Titel: | G. Bower's Apparat zur Kohlengasbereitung für den Privatgebrauch, nebst Gas-Regulator; beschrieben von Paul Wagenmann, Ingenieur in Neuwied. |
Autor: | Paul Wagenmann |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LV., S. 184 |
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LV.
G. Bower's Apparat zur
Kohlengasbereitung für den Privatgebrauch, nebst Gas-Regulator; beschrieben von
Paul Wagenmann, Ingenieur in Neuwied.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Bower's Apparat zur Kohlengasbereitung und
Gas-Regulator.
Der Bower'sche Gasapparat eignet sich, weil er in kleinem
Maaßstabe ausführbar ist, vorzüglich für Privathäuser und Fabriken; er wurde aber
auch schon mehrfach in den zur Beleuchtung kleiner Städte erforderlichen Dimensionen ausgeführt.Der Verfasser, welcher Hrn. G. Bower für
Gasanlagen in Deutschland vertritt, hat bereits im polytechn. Journal Bd. CXLVIII S. 237 eine Notiz über
diesen Apparat veröffentlicht. Dieser Apparat besteht aus einer Retorte von eigenthümlicher Form, welche in
einem Ofen von feuerfesten Steinen eingemauert ist; sie wird mittelst einer
archimedischen Schraube mit Kohlen beschickt und durch dieselbe auch von den
gebildeten Kohks entleert. Jede Kohlencharge wird an dem einen Ende der Retorte in
ein verticales Rohr eingetragen, welches mit einem Deckel verschließbar ist; dieses
Rohr endigt in einer Kammer, worin die Schraube arbeitet; durch Drehung der Schraube
mittelst einer Kurbel wird sowohl die Steinkohle in der Retorte vorwärