Titel: | Essen's Backofen für Steinkohlenfeuerung; beschrieben von Professor Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXXXIII., S. 336 |
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LXXXIII.
Essen's Backofen für
Steinkohlenfeuerung; beschrieben von Professor Rühlmann.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
1860 S. 172.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Essen's Backofen für Steinkohlenfeuerung.
Ein Backofen für Steinkohlenfeuerung, welcher sich bereits seit längerer Zeit ganz
entschieden bewährt hat, wurde vom Bäckermeister J. H. Essen in Osnabrück angegeben.47)
Ich habe diesen Backofen wiederholt in seinem Betriebe beobachten können und mich
überzeugt, daß sich derselbe für jede Art von Gebäck, vom feinsten Zuckerkuchen bis
gröbsten Schwarzbrod (mit Ausnahme des sogenannten Pumpernickels) eignet und zur
allgemeinen Anwendung nicht genug empfohlen werden kann.
Essen's Ofen ist in Fig. 10–12 abgebildet,
und zwar in zwei auf einander rechtwinkelig gerichteten Verticaldurchschnitten, und
in einer äußeren Ansicht, Fig. 12, von der
Heizstelle aus betrachtet, wobei man sofort erkennt, daß es ein sogenannter
Doppelofen ist, wobei zwei gleich große Backräume A und
A¹ (Fig. 10 und 11)
entsprechend über einander liegen. Jeder dieser Backräume ist 6 Fuß 2 Zoll breit, 9
Fuß 2 Zoll lang, der untere 10 Zoll hoch, der obere ein wenig niedriger. Der untere
Backraum A wird von zwei Gewölben getragen, über welchen
sich eine Sandschicht f befindet, wodurch die Hitze
gleichmäßig verbreitet und milder gemacht wird.
Vor und beziehungsweise unter diesem Backraume liegen in dem Mauerwerke die beiden
Feuerungen b, mit den Rosten a, Fig.
10, welche mit feuerfesten Steinen überwölbt und mit einer quadratischen
Thür von 9 Zoll Seitenlänge geschlossen werden. Von den Rosten a aus strömt die heiße Luft (und die sonstigen
Verbrennungsproducte) durch die beiden Canäle B, welche
sich bei C in vier und bei D
in acht Zweige theilen, unter und über den Backraum. Vor den Feuer- und
Aschenlöchern b und c ist
eine eiserne Thür h angebracht, um eine Abkühlung der
Canäle zu verhüten, so wie zur Regulirung der Hitze entsprechende Schieber E, G und H vorhanden sind.
Zu beiden Seiten der Heizungen sind endlich verschließbare Luftcanäle d angeordnet, welche für den Zweck einer vollständigen
Verbrennung wesentliche Dienste leisten.
Der obere Ofen A¹ liegt, wie bereits bemerkt und
aus der Zeichnung erhellt, unmittelbar über dem unteren A. Um die Hitze dieses Ofens der des unteren gleich zu machen, war es
erforderlich, über demselben nicht nur eine Thon- und Sandschicht g, f anzubringen, sondern ihn auch um einen Zoll
niedriger zu machen, wodurch seine Nutzbarkeit durchaus nicht beeinträchtigt
wird.
Die Reinigung der Canäle beider Oefen geschieht durch die verschließbaren Oeffnungen
F und K, Fig. 10, und die des
Schornsteins durch die ebenfalls mit einer Thür versehene Oeffnung L.
Um möglichst viele Vortheile aus der Feuerung zu ziehen, hat man zwischen beiden
einen Wasserkessel e, Fig. 12, angebracht, der
mit einem entsprechenden Speiseapparate leicht in Verbindung gesetzt werden kann.
Das betreffende
heiße Wasser wird nicht nur in der Bäckerei überhaupt verwandt, sondern auch heiße
Dämpfe durch das Rohr i auf die Backkammer M geleitet und dort vortheilhaft zum Aufgehen des Teiges
verwandt.
Die Hauptvortheile des Ofens sind Wohlfeilheit des
Brennmaterials und Zeitgewinn.48)
Nach mündlicher Versicherung Hrn. Essen's erbietet sich
derselbe jeden ersten neu anzulegenden Ofen seiner Construction (ausschließlich des
gerade aufsteigenden Schornsteins), mit vollständigem Gasterapparat versehen, unter
persönlicher Leitung für 400 Thaler zu erbauen.
Die Heizungskosten bei dem Ofen unserer Abbildung betragen täglich 7 bis 8 Groschen,
für welchen Aufwand in dem Ober- und Unterofen alles das verbacken werden
kann, was 3 bis 4 Gesellen innerhalb 16 Arbeitsstunden zuzurichten im Stande
sind.
Reparaturen sind (mit Ausnahme einiger feuerfesten Steine am Heizungsroste) seit zwei
Jahren an dem Osnabrücker Ofen gar nicht vorgekommen. Durch eine neue,
eigenthümliche Gastervorkehrung (die wir später mittheilen werden) wird sowohl Herd
wie Gewölbe weder durch Holz- noch Kohlenhaken, oder durch das Reinigen des
Herdes mit feuchten Wischern angegriffen oder zerstört, da alle derartigen Mittel
völlig entbehrlich sind.
Mängel der Steinkohlenfeuerung bei Backöfen, insbesondere für Weißbrodbäckerei, wie
unegales Backen des Brodes, leichtes Verbrennen, Unreinlichkeit im Ofen,
unausstehlicher Schwefeldunst in der Bäckerei vom Dampfe der Steinkohlen nach
beendigter Heizung u. dgl. m. sind überall bei dem Osnabrücker Ofen ganz unbekannte
Dinge, so daß er überhaupt als das Beste seiner Art allgemein empfohlen zu werden
verdient.
Der Ofen ist für das Königreich Hannover auf 5 Jahre (vom 11. März 1858 an gerechnet)
patentirt.
Tafeln
