Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 154, Jahrgang 1859, Nr. , S. 153 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ueber die Anwendung der Locomobilen im Tarnowitzer
Bergamtsbezirk in Schlesien.
Im Wesentlichen bestehen diese Locomobilen aus einem auf zwei starke Lagerbalken der
Länge nach aufgeschraubten, nach Art der Locomotivdampfkessel eingerichteten Kessel
mit vielen Feuerröhren, auf welchem ein oder zwei liegende Cylinder mit den
Steuerungsvorrichtungen, der Gradführung der Kolbenstange und sonstigem Zubehör an
gußeisernen Ständern befestigt sind. Mit dem Kopfe der Kolbenstange ist die
Bleuelstange verbunden, welche mittelst eines Krummzapfens ein kleines Schwungrad
treibt, deren bei zwei Cylindern auch zwei auf einer gemeinschaftlichen Welle
sitzen. Die beiden Lagerbalken ruhen bei der Fortschaffung der Maschine mittelst
zweier quer darunter befestigter Achsen auf vier gußeisernen Rädern, bei der
Aufstellung befestigt man sie auf einem aus Balken gebildeten Fundamente mittelst
Schrauben, welche sich nachher leicht wieder lösen lassen.
Eine Locomobile zur Förderung heißt ein Dampfhaspel und
befindet sich ein solcher auf dem Urbanusschachte bei Gottessegengrube im
Tarnowitzer Bergamtsbezirke. Auf der Schwungradwelle befindet sich eine
Riemenscheibe, welche vermittelst eines Riemens ohne Ende eine über dem Schachte
hängende Scheibe in Bewegung setzt, auf deren Welle ein kleines Trieb sitzt, welches
ein Stirnrad mit einem auf derselben Welle befindlichen, kleinen Göpelkorbe treibt.
Das unvermeidliche Gleiten des Riemens ist ein großer Nachtheil und macht diese
Construction nicht sehr empfehlenswerth.
Will man die Locomobilen zur Wasserhebung anwenden, so bewegt man das Kunstkreuz über
dem Schachte durch Zugstangen, welche durch eine Kurbelwarze, die sich am
Schwungrade der Dampfmaschine befindet, bewegt werden. Vor einigen Jahren wurde eine
solche Maschine von 12 Pferdekräften auf der Quintoforogrube im Tarnowitzer
Bergamtsreviere aufgestellt. Sie hatte zwei Dampfcylinder von 8 Zoll
Kolbendurchmesser, welche rechts und links an dem Kessel angebracht waren, einen
Kolbenhub von 2 Fuß, machte 30 Hübe in der Minute und hob die Grundwasser aus 7
Lachter Tiefe mittelst einer Hubpumpe. (v. Carnall's Zeitschrift für das Berg-,
Hütten- und Salinenwesen in dem preußischen Staate.)
Neue Seile für Bergwerke, Schiffe, Docks etc.
Durch J. und G. Wright in London werden jetzt Grubenseile
angefertigt, welche aus Hanf und Eisendraht in der Art zusammengesetzt sind, daß
jeder einzelne Eisendraht mit Hanf umgeben ist, wodurch das gegenseitige Abreiben
der Eisendrähte an einander vermieden wird. Diese Seile verbinden die Festigkeit der
Eisendrahtseile mit der Biegsamkeit der Hanfseile. Die damit im Vergleiche zu
Eisendraht- und Hanfseilen angestellten Versuche ergaben folgende
Resultate:
Neues Seil aus Draht und Hanf.
Drahtseil.
Hanfseil.
Gewicht
von gleichem Gewicht
Durchmesser.
per Fad. (6 Fuß
engl.)
brach bei einer Belastung von
5 Zoll (engl.)
10 1/2 Pfd. (engl.)
21 Ton.
15 1/3 Ton.
9 1/4 Ton.
