Titel: | Ueber die Fabrication der Eisenbahnschienen und das zu denselben verwendete Eisen; von C. Petersen, Ingenieur zu Eschweiler-Aue. |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. IX., S. 27 |
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IX.
Ueber die Fabrication der Eisenbahnschienen und
das zu denselben verwendete Eisen; von C. Petersen, Ingenieur zu Eschweiler-Aue.
Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1858, Bd. II S. 256.
Mit Abbildungen.
Petersen, über die Fabrication der Eisenbahnschienen und das zu
denselben verwendete Eisen.
Die Eisenbahnschienen müssen vornehmlich zwei Einwirkungen widerstehen, welche an
ihre Natur zwei ganz verschiedene Anforderungen machen. Sie müssen nämlich der
Reibung widerstehen, welche die Radbandagen der Locomotiven und Eisenbahnwagen
bewirken, dann aber auch eine bedeutende Tragfähigkeit besitzen, um das Gewicht der
Maschinen und Wagen aushalten zu können. Letztere Eigenschaft muß außerdem eine
große Sicherheit darbieten, weil bei dem Betrieb nicht eine ruhige Belastung der
Schienen anzunehmen ist, sondern auch starke Stöße vorkommen, welchen die Schienen
Widerstand leisten müssen.
Aus diesen verschiedenen Einwirkungen folgt, daß das zu den Schienen verwendete Eisen
hart und zähe seyn
muß.
Von den zwei verschiedenen Eisensorten, welche durch den Frischproceß dargestellt
werden, zeichnet sich das körnige Eisen durch größeren Härtegrad aus, während das Eisen von sehniger Structur weicher,
zäher und elastischer ist.
Abgesehen von anderen Erfordernissen empfiehlt sich daher das körnige Eisen für den Kopf der
Eisenbahnschienen. Sein größerer Härtegrad ist mehr geeignet, den Abnutzungen durch
die Reibung der Radbandagen zu widerstehen, und seine körnige Textur scheint sich
außerdem noch besonders dazu zu empfehlen. Die Abnutzung der Schienenköpfe wird
nämlich viel weniger durch die gewöhnliche rollende Reibung der Räder bewirkt, als
durch die gleitende Reibung, welche in den Curven und beim Bremsen der
Eisenbahnräder stattfindet. Der körnige Kopf der Schiene wird dadurch mehr
abgefeilt; die Abnutzung wird einfach durch Abreiben kleiner Theilchen bewirkt, ohne
Zerstörung des Kopfes und ohne größere Schäden hervorzurufen.
Nehmen wir aber an, der Kopf der Schiene bestehe aus Eisen von sehniger faseriger Structur, so würde durch die gleitende Reibung mehr ein
Ausfasern desselben bewirkt.
Der Fuß der Eisenbahnschienen ist einer directen Abnutzung wie der Kopf nicht
ausgesetzt. Eine sehnige Structur des Fußes wird sich schon deßhalb empfehlen, weil
bei Belastungen der Schiene, also beim Befahren der Eisenbahn, der Fuß hauptsächlich
auf Ausdehnung in Anspruch genommen wird, welcher sehniges Eisen einen viel größeren Widerstand leistet als körniges. Schienenproben, welche durch directe Belastung
sowohl als mit dem Fallklotz vorgenommen wurden, haben gezeigt, daß der sehnige Fuß
einer Schiene sich zwar bog, aber dem Bruche noch lange Widerstand leistete, selbst
wenn der Kopf der Schiene schon gebrochen war.
Die Zähigkeit des sehnigen Eisens bietet daher sowohl für
einfache Belastungen als besonders für vorkommende Stöße eine große Sicherheit, wie
auch in der Praxis Schienenbrüche sehr selten sind. Eine Garantie hiergegen wird
wohl immer in einem zähen sehnigen Fuße der Schiene zu
suchen seyn.
Da es sich hier bloß darum handelt, im Allgemeinen die Anforderungen festzustellen,
welche an das zur Schienenfabrication verwendete Eisen gestellt werden, so mögen
diese kurzen Bemerkungen genügen.
Aus denselben geht hervor, daß der Kopf, welcher der directen Einwirkung der Reibung
widerstehen muß, hart seyn soll, wozu sich körniges Eisen
empfiehlt, während Eisen von sehniger Structur für den
Fuß anzurathen ist, weil es größere Zähigkeit und Elasticität besitzt und dadurch
gegen Brüche größere Sicherheit bietet. Diese beiden Anforderungen werden heute fast
von allen Eisenbahnen gestellt, indem die Bedingungshefte den Eisenfabrikanten
vorschreiben, Eisenbahnschienen zu liefern, deren Kopf körnig, deren Steg und Fuß aber von sehniger,
faseriger Structur ist.
