Titel: | Photometer zur Controle der öffentlichen Gasbeleuchtung; von Dr. Adolph Poppe. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. CVII., S. 433 |
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CVII.
Photometer zur Controle der öffentlichen
Gasbeleuchtung; von Dr. Adolph
Poppe.
Aus dem Jahresbericht des physikal. Vereins zu
Frankfurt a. M. für 1857–1858.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Poppe's Photometer zur Controle der öffentlichen
Gasbeleuchtung.
Bei Festsetzung der Lichtstärke der öffentlichen Gasbeleuchtung pflegt man das Licht
einer Wachskerze von gegebenem Gewichte als Einheit des Maaßes zu Grunde zu legen,
wonach die Intensität jeder einzelnen Flamme zu reguliren ist. So besteht z.B. in
Frankfurt die vertragsgemäße Bestimmung, daß jeder zur öffentlichen Beleuchtung
angebrachte Brenner eine Leuchtkraft von mindestens 7 Wachskerzen der besten
Qualität von 14 Zoll Länge haben soll, deren 4 Stück 1 Pfd. Frankfurter
Silbergewicht wiegen. Dieser Bestimmung gemäß ist die Bohrung der Brenner normirt.
Aber weder das Kaliber, noch die Regulirung der Brenner nach der Verschiedenheit der
Entfernung ihres Ortes von dem Gasometer der Fabrik, und eben so wenig besondere
mechanische Vorrichtungen, die man etwa an den Straßenlaternen anbringen könnte, um
die Beleuchtung der willkührlichen Einwirkung der Laternenanzünder zu entziehen,
bieten eine sichere Garantie, daß die vertragsmäßige Lichtstärke wirklich
stattfinde. Denn die Leuchtkraft der Flamme hängt nicht allein von der Gestalt und
Größe der Ausströmungsöffnung ab, sondern auch von dem Druck, unter welchem das Gas
entströmt, sowie von der Qualität des Gases selbst. Die inspicirende Behörde sollte
daher neben den sonstigen zur Sicherung der vorgeschriebenen Lichtstärke getroffenen
Anordnungen die Mittel an der Hand haben, nöthigen Falles durch directe
photometrische Probe an den Straßenlaternen selbst von der Intensität der
öffentlichen Beleuchtung sich zu überzeugen. Auf den ersten Blick mag ein solches Verfahren zeitraubend
und umständlich erscheinen. Erwägt man jedoch, daß ein einziger Versuch, mit einer
zweckmäßig gewählten Gasflamme angestellt, gleichzeitig für eine Reihe von Flammen
maaßgebend ist, so wird man begreiflich finden, daß eine derartige unmittelbare
Controle in kurzer Zeit über einen ganzen Stadtdistrict sich ausdehnen läßt,
vorausgesetzt, daß der photometrische Versuch an sich rasch abgemacht werden
kann.
Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, habe ich den Plan zu einem transportablen
Photometer entworfen, das durch Hrn. Mechanikus Fritz
dahier ausgeführt wurde, und seit einigen Jahren zur Controle unserer städtischen
Straßenbeleuchtung im Gebrauch ist. Fig. 19 stellt eine
perspectivische Ansicht des Apparates nach einer photographischen Aufnahme dar. Die
geometrische Skizze Fig. 20 dient zur Erklärung seines einfachen Princips. a, c, b ist ein ungefähr 6 Fuß langer Hebel, dessen
Drehungsachse c auf einem dreibeinigen Stativ ungefähr 4
Fuß über dem Boden gelagert ist. Auf dem größeren Arm dieses Hebels, welcher aus
zwei parallel übereinander angeordneten und durch eiserne Stehbolzen leiterähnlich
mit einander verbundenen Holzstäben besteht, läßt sich das eigentliche Photometer
P verschieben und mittelst einer Stellschraube s in jeder beliebigen Lage fixiren. Der kürzere Hebelarm
endigt sich in eine Gabel, in welche die Laterne oder der Kasten L, worin die Normalkerze brennt, so eingehängt ist, daß
die Flamme zugleich in der Richtung der Aufhängungsachse und in der Achsenrichtung
des viereckigen Photometerrohrs oder Kastens m, m sich
befindet. In Folge dieser Aufhängung ist die Lage der Kerzenflamme sowohl in
Beziehung auf die Drehungsachse des Hebels als auch rücksichtlich der Längenachse
des Photometerkastens constant. Die dem Photometer zugekehrte Wand der Laterne L besteht aus einem reinen weißen Spiegelglas, die
übrigen Wände sind von Holz und innen geschwärzt.
