Titel: | Wolf's Maschine zur Verfertigung der Schnürstifte; beschrieben von Heinrich Kessels. |
Fundstelle: | Band 153, Jahrgang 1859, Nr. V., S. 15 |
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V.
Wolf's Maschine zur
Verfertigung der Schnürstifte; beschrieben von Heinrich Kessels.
Aus den Mittheilungen des nieder-österreichischen
Gewerbevereins, 1859 S. 150.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Wolf's Maschine zur Verfertigung der Schnürstifte.
Die Schnürstifte, um die es sich hier handelt, bestehen aus einem röhrchenförmig
zusammengebogenen Streifen Blech, welcher am Ende einer Schnur befestigt wird. Man
verfertigte in früheren Zeiten derlei Röhrchen oder Stifte gewöhnlich dadurch, daß
man das Blech zuerst mit einer gewöhnlichen Blechschere in Streifen schnitt, und
dann jeden Streifen durch Hämmern auf einen gekerbten oder mit Rinnen versehenen
Amboß rund bog. Diese Verrichtung muß sehr schnell von Statten gehen, wenn sie den
damit beschäftigten Arbeitern (meist Frauenspersonen) eine angemessene Entschädigung
für ihre Zeit abwerfen soll. Die scharfen Kanten des Bleches zerschneiden dabei oft
die Finger, und die Arbeit wird dadurch nicht nur verzögert, sondern auch mühevoll
gemacht.
Gegenwärtig bedient man sich größtentheils zur Verfertigung der Schnürstifte einer
Schere, welche von einem T. Collet erfunden wurde, und
dem hiefür von der Gesellschaft zur Aufmunterung der Künste in London eine silberne
Medaille zuerkannt wurde. Diese Schere erleichtert und beschleunigt die Fabrication
der Schnürstifte wesentlich, indem sie das Schneiden und Biegen des Bleches zu
gleicher Zeit verrichtet. Es befindet sich zu dem Ende am obern Theile des unteren
Blattes der Schere eine halbrunde Rinne, deren innere Längenkante zugleich eine von
den beiden Schneiden der Schere vorstellt. Am oberen Blatte hingegen befindet sich
der ganzen Länge nach ein Stahlstück angeschraubt, welches unten dergestalt
abgerundet ist, daß es in die Rinne des unteren Blattes hineinpaßt.
Der Blechstreifen, welchen man in Schnürstifte verwandeln will, wird auf jener Seite
zwischen die Blätter der Schere gesteckt, an welcher sich die Schneiden befinden,
und zwar so weit hinausgeschoben, bis er die halbrunde Rinne des untern Blattes ganz
bedeckt, ohne über sie hervorzuragen. Die Schere wird dann geschlossen; die
Schneiden derselben schneiden das Blech durch, während zu gleicher Zeit das
abgeschnittene Stück in die Rinne des untern Blattes hineingedrückt wird, wodurch es
die halbcylindrische Gestalt erhält, und zur Aufnahme der Schnur geeignet ist.
Der Erfahrung zu Folge kann man mit diesem Werkzeuge viermal so viel Stifte oder
Röhrchen liefern, als in gleicher Zeit ein Arbeiter aus freier Hand zu verfertigen
im Stande ist.
Die im Folgenden beschriebene Maschine zur Verfertigung der Schnürstifte wurden von
dem Schlossermeister Christian Wolf in Wien construirt,
und übertrifft die bisherigen Vorrichtungen bedeutend an Wirksamkeit.
Fig. 30
stellt die hintere Ansicht dieser Maschine vor, in welcher die Hauptbestandtheile
der Maschine ersichtlich sind, Fig. 31 die vordere
Seite, die dem Arbeiter zugekehrt ist. Das Blech, welches in Schnürstifte verwandelt
werden soll, braucht nicht erst in Streifen zerschnitten zu werden, sondern kann in
jeder beliebigen Größe verwendet werden, und wird vorerst in die Leitung A, Fig. 30, gebracht. Diese
Leitung besteht aus zwei aufeinander gelegten Platten, die einen kleinen
Zwischenraum an der hintern Seite haben, der zur Aufnahme des Bleches bestimmt ist,
und zugleich ein Maaß für die Breite des abzuschneidenden Streifens ist. Durch diese
Leitung gelangt das Blech zu einer Kreisschere, welche durch die beiden
Schneidewalzen B und C
gebildet wird. Diese beiden Walzen schneiden von der Blechtafel einen Streifen
herunter, dessen Breite durch die Leitung A bedingt ist,
indem diese Leitung durch die Schraube s mehr oder
weniger von den Schneidewalzen entfernt werden kann. Der abgeschnittene Streifen
gelangt nun zwischen die beiden Walzen D und E, von denen die untere an ihrer Peripherie rinnenartig
vertieft ist, während die obere so abgerundet ist, daß sie in diese Rinne
hineinpaßt, wie aus Fig. 32 zu ersehen ist.
Der Blechstreifen, welcher durch diese Walze durchgehen muß, wird daher eine
rinnenförmige Gestalt annehmen, und wird hierauf von dem Messer F in bestimmten Längen abgeschnitten. Das Messer F ist vertical verschiebbar, und wird durch die
Daumenwelle H emporgehoben, und hierauf durch die
horizontal liegende Feder G wieder heruntergezogen. Fig. 33 stellt
eine Seitenansicht dieses Messers dar; oben ist das Klötzchen k, an welchem die Daumenwelle angreift, in der Mitte die herzförmige
Oeffnung f, welche das Abschneiden des rinnenförmig
gebogenen Blechstreifens bewirkt, unten ist ein Klötzchen e zum Befestigen der Feder G.
Die Bewegung aller Bestandtheile geschieht durch eine Kurbel K, an welcher sich ein Zahnrad L befindet,
welches in die Zahnräder der Walzen und Schneidräder eingreift, Fig. 31. Das Zahnrad L an der Kurbelwelle H,
welche zugleich die Daumenwelle ist, ist jedoch nicht ringsherum mit Zähnen
versehen, sondern es fehlen an drei gleich weit von einander entfernten Stellen die
Zähne. An diesen Stellen erfolgt also kein Eingriff in die Zahnräder der Walzen, und
die Bewegung der Schneidräder und Walzen ist daher keine continuirliche, sondern sie
werden immer so lange in Ruhe bleiben, bis ein neuer Eingriff des Zahnrades L erfolgt. Während dem sich jedoch die Walzen in Ruhe
befinden, wird durch die Daumenwelle das Messer F
emporgehoben und ein Theil des gebogenen Blechstreifens abgeschnitten; sobald die
Feder G das Messer in die vorige Lage zurückgezogen hat,
so erfolgt durch den Eingriff der Zähne des Rades eine erneuerte Bewegung der
Walzen, wodurch ein neuer Theil des gebogenen Blechstreifens durch die herzförmige
Oeffnung f des Messers F
geschoben wird, welcher, nachdem der Eingriff des Rades L aufhört, sofort wieder abgeschnitten wird.
Diese Maschine verrichtet daher nicht nur das Schneiden und Biegen des Bleches zu
gleicher Zeit, sondern sie schneidet auch die Röhrchen in gleicher Länge ab, und die
Arbeit wird dadurch so beschleunigt, daß man bequem 10,000 Schnürstifte in einer Stunde verfertigen kann.