthig, in eine Flüssigkeit, die organische Substanzen enthält
und deßhalb vor dem Versuche mit reiner Schwefelsäure versetzt ist, zuerst einen mit
alkalischer Nitroprussidnatriumlösung getränkten Papierstreifen einzuhängen, der
durch seine Violettfärbung die etwaige Anwesenheit des Schwefelwasserstoffs
anzeigt.
Dieses Verfahren gibt selbst da noch positive Resultate, wo das Mitscherlich's keinen Phosphor mehr anzeigt. Es hat der Verf. überhaupt
zweckmäßig gefunden, die sonst unübertreffliche Methode Mitscherlich's (polytechn. Journal Bd.
CXXXIX S. 286 dahin zu modificiren, daß die Destillation in einer
Atmosphäre von Kohlensäure geschieht, weil dadurch weniger Phosphor in phosphorige
Säure übergeht und man bei Anwesenheit äußerst geringer Mengen immer noch kleine
Phosphorkügelchen erhält.
Wenn durch längere Berührung mit der Luft der Phosphor schon in phosphorige Säure
übergegangen ist, so läßt sich auch diese nachweisen und bestimmen, wenn man die
betreffende Flüssigkeit mit Schwefelsäure und Zink destillirt und das entweichende
Gas in Silberlösung geleitet wird. Hier entsteht durch den mitgeführten
Phosphorwasserstoff schwarze Fällung, die, wie oben angegeben, oxydirt werden kann.
(Journal für praktische Chemie, Bd. LXXIX S. 255.)
Behandlung einer durch Phosphor entstandenen
Brandwunde.
Bei einer Explosion, welche im chemischen Laboratorium zu Stuttgart durch ein
Phosphorpräparat veranlaßt wurde, flog ein Stück brennenden Phosphors einem der
Arbeitenden auf die weichen Theile der Hand. Die dadurch veranlaßten furchtbaren
Schmerzen hörten fast gänzlich auf, als die Hand in starkes Bleiwasser (Goulard'sches Wasser) getaucht wurde, kehrten aber
sogleich wieder, als man dieselbe herauszog, und zwar noch nach achtstündigem
Verweilen darin – offenbar in Folge der bei Luftzutritt erfolgenden Oxydation
des Phosphors. Man tauchte daher nun die Hand in eine verdünnte Lösung von
Javellischer Lauge (unterchlorigsaurem Natron), um deren rasch oxydirende Kraft zu
benutzen, welcher man etwas Magnesia hinzugefügt hatte. Schmerz, Dampfentwickelung
und Phosphoreszenz verschwanden dadurch binnen 5 Minuten.
Statt der Javellischen Lauge würde man sich in ähnlichen Fällen wohl ohne Zweifel mit
demselben günstigen Erfolge des überall leicht zu habenden Chlorkalks, in Wasser
gelöst, bedienen können. (Württembergisches medicinisches Correspondenzblatt.)
Ueber Darstellung von Cyanbaryum und Ammoniakerzeugung
mittelst des Stickstoffs der Luft; von Margueritte und
de Sourdeval.