Als Photometer habe ich das bekannte Ritchie'sche gewählt,
jedoch mit den durch den vorliegenden Zweck bedingten Modificationen. Der Beobachter
sieht nicht von Oben, sondern von der Seite in den Apparat, und zwar durch die
pyramidale Ocularröhre d, welche mittelst Scharnieren um
ihre obere Kante drehbar, sich in die verticale Lage aufrichten läßt. Die Wand der
Röhre m, m, welche dem Rohre d gegenüber liegt, enthält eine Thür, welche sich um Scharniere e, e nach Außen öffnen läßt. An diese Thür sind inwendig
die beiden unter einem Winkel von 45° gegen die Längenachse des
Photometerkastens geneigten und unter einem Winkel von 90° zusammenstoßenden
Spiegel befestigt. In Folge dieser Anordnung lassen sich die Spiegel, sobald zum Behuf des Visirens ein
freier Durchblick durch den Kasten erforderlich ist, ohne Zeitverlust aus dem Weg
schaffen und eben so schnell wieder an ihre Stelle bringen. Die Ebenen beider
Spiegel sind senkrecht zum Boden des Kastens, und werfen daher das zu beiden Enden
des letzteren einfallende Licht gegen ein mattgeschliffenes Glas, welches in die
gegenüberliegende Seitenöffnung eingesetzt ist und durch die herabzuklappende
Ocularröhre d bedeckt wird. Will man statt der Ritchie'schen, Spiegelvorrichtung das dem Bunsen'schen Photometer zu Grunde liegende Princip
anwenden, so hat man nur statt der beiden Spiegel einen weißen Papierschirm von
passender Form und Größe, dessen Mitte einen mittelst Stearinsäure transparent
gemachten Kreis enthält, unter einem Winkel von 45° an die erwähnte Thür zu
befestigen und die mattgeschliffene Glastafel wegzulassen. Die übrige Anordnung des
Apparates bleibt unverändert. Außen an der Seitenthür befindet sich eine kleine mit
einem Kurbelgriff versehene Rolle r, durch deren
Umdrehung ein Senkblei bis auf den Boden herabgelassen werden kann. Auf ähnliche
Weise kann man von der Mitte der Laterne L ein Bleiloth
herablassen. Beide Enden des Photometerkastens sind zum Schutz gegen Staub durch
Thüren, wovon hier nur die eine t geöffnet dargestellt
ist, verschließbar. Zur Drehung des Hebels dient der Griff g, an dessen Achse ein kleines Getriebe sich befindet, welches in den
gezahnten Quadranten k greift. Eine auf der andern Seite
des Stativs befindliche gegen den Quadranten wirkende Stellschraube dient zur
Feststellung des Hebels in jeder beliebigen Lage.
Das praktische Geschäft der photometrischen Probe, zu dessen Erläuterung wir Fig. 20 zu
Hülfe nehmen, ist nun folgendes. Es bezeichne b, Fig. 20 den
Ort der zu untersuchenden Gasflamme, bk ihre Höhe
über dem Boden. Nachdem der Beobachter beide an den Enden des Photometerkastens
befindlichen Thüren t geöffnet, und die Seitenthür mit
den beiden Spiegeln (oder dem Bunsen'schen Papierschirm)
aus dem Kasten herausbewegt hat, richtet er, durch den letzteren visirend, den Hebel
auf die Gasflamme, so daß diese in der Mitte des Gesichtsfeldes erscheint, und
stellt ihn in dieser Lage fest. Dann bringt er die Spiegel (oder den Papierschirm)
wieder in ihr Gehäuse, hängt die Laterne mit der Normalkerze ein, und schiebt das
Photometer längs des Hebels vor oder zurück, bis die beiden Hälften des
mattgeschliffenen Glases gleich stark beleuchtet erscheinen (oder die mit
Stearinsäure getränkte Stelle des Bunsen'schen
Papierschirms mit der nicht getränkten Fläche gleiche Helligkeit zeigt). Nachdem der
Beobachter das Photometer mittelst der Schraube s
festgestellt, läßt er beide Bleilothe c, g und a, m, Fig. 20, bis auf den Boden herab und mißt mit
Hülfe eines aus zwei zusammenschiebbaren Latten bestehenden, mit einer zweckmäßigen
Theilung versehenen Maßstabes die Abstände mg und
gk. Da nämlich das Verhältniß besteht
gk² : mg² =
bc² : ac²,
so ist es zur Bestimmung des Verhältnisses der Intensitäten
J und i des Gas-
und Kerzenlichtes hier nicht nöthig, die Abstände bc und ac beider Lichtquellen von der
beleuchteten Fläche zu messen, sondern es genügt die leicht und schnell
auszuführende Messung der Projectionen gk und mk jener Abstände. Man hat alsdann
J : i = gk² : mg².
Um endlich dem inspicirenden Beamten jede Rechnung zu ersparen, habe ich demselben
eine Tabelle berechnet, in welcher er die von ihm gemessenen Abstände nur in einer
horizontalen und verticalen Columne aufzusuchen braucht, um sofort die Leuchtkraft
der Gasflammen an dem Durchschnitte der Horizontal- und Verticalreihe, in
welcher die betreffenden Zahlen stehen, ablesen zu können.
Frankfurt a. M., im Januar 1859.