Titel: Die Dampfmaschine als Motor zum Bearbeiten des Erdbodens für landwirthschaftliche Zwecke; von Professor Dr. Rühlmann.
Fundstelle: Band 152, Jahrgang 1859, Nr. LIX., S. 252
Download: XML
LIX. Die Dampfmaschine als Motor zum Bearbeiten des Erdbodens für landwirthschaftliche Zwecke; von Professor Dr. Rühlmann. Aus der landwirthschaftlichen Zeitung, herausgegeben vom Vorstande des landwirthschaftlichen Provinzial-Vereins zu Hannover, 1859, Nr. 262. Mit Abbildungen auf Tab. V. Rühlmann, die Dampfmaschine als Motor zum Bearbeiten des Erdbodens für landwirthschaftliche Zwecke. Während sich die Dampfmaschine, seitdem sie 1763 der geniale James Watt zur allgemein brauchbaren Arbeitsmaschine umzugestalten oder gleichsam von Neuem zu erfinden verstanden hatte, im Gebiete der Industrie, der Gewerbe und des Verlehrwesens (Eisenbahn- und Dampfschifftransport) von nicht geahnten Erfolgen begleitet sah, schien sie sich jedoch trotzig der Verwendung zum Bearbeiten des Erdbodens entziehen zu wollen. Die allerersten Versuche, Land unter Anwendung von Dampfkraft zu cultiviren, scheinen bereits vor mehr als 40 Jahren gemacht worden zu seyn,48) indeß mit fast gar keinem Erfolge. Glücklicher damit war 1833 Heathcoat (der Erfinder der Tüll- und Bobinettmaschine und Parlamentsmitglied für Tiverton). Auf Moorgrund will derselbe, unter Anwendung von zwei Pflügen, welche von der feststehenden Dampfmaschine gezogen wurden, in 12 Stunden 10 Acres (15 hannoversche Morgen) Moorgrund (auf dem sogenannten Red-Moß bei Bolton le Moors in Lancashire) bei 9 Zoll Tiefe und 18 Zoll Breite der Furchen, gut bearbeitet und umgelegt haben.49) Hiermit war mindestens die Aussicht geboten, die Dampfmaschine zum Bearbeiten des Bodens unter besonderen Umständen mit Nutzen verwenden zu können, genug um eine Reihe von Verbesserungen und Erfindungen ins Leben zu rufen, die hier aufzuzählen der Raum nicht gestattet, von denen aber bemerkt werden kann, daß sie sämmtlich Vereinfachung der betreffenden Maschinen und Wohlfeilheit der Arbeit zu erzielen suchten. Hinsichtlich der mechanischen Disposition lassen sich die betreffenden Anordnungen in folgende zwei Hauptclassen bringen: Classe 1. Ackergeräth (Spaten- oder Pflugsysteme) und Dampfmaschine sind an einem Wagengestell vereinigt und bewegen sich beim Arbeiten gemeinschaftlich über den zu cultivirenden Boden. Classe 2. Das Ackergeräth bewegt sich allein über das zu bearbeitende Feld, während die Betriebsdampfmaschine in rechtwinkeliger Richtung zu der des Geräthes sehr langsam (aber verhältnißmäßig) fortschreitet und zwar längs den Seiten oder über die Mitte des Feldes dabei laufend: a) entweder auf einer leicht zu transportirenden Eisenbahn, oder b) auf dem natürlichen Boden. Zur ersten Classe gehören namentlich die Maschinen von Usher,50) Romaine,51) Bauer 52) und Gilgenheimb-Weidenau, zur zweiten unter a) besonders die Dampfpflüge von Osborn 53) und Lord Willoughby De Cresby,54) zur zweiten Classe unter b) vorzüglich Heathcoats bereits erwähnter Dampfpflug, so wie der des Marquis of Tweeddale und endlich die neuesten Systeme von Fowler und Smith-Howard, auf welche letzteren wir ausführlich zurückkommen werden. Die fortdauernden Bemühungen der Mechaniker, die wichtige vorliegende Frage entscheidend zu beantworten, wurden ganz besonders durch die königl. englische Ackerbaugesellschaft (Royal Agricultural Society) genährt und unterstützt, einer Gesellschaft, die überhaupt durch ihre jährlich wiederkehrenden Geräthe- und Maschinen-Ausstellungen (Country-Meetings) in immer wieder anderen Orten