4
1/2 „ „
8
1/2 „
19 1/2 „
13 1/2 „
8
„
4 „ „
7 „
15 1/2 „
10 3/4 „
6 1/2 „
3
1/2 „ „
5
1/2 „
12 1/4 „
7 1/4 „
5 1/4 „
3
1/4 „ „
4
1/2 „
10
„
7
„
4 1/2 „
2
1/2 „ „
2
3/4 „
5
„
3 1/4 „
2 1/2 „
Bei gleicher Widerstandsfähigkeit wiegt der Faden:
Tragfähigkeit.
Neues Seil.
Drahtseil.
Hanfseil.
Kette.
21 Tonnen
10 1/2 Pfd. (engl.)
15 1/2 Pfd.
21 Pfd.
59 Pfd.
19
1/2 „
8
1/2 „
13 1/2 „
19 „
54 „
15
1/2 „
7 „
10 1/4 „
14 „
41 „
12
1/4 „
5
1/2 „
9 3/4 „
12 1/2
32 „
10
„
4
1/2 „
7
„
10 1/2
25 „
8
„
2
3/4 „
5 1/2 „
8
„
20 „
4
„
1
3/4 „
3
„
4
„
8 „
also per 1 Tonne
Tragf.
0,448 Pfd.
0,681 Pfd.
0,986 Pfd.
2,„37 Pfd.
Die eine gleiche Sicherheitgewährend. Gewichte
ver-halten sich wie
1 :
1,5 :
2,2 :
5,6.
Die neuen Seile werden sowohl in den Docks zum Einwinden der Schiffe in die
Schleußen, als auch auf den Schiffen selbst zu dem stehenden und laufenden Tauwerk angewendet. Für
Grubenseile empfehlen sie sich besonders durch ihr geringes Gewicht. (Wochenschrift
des schlesischen Vereins für Berg- u. Hüttenwesen, 1859, Nr. 41.)
Ueber Drahtseilschmiere; von B. G. Müller.
Zu den mancherlei beim Bergbau verwendeten Dingen, denen nur zu häufig eine sehr
oberflächliche Aufmerksamkeit geschenkt wird, gehört die Drahtseilschmiere, obwohl
unter diesem Namen mitunter Präparate im Handel erscheinen oder Substanzen als
solche verwendet werden, die eher alles Andere bewirken, als das, was von einer
Drahtseilschmiere verlangt wird.
Die Anforderungen, die man an eine gute Drahtseilschmiere zu machen berechtigt ist,
sind bekanntlich folgende:
1) soll dieselbe den Drahtseilen oder den sonst damit bestrichenen Metalltheilen als
Ueberzug dienen, der die Einwirkungen der Luft und Feuchtigkeit von der metallischen
Oberfläche abzuhalten im Stande ist und sie daher vor der Oxydation, dem Rosten,
schützt;
2) soll dieselbe beim Uebergehen des Drahtseiles über die Seilscheiben die Reibung
möglichst vermindern, und in diesem Falle als wirkliche Schmiere dienen.
Um dem ersten Punkte zu genügen, muß die Drahtseilschmiere consistent genug seyn, um
nicht bei gewöhnlicher Temperatur vom Seile abzutropfen und dadurch die
Metallflächen theilweise bloßzulegen; sie darf aber namentlich auch keine
Bestandtheile enthalten, welche an sich dem Drahtseile nachtheilig werden
können.
Wegen des zweiten Punktes muß sie außer der gehörigen Consistenz hinreichende
Fettigkeit besitzen; vor allem darf sie nicht pechartig kleben oder bei längerem
Gebrauch stark eintrocknen.
