Titel: | Neue Verfahrungsarten zur Darstellung von Lichtbildern ohne Anwendung von Silbersalzen; von H. Garnier und A. Salmon in Chartres. |
Fundstelle: | Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XVI., S. 52 |
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XVI.
Neue Verfahrungsarten zur Darstellung von
Lichtbildern ohne Anwendung von Silbersalzen; von H. Garnier und A. Salmon in
Chartres.
Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, Vol. XIII p.
250.
Garnier's Verfahrungsarten zur Darstellung von Lichtbildern ohne
Anwendung von Silbersalzen.
Erstes Verfahren.
Dasselbe beruht darauf, daß Lampenschwarz an dem vom Licht nicht afficirten
citronensauren Eisenoxyd haftend bleibt.
Man bereitet sich eine sehr dicke Auflösung von citronensaurem Eisenoxyd, welche man
mittelst eines weichen Leinwandbäuschchens auf recht glattes satinirtes Papier
zuerst rasch aufstreicht, und hierauf langsam darüber wischt, um eine gleichförmige
Vertheilung der Schicht zu bewirken; das so präparirte Papier läßt man im Dunkeln
trocknen. Soll eine Operation vorgenommen werden, so bringt man dieses Papier unter
einem positiven Lichtbild an und exponirt es an der Sonne 8 bis 10 Minuten, ohne
Sonne bei heiterm Himmel 15 Minuten, bei etwas trübem Himmel 30 Minuten.
Wenn man das Papier aus dem Copirrahmen nimmt, zeigt sich schon das Bild, es ist aber
ohne Kraft, in den Details ungenügend, mit einem Worte schlecht. Die Schatten des
Originals haben dem citronensauren Salz seine Farbe und seine anfänglichen
Eigenschaften conservirt, und es handelt sich darum letztere zu benutzen.
Man begibt sich in ein etwas düsteres, aber hinreichend erleuchtetes Zimmer, und
leimt daselbst das belichtete Papier an seinen Ecken auf eine polirte Glastafel;
dann wird sehr trockenes Lampenschwarz mittelst eines Wattebäuschchens leicht auf
das Bild aufgestrichen. Im Anfang bemerkt man keine Veränderung, wird jedoch
fortgefahren und dabei das Papier angehaucht, so befeuchtet sich das vom Licht nicht
afficirte citronensaure Eisen, das darüber gestrichene Lampenschwarz haftet an
demselben, die Details erscheinen; man haucht das Papier wieder schwach an, streicht
neuerdings das Bäuschchen darüber, und es zeigen sich neue Details; auf diese Art
fährt man fort, bis die feinsten Partien hervorgetreten sind.
Um das Bild zu fixiren, taucht man es vorsichtig in ein Bad von reinem Wasser; das
citronensaure Eisen, welches vom Licht nicht afficirt wurde und woran kein
Lampenschwarz haftet, löst sich auf und verschwindet; es verbleibt ein positives
Bild, in Lampenschwarz gezeichnet; dasselbe wird nach dem Trocknen mit Gummi, oder
auch noch mit Firniß überstrichen.
Dieses Verfahren unterscheidet sich im Grunde von dem (vorstehend mitgetheilten) der
HHrn. Pouncy und Testud de
Beauregard nur in der Operationsweise und dadurch daß das
zweifach-chromsaure Kali durch citronensaures Eisenoxyd ersetzt ist. Wir
zweifeln, daß man jemals nach diesem Verfahren absolut vollkommene Bilder erhalten
wird, welche mit den jetzigen positiven Lichtbildern den Vergleich bestehen, alle
Halbtöne und die feinsten Details wieder geben. Die ersten, der französischen
photographischen Gesellschaft vorgelegten Proben sind jedoch schon genügend.
Zweites Verfahren.
Es beruht auf dem Verhalten des Quecksilbers zu dem vom Lichte getroffenen
Schwefel.
Man löst 25 Grm. Stangenschwefel in 75 Grm. Schwefelkohlenstoff auf, filtrirt und
bewährt die Lösung zum Gebrauche auf.
Von dieser Lösung gießt man eine hinreichende Menge auf die Oberfläche des Papiers,
worauf man das Blatt sehr lebhaft in allen Richtungen bewegt, nicht bloß damit sich
die Flüssigkeit gleichförmig verbreitet, sondern auch damit sich nicht
undurchsichtige Schwefelkrystalle bilden, welche vom Lichte nicht afficirt
würden; man bewährt das so präparirte Papier im Dunkeln auf.
Soll operirt werden, so legt man das Blatt unter ein gewöhnliches negatives Lichtbild
und exponirt es an der Sonne 25 Secunden bis 1 Minute lang, ohne Sonne bei heiterm
Wetter 2 Minuten, bei etwas trübem Wetter 5 Minuten.
Beim Herausnehmen aus dem Copirrahmen ist auf dem Blatt nichts zu bemerken. Man gibt
nun in eine aus Eisenblech bestehende Schale einige Gramme Quecksilber und erhitzt
dieselbe auf einem Ofen. In acht Centimeter (drei Zoll) Entfernung über dem
Quecksilber befestigt man einen Rahmen der mit einem reinen Papierblatt überzogen
ist, auf welches man das exponirt gewesene Blatt legt, die belichtete Seite
desselben nach oben und gegenüber dem Deckel, welcher die Schale schließt. Das
Quecksilber verflüchtigt sich; seine gewissermaßen durch das Papier filtrirten
Dämpfe wirken auf den vom Lichte getroffenen Schwefel; es bildet sich ein
gelblichbraunes Schwefelquecksilber, welches die Details und die Töne des Bildes
vollkommen hervortreten läßt. Das Bild wird hierauf mit Firniß, Gummi oder Eiweiß
überzogen. Um bei dem beschriebenen Verfahren das Bild gegen die directe Einwirkung
der Quecksilberdämpfe zu schützen, kann man das belichtete Papier zwischen zwei
Blättern gewöhnlichen Papiers anbringen; die Wirkung des Quecksilbers erfolgt dann
etwas langsamer, aber sicherer.
Das Schwefelquecksilber, woraus das Bild besteht, widersteht dem Alkohol und
Ammoniak, der gewöhnlichen Schwefelsäure, Salzsäure und Salpetersäure, dem
Cyankalium, den organischen Säuren, den Schwefelalkalien etc.; nur das Königswasser,
die concentrirte Salpetersäure und das saure salpetersaure Quecksilber lösen es auf;
die Wärme bringt es nur bei höherer Temperatur zum Verschwinden.
Bevor wir uns über den Werth der hier mitgetheilten zwei Verfahrungsarten aussprechen
können, und über den Anspruch welchen deren Erfinder auf den Preis des Herzogs von
Luynes
Polytechn. Journal Bd. CXLII S.
235. haben, müssen wir die Vorlage von Bildern abwarten, welche die Erfinder
selbst als vollkommene erklären. Die Proben, welche man bei Hrn. Duboscq in Paris (rue de
l'Odéon, Nr. 21) sehen kann, sind sehr interessant und berechtigen
zu großen Hoffnungen, kommen aber den bisherigen Lichtbildern nicht gleich.
Moigno.