Englands, bei weitem nützlicher wirkt, als dieß gelehrte, breit ausgedehnte und oft unverständliche (wenn nicht langweilige) Vorträge bei den Hauptversammlungen mancher deutschen landwirthschaftlichen Vereine vermögen! Ungeachtet aller vorerwähnten Bestrebungen, ein brauchbares Dampf-Pflug-Cultivatoren-System zu erfinden, hatte sich die genannte englische Gesellschaft doch noch im Jahre 1856 für die Chelmsford-Versammlung veranlaßt gesehen einen Preis von 500 Pfd. St. anzusetzen für „einen Dampf-Cultivator, welcher in wirksamster Weise den Boden aufwühlt und umkehrt, und dabei ein ökonomischer Ersatz für Pflug oder Spaten ist.“ Leider hatte dieser Preis weder in Chelmsford noch das Jahr darauf bei der Salisbury-Ausstellung (1857) den concurrirenden Mechanikern (Boydell, Smith, Fowler u.a.) ertheilt werden können, weil die Arbeit der von ihnen producirten Maschinen entweder in der einen oder andern Weise den Anforderungen des Programms nicht entsprach. Indeß waren so entschiedene Fortschritte zwischen den Ausstellungen von Chelmsford und Salisbury bemerkbar, daß man es den Bestrebungen und Fähigkeiten der Betheiligten zutraute, die völlige Lösung der Aufgabe bis zum Chester Country Meeting (1858) zu bewirken. Letzterer Umstand machte denn auch die Chester-Ausstellung zu einer bemerkenswertheren, als alle früheren, und erklärt sich hieraus sowohl die vorher niemals erreichte Zahl der ausgestellten Gegenstände wie die Menge der Besucher, welche verhältnißmäßig die der großen Londoner Industrieausstellung aller Nationen (1851) übertraf. Dem Referenten wurde das Glück zu Theil, von Sr. Excellenz dem königlich hannov. Minister des Innern, Hrn. v. Borries, im Interesse der hannoverschen Landwirthschaft und Industrie, als Berichterstatter zur Chester-Ausstellung gesandt zu werden, und ist derselbe hiernach im Stande, folgende Mittheilungen über die Dampfmaschinenverwendung zum Bearbeiten der Aecker zu machen. Zum betreffenden Preiskampfe hatte man in Chester vier Bewerber zugelassen, nämlich: 1) Charles Burrell, St. Nicholas Works, Thetford, Norfolk, mit einer Patentlocomotive nach Boydell in London, genannt Traction Engine oder Steam Horse, vom Aussteller selbst gefertigt, wobei die betreffenden Wagenräder eine gegliederte Eisenbahn (Endless Railway) mit sich führten, diese vor sich hinlegten und so dem Fuhrwerke (mittelst breiten, künstlich angelegten Sohlen) das Fortbewegen auf jeder (?) Art von Boden möglich machen sollten. Die arbeitenden Ackerwerkzeuge wurden dabei durch Ketten an die Maschine gehangen mit fortgezogen. 2) Thomas Rickett, Castle Foundly, Buckingham, mit einer rotirenden Spatenmaschine (Patent rotary steam cultivator), bestehend aus einer sich selbst fortschaffenden Locomobile von 10 Pferdekräften, welche hinten, unterwärts eine horizontale (den zwei Radachsen parallele) Welle trug, an welcher zwölf doppelarmig gekrümmte und rotirende Spaten befestigt waren, deren gleichzeitige Umdrehungen durch endlose Ketten von der Kurbelachse der Dampfmaschine (oben über dem Kessel liegend) bewirkt wurden. 3) J. und F. Howard, Britannia Iron Works, Bedford, mit einem nach dem Patent von W. Smith Woolston angeordneten und ausgeführten Maschinen-Apparate, zur Cultivirung von Land unter Anwendung von Dampfkraft und betreffenden Geräthen. Hierzu gehörte eine gewöhnliche 8pferdige transportable Dampfmaschine nebst Seilscheibenwerk (windlass), Drahtseilen, Umsetzrollen mit zugehörigen Erdankern und endlich den nach den Zwecken erforderlichen Pflügen oder Cultivatoren. 