Einer der am häufigsten aus falscher Sparsamkeit stattfindenden Mißgriffe ist die
Verwendung des gewöhnlichen Holz- oder Steinkohlentheeres als
Drahtseilschmiere. Abgesehen von der meist zu dünnen Consistenz dieser Theerarten,
vermöge welcher dieselben sehr zum Abtropfen vom Seile geneigt sind, ist es
namentlich der Gehalt an wässerigen Bestandtheilen, welcher die größten Nachtheile
bringt. Der Steinkohlentheer, wie ihn die Gasanstalten liefern, enthält gewöhnlich
10–15 Proc. Wasser, welches mit dem bei der trockenen Destillation der
Steinkohlen entstehenden Ammoniak gesättigt ist. Das Ammoniak, theils als
kohlensaures und ätzendes, theils als Schwefel- und Cyan-Ammonium
vorhanden, verursacht aber schon in sehr geringer Quantität ein starkes Rosten aller
Eisentheile, welches durch das vorhandene Wasser noch unterstützt und beschleunigt
wird. Durch das schon erwähnte leichte Abtropfen des Steinkohlentheers vermindert
sich die zum Schutze des Drahtseiles dienen sollende Decke bald in einem Grade, daß
der Zutritt der Luft kaum mehr ein großes Hinderniß findet und also auch dieses
Agens Theil an der Zerstörung der Drähte nehmen kann. Wurde Holztheer angewandt, so
ist die Sache eher verschlimmert; statt des Ammoniakwassers des Stinkohlentheers
enthält dieser die gleiche Menge Holzessig mechanisch beigemengt, und es ist wohl
kaum nöthig näher auszuführen, wie dieser Gehalt an Essigsäure ebenso nachtheilig
und zerstörend wirken muß, als der Ammoniakgehalt des Steinkohlentheeres.
Zur Darstellung einer guten, den oben namhaft gemachten Anforderungen entsprechenden
Drahtseilschmiere verfahre man, wie folgt:
Man nehme 100 Pfund Steinkohlentheer in einen eisernen Kessel und erhitze denselben
langsam bis zum Sieden, in welchem Stadium man ihn so lange erhält, als noch
Wasserdämpfe daraus entweichen, wozu ungefähr eine halbe bis ganze Stunde
erforderlich seyn wird. Hat man ein hochgradiges Thermometer zur Hand, so gibt die
Temperatur den besten Anhaltspunkt. Bei 120° C. ist alles Wasser verkocht;
man entfernt den Kessel vom Feuer und läßt den Inhalt auf 80–90°
abkühlen, worauf man 15–20 Pfund Talg zusetzt, den man nach dem Schmelzen gut
mit dem ausgekochten Theer verrührt.
Die erkaltete Masse ist die Drahtseilschmiere. Dieselbe ist ammoniak- und
säurefrei, weil das verflüchtigte Wasser das Ammoniak und die Säure mit fortgenommen
hat; sie ist
hinreichend fettig und consistent, trocknet bei gewöhnlicher Temperatur nicht ein,
und wird überhaupt allen zu stellenden Anforderungen genügend entsprechen.
(Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1859, Nr. 40.)
Krupp's Gußstahlfabrik zu
Essen.
Im Laufe dieses Jahres wird die Gußstahlfabrik des Hrn. Krupp hierselbst eine Ausdehnung in bedeutendem
Maaßstabe erfahren. Hr. Krupp
beabsichtigt nämlich seinem großartigen Etablissement ein Walzwerk und einen
Riesenhammer von 600 Ctr. Gewicht hinzuzufügen. Zu dem Ende werden zu den bereits
vorhandenen zwölf Dampfmaschinen von insgesammt circa
600 Pferdekräften noch aufgestellt: zwei stationäre Dampfmaschinen von 20 und 66
Pferdekräften und 11 mobile Dampfmaschinen von zusammen 45 Pferdekräften, welche
letztere von 22 theils liegenden, theils stehenden, neu zu errichtenden Dampfkesseln
bedient werden sollen. Zwei Flamm- und zwei Kupolöfen werden ebenfalls
errichtet. Zu den bereits vorhandenen 10 Dampfhämmern von zusammen circa 370 Centner Gewicht kommen noch hinzu einer von 20