Die einzelnen Vorschriften, welche den Fabrikanten über die Bearbeitung des Eisens
und die Zusammensetzung der Packete gemacht werden, sind fast so verschieden wie die
Schienenprofile, deren fast jede Eisenbahn ein anderes hat.
Um mit einigen Worten zu zeigen, auf welche Weise die Hüttenwerke Schienen mit
körnigem Kopfe und sehnigem Fuß herstellen, nehme ich eine Fabricationsweise an, wie
sie sehr häufig befolgt wird, um obigen Anforderungen zu genügen.
Eine stereotype Bestimmung fast aller Bedingungshefte ist die, daß Kopf und Fuß der
Schienen aus geschweißtem Eisen bestehen sollen; die Packete haben daher geschweißte
Deckplatten von der Breite der Packete, denen sich gewöhnlich noch 1 bis 1 1/2''
quadratische geschweißte Stäbe anschließen. Zwischen diesen geschweißten Platten,
welche den Kopf und den Fuß bilden sollen, befinden sich Stäbe aus gewöhnlichem
Luppeneisen. Durch Anwendung von geschweißtem Eisen für Kopf und Fuß der Schiene
soll für beide Theile, welche am meisten beansprucht sind, reines, schlackenfreies
und gut bearbeitetes Material erzielt werden, während für den weniger beanspruchten
Steg Luppeneisen genügend ist. Das Luppeneisen enthält bekanntlich noch viele
Schlacken und ist weniger fest, da es nur einer Bearbeitung unterworfen ist.
Textabbildung Bd. 151, S. 29
Die geschweißten Deckplatten dagegen werden dadurch
hergestellt, daß Packete aus Luppenäben gebildet, im Schweißofen schweißwarm
gemacht und dann unter den Walzen ausgewalzt werden. Durch diese neue
Bearbeitung wird das Eisen natürlich dichter schlackenfreier als das
Luppeneisen. Um harte und möglichst schlackenfreie Kopfplatten zu erhalten,
schreiben manche Eisenbahnen sogar vor, das Packet, woraus die Kopfplatten
gewalzt werden sollen, schweißwarm unter den Dampfhammer zu bringen, es hier zu
hämmern und nach einer zweiten Schweißhitze es erst auszuwalzen.
Da es sich darum handelt, Schienen mit körnigem Kopf und
sehnigem Steg und Fuß zu fabriciren, so wird
natürlich zur Anfertigung der Kopfplatten körniges
Luppeneisen verwendet, während die Platine für den Fuß aus sehnigem Luppeneisen gebildet wird.
Betrachten wir nun ein Packet für eine Schiene, so sehen wir, daß es aus folgenden
Eisensorten zusammengesetzt ist:
Textabbildung Bd. 151, S. 29
a eine geschweißte Kopfplatte aus körnigem
Eisen;
b, b zwei geschweißte Stäbe aus körnigem Eisen;
c, c Stäbe von körnigem Luppeneisen;
d, d von sehnigem Luppeneisen;
e, e zwei geschweißte Stäbe von sehnigem Eisen;
f eine geschweißte Platine aus sehnigem Eisen.
Das so zusammengesetzte Packet wird in dem Schweißofen zur Schweißhitze gebracht und
zur Schiene ausgewalzt.
Einige Eisenbahnen lassen die Packete unter dem Dampfhammer schmieden und erst nach
einer zweiten Schweißhitze auswalzen. Die Anwendung des Hammers ist ohne Frage ein
ausgezeichnetes Mittel, um eine in allen Theilen gut geschweißte Schiene zu
erhalten. Die gehämmerten Schienen werden daher auch in neuester Zeit immer mehr
verlangt, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird dieser Fabricationsweise eine große
Zukunft blühen.
Die größte Schwierigkeit der heutigen Schienenfabrication besteht darin, aus diesen
Packeten, welche aus ungleichartigem und verschieden bearbeitetem Eisen bestehen, Schienen zu
walzen, welche in allen Theilen vollkommen geschweißt sind.
Um diese Schwierigkeit einzusehen, darf man nur ins Auge fassen, daß diese
Eisensorten bei sehr verschiedenen Temperaturen ihre Schweißhitze erhalten. Sehniges
Eisen verlangt bekanntlich eine viel höhere Temperatur zur Schweißhitze als körniges
Eisen. Letzteres muß außerdem im Schweißofen sehr sorgfältig behandelt werden, da
sich seine Qualität bei zu großer Hitze bedeutend vermindert. Abgesehen davon, daß
die resp. Schweißhitzen des körnigen und sehnigen Eisens bei verschiedenen Temperaturgraden
eintreten und dadurch der Schweißung praktische Schwierigkeiten in den Weg gelegt
werden, erlangt aber auch Eisen von derselben Natur bei verschiedenen
Temperaturgraden die Schweißhitze, wenn es verschieden
bearbeitet ist. Dieß ist der Fall bei Luppeneisen und geschweißtem Eisen.