4) John Fowler jun. in London (28, Cornhill), bekannt durch seinen bereits in der großen Ausstellung producirten Drainpflug, mit seit der Ausstellung in Chelmsford und Salisbury wesentlich verbesserten Maschinen und Geräthen zum Pflügen und Cultiviren mittelst Dampfkraft; bestehend aus einer 10pferdigen Locomotive nebst Tender und Seiltrommeln (von Stephenson in Newcastle construirt), eigenthümlich 8scharigem Doppelpflug, Anker und Seilscheibenwagen, Drahtseilen und zugehörigen Leitrollen (von Ransome und Sims in Ipswich ausgeführt). Aus Vorstehendem erhellt, daß sich bei den ersten beiden Bewerbern, Burrell-Boydell und Rickett (entsprechend Classe 1 der oben angeführten Eintheilung) die locomobile Dampfmaschine mit den arbeitenden Ackergeräthen zugleich über das Feld bewegt, nur mit dem Unterschiede, daß bei Burrell-Boydell jeder beliebige auch anderweit brauchbare Pflug oder Cultivator angehangen werden kann, bei Rickett aber ein bestimmtes Spatenwerkzeug unmittelbar an der Locomotive selbst drehbar angebracht ist. Bei den anderen beiden Bewerbern, Howard-Smith und Fowler, geht dagegen (entsprechend Classe 2) die Dampfmaschine nicht mit über das Feld, vielmehr wird das arbeitende Geräth bei jedem an ein endloses Drahtseil gehangen, dem man eine fortschreitende Bewegung ertheilt. Dabei unterscheidet sich das System Fowler noch besonders dadurch, daß eigenthümlich construirte Pflüge und Cultivatoren erforderlich sind, was bei Howard-Smith nicht der Fall ist, daß aber auch Fowler's Dampfmaschine an dem einen Rande des zu bearbeitenden Feldes selbstthätig langsam, der Geschwindigkeit der Arbeit entsprechend, fortschreitet, während ein Seilscheibenkarren an dem anderen, ersterem parallel gegenüberstehenden Rande eine eben solche automatische, mit der Dampfmaschine correspondirende Bewegung annimmt, das Ganze überhaupt ein durchaus selbstthätiger, vollkommen ausgebildeter Maschinenorganismus ist. Howard-Smith's endloses Seilsystem wird in der Hauptsache mit Zuziehung der Abbildung Fig. 5, welche seinen Dampf-Cultivator in Arbeit darstellt, zu verstehen seyn. In derselben erkennt man zuerst eine gewöhnliche transportable Dampfmaschine, im speciellen Falle von 8 Pferdekräften, bei 6 Zoll Durchmesser eines jeden der beiden Dampfcylinder, 12 Zoll Hub derselben und 50 Pfund pro Quadratzoll Dampfüberdruck, davor ein Windapparat mit zwei Seiltrommeln, auf welchem sich ein Drahtseil von 1/2 Zoll Durchmesser beziehungsweise auf- und abwickelt und deren Umdrehrichtungen zu jeder Zeit durch entsprechenden Mechanismus umgesetzt werden können. Das Drahtseil wird durch Leitrollen r (siehe Fig. 8 und 9) in bestimmter Richtung erhalten, welche nebst ihren Ankern x, y leicht fortgerückt werden können. Gleiche Theile dieser Figuren sind im Aufrisse und Grundrisse mit gleichen Buchstaben bezeichnet, wodurch sich das Verständniß von selbst finden dürfte. Das arbeitende Instrument, im fraglichen Falle ein drei- oder fünfzinkiger Smith'scher Cultivator (man sehe die betreffenden Abbildungen Fig. 6 und 7) wird einfach mittelst Ketten an das fortschreitende Drahtseil gehangen und von einem Manne geführt. In bestimmter Entfernung von je zwei Leitrollen und besonders stets bei rauhem, unebenem, struppigem, oder gar mit Schilf und Unkraut bewachsenem Boden wurde das Seil durch besondere Führungsrollen z (Fig. 10) unterstützt, die auf karrenartigen Gestellen k liegen und leicht verschoben werden können, wenn dieß die fortschreitende Arbeit erfordert. Bei ebenem, glattem Boden reicht hierzu eine Anzahl einfacher auf Bohlen ruhender Walzen aus. Nachdem mit dem Cultivator der Boden