Centner und einer, wie bereits gesagt, von 600 Ctrn. Man denke sich einen Hammer von
600 Centner Gewicht und zehn Fuß Fallhöhe und dahinter die treibende Kraft einer
66pferdigen Dampfmaschine! Inmitten all dieser neu zu errichtenden Werke, in welchen
die gewaltigen Kräfte des Vulcan sehr bald ihr geräuschvolles Wesen treiben werden,
erhebt sich eins der interessantesten industriellen Bauwerke des Continents: ein
Riesenkamin von 230 Fuß Höhe und 30 Fuß lichter Weite am Fundament. Die Mauern
dieses Kamins haben am Fundament einen Durchmesser von 4 Fuß und am obern Ende,
welches einen gußeisernen Aufsatz von 20 Fuß Höhe und 60,000 Pfd. Schwere erhalten
wird, noch einen Durchmesser von 1 3/4 Fuß. Weit über eine halbe Million
ausgesuchter Ziegelsteine sind allein an diesem Bauwerke vermauert worden. Eine
gußeiserne Wendeltreppe, deren ebenfalls gußeiserne Unterlagen gleich mit vermauert
sind, führt bis zur Höhe von 60 Fuß rund um den Kamin, von da ab aber bis zur
Spitze, da wo der eiserne Aufsatz beginnt, nur an einer Seite. So viel uns bekannt,
wird dieser Kamin auf dem Continente von einigen Rivalen wohl in der Höhe, nicht
aber im Durchmesser übertroffen; nur das industriegewaltige England besitzt Kamine
von gleichem Durchmesser und beträchtlicherer Höhe. Essen, den 30. September 1859. (Magdeburger Zeitung Nr. 232)
Neue Sicherheitslampe.
In den Steinkohlengruben bei Swansea ist in neuerer Zeit eine Abänderung der
Sicherheitslampe eingeführt worden, welche sich in ihrer äußeren Form den bekannten
Moderatorlampen mit Kugelglocke anschließt. Das Drahtgewebe, welches die Flamme
umgibt, ist nämlich kugelförmig ausgebaucht, wodurch das Licht der Flamme mehr nach
Unten geworfen und verstärkt wird. Auch dadurch, daß man zu dem Drahtgewebe, statt
des bald schwarz werdenden Eisens, eine weiße Metalllegirung anwendet, die aus 10
Theilen Zinn, 3 Thln. Zink und 2 Thln. Messing angefertigt wird, vermehrt man die
Quantität des durchgehenden Lichtes sehr wesentlich. (Mon.
des int. mat., p. 239; Wochenschrift des schlesischen Vereins für
Berg- und Hüttenwesen, 1859, Nr. 41.)
Man s. die Beschreibung von Sterry's Sicherheitslampe im polytechn. Journal Bd. CLI S. 375.
Verfahren, Zink durch bloßes Eintauchen mit Kupfer oder
Messing zu überziehen; von A. Bacco.
Um Zink mit Kupfer oder Messing zu überziehen, damit man es nachher auf nassem Wege
versilbern oder vergolden könne, bereitet man folgende Flüssigkeiten.
Zur Darstellung der zum Verkupfern bestimmten Flüssigkeit nimmt man kalt gesättigte
Kupfervitriollösung und fügt eine Lösung von Cyankalium hinzu, bis der zuerst
entstandene Niederschlag sich wieder aufgelöst hat. Dabei wird Blausäure entwickelt,
weßhalb man die Operation unter einem Kamin ausführen muß. Nachdem die Flüssigkeit
wieder klar geworden ist, fügt man ihr ein 1/10 bis 1/5 ihres Volumens
Aetzammoniakflüssigkeit hinzu und verdünnt sie dann mit so viel Wasser, daß sie die
Dichtigkeit von 8° Baumé erhält.
Um die Flüssigkeit, mittelst deren ein Messingüberzug hervorgebracht wird,
anzufertigen, nimmt man statt der Kupfervitriollösung eine Lösung von gleichen
Theilen Kupfervitriol und Zinkvitriol und vermischt diese mit Cyankaliumlösung, bis
der dadurch entstehende Niederschlag sich wieder aufgelöst hat, worauf man Ammoniak
in dem angegebenen Verhältniß hinzufügt. Wenn man helles Messing erhalten will,
nimmt man 2 Theile Zinkvitriol und 1 Theil Kupfervitriol.