Geschweißtes Eisen schweißt bei höherer Temperatur als Luppeneisen; ersteres erkaltet
aber auch wiederum schneller als letzteres, welches noch mehr Schlacke enthält und
in dieser Schlackenschicht gleichsam eingehüllt gegen zu schnelles Erkalten
geschützt wird.
Aus diesen Andeutungen geht hinlänglich hervor, daß die Schweißung der Schienen mit
körnigem Kopfe und sehnigem Steg und Fuß besonders bei Anwendung von geschweißten
Kopfplatten große Schwierigkeit bietet. Wenn es nun auch durch Uebung und Erfahrung
vielfach gelingt, durch diese Fabricationsweise gute Schienen herzustellen, so
entstanden doch durch die Erfahrungen der Eisenbahnen gerechte Zweifel gegen diese
Fabricationsmethode, besonders gegen die Anwendung der bis heute als unentbehrlich
angesehenen geschweißten Kopfplatten.
Bei Schienen mit geschweißten Kopfplatten hat man nämlich vielfach die Erfahrung
gemacht, daß nach längerer oder kürzerer Betriebszeit in Folge der Reibung und der
darüber rollenden und gleitenden Last die Kopfplatte sich vollständig ablöste.
Dieser Fehler ist die Folge von unvollkommener Schweißung.
In Folge von solchen unangenehmen Erfahrungen und mit Hinblick auf die
Schwierigkeiten, welche die Anwendung von geschweißten Deckplatten der Schweißung
bietet, sind schon vielfach Vorschläge zur Abänderung der jetzt allgemein befolgten
Fabricationsmethode gemacht worden. Ein solcher Vorschlag ging schon im Jahre 1851
von Hrn. Baurath Weishaupt aus.
Hr. Weishaupt stellte nämlich im Jahre 1851 im Auftrag des
preußischen Ministeriums Untersuchungen an über die Tragfähigkeit verschiedener
Eisenbahnschienen und gelangte in Folge der bei diesen Versuchen gemachten
Beobachtungen zu folgendem Schluß über die üblichen Fabricationsmethoden.Untersuchungen über die Tragfähigkeit verschiedener Eisenbahnschienen,
angestellt im Sommer 1851 von Th. Weishaupt, kgl.
Eisenbahn-Baumeister. Berlin 1852.
Eine vollkommene Schweißung in den Schienen scheine nicht erreichbar, selbst nicht,
wenn die Packete unter dem Hammer geschmiedet werden, so lange das zur Bildung der
Packete verwendete Eisen von heterogener Beschaffenheit ist. Die Schweißbarkeit der
Rohschienen und der geschweißten Deckplatten sey theils wegen ihres verschiedenen
Kohlegehaltes, theils wegen ihrer relativen Schlackenmenge und der verschiedenen
Dichtigkeit zu wenig übereinstimmend, als daß aller Mühe und Sorgfalt ungeachtet
stets der richtige Zeitpunkt zu treffen wäre, wo Jedes bereit ist mit dem andern
Eins zu werden. Nur Schienen aus durchweg gleichartigem und
gleichbearbeitetem Material dürften die nöthige Garantie einer guten, das Ganze
zu einer homogenen Masse vereinenden Schweißung geben. Hr. Weishaupt
schlägt daher vor, Schienen von feinkörniger Structur zu machen, deren Packete bloß
aus Luppeneisen gebildet werden. Um schlackenfreies und gut bearbeitetes Luppeneisen
zu erhalten, sollen die Luppen unter dem Hammer gezängt werden. Die Packete werden
nach einer ersten Schweißhitze unter dem Dampfhammer geschmiedet und nach einer
zweiten Schweißhitze ausgewalzt. Um ein Packet zu erhalten, welches aus gleichmäßig bearbeitetem Material besteht, würden also
die bisher für unentbehrlich gehaltenen geschweißten Kopfplatten verschwinden, das
Packet würde bloß aus Luppeneisen zusammengesetzt werden.