in einer Längenrichtung durchwühlt ist, müssen für die parallele entgegengesetzte Bewegung sowohl die Ankerrollen r (Fig. 8 u. 9) wie die Walzen und Führungskarren k (Fig. 10) zuvor verschoben werden, was ziemlich rasch geschieht und nur dann etwas mehr Zeit erheischt, wenn nach abermals weiterem Fortschreiten der Arbeit auch die Anker erst ausgehoben und dann frisch eingegraben werden müssen. Fowler's 55) Anordnung wird der Grundlinie nach das Diagramm Fig. 11 deutlich machen. Dabei ist die transportable Dampfmaschine mit A bezeichnet, welche, zugleich Schwindeapparat, Kohlen und Wassertender mit sich vereinigt, auch überdieß so eingerichtet ist, daß sie langsam in der Richtung von U nach V fortschreitet, wozu bei z ein Anker eingegraben wird, an dem ein Seil w festgebunden ist, welches die Maschine entsprechend aufwindet. Genau gegenüber der letztem, am entgegengesetzten parallelen Feldrande, befindet sich ein Karren C, der vermöge seiner in den Erdboden einschneidenden Räder einen zweiten Stützpunkt für das endlose Seil S bildet und überdieß eine horizontale Seilscheibe zur Umsetzung der Bewegung trägt. Ferner befindet sich auf diesem Karren eine Combination von endloser Schraube mit Räderwerk, gleichzeitig durch die große Seilscheibe bewegt, wodurch wiederum ein Seil y aufgewunden wird, dessen freies Ende bei z verankert ist. Wie hierdurch der Ankerkarren übereinstimmend mit der Locomotive A und in der Richtung von P nach Q parallel zu UV fortbewegt werden kann, dürfte weitere Auseinandersetzung nicht erfordern. An dem endlosen Seile S ist bei m der eigenthümliche Fowler'sche Pflug B angehangen.56) Derselbe besteht aus zwei Sätzen einzelner Pflüge, mit zugehörigen Streichbretern, Scharen und Segs, der eine Satz mit rechts, der andere mit links gewundenen Streichbretern, sämmtlich an zwei parallele, zu einem Ganzen vereinigte Pflugbäume befestigt, welche hebelartig auf ein paar Rädern in der Mitte drehbar gemacht, und im Gleichgewicht befindlich (balancirt) sind. Zufolge dieser Anordnung befindet sich immer ein Satz Pflüge in der Luft, während der andere Satz im Boden arbeitet, die entgegengesetzte Lage (durch Umkippen) aber immer erst am Ende einer Furche, zum Anfange einer neuen, gegeben wird, was leicht und schnell geschieht. Von den beiden Mittelrädern ist das eine höher wie das andere, damit ersteres in der Furche, letzteres auf dem Lande laufen kann. Außerdem sind noch zwei stützende, niedrigere Räder am langen Balken des Pflugrahmens angebracht, während auf dem kurzen (zu ersterem parallelen) der Pflüger seinen Sitz nimmt, um mittelst eines Handrades, Schraube ohne Ende und gelenkförmigen Winkelhebelwertes die gehörige Steuerung des Pfluges beim Fortziehen desselben zu bewirken. Das tiefer oder flacher Stellen der arbeitenden Pflüge geschieht einfach durch Drehen von Griffen, welche den Pflugrahmen (vermöge Schraubenanordnungen) näher oder entfernter den Rädern bringen. Hat der Pflug das eine Ende einer gebildeten (also hier vierfachen) Furche erreicht, so verläßt der Pflüger seinen Sitz, worauf derselbe mit Leichtigkeit das ganze Pflugsystem in Schwebe erhalten und so viel parallel zur Seite schieben kann, als dieß das Bilden der nächsten Furchenreihe verlangt. Bemerkt zu werden verdient dabei, daß sich, an jedem solchen Furchenende, die Locomotive A wie der Ankerkarren C (man sehe Fig. 11) um gleichviel parallel den Linien UV und PQ, also hier um die Distanz von vier Furchenbreiten, weiter bewegt haben. Daß zum Pflügen der Furchen in entgegengesetzter Richtung auch die Drehrichtung der