Wir haben in diesem Bande des polytechn. Journals S. 73 die von den genannten
Chemikern in den Comptes rendus in diesem Betreff
veröffentlichte Notiz mitgetheilt. Derselben fügen wir nach Moigno's Cosmos, vol. XVI p. 642, folgende Bemerkungen hinzu:
„Margueritte und de
Sourdeval haben gefunden, daß der Baryt den Stickstoff der Luft oder
der thierischen Stoffe viel leichter aufnimmt und viel leichter in
Cyanverbindung übergeht als Potasche und Soda. Diese Entdeckung ist für die
Fabrication des Berlinerblaues von Wichtigkeit, da ein Aequivalent Baryt
ungefähr siebenmal weniger kostet als ein Aequiv. Kali und außerdem der
Stickstoff der Luft benutzt werden kann. Daß der Baryt für die Cyanbildung
vortheilhafter ist, liegt darin, daß er nicht schmilzt, sondern porös bleibt,
während die Potasche schmelzbar ist und deßhalb nur oberflächlich in Cyankalium
übergeht, außerdem aber auch durch Verdampfung zu einem bedeutenden Verlust
Veranlassung gibt. Margueritte und de Sourdeval haben bisher aber hauptsächlich die
Aufgabe verfolgt, durch Vermittelung des Baryts aus dem Stickstoff der Luft
Ammoniak zu erzeugen. Ihr Verfahren ist im Wesentlichen Folgendes:
Ein Gemenge von kohlensaurem Baryt, Eisenfeile, Kohlentheerpech und Sägespänen
wird in einer thönernen Retorte anhaltend stark geglüht, wobei der kohlensaure
Baryt größtentheils in caustischen Baryt übergeht. Man leitet sodann durch die
poröse Masse langsam einen Strom von Luft, deren Sauerstoff man mittelst
vorhergehenden Hindurchleitens durch eine Säule glühender Kohlen in
Kohlenoxydgas verwandelt hat. Der Stickstoff der Luft tritt unter dem Einfluß
des Baryts mit dem Kohlenstoff zu Cyan zusammen und dieses bildet Cyanbaryum,
welches in beträchtlicher Menge entsteht. Man bringt die Masse nachher in einen
eisernen Cylinder, welcher zugleich zum Abschluß der Luft während des Erkaltens
und zur Behandlung der Masse mit Wasserdampf dient. Man leitet nämlich nachher
durch diesen Cylinder bei einer Temperatur unter 300° C. einen Strom von
Wasserdampf, wodurch der ganze in dem Cyanbaryum enthaltene Stickstoff in Form
von Ammoniak ausgetrieben wird. Der Baryt wird immer wieder aufs Neue
verwendet.“
Ueber das Vorkommen des Anilins in gewissen Schwämmen; von T.
L. Phipson.
Bekanntlich besitzen mehrere Schwämme, welche zur Gattung Boletus gehören, die merkwürdige Eigenschaft die Farbe zu verändern, wenn
man ihr Fleisch verletzt. Ihr farbloses inneres Gewebe nimmt in diesem Falle eine
lebhafte Färbung an, welche jedoch nur vorübergehend und nach den Arten verschieden
ist. Diese Erscheinung ist besonders auffallend bei dem Boletus
cyanescens und dem B. luridus, deren inneres
Fleisch, der Luft ausgesetzt, schön indigoblau wird.
Der in diesen Schwämmen im farblosen Zustand enthaltene Farbstoff ist im Alkohol
löslich, schwierig mit Wasser mischbar und verharzt sich an der Luft. Er besitzt die
Eigenschaften des Anilins und gibt mit den oxydirenden Agentien dieselben Färbungen
wie das Anilin und dessen Salze. (Comptes rendus, Juli
1860, Nr. 3.)
Stärkebereitung aus Mais.
In England hat seit dem Auftreten der Kartoffelkrankheit die Einfuhr von Mais,
besonders aus den Häfen des schwarzen und mittelländischen Meeres, sehr bedeutend
bis auf 1,800,000 Quarters (à 5 1/3 Scheffel)
zugenommen. Außer der Verwendung desselben direct als Mehl zum Brodbacken, wobei man
dasselbe indessen mit Weizenmehl versetzen muß, wird jetzt, so besonders in dem
großen Etablissement von Brown und Polson zu Paisley, eine sehr bedeutende Quantität Stärke daraus gewonnen.
Da der Mais nur wenig eigentliche Hülsenbestandtheile enthält, weicht seine
Bearbeitung etwas von der des Weizens ab. Man weicht die Körner nach einem
vorhergehenden gründlichen Abwaschen des anhaftenden Schmutzes längere Zeit in
Wasser ein, mahlt ihn alsdann in völlig aufgequelltem Zustande unter horizontalen
Mühlsteinen zu einem feinen Brei und läßt diesen, natürlich noch mit Wasser
verdünnt, durch flache, schwach geneigte Rinnen strömen, in denen sich die Stärke
absetzt, während die leichteren Kleber- und Faserstofftheile in große
Absatzbottiche fortgeführt werden. Nachdem das Wasser sich hier geklärt hat, wird es
abgelassen, der Absatz herausgenommen und getrocknet, worauf er als Futter zu
ziemlich hohen Preisen verkauft wird. Die abgesetzte Stärke wird durch wiederholtes
Aufschlämmen mit reinem Wasser gereinigt, durch Centrifugalmaschinen vom
überschüssigen Wasser befreit, alsdann an der Luft und in Trockenstuben getrocknet
und in Packete verpackt unter dem Namen „Brown
and
Polson
's Patent Corn flour“ in den Handel
gebracht, wo sie als Kraftmehl zu Suppen etc. Anwendung findet. Dr. H. Schwarz. (Breslauer
Gewerbeblatt, 1860, Nr. 15.)
