Titel: | Dampfvertheiler, oder Vorrichtung um die Dampfmaschinen vor- und rückwärts gehen zu lassen; von den HHrn. Mazeline, Maschinenfabrikanten in Havre. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. XXXIX., S. 163 |
Download: | XML |
XXXIX.
Dampfvertheiler, oder Vorrichtung um die
Dampfmaschinen vor- und rückwärts gehen zu lassen; von den HHrn. Mazeline,
Maschinenfabrikanten in Havre.
Aus Armengaud's Génie industriel, März 1859, S.
148.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Mazelin's Dampfvertheiler.
Es ist bekanntlich bei den Dampfmaschinen häufig erforderlich, daß ihre Achse sich
bald in dem einen, bald in dem anderen Sinne dreht, und daß diese Bewegungsänderung
möglichst rasch bewerkstelligt werden kann. Deßhalb theilen wir hier einen von den
genannten geschickten Maschinenfabrikanten zu diesem Zwecke erfundenen Mechanismus
mit.
Da die HHrn. Mazeline Maschinen zu bauen hatten, bei
welchen das rasche Umwenden oder Rückwärtsgehen eine Hauptbedingung war, so wurden
sie veranlaßt, das nun zu beschreibende Vertheilungs- oder vielmehr
Umwendesystem zu erfinden, welches die Richtung der Bewegung mit einer solchen
Raschheit zu ändern gestattet, daß man diese Aenderung kaum wahrnimmt. Der äußerst
einfache, in Fig.
43–45 abgebildete neue Umsteuerungsmechanismus hat noch den Vortheil, daß er
sehr leicht bei allen Systemen von Dampfmaschinen angewandt werden kann.
Fig. 43 ist
ein Längendurchschnitt eines Dampfmaschinencylinders mit Dampfbüchse und
vollständiger Steuerung.
Fig. 44 ist
ein Querschnitt derselben Gegenstände.
Fig. 45 ist
ein Längendurchschnitt des Vertheilers oder Umsteuerungsmechanismus.
Beim Betrachten dieser Figuren ersieht man leicht, daß der neue Mechanismus im
Wesentlichen in einer beweglichen Schieberbahn besteht, welche zwischen dem
Dampfcylinder und dem gewöhnlichen Vertheilungsschieber angebracht ist.
Auf der bisherigen Schieberbahn A liegt eine gußeiserne
Platte B, welche oben und unten abgehobelt ist, so daß
die beiden Flächen genau parallel zu einander sind, und welche mit verschiedenen
Abtheilungen oder Canälen versehen ist.
Oben auf der Platte B liegt der Vertheilungsschieber C, der wie die gewöhnlichen Schieberventile construirt
ist, und dessen Stange D ihre Bewegung, wie bei allen
Dampfmaschinen, von einem auf der Schwungrad- oder Treibachse befindlichen
Excentricum erhält.
Es ist noch zu bemerken, daß durch die bewegliche Schieberbahn B mehrere Oeffnungen oder Canäle hindurchgehen, welche, je nach der
Stellung, die man der Schieberbahn gibt, dazu bestimmt sind, den Dampf auf die eine
oder andere Seite des Kolbens zu leiten. So bilden z.B. in der in Fig. 43 abgebildeten
Stellung die Oeffnungen a und b, welche gerade auf die Canäle l, l' treffen,
nur eine Verlängerung dieser Canäle. Die mittlere und größere Oeffnung e correspondirt mit dem Austrittscanal m, durch welchen der Dampf entweicht. In der
abgebildeten Stellung leitet der Schieber C, der seine
geradlinig absetzende Bewegung vom Excentricum erhält, den Dampf bald auf die
rechte, bald auf die linke Seite des Kolbens G, und
veranlaßt den Vorwärtsgang der Maschine.
So lange der Gang der Maschine dieselbe Richtung beibehalten soll, bleibt die
Schieberbahn B unverrückt in derselben Lage, wenn man
aber die Richtung der Bewegung umändern, also die Treibachse verkehrt drehen will,
so verschiebt man die Schieberbahn in der Art, daß sie die in Fig. 45 angedeutete Lage
erhält; dieses geschieht durch den Hebel M, der sich um
den Zapfen o dreht, und mit der Stange H in Verbindung steht, welche an der Schieberbahn
befestigt ist.
Da die Schieberbahn noch mit zwei Mündungen oder seitwärts angebrachten Canälen d und e versehen ist, so
kommen diese direct in Verbindung mit den Einströmungsöffnungen l und l' des Cylinders.
Daraus folgt, daß wenn auch der Schieber C seine Lage
nicht ändert, der Dampf doch in entgegengesetzter Richtung geleitet wird, das heißt,
wenn der Schieber den Canal e offen oder unbedeckt läßt,
so geht der Dampf, welcher vom Kessel durch den Canal I
in die Dampfbüchse J gelangt, durch die
Einströmungsöffnung l rechts zum Kolben, und wenn der
Schieber die Mündung d frei läßt, so kommt der Dampf
durch die Einströmungsöffnung l' auf die linke Seite des
Kolbens. Daraus folgt, daß der Kolben für die nämliche Schieberbewegung den
entgegengesetzten Lauf annimmt, und folglich die Maschine so lange rückwärts treibt,
als man die bewegliche Schieberbahn in der in Fig. 45 angezeigten Lage
läßt.
Man sieht aus dem Vorstehenden, daß man den Hebel M nur
ein wenig nach der einen oder anderen Richtung zu bewegen braucht, um die Lage der
Schieberbahn zu ändern, und folglich auch die Drehungsrichtung der
Schwungrad- oder Maschinenachse.
Es ist einleuchtend, daß das System der beweglichen Schieberbahn eben so leicht und
mit demselben Erfolge bei allen Arten von Dampfmaschinen angewendet werden kann,
dieselben mögen von großen oder kleinen Dimensionen seyn.