Titel: | Gilbert Smith's Gewehr. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LXXXI., S. 338 |
Download: | XML |
LXXXI.
Gilbert Smith's
Gewehr.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Smith's Gewehr.
Der Erfinder dieses Gewehrs hat schon vor zwei Jahren in den Vereinigten Staaten ein
Patent auf eine seinem hier zu beschreibenden Gewehr ganz ähnliche Vorrichtung
bekommen, und er hat seitdem dieselbe zu größerer Vollkommenheit gebracht, so daß er
nicht nur um ein zweites Patent in den Vereinigten Staaten eingekommen ist, sondern
auch Patentgesuche nach England und Frankreich abgehen ließ.
Sein Gewehr gehört in die Classe derjenigen, bei welchen die Ladung unmittelbar in
die Pulverkammer gebracht werden kann, indem sich der Lauf durch eine daran
angebrachte Vorrichtung aus dem Wege schieben läßt. Die Hauptschwierigkeit, welche
dabei zu überwinden ist, besteht darin, den Lauf wieder vollkommen fest mit der
Pulverkammer zu verbinden, um die Wirksamkeit des Schusses nicht zu vermindern oder
das Schießen mit dem Gewehr gefährlich zu machen, und aus diesem Grunde sind die mit
drehbaren Pulverkammern versehenen Gewehre, die sogenannten Revolvers, selbst in
Amerika noch nicht so allgemein in Gebrauch gekommen, als man bei ihrer großen
Bequemlichkeit erwarten sollte; namentlich hat noch kein solches Gewehr beim Militär
Eingang gefunden.
Die Erfindung bei dem vorliegenden Gewehre besteht darin, den Lauf mit der
Pulverkammer durch ein unten an der letztern angebrachtes Scharnier zu verbinden,
wobei zugleich ein Theil der Pulverkammer noch im hintern Theile des Laufes
angebracht ist, und das dichte Schließen des Laufes an die Pulverkammer durch Abschrägen des hintern
Endes des Laufes und entsprechendes Versenken des vordern Endes der Pulverkammer
bewerkstelligt ist. Um den Lauf und die Kammer fest zusammen zu halten, sind an
beiden Theilen Vorsprünge angebracht, welche durch eine an den Lauf befestigte und
beide Vorsprünge umspannende Feder gefaßt werden, die so eingerichtet ist, daß sie
durch einen neben dem Drücker endenden und durch den Körper der Schwanzschraube oder
des Stoßes sich erstreckenden Zapfen gehoben werden kann, wenn der Lauf
herabgeklappt werden soll, um eine frische Patrone einzusetzen. Die zu diesem
Gewehre angewendeten Patronen, welche den Gegenstand eines besonderen Patentes
bildeten, sind mit einer Hülse von Kautschuk oder Gutta-percha versehen,
welche die Stelle, wo der Lauf an die Kammer sich anschließt, bedecken, und, im
Falle dort während des Losschießens ein Spalt entstehen sollte, denselben
vollständig schließen, ohne dabei selbst Noth zu leiden, so daß man dieselben Hülsen
mehreremal benützen kann.
Fig. 1 stellt
einen Längendurchschnitt des Gewehres vor, und Fig. 2 ist eine obere
Ansicht desselben. Fig. 3, 4 und 5 sind Längenschnitte von Patronen mit Kugel und Fig. 6 ist der
Längendurchschnitt einer Schrotpatrone.
Die gleichen Buchstaben in den verschiedenen Figuren bezeichnen dieselben Theile. A ist der Stoß, welcher mit dem Schafte S in der gewöhnlichen Weise verbunden ist, und wie
gewöhnlich zur Aufnahme des Schlosses dient. B ist der
Lauf, welcher mit dem Stoße durch ein Scharnier C
verbunden ist; letzteres ist in der Zeichnung dargestellt als befestigt an eine
Hülse B', welche auf den hintern Theil des Laufes
aufgeschraubt ist, dasselbe kann jedoch auch unmittelbar am Laufe selbst angebracht
seyn. Im vordern Ende des Stoßes ist eine Vertiefung b
angebracht, und das hintere Ende des Laufes ist auf denselben Durchmesser
ausgeweitet, so daß der weitere Theil c des Laufes und
die Vertiefung b in dem Stoße die Pulverkammer bilden.
Diese ist gerade weit genug um die Patrone D
aufzunehmen, und der Lauf selbst ist um so viel enger als die Pulverkammer, daß sich
ein Ansatz e bildet, dessen Höhe mit der Dicke der
Patronenhülsen übereinstimmt. Das innere Ende i des
Laufes ist abgeschrägt und paßt in eine Versenkung f im
vordern Ende des Stoßes; eine Springfeder E, welche am
obern Theile des Laufes durch eine Schraube g befestigt
ist, dient dazu, den Lauf und den Stoß fest zusammen zu halten. Zu diesem Zwecke ist
die Springfeder mit einer Oeffnung j versehen, welche
über die Vorsprünge h und h'
paßt, wenn der Lauf fest gegen den Stoß anliegt. Der Vorsprung h ist an der Hülse B' fest,
er kann aber auch unmittelbar am Laufe angebracht werden; der Vorsprung h' ist am Stoße befestigt und wenn die Springfeder E mittelst der Oeffnung j
die Vorsprünge h und h'
faßt, so ist der Lauf vollkommen fest mit dem Stoße verbunden. – Um die
Springfeder zu heben und den Lauf herabzuklappen, ist ein Stift F im Stoße angebracht, dessen unteres Ende neben dem
Drücker mit einer Druckplatte versehen ist, und welcher mit seinem obern Ende gegen
die Springfeder E anstößt. Wenn der Stift F hinaufgedrückt wird, bis die Springfeder E in die durch punktirte Linien angezeigte Stellung
kommt, so fällt der Lauf von selbst hinab und die gegenseitige Lage des Kolbens und
des Laufes ist dann eine solche, wie dieß in Fig. 1 durch punktirte
Linien angedeutet ist. Bei dieser Lage läßt sich leicht eine Patrone in die
Vertiefung b im Stoße einsetzen und durch eine schnelle
schwingende Bewegung der Hand, welche das Gewehr hält, wird der Lauf wieder in seine
ursprüngliche Lage zurückgebracht und dort gehalten, da die Springfeder E alsbald über den Vorsprung h' schnappt und dann wieder beide Vorsprünge umspannt. Die Patronen sind
mit Gehäusen D versehen, welche entweder mit einem Boden
aus Kautschuk oder Gutta-percha hergestellt werden, wie dieß in Fig. 3 und 5 dargestellt
ist, oder die aus Röhrchen von Kautschuk oder Gutta-percha mit eingesetzten
Böden K von Leder bestehen, wie Fig. 4 und 6 zeigen. Die Gehäuse sind
gerade weit genug, um die Kugel aufzunehmen, und lassen sich auch für Schrotpatronen
verwenden, wie dieß in Fig. 6 gezeichnet ist;
wenn das Gewehr losgeschossen wird, so drückt sich das Gehäuse gegen die Wände der
Pulverkammer an, und verschließt den Spalt zwischen dem Laufe und dem Stoße
vollkommen, und der Ansatz e hält das Gehäuse in der
Kammer zurück, so daß dasselbe herausgenommen und wieder benützt werden kann.
Dieses Gewehr ist besonders zu Carabinern geeignet, da das Laden die Zaumhand bloß
unbedeutend in Anspruch nimmt; die Zeichnung ist von einem Carabiner genommen,
welcher sich beim Gebrauche als sehr bequem bewährt hat.
New-York, den 1. Februar 1859.
W. Hauff.