Um die Zinkwaaren mit Kupfer oder Messing zu überziehen, reinigt man sie durch
Abreiben mit ganz feinem Bimssteinpulver mittelst eines Tuchlappens (besser mit
verdünnter Salzsäure und feinem Sand) und Waschen mit Wasser, worauf man sie sofort
in das Bad bringt und 24 Stunden lang darin läßt. Man nimmt sie sodann wieder
heraus, spült sie in Wasser und wischt sie ab, worauf sie so glänzend sind, als ob
sie polirt wären. Der so hervorgebrachte Kupfer- oder Messingüberzug haftet
vollkommen fest, so daß er kräftiges Reiben und selbst eine Behandlung mit dem
Polirstahl verträgt. Er bedeckt das unterliegende Metall vollkommen und man kann ihm
eine beliebige Dicke geben, wenn man, nachdem das Zink erst durch bloßes Eintauchen
einen dünnen Ueberzug erhalten hat, weiterhin einen galvanischen Apparat zu Hülfe
nimmt.
Nachdem die Zinkgegenstände mit Kupfer überzogen sind, kann man sie in bekannter
Weise galvanisch versilbern. Man kann sie auch vergolden, zu welchem Zweck man sie
vorher versilbert (eine zuvorige Versilberung ist behufs der Vergoldung, nach Prof.
Böttger nicht eben
nothwendig). (Aus dem Technologiste, durch das
polytechnische Centralblatt, 1859 S. 1304.)
Darstellung von Chlorzink aus schwefelsaurem Zink und
Chlorcalcium, nach J. Persoz.
Erhitzt man ein inniges Gemenge gleicher Aequivalente entwässertes schwefelsaures
Zink und Chlornatrium selbst bis zum Hellrothglühen, so geht doch kein Chlorzink
über. Aber bei dem Erhitzen eines Gemenges gleicher Aequivalente schwefelsaures Zink
und Chlorcalcium geht, nachdem alle Feuchtigkeit ausgetrieben ist, Chlorzink über.
Waren im letzteren Falle die angewendeten Materialien eisenhaltig, so ist das zuerst
destillirende Chlorzink braun gefärbt, das später destillirende aber rein weiß.
Niemals indessen erhält man auf diese Weise die ganze Menge Chlorzink, die sich
theoretisch erwarten ließe, sondern etwa ein Fünftel bleibt im Rückstand bei dem
sich bildenden schwefelsauren Kalk. (Institut, 1859 p. 169.)
Nachweisung eines Salpetersäuregehalts der
Schwefelsäure.
H. Schiff hat die Eigenschaft der weingeistigen
Guajaktinctur, durch die geringsten Mengen salpetriger Säure gebläut zu werden, zur
Nachweisung eines Salpetersäuregehalts der Schwefelsäure benutzt. Man braucht nur
eine Messerspitze voll Eisenfeilspäne in einem Probirglas mit der concentrirten Schwefelsäure zu
übergießen und die beim Erwärmen entweichenden Gase in Guajaktinctur zu leiten.
Reine Schwefelsäure bewirkt unter diesen Verhältnissen keine Bläuung. (Annalen der
Chemie und Pharmacie, Bd. CXI S. 372.)
Indigo, ein Mittel zur Entdeckung von Trauben- und
Fruchtzucker; von Dr. E. Mulder.
Trauben- und Fruchtzucker besitzen die Eigenschaft, bei Anwesenheit von
Alkalien, das Indigblau in Indigweiß zu verwandeln. Löst man eine der beiden
Zuckersorten in Wasser auf, setzt man Indigo zu und darauf Potasche oder Soda, so
wird der Indigo, schneller noch durch Erwärmen, doch auch bei gewöhnlicher
Temperatur in Indigweiß verwandelt, welches in Alkalien auflöslich ist. Dasselbe ist
der Fall, wenn man statt Wasser Alkohol anwendet; nur setzt sich dann der Indigo
nach der Verwandlung bei Zutritt der Luft nicht in amorphem, sondern in
krystallisirtem Zustande ab, und geht die Verwandlung schneller von statten.