Die Zusammensetzung aus körnigem und sehnigem Eisen müßte ebenfalls aufgegeben werden, um bloß gleichartiges Material anzuwenden. Hr. Weishaupt schlägt daher Schienen von durchweg feinkörniger Structur vor. Alle Schwierigkeiten, welche
die Packete mit Anwendung von geschweißten Deckplatten einer vollkommenen Schweißung
entgegensetzen,
würden daher bei dieser Fabricationsweise wegfallen. Es ist mir nicht bekannt, ob
diese Fabricationsmethode irgendwo adoptirt wurde. Ohne praktische Erfahrung läßt
sich aber nicht sagen, ob sie die Mängel der früheren beseitigt, ohne andere Fehler
nach sich zu ziehen. Dieselben Vorschläge wurden neuerdings gemacht in den Annales des mines 1857: „Couche, des chemins de
fer d'Allemagne“.
Seit einiger Zeit bricht sich eine Fabricationsmethode Bahn, welche in einer Hinsicht
obigen Verbesserungsvorschlägen nachkommt, indem sie Packete aus gleich bearbeitetem Material (Luppeneisen) anwendet, ohne
aber der Gleichartigkeit (Homogeneität), welche Hr. Weishaupt außerdem verlangt, Rechnung zu tragen. In
England und Belgien wurden nämlich in neuerer Zeit auf mehreren Eisenhütten Schienen
gewalzt aus Packeten, welche ganz aus Luppeneisen bestanden (mit Ausnahme von 2
Stäben für den Fuß). Die Resultate waren, was die Fabrication betrifft, sehr
günstig, indem Schienen erzielt wurden, welche in ihrem Aeußern allen Anforderungen
entsprechen, welche an gut geschweißte Schienen gestellt werden können. In
Deutschland wird in kurzem diese Fabrication vollständig ins Leben treten, indem die
Gesellschaft Phönix contractlich eine sehr bedeutende Quantität Schienen für die
Köln-Mindener Eisenbahn liefern wird, welche nach dieser von der Gesellschaft
Phönix vorgeschlagenen Methode fabricirt werden. Für die Fabrication dieser Schienen
sind im allgemeinen folgende Bedingungen festgesetzt:
Der Kopf der Schiene soll aus feinkörnigem, Steg und Fuß
dagegen aus sehnigem Eisen bestehen.
Das körnige Luppeneisen, welches für den Kopf bestimmt
ist, muß unter gußeisernen 10,000 Pfund schweren Aufwerfhämmern gezängt werden, um
möglichst reines, schlackenfreies Material zu erhalten. Die Packete müssen
schweißwarm unter einem 60 Ctr. schweren Dampfhammer geschmiedet und in einer
zweiten Schweißhitze ausgewalzt werden.
Ein Packet für solche Schienen wird ganz aus Luppeneisen bestehen, mit Ausnahme von
einigen geschweißten Stäben für den Fuß:
Textabbildung Bd. 151, S. 32
a, a Luppenstäbe von körnigem Eisen;
b, b Luppenstäbe von sehnigem Eisen;
c, c geschweißte Stäbe von sehnigem Eisen.
Soll Luppeneisen mit Erfolg die Stelle des geschweißten Eisens vertreten, so muß
natürlich bei der Bearbeitung desselben die größte Sorgfalt angewendet werden, damit
reines, schlackenfreies, gutes Material erhalten wird.
Zu diesem Zweck muß sowohl der chemische Proceß im Puddelofen als die spätere
mechanische Bearbeitung sorgfältig ausgeführt werden. Ist das Roheisen von einer
Qualität, welche sich für körniges Eisen eignet, sorgfältig gepuddelt, so besteht
die Hauptaufgabe der mechanischen Bearbeitung darin, die Luppe gut zu zängen, damit
die Schlacke ausgepreßt und die schwammige poröse Masse zu einem möglichst reinen,
dichten und gleichartigen Material vereinigt werde. Von allen Maschinen welche zum
Zängen der Luppen angewendet werden, verdient der Hammer ohne Frage den Vorzug, und
ist der Aufwerfhammer dem Dampfhammer vorzuziehen. Die Wirkung von schweren
Aufwerfhämmern ist von Anfang an so kräftig, daß schlecht gemachte und schlecht
gefrischte Luppen auseinander fliegen. Diese Bearbeitung ist daher zugleich eine
Probe für die Qualität des Eisens. Mit Recht wird daher bei dieser Fabrication der
Aufwerfhammer zum Zängen der Luppen angewendet.
Nach dem Zängen werden die Luppen wie gewöhnlich zu flachen Stäben ausgewalzt. Auch
hier werden an die Fabrication strenge Forderungen gestellt, welche die Fabrikanten
aber schon in eigenem Interesse befolgen werden. Die für den Schienenkopf bestimmten
Luppenstäbe müssen nämlich auch äußerlich schön und möglichst scharfkantig
ausgewalzt seyn, damit der Kopf der fertigen Schiene glatt und frei von Schiefern
werde.
