Titel: | Einfluß des Transportes auf das Fleisch der Schlachtthiere. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XCVI., S. 392 |
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XCVI.
Einfluß des Transportes auf das Fleisch der
Schlachtthiere.Aus der Wochenschrift
für Thierheilkunde und Viehzucht, Jahrgang 1860, Nr. 1–3;
im Auszuge.
Ueber den Einfluß des Transportes auf das Fleisch der
Schlachtviehes.
Es ist eine schon längst bekannte Thatsache, daß das Fleisch der unmittelbar nach
andauernden oder raschen Märschen geschlachteten Thiere das schöne Aussehen nicht
bietet, wie von jenen die vor dem Schlachten gehörig geruht haben, und es besteht
daher als Regel, vom Transport ermüdete oder erhitzte Schlachtthiere wenigstens 24
Stunden ausruhen zu lassen; daß jedoch in Folge des Transportes der Schlachtthiere,
namentlich beim Rind und Schwein, einzelne Muskelpartien eine rasche Entartung
erleiden können und dann ungenießbar werden, ist eine neuere, von dem städtischen
Thierarzte Adam in den Schlachthäusern der Stadt Augsburg
gemachte Beobachtung. Hauptsächlich sind es einige gemeinschaftliche Muskeln der
vordern Gliedmaßen, welche in Folge sehr rasch verlaufender Entzündung entarten, und die von
Dr. Agatz in Augsburg
angestellten mikroskopischen Untersuchungen haben dargethan, daß die normale
Beschaffenheit der Muskelfasern (die fibrilläre und quergestreifte Textur) zu Grunde
gegangen ist. Außerdem finden sich gleichzeitig, besonders beim Rindvieh, an den
betreffenden Stellen seröse Ausschwitzungen in das Zellgewebe (sogenannte
Versulzung) öfters von größerer Ausbreitung, die dem Fleische ein unappetitliches
Aussehen geben. Wenn solche Thiere noch länger am Leben bleiben, wird das flüssige
Exsudat zwar wieder aufgesaugt, allein die entarteten Muskelpartien regeneriren sich
nicht mehr, es bleibt vielmehr ein faseriges, mit mehrfachen Höhlungen durchsetztes
Gewebe, von mattweißlicher oder graugelblicher Farbe zurück.
Als Ursachen dieser Muskelerkrankung werden beim Rind
starke Zerrungen oder Anstrengung der betreffenden Muskeln und zwar insbesondere
starkes Laufen im Anfange des Transportes, Aufspringen auf andere Thiere,
ungeschickte Bewegungen überhaupt u.s.w. bezeichnet. Vornehmlich wird aber das
Leiden bei jungen, nie zur Arbeit verwendeten sogenannten Stallochsen, die auch
während der Mast nie Bewegung hatten, mithin durch viele Ruhe und reichliches Futter
verweichlicht sind, beobachtet, während ältere, vor Einstellung zur Mast durch
Arbeit abgehärtete Ochsen viel seltener und in geringeren Graden befallen werden.
Beim Schlachtvieh, welches mittelst der Eisenbahn transportirt worden ist, kommt
diese Muskelerkrankung in der Regel nicht vor.
Bei Schweinen wurden solche Veränderungen der
Muskelsubstanz gleichfalls öfters beobachtet, doch waren es hier vorzugsweise einige
gemeinschaftliche Muskeln der hintern Gliedmaßen und zwar die tieferen, zunächst dem
Backbein gelagerten. Diese Muskelerkrankung ist hier nur an solchen Schweinen
beobachtet worden, welche im gebundenen Zustande auf der Achse längere Zeit
transportirt wurden. Durch das Zusammenknebeln der vier Füße auf einen Punkt wird
Anlaß zu heftigen Anstrengungen der Thiere, die sich ihrer Fessel entledigen wollen,
gegeben; als Folge dieser Zerrungen entsteht dann die Entzündung der angedeuteten
Muskeln mit ihren Folgen. Hier haben die erkrankten Muskelpartien ein mattweißes
Aussehen und sind sowohl frisch gekocht, als wie auch im gesalzenen und geräucherten
Zustande ungenießbar. Da die gewöhnlich ergriffenen Fleischtheile in dem Theile der
Gliedmaßen gelagert sind, welcher unter der Bezeichnung Schinken genügend bekannt
ist, so verursacht diese Muskelerkrankung dadurch Schaden, daß sich solche auch mit
der größten Sorgfalt behandelten Schinken nicht aufbewahren lassen, vielmehr bald
dem Verderben unterliegen.
Diese Wahrnehmungen sind nicht nur in ökonomischer und sanitätspolizeilicher, sondern
auch in pathologischer und therapeutischer Hinsicht von großer Wichtigkeit und
verdienen daher weitere sorgfältige Beachtung.