Gebraucht man eine Auflösung von Indigo in Schwefelsäure und nicht Indigo in
Pulverform, dann besitzt man darin ein Mittel, um die geringsten Antheile
Trauben- und Fruchtzucker aufzufinden.
Indessen muß bei Anwendung von schwefelsaurer Indigolösung die Flüssigkeit alkalisch reagiren, wenn der Versuch gelingen soll. Die
Indigolösung wird nicht allein leicht verwandelt, der Indigo wird auch oxydirt,
durch Aetzkali oder Natron wird sie ganz oder theilweise zerlegt. Im ersteren Falle
erhält die Auflösung eine gelbe Farbe, welche nach Sättigung mit einer Säure wieder
blau wird, wenn die Auflösung nicht vorher erwärmt ist; im zweiten Falle besitzt die
Auflösung eine grüne Farbe, welche selbst bei mäßigem Kochen nicht verändert wird.
Fügt man der Indigolösung im Ueberschuß kohlensaures Kali oder Natron hinzu, dann
bleibt die blaue Farbe selbst nach dem Kochen fast
unverändert.
Sowohl die grüne als blaue Lösung geben eine äußerst empfindliche Reaction auf
Trauben- und Fruchtzucker. Die erstere übertrifft die zweite an
Empfindlichkeit, und doch geben wir letzterer den Vorzug. Beim Aufsuchen von
Trauben- oder Fruchtzucker handelt es sich nicht um Körper, welche andere
Körper leicht zerlegen. Dieses ist jedoch der Fall bei der grünen Indigolösung,
weßhalb sie minder als Reagens auf Trauben- oder Fruchtzucker zu empfehlen
ist, als die blaue. Als Beweis, daß dieses bei der blauen Auflösung nicht der Fall
ist, möge der Umstand dienen, daß diese selbst nach längerem Kochen nicht im Stande
ist, Rohrzucker zu zerlegen; bringt man indeß in die
Auflösung eine Spur von Traubenzucker, so findet die Zerlegung unmittelbar darauf
statt. Dagegen wird die grüne Auflösung durch Rohrzucker
zerlegt. (Archiv der Pharmacie Bd. CXLV S. 268.)
Platzer's
Chromtintenpulver.
Wir theilen in Folgendem das Recept des unter dem Namen des Erfinders im Handel
bekannten Tintenpulvers nach dem erloschenen österreichischen Privilegium in
Folgendem mit: 100 Gewichtstheile fein gepulvertes Blauholzextract werden mit 1
Gewichtstheile fein gepulvertem doppelt-chromsaurem Kali innig gemengt.
Diesem Gemenge wird 1/10 vom Gewichte des Ganzen an indigschwefelsaurem Natron
(sogenanntem Indigcarmin) ebenfalls in fein gepulvertem Zustande beigemengt. Ein
Loth von diesem Pulver löst sich in 1 Seidel Wasser zu einer schönen schwarzblauen
Tinte. (Stamm's illustrirte
Zeitschrift, 1859, S. 293.)
Badisch Roth, ein Farbstoff aus den Stengeln des Zuckersorgho
gewonnen; von A. Winter in Mühlburg i. B.
Es ist schon längere Zeit bekannt, daß die Pflanze Sorghum
saccharatum, (Zuckermoorhirse) und deren Verwandte einen rothen Farbstoff
enthalten; daß aber aus der ganzen Pflanze, und
namentlich aus dem von Saft befreiten Stengel dieser schöne karminrothe Farbstoff
gewonnen werden kann, ist die Erfindung des Verfassers, welcher nach vorgängiger
Prüfung derselben Patente dafür im Großherzogthum Baden, in den k. k. österr.
