Titel: | Notiz über Paraffin; von Frhrn. v. Reichenbach. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LXVI., S. 220 |
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LXVI.
Notiz über Paraffin; von Frhrn. v.
Reichenbach.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1858, Bd. LXXIII.
S. 111.
v. Reichenbach, Notiz über Paraffin.
Hr. Anderson, Fillipuzzi u.a.m. haben Paraffin aus
verschiedenen Körpern gezogen, aus Bogheadkohle, aus bituminösen Schiefern, aus
Torf, aus mancherlei Hölzern, aus Wachs, aus Rangoon-Naphtha u. dgl., und
haben daraus Erzeugnisse erhalten, die in Schmelzbarkeit, Gefüge, chemischer
Zusammensetzung nicht zureichend congruirten. Daraus haben sie gefolgert, daß es
verschiedene Paraffine geben müsse, mit unter einander abweichenden
Beschaffenheiten.
Diesem Schlusse kann man nicht wohl unbedingt beipflichten. Die Chemiker, welche ihn
aufstellten, haben nicht angegeben, wie sie das Paraffin bereiteten und sich nicht
darüber ausgesprochen, wie sie es reinigten. Nun kommt das Paraffin in der trockenen
Destillation im Verbande mit einer Menge empyreumatischer Oele vor, welche ihm mehr
oder minder, bisweilen sehr hartnäckig anhängen. Die vollständige Reinigung davon
ist häufig genug überaus schwierig. Selbst wenn man es durch Alkohol zieht, so gibt
es Oele, welche wenig Verwandtschaft zu diesem besitzen und dann beständig dem
Paraffin folgen. Der geringste Antheil irgend eines Brenzöles aber macht das
Paraffin sogleich leichter schmelzig, ändert sein specifisches Gewicht, seine
krystallische Ausbildung, seine chemische Zusammensetzung und selbst sein Verhalten beim bloßen Anfühlen.
Wenn nun das Paraffin aus so verschiedenen Substanzen erzeugt wird, wie die
genannten, so kommen aus dem Heere der Empyreumate die mannichfaltigsten Oele in
seine Gesellschaft und Begleitung. Man muß nicht nur sich selbst sehr genau
versichert halten, daß man absolut reines Material erlangt hat, ehe man einen
Ausspruch wagt, der unserer bisherigen Erkenntniß widerspricht; sondern man ist
darüber auch Rechenschaft und zu zeigen schuldig, daß man nicht Irriges in die
Wissenschaft hineinbringt. Die Lehre von den empyreumatischen Körpern strotzt von
Unsicherheiten und zählt ein Uebermaaß von einfach nähern Stoffen auf, von denen
augenscheinlich kaum die Hälfte wahr seyn kann. Und wenn man auf dem bisherigen Wege
fortfährt, so ist gar nicht abzusehen, auf welche Unzahl von Brenzkörpern wir
hinaufkommen werden. Der Grund liegt zumeist bloß darin, daß man nicht strenge genug
in der Trennung und Reinigung der Substanzen war, die man erzeugte, und dann zu
Derivaten gelangte, deren Zahl unendlich ist, und die, wenn sie der Eine darstellte,
der Andere nicht wieder zu finden vermochte. – Auf solche Art gibt es dann
freilich verschiedene Paraffine, aber nicht weil es verschiedene Arten von Paraffin
gibt, sondern weil man mancherlei unreine Proben davon dargestellt hat.