Seilscheiben geändert werden muß, versteht sich wohl von selbst. –––––––––– Ich komme nun zu den bereits oben erwähnten Resultaten der Versuche mit vorbemerkten Dampfmaschinen-Anordnungen. Die Versuche am ersten Tage (Freitag den 16. Juli) wurden ungefähr 1 1/2 Meilen nordwärts von Chester entfernt, auf der Farm eines Hrn. Nicholls ausgeführt, woselbst ein etwa 10 Acres großes rückenförmig gebildetes Brachland, mit zwar verhältnißmäßig leichtem Boden, jedoch an der Oberfläche mit Queckengras, Huflattig, Disteln bewachsen zur Disposition gestellt war. Zu den Hauptversuchen hatte dagegen ein Hr. Cooper in Balcon ebenfalls nördlich (zwei Meilen von der Ausstellung entfernt), ein hoch gelegenes Landstück bereitwillig hergegeben, dessen Boden von einem sehr guten Lehm gebildet wurde, der sich übrigens in einem sehr trockenen verhärteten Zustande befand, an der Oberfläche mit ganz grobem Gras und mächtigen Disteln bedeckt.57) Boydell-Burrell's Traction Engine hatte an beiden Orten mit eigenthümlichen Unglücksfällen zu kämpfen. Bald kam der eine oder andere Theil derselben in Unordnung, bald hatte sie sogar mit einigen nicht unerheblichen Brüchen zu kämpfen, bis zuletzt (beim Hauptversuche zu Balcon) gar die zugehörigen Ackerpflüge nicht in ordnungsmäßiger Bereitschaft waren, und dieß ganze Arbeitssystem von der Preisconcurrenz ausgeschlossen werden mußte. Behauptet wurde indeß, daß die Maschine (am Sonnabend) auf einem Nachbarfelde mit einem vierscharigen Fowler-Cotgreave'schen Pfluge sehr gut gearbeitet, auf der Stelle gewendet, und allen Erwartungen entsprochen habe. Man berechnete hiernach sogar, daß sie täglich 4 Acres, 9 Zoll tief, zu pflügen im Stande seyn würde. Das erste Resultat darf überhaupt nicht zu dem Urtheile der Unbrauchbarkeit der Boydell'schen Maschine bewegen, vielmehr scheint dasselbe nur zu lehren, daß ihre Anwendbarkeit zum Bearbeiten der Felder eine höchst beschränkte und bei weichem, nassem und namentlich Boden aus zähem Thon bestehend, kaum räthlich seyn wird. Dagegen bewährte die Maschine ihren bereits erlangten Ruf58) einer fast unübertrefflichen Zugmaschine, bei geringen Geschwindigkeiten, und selbst bei den ungünstigsten Steigungen, da sie unter andern den für Pferde fast unüberwindlichen steilen Weg aus der Chester-Ebene nach Balcon, von gewiß 1/10 Ansteigung, mit vielen scharfen Krümmungen, ohne Schwierigkeit zurücklegte, obwohl sie außer ihrer eigenen Last noch einen Kohlen- und Wassertender, so wie einen mit Pflügen beladenen Karren mit sich fortzuschleppen hatte. Rickett's rotirende Spatenmaschine hatte gleichfalls das Unglück, zufolge entstandener Brüche, vom eigentlichen Kampfe um den ausgesetzten Geldpreis ausgeschlossen zu werden, obwohl sie sich bei den Vorversuchen als eine für leichtes Land, bei trockenem Wetter, brauchbare Maschine, besonders aber zum Schälen der festen Oberdecke anwendbar – empfohlen hatte. Thatsache ist, daß sie auf Nicholl's Farm den Boden auf je 7 Fuß Breite und bis zu 6 Zoll Tiefe recht gut umwühlte und in die Höhe brachte, und sich hiernach eine tägliche Leistung (10 Arbeitsstunden) von wenigstens 4 Acres im Preise von 1 Pfd. Sterling 15 Shilling 9 Pence, d. i. also zu 9 Shilling pro Acre (oder 1 1/2 hannoverschen Morgen) berechnet. Howard-Smith's Maschinerie arbeitete im schweren Boden bei Balcon einen ganzen Tag lang mit Erfolg. Zuerst brach ein dabei angewandter dreizinkiger starker Cultivator auf 2 Fuß 2 Zoll (oder 26 Zoll) Breite bei 8 Zoll Tiefe eine Fläche von 4 Acres 3 Roods59) in der Zeit von 10 Stunden 37 Minuten (nach einer Richtung hin) um, während die Arbeit rechtwinkelig auf diese erste Richtung mittelst eines fünfzinkigen Cultivators (auf 48 Zoll Breite) in 4 Stunden 50 Minuten verrichtet wurde. Das Umbrechen des Landes nach beiden Richtungen hin zusammengefaßt, kann hiernach unter gleichen Umständen, zu 5 Acres per 15 Stunden, oder zu 3 1/2 Acres per Tag (10 Stunden) veranschlagt werden. Dabei lassen sich die täglichen Unkosten, wie nachstehend, schätzen:
Für einen Maschinenwärter – Pfd. St.   5 Shl. – Pence   „   vier Mann im Felde –      „ 10  „ –     „   „   einen Jungen –      „   1  „ –     „   „   einen Karren zum Wasser –      „   5  „ –     „   „   Hin- und Herschaffen –      „   4  „ –     „   „   Kohlen (12 Centner) –      „ 10  „ –     „   „   Oel etc. –      „   1  „ –     „   „   Interessen zu 5 Proc. Abnutzungen 20 Proc.       vom Anschaffungscapitale (430 Pfd. St.), dabei       200 Arbeitstage pro Jahr vorausgesetzt –      „ 10  „ 9     „ ––––––––––––––––––––––––– Summa 2 Pfd. St.   6 Shl. 9 Pence
Hiernach wurde die vorher angeführte Arbeit im Preise von 14 Shl. pro Acre verrichtet. Unter Anwendung gewöhnlicher Pferde und Werkzeuge hätte das Versuchsfeld wenigstens dreimal Uebergangen werden müssen und würden sich hiernach die Unkosten zu mindestens 18 Shilling 6 Pence pro Acre berechnet haben. Mit diesen Resultaten erklärten sich die Preisrichter zwar im Allgemeinen zufrieden, erkannten jedoch den Ausstellern nicht den ersten Preis, sondern die große goldene Ehrenmedaille der Gesellschaft zu, da die eine Hauptbedingung des Programmes, gehöriges Aufbringen und Wenden (nicht bloß Zerwühlen) des Bodens, unerfüllt geblieben war. J. Fowler. Die vorher ausführlich beschriebene eigenthümliche Maschinen- und Seilanordnung arbeitete schon auf den Feldern zu den Vorversuchen (bei Nicholls und noch mehr bei Cooper) auf dem Balcon-Preis-Felde mit entschiedenem Erfolge. Ueber die Größe der täglichen Unkosten der Fowler'schen Maschinerie vereinigten sich die Preisrichter in meinem Beiseyn folgendermaßen:
Für den Maschinenwärter – Pfd. St.   5 Shl. – Pence   „  Pflug- und Ankerwärter (à 3 Shl.) –     „   6 „ –    „   „  zwei Jungen –     „   2 „ –    „   „  das Herbeischaffen von Wasser –     „   6 „ –    „   „  Kohlen (10 Centner) –     „ 10 „ –    „   „  Oel etc. –     „   1 „ –    „   „  Hin- und Herschaffen etc. –     „   4 „ –    „   „  Interessen zu 5 Proc. und Abnutzung 15 Proc.      des Anlagecapitals (von 650 Pfd. St.), jährlich      200 Arbeitstage vorausgesetzt –     „ 13 „ –    „ ––––––––––––––––––––––––– Summa 2 Pfd. St.   6 Shl. – Pence
Im leichten Lande wurde die Arbeit von Fowler, einschließlich der nothwendigen Stillstände, im Verhältnisse von 7 3/4 Acres pro Tag (10 Stunden) beschafft. Ohne Rechnung der Stillstände, wenn die Pflüge im besten Gange befindlich waren, arbeiteten dieselben mit 3,83 Fuß Geschwindigkeit pro Secunde, was ungefähr 1,031 Acres pro Stunde geben würde, und wobei der Boden von den vierscharigen Pflügen auf 3 Fuß 4 Zoll oder 40 Zoll Breite, bei 6 Zoll Tiefe, gut umgelegt wurde. Im schweren Boden pflügte Fowler 4 Acres 3 Roods 12 Poles in der Zeit von 9 Stunden 39 Minuten, was gleich ist 5 Acres (7 hannoversche Morgen) pro Tag, bei ebenfalls 40 Zoll Breite und 6 Zoll Tiefe der Furchen. Andere an derselben Stelle mit Cotgreave'schen Rajolpflügen angestellte Versuche (2 Pflüge, 12 bis 14 Zoll Furchentiefe und 20 Zoll Breite), aus welchem sich eine Leistung von 2 1/2 Acres (3 3/4 hannov. Morgen) pro Tag berechnete, lieferten endlich, mit Zuziehung der vorher angeführten Resultate, überhaupt folgende Mittelwerthe zur Beurtheilung der Arbeitskosten bei Anwendung des Fowler'schen Ackermaschinensystems: Leichtes Land zu pflügen: 6 Shilling bis 7 Shilling 2 Pence pro Acre, oder 1 Rthlr. 