Staaten u.s.w. erhielt, und sich erlaubt in Folgendem eine kurze Beschreibung seines
Verfahrens und der Eigenschaften des neuen Stoffes zu geben, dessen Darstellung
besonders da mit großem Vortheil wird geschehen können, wo schon Etablissements zur
Verarbeitung des Sorgho auf Zucker oder Spiritus bestehen, da derselbe unter
gewissen Umständen noch aus den Abfällen gewonnen werden kann.
Im Wesentlichen gehe ich auf folgende Weise zu Werke. Die entblätterten Stengel des
Sorgho, welcher nicht vollständig reif zu seyn braucht, werden mittelst einer
starken Rappe gerappt und ausgepreßt; oder aber man läßt die Stengel durch ein
System von Walzen gehen, um den Saft, welcher Zucker oder Branntwein gibt, so
vollständig als möglich zu gewinnen. Jene Preßrückstände, oder die auf letztere Art
entsafteten Stengel werden unter Dach auf regelmäßige einige Fuß hohe Haufen gesetzt
und deren schnell eintretende Gährung durch stärkeren oder verminderten Luftzutritt,
auch wohl Umarbeiten, so geleitet, daß keine zu starke Erhitzung und in Folge dessen
Faulgährung eintritt. Wenn der Gährungsproceß gut verlief, so ist die Masse in circa 14 Tagen durch und durch roth bis rothbraun
geworden. Es ist nun Zeit die Gährung der Stengel durch Trocknen zu unterbrechen.
Nach vollständigem Trocknen werden sie auf einer Mühle gemahlen oder sonst
zerkleinert, was zur Extraction des Farbstoffs erforderlich ist.
Um nun aus diesem Material den Farbstoff darzustellen, übergießt man dasselbe mit
kaltem Flußwasser und läßt es 12 Stunden stehen. Es löst sich nur wenig Pigment von
trüber Färbung. Die so gewaschene und ausgepreßte Masse wird nun mit caustischer
Natron- oder Kalilauge von geringem specifischem Gewicht so lange behandelt,
bis nichts mehr aufgelöst wird. Ist die Lösung hierauf mit Schwefelsäure
sorgfältigst neutralisirt, so scheidet sich nach wenigen Minuten der Farbstoff in
rothen Flocken als Niederschlag aus, welcher mit Flußwasser auszuwaschen ist, dann
auf dem Filter gesammelt und zur Aufbewahrung getrocknet wird.
Der so fast rein erhaltene Farbstoff löst sich leicht in Weingeist (wahrscheinlich
auch in Holzgeist), alkalischen Laugen, in verdünnten Säuren u.s.w., und bedient man
sich zum Rothfärben und Bedrucken der Seide und Wolle der gewöhnlichen Zinnbeizen.
Ich habe die damit erzeugten Farben sehr haltbar gefunden, indem sie weder durch
Sonnenlicht noch beim Waschen mit warmer Seifenlösung Veränderung erlitten.
Neuesten Nachrichten zufolge soll in China, woselbst die Sorghopftanze in größtem
Maaßstabe cultivirt wird, die Bereitung dieser Farbe bekannt seyn und dieselbe
vielfältige Anwendung finden. Es steht zu erwarten, daß dieß letztere auch bei uns
bald der Fall seyn werde und dürfte die Wichtigkeit des neuen Productes groß genug
werden, selbst wenn es nichts weiter als eines oder das andere der ordinären
Rothhölzer zu ersetzen im Stande wäre, da ein badischer Morgen Land 20 bis 25
Centner trockenes Sorghofarbholz zu produciren vermag. (Allgem. deutscher Telegraph,
1859, Nr. 22.)
Desinficirte Galle und Gallenseife; nach Gagnage in Paris.
Die Rindsgalle wird bekanntlich zum Ausmachen von Fettflecken angewendet und ist dazu
vorzüglich geeignet, bietet aber den Uebelstand dar, daß sie unangenehm riecht und
leicht faulig wird und daß alsbald viele Maden darin entstehen. Gagnage
hat nun ein Verfahren
erfunden, der Galle ihren Geruch zu entziehen und zu verhindern, daß sie in Fäulniß
übergeht. Dieses Verfahren wird in der Parfümeriefabrik von Pissaud und Meyer in Paris (Rue St. Martin Nr. 298) im Großen ausgeführt. Gaultier de Claubry gibt folgende Beschreibung des
Verfahrens, so wie er es in dieser Fabrik ausgeführt gesehen hat.