Schiffspech aus Steinkohlentheer, nach Rives.
Bei dem hohen Preise des Holztheers hat man denselben zur Bereitung des Pechs durch
eine andere wohlfeilere Masse zu ersetzen gesucht, und es ist dieß Hrn. Rives mittelst einer aus Steinkohlentheer, Harz und Kalk
gebildeten Mischung gelungen. Um diese Mischung zu bereiten, unterwirft man den
Steinkohlentheer (Gastheer) einer gelinden Destillation, so daß 15 bis 20 Proc.
flüchtiges Oel daraus abgeschieden wird, und vermischt den Rückstand sodann mit 10
bis 12 Proc. Harz, so daß eine Masse von der angemessenen Consistenz erlangt wird.
Ferner bringt man Kalk hinzu, welcher zu einem unfühlbar feinen Pulver gelöscht
wurde und den man mittelst eines Siebes auf der Oberfläche der geschmolzenen Masse
vertheilt. Die Quantität des anzuwendenden Kalks ist 8 bis 10 Proc. Nachdem die
Stoffe durch Umrühren gut vermischt sind, gießt man die Masse in Fässer, in denen
sie alsbald erstarrt. Sie ist nun zu denselben Zwecken verwendbar, wie das
schwedische Schiffspech. (Armengaud's Génie industriel., Mai 1860, S. 243;
polytechnisches Centralblatt, 1860 S. 1132.)
Bereitung des Schwefeltheers (Benzasphalt oder Benzit).
Man erhält diesen Asphalt, wenn man gemeinen Schwefel in was immer für einer Form mit
Steinkohlentheer im gereinigten oder nicht gereinigten Zustande auf irgend eine Art
so lange schmilzt, bis die gehörige Verbindung erfolgt ist und die Masse den
gewünschten Grad von
Härte erreicht hat, welches man am besten durch Abkühlen kleinerer Proben finden
kann.
Das zweckentsprechende Verhältniß ist 2 Th. gemeiner Schwefel und 3 Th.
Steinkohlentheer in Syrupconsistenz sowohl in gereinigtem als auch in nicht
gereinigtem Zustande. Dieses neue Product, Schwefeltheer, kann entweder mit jeder
beliebigen Beimischung versetzt werden oder nicht. Es eignet sich als Schutzmittel
für alle möglichen Holz-, Eisen- und Steingegenstände, um sie für
immer vor Fäulniß, Rost und Verwitterung zu schützen. Es wird bei der praktischen
Anwendung durch gelindes Schmelzen in flüssigen Zustand versetzt und so auf die zu
schützenden Gegenstände aufgetragen; auch kann der Schwefeltheer, in
Schwefelkohlenstoff aufgelöst, auf kaltem Wege angewendet werden. (Die neuesten
Erfindungen, 1860, Nr. 24.)
Feuerfester Lack auf Zuckerformen, nach Becker und Kronig.
Man gibt 25 Pfd. gut gekochtes Leinöl in einen kupfernen Kessel, dazu 15 Pfd.
englischen oder russischen Steinkohlentheer, läßt es 8 Stunden lang kochen; nach
diesem ist der Kessel vom Feuer wegzunehmen, und 100 Pfd. Theerspiritus dazu zu
geben; das Ganze muß noch 4 Stunden zusammen kochen, kommt dann vom Feuer weg und
wird mit 3 Pfd. Terpenthin verdünnt.
Nachdem die blechernen Zuckerformen von Zunder und Rost sorgfältig gereinigt sind,
werden sie mit rohem Leinöl überwischt und gut gebacken. Der erste präparirte
Theeranstrich wird mit Flammenruß gemischt, damit eine dunkle schwarze Unterlage
erzielt wird; die anderen zwei Auflagen werden, wenn sie getrocknet sind,
geschliffen, und das letztenmal mit dem obigen Lack überzogen. Dadurch erhalten die
Formen eine große Haltbarkeit, so daß sie alle bestehenden lackirten Formen
übertreffen und man sie Jahre lang benutzen kann, ohne daß sie im mindesten im Lack
angegriffen werden. (Die neuesten Erfindungen, 1860, Nr. 24.)