Die auf diese Weise bearbeiteten, für den Kopf bestimmten Luppenstäbe werden nun mit
denen, welche Steg und Fuß bilden sollen, zu einem Packet vereinigt, in einem
Schweißofen zur Schweißhitze gebracht und unter einem Dampfhammer von 60 Ctr.
geschmiedet. In den Schweißofen zurückgebracht, wird dann das Packet in einer
zweiten Schweißhitze zur Schiene ausgewalzt. Die Anwendung des Hammers zur
Herstellung von Schienen, welche in allen Theilen schlackenfrei und vollkommen
geschweißt sind, ist schon oben bei der jetzt üblichen Fabricationsmethode als
vorzüglich hervorgehoben. Bei der neuen Methode ist sie um so mehr anzuempfehlen,
als die geschweißte Deckplatte, welche, wie oben erwähnt, der vollkommenen
Schweißung oft hinderlich war, weggefallen ist. Bei sorgfältiger Arbeit und
Behandlung läßt sich nunmehr erwarten, daß durch diese Bearbeitung Schienen von sehr
guter Schweißung erlangt werden.
Auf dem Hüttenwerk der Gesellschaft Phönix zu Eschweiler-Aue wurden nach
dieser neuen Methode probeweise Schienen gewalzt, welche in jeder Hinsicht gelungen
waren. Die Schienen waren sehr schön und glatt gewalzt, vollkommen geschweißt und
der Bruch allen Bedingungen entsprechend.
Ueber diese Fabricationsmethode sind daher alle Zweifel gehoben. Eine längere
Betriebszeit kann aber erst endgültig darüber entscheiden, ob die auf diese Weise
angefertigten Schienen auch allen Anforderungen entsprechen, welche in Bezug auf
Härte an sie gestellt werden.
Ein großer Fortschritt für die Schienenfabrication ist es jedenfalls, daß eine
Eisenbahn diese neue Methode annimmt, nachdem sie durch Erfahrung von der
Unzulänglichkeit der alten Fabricationsmethode überzeugt worden war. Dieses Vorgehen
ist um so mehr anzuerkennen, als ein Fortschritt bloß von den Eisenbahnen ausgehen
kann, die Hüttenwerke dagegen, welchen bei freier Concurrenz der Fortschritt
naturgemäß wäre, in der Schienenfabrication vollständig gehemmt sind.
Bekanntlich schreiben nämlich die Eisenbahnen den Hüttenwerken vor, welche
Eisensorten zu den Schienen verwendet werden sollen, wie die Packete zusammengesetzt
und bearbeitet werden müssen. Durch Commissäre wird die Fabrication streng
überwacht; schließlich werden die Schienen einzeln durch dieselben abgenommen.
Nachdem die Eisenbahnen auf diese Weise alles gethan haben, um bloß Schienen zu
erhalten, welche nach ihrer Methode fabricirt sind, bleibt den Hüttenwerken noch
eine Garantie von mehreren Jahren für ihr Fabricat.
Bei der Wichtigkeit der Schienen für den Betrieb der Eisenbahnen mag es auf den
ersten Anblick im Interesse der Eisenbahnen zu liegen scheinen, dieser Fabrication
eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken und sich durch Vorschriften und
Ueberwachung gute Schienen zu sichern. Vergleicht man aber mit dieser Bevormundung
der Schienenfabrication die Fabrication der für den Betrieb viel wichtigeren
Wagenachsen, so sieht man, daß letztere durchaus nicht unter dieser strengen
Ueberwachung steht, ohne daß sich die Eisenbahnen hierbei schlechter befinden.
Consequenter Weise sollten die Eisenbahnen darauf sehen durch strenge Abnahme und
Prüfung nur gute Schienen zu erhalten, ohne darnach zu fragen, wie sie fabricirt
wurden. Eine längere Garantie von Seiten der Hüttenwerke böte den Eisenbahnen
hinlängliche Sicherheit für gutes Fabricat.
Um die Freiheit der Schienenfabrication vollständig zu machen und die Schienen wie
jedes Handelseisen der freien Concurrenz zu überlassen, würde dann bloß noch fehlen,
daß die Annahme eines Profils für alle Eisenbahnen es
möglich machte, Schienen als gewöhnlichen Handelsartikel in Vorrath zu machen und
auf Lager zu halten. Die freie Concurrenz würde den Eisenbahnen vielleicht bald zu
besseren Schienen verhelfen, als die bisher erlangten, deren Fabrication
vorgeschrieben war.