120 Gallenblasen wurden geöffnet und ausgedrückt, wodurch man 35 Liter Galle erhielt.
Auf 32 Liter derselben goß man 225 Grm. Essigäther (was auf 1000 Theile Galle circa 7 Theile ausmacht) und rührte einige Augenblicke
um. Beim Austritt aus der Blase verbreitete die Galle einen starken Geruch und es
waren viele Maden darin. Nachdem sie mit Essigäther zusammengebracht war, verlor sie
den Geruch alsbald und die Maden starben und schwammen nachher auf der Oberfläche,
so daß man sie leicht absondern konnte. In der Fabrik standen Fässer mit so
behandelter Galle, die schon alt, aber durchaus nicht faulig geworden war. Nach
Verlauf einer gewissen Zeit bildet sich ein schwacher Niederschlag, den man leicht
durch Decantiren absondert. Die Galle büßt durch diese Behandlung nichts an ihrer
Güte ein, wie daraus hervorgeht, daß Personen, welche sich mit dem Ausmachen von
Flecken befassen, diese desinficirte Galle gern anwenden, und gefunden haben, daß
sie und die nachstehend erwähnte Gallenseife die sogenannte Panama (unter welchem
Namen man die Rinde von Quillaya saponaria, welche
Saponin enthält, versteht) dabei mit Vortheil ersetzen können.
Um auch die Gallenblasen zu verwenden, kocht man sie,
nachdem man sie vorher gewässert hat, gewöhnlich mit Wasser, wodurch das Fett
ausgeschmolzen wird. Gagnage behandelt sie dagegen,
nachdem er sie in grobem Salz aufbewahrt hat, mit caustischer Lauge und erzeugt
dadurch eine Art von Seife. Die desinficirte Galle verwandelt sich auch in Seife,
wenn man sie mit caustischer Lauge behandelt, aber das so erhaltene Product ist
nicht so brauchbar als dasjenige, welches man erhält, indem man 1 Theil Harz-
oder Talgseife in 1/2 Theil desinficirter Galle schmelzt. Dieses neue Product ist
zum Ausmachen von Fettflecken sehr nützlich, da es ebenso wie die Galle selbst wirkt
und bequemer zu handhaben ist, weil es nicht fließt und mit Leichtigkeit nur in
solcher Menge, als nöthig ist, auf das Zeug gebracht werden kann, während man von
der flüssigen Galle leicht zu viel nimmt. Diese Gallenseife kann aber natürlich bei
Farben, welche die Seife nicht vertragen, nicht angewendet werden. (Aus dem Bullet. de la Société d'Encour., durch das
polytechnische Centralblatt, 1859 S. 1307.)
Verbesserte Milchgefäße.
Wie überaus wichtig es sey, anstatt der gewöhnlichen hohen irdenen Milchgefäße ganz
flache, gut verzinnte eiserne (blecherne) Gefäße zu
haben, geht aus zwei in Nassau angestellten Versuchen hervor. Beim ersten dieser
Versuche hat man 6 Maaß Milch in breite und 6 Maaß (von der nämlichen Milch) in
gewöhnliche Gefäße gethan und aus den ersteren 29 1/2 Loth, aus den letzteren 24 3/4
Loth Butter gewonnen. Beim zweiten Versuche erhielt man aus 8 Maaß Milch in breiten
Gefäßen 39 1/4 Loth, aus 8 Maaß in gewöhnlichen Gefäßen 33 1/2 Loth Butter. Es geht
daraus hervor, daß man aus breiten (flachen) Gefäßen auf die Maaß 3/4 Loth Butter
mehr gewinnt, als in den hohen Gefäßen. (Gall's praktische Mittheilungen.)