9 gGr. bis 1 Rthlr. 18 gGr. pro hann. Morgen. Schweres Land zu pflügen: 9 Shilling 2 Pence pro Acre oder 2 Rthlr. pro hannov. Morgen. Schweres Land zu rajolen: 18 Shilling 4 Pence pro Acre oder 4 Rthlr. pro hannov. Morgen.60) Schließlich vereinigten sich die sachverständigen Preisrichter (Judges) dahin, daß sich im Vergleich des Ackerns mit Pferden und gewöhnlichen Geräthen, unter Anwendung des Fowler'schen Maschinensystems, ein Gewinn herausstelle von: 2 1/2 bis 25 Procent beim Pflügen leichten Bodens, 25 bis 30 Procent beim Pflügen schweren Bodens, und 80 bis 85 Procent beim Rajolen. Da übrigens die Arbeit regelrecht und in jeder Hinsicht der gestellten Preisfrage entsprechend bezeichnet wurde, so erkannte, nach Vortrag der Preisrichter, auch der Gesellschaftsrath (Council) die Frage für gelöst und Hrn. Fowler jun. für würdig die ausgesetzte Summe von 500 Pfd. Sterling zu empfangen. Mindestens für englische Verhältnisse ist jetzt kein Zweifel mehr, daß Dampfkraft mit Nutzen zum Bearbeiten des Ackerbodens verwandt werden kann und zwar um so erfolgreicher, je tiefer man pflügt, rajolt, oder noch besser das Dampfarbeitssystem überhaupt zur Tiefcultur in Anwendung bringt. Früher oder später dürfte aber auch die Dampfkraft ihre Wirksamkeit auf unsere deutschen Felder erstrecken, und zwar dann wenn die Fabrikindustrie ihre weitere und erhöhte Einwirkung äußern, den Arbeitslohn noch mehr steigern und überhaupt manche Verhältnisse der Gegenwart noch anders gestalten wird, deren Ordnung und natürliche Folge man jetzt noch nicht begreift, oder vielleicht gar noch für unmöglich hält. Ebenso wie Eisenbahnen die Chausseen, Rad und Schraube das ehrwürdige Handruder, die Spinnmaschine das häusliche Spinnrad und die Dreschmaschine den alten Flegel schon jetzt beinahe verdrängt hat, eben so dürfte, ganz oder zum Theil, das Dampfpferd an die Stelle unserer heutigen Ackerpferde treten, insbesondere dann, wenn gleichzeitig der außerordentliche Nutzen der Tiefcultur allgemeiner erkannt und in Erfahrung gebracht seyn wird, daß die beiden mächtigen Hebel der materiellen Gegenwart, Chemie und Mechanik, der Landwirthschaft im schwesterlichen Verbande noch lange nicht genug dienstbar gemacht sind. Vielleicht werden in der Erstzeit Unternehmer erforderlich, welche mit ihren Dampfpflügen von Hof zu Hof ziehen, um für Lohn zu arbeiten, weil zum rechten Gelingen Kenntnisse und Geschicklichkeit gehören, und bei den Handlangern der deutschen Land- und Rittergüter noch lange das fast angeborene Talent der englischen Arbeiter zur Mechanik und zum gewandten Anfassen wird entbehrt werden müssen. Ob aber diejenigen unserer Landwirthe, welche sich selbst heute noch vor Anwendung der locomobilen Dampfmaschine scheuen, zur Zeit des Dampfpfluges auf deutschen Feldern diesen veränderten Zustand nicht ebenfalls segnen werden, dürfte kaum zu bezweifeln seyn, wenn man allein beachtet, daß das Dampfpferd nur frißt wenn es arbeitet, seltener krank oder unbrauchbar wird, als das heutige Ackerpferd, ferner der fast unberechenbare Vortheil bei Anwendung des Dampfpferdes eintritt, die Benutzung energischer Kraft im rechten Augenblicke stets in der Hand zu haben und endlich eine ganz andere Herbstcultur wird stattfinden können, als dieß bei dem besten Willen mit den Mitteln der Gegenwart der Fall ist.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    V
Tab. V