Ueber Dschut (Jute) und Dschut-Garne.
Dschut, englisch Jute, kommt von dem bengalischen Wort chuti, botanisch Corchorus capsularis, Kohlmußpflanze, die in ganz
Ostindien, Ceylon und China wächst. Rumphius beschreibt
die Pflanze unter dem Namen Canja (gania), deutsch Hanf, weßhalb sie auch die Engländer und Amerikaner
Gunny, und die Säcke, welche in Ostindien daraus verfertigt werden und worin Reis,
Kaffee und andere Producte aus Ostindien kommen, Gunny
bags nennen.
O'Rorke gibt folgende sehr belehrende Nachricht über die
Benutzung des Dschut in Bengalen. Die Hauptplätze, wo man Dschut-Gewebe
verfertigt, sind Malda, Purnea, Natore, Bunghore, und Dacca in Bengalen, wo die
Handarbeit ungemein wohlfeil und der Dschutbau sehr verbreitet ist. Die größte Masse
wird von den Personen selbst gebaut, welche es verspinnen, verweben und gebrauchen.
Fast alle kleinen Bauern in Ostindien weben ihre Kleidung aus jenem Stoffe.
Im Nordwesten von Bengalen und an der ganzen Grenze sind die Frauen in Dschutstoffe
gekleidet. Auch gibt ihnen die Faser sonst noch Unterhalt, indem ein sehr großer
Handel mit Dschutzeugen, welche zur Verpackung dienen, getrieben wird. Ihre
Herstellung bildet die Hauptindustrie ganzer Provinzen. Alle Gegenden des unteren
Bengalens, alle Volksklassen beschäftigen sich damit und in jede Wohnung dringt sie
ein. Männer, Frauen und Kinder finden dadurch eine Beschäftigung. Arbeiter jeder Art
spinnen die Gunnyfaser mit der Spindel in ihren Neben – und Freistunden.
Hiervon sind jedoch die Muselmänner ausgenommen, welche lediglich Baumwolle
verarbeiten und sich auch nur in baumwollene Stoffe Neiden. Die indischen Wittwen,
nach der Aufhebung des Gebrauchs, nach welchem sie sich mit dem Körper ihres
verstorbenen Gatten verbrennen mußten, verachtet und verlassen in den Häusern, wo
sie kurz vorher noch als Herrinnen ein Wohlleben führten – denn die Sitte
will noch immer, daß sie sich verbrennen (Suttees werden) – müssen spinnen
und Gunny weben, um nicht zu verhungern, und die Gewebe werden dann fast so wohlfeil
verkauft, wie die rohe grobe Faser. – Die feineren Qualitäten der Dschutfaser
werden meist zur Ausfuhr gebracht. Die Blätter ißt man als Gemüse, und gehört die
Pflanze zur Familie der Tiliaceen. Bis vor etwa 25 Jahren kam Dschut im rohen
Zustande und trocken nur als Unterlage von Reis, Kaffee, Baumwolle etc. von
Ostindien nach England, um diesen Producten auf der Reise gegen Seebeschädigung
Schutz zu gewähren. Gerade zu jener Periode hatte die Flachsmaschinenspinnerei in
England einen großen Aufschwung genommen, während die Flachscultur in Europa in
demselben Maaße nicht fortgeschritten war. Dieß ließ bald einen fühlbaren Mangel an
Rohmaterial eintreten. Diesem zu begegnen, suchte man ein Surrogat und fand es im
Dschut, mit dessen Verspinnen dann im Jahre 1834 bis 1835 die ersten Versuche
gemacht wurden. Diese bewährten sich so außerordentlich, daß die Fabrication von
Dschut mit Riesenschritten vorwärts ging.
Schon im Jahre 1845 betrug die Einfuhr nach Schottland, dem Sitze der brittischen
Dschut-Industrie, über 8300 Tonnen (à 20
Centner engl.); der Preis war damals 7 Pfd. Sterl. 10 Shill. bis 42 Pfd. Sterl. per Tonne. Der Import steigerte sich aber durch den
ungeheuren Bedarf der Art, daß er, incl. einiger
ähnlichen vegetabilischen ostindischen Pflanzen, im Jahre
1857 27,025 Tonnen vom 1. Jan. bis
31. Oct.
1858 34,941
„
1859 45,504
„
betrug.
Der Hauptexporthafen war Calcutta und die Hauptimportplätze Liverpool und London.
Der jetzige Preis von rohem Dschut ist 12 bis 23 Pfd. Sterl. per Tonne von 20 Centnern nach Qualität.
Das aus Jute gewonnene Gespinnst ähnelt bekanntlich dem Hanfgarn oder Flachsgarn, ist
jedoch unvergleichlich billiger und wird in Großbritannien zur Fabrication von
Pack- und Sackleinen, Segeltuch, Hopfen- und Getreide-Säcken,
sowie zu Teppichen verwendet, da es sich sehr schön färben läßt.
Auch nach Deutschland sind in neuerer Zeit bei dem mehr und mehr sich fühlbar
machenden Mangel an Flachswerg bedeutende Quantitäten schottischer Dschut-
(Jute-) Garne importirt worden, weil der Preis dieser Garne, trotz dem
Eingangszoll von 2 Thlr. per 100 Pfd. Zollgewicht, der
ganz außer Verhältniß zum Werthe der Waare steht, dem Weber dennoch gute Rechnung
gibt. Letzterer würde noch wesentlich günstiger gestellt seyn, wäre nicht durch eine
Anomalie im Zolltarif das rohe Dschut-Gespinnst mit 2 Thlr. per 100 Pfd. (durchschnittlich circa 30 Proc.) belegt, während das fertige Fabricat (sofern nicht mehr
als 24 Kettfäden im preuß. Zoll laufen) nur mit 20 Sgr. per 100 Pfd. besteuert ist. Um in Frankreich eine Tarifermäßigung für
Dschut zu erzielen, hat eine Deputation schottischer Spinner und Kaufleute ganz vor
Kurzem eine Zusammenkunft mit Hrn. Milner Gibson,
Präsident des Boards of trade in England, gehabt. Man
sucht den Kaiser Napoleon dazu zu bewegen, den Zoll auf Dschutgarne, jetzt 75 bis
100 Proc., auf 20 Proc. zu ermäßigen, weil in Frankreich diese Industrie noch ganz
ruht und durch deren Einführung viel Flachsgarn zu feinerer Verwendung geschont
werden kann, das jetzt in Frankreich zu Sack- und Packleinen verarbeitet
wird.
Trotz der enormen Einfuhr nach Großbritannien beträgt diese doch kaum den vierten
Theil der Ernte in Ostindien, die in diesem Jahr sehr wenig ergiebig gewesen. Dieß
und der immer mehr wachsende Dschut-Bedarf in Europa hat die Preise des
Rohmaterials in den letzten Monaten schon bedeutend gesteigert. Die
Dschut-Garnpreise stellen sich gegenwärtig, nach Leipzig gelegt,
versteuert:
Jute-Werg oder Tow 30 bis 37 Pfennige per Zollpfund, je nach Stärke des Gespinnstes in 10 Nummern;
Jute-Line oder Longs 43 bis 58 Pfennige per Zollpfund in 9 Nummern,
und das Gewebe stellt sich je nach Qualität, von 17 bis 26
Pfennige per Berliner Elle für 32 Zoll englisch oder
12/10 Berliner Ellen breite Waare.
Diese wird in allen Breiten, vornehmlich von 32–72 Zoll breit, fabricirt, ist
egaler, als jedes Handgespinnst aus Flachsgarn, und zu allen gewöhnlichen Zwecken
von gleicher Brauchbarkeit.
In neuerer Zeit hat man, um den aus Jute gefertigten Packleinen eine noch größere
Dauerhaftigkeit zu verleihen, die Kette von Flachswerg-Garn und den Einschlag
von Jute genommen, auch fängt man schon an Flachs, Hanf und Jute gemischt zu
spinnen.
Außer Baumwolle kennen wir keinen Artikel, der in so kurzer Zeit einen so
riesenhaften Aufschwung genommen, und dennoch ist diese Industrie erst im Entstehen,
denn außer der größeren Anzahl in Schottland existirender Jute-Spinnereien
gibt es deren nur drei in Frankreich, während dem Verfasser keine einzige in
Deutschland bekannt ist.
Rohes Jute verliert beim Spinnen nur 5 bis 10 Procent, Flachs dagegen 20 bis 30
Procent, und der Anbau des Flachses dürfte sich dem Jute gegenüber kaum viel mehr
lohnen.
Für die Einführung und Vorbereitung des Jute-Garns als Webmaterial für
Packleinfabrication sind seitens eines Leipziger Hauses (Jurany und Präger), das mit schottischen
Spinnern eng liirt ist, die meisten und erfolgreichsten Anstrengungen gemacht
worden. (Deutsche Gewerbezeitung.)
Verwendung unvollkommen ausgebildeter Seidenraupen zu
Angelschnüren.
Schon seit längerer Zeit ist ein Verfahren in Anwendung, um aus den Spinngefäßen der
Seidenraupen eine ganz vortreffliche Sorte von Angelschnüren darzustellen. Die
außerordentliche Festigkeit dieser Fäden, sowie die vollständige Durchscheinenheit
derselben, welche sie im Wasser kaum erkennen läßt, machen sie zum besten Mittel, um
die Verbindung des Angelhakens mit der Leine zu bewerkstelligen. Ist der Haken
selbst durch den Köder gut bedeckt, so wird es für den Fisch fast unmöglich, den
Angelapparat zu erkennen. Man erhält diese Fäden, indem man abgestorbene oder
schlecht ausgebildete Seidenraupen, natürlich kurz vor dem Einspinnen, einige
Stunden in starkem Essig weichen läßt, und alsdann mit Daum- und Zeigefinger
jeder Hand in der Mitte des Körpers faßt und langsam auseinander zieht. Der Inhalt
der Spinngefäße bildet so einen Faden, den man über ein Bret ausspannt und trocknen
läßt. Eine jede Seidenraupe verwerthet sich so auf etwa 6 Pf., während jetzt die
abgestorbenen Raupen auf den Mist wandern und die gedachten Angelschnüre aus Spanien
und dem Orient bezogen werden. (Breslauer Gewerbeblatt, 1860, Nr. 15.)
Bereitung eines kaltflüssigen Baumwachses.
J. Deuringer schreibt darüber in der Monatsschrift über
Pomologie: „Anfangs wollte mir die Darstellung nicht gelingen, weil ich
das beste weiße Fichtenharz nahm. Jetzt nehme ich gelbes, fettes und weiches
Brauer- oder Faßpech, und auf 5 Gewichtstheile desselben 1 Gewichtstheil
von mindestens 85procentigem Weingeist. Das Pech muß auf einem warmen Ofen oder
über Kohlen sehr langsam nur so weit erwärmt werden, daß es gut fließt, worauf
unter fleißigem Umrühren der Weingeist langsam zugegossen wird. Bei schnellem
Zugießen erstarrt das Pech und es erfolgt unvollkommene Lösung. Nach der
Bereitung muß das flüssige Baumwachs sofort in Glasflaschen verschlossen
werden.“
Obst mit Zeichnungen.
Seit Kurzem wird in Wien in Obsthandlungen als Rarität Obst mit Zeichnungen verkauft,
das zu hohen Preisen aus dem Auslande eingeführt wird. Das Verfahren, Obst mit
Zeichnungen, Wappen, Buchstaben, Worten etc. zu versehen, ist aber sehr einfach und
dürfte auch anderwärts manchem Gärtner gute Einnahme gewähren. Es werden besonders
schöne Früchte zur Zeit, wenn sich dieselben färben, mit den in Papier fein
ausgeschnittenen Buchstaben oder Zeichnungen beklebt. Wenn nun nach einiger Zeit das
schützende Papier von der Oberfläche des Obstes, z.B. der Pfirsiche, des Apfels, der
Birne oder Pflaume, herabgenommen wird, erscheint die bedeckt gewesene Stelle in
lebhaftem Weiß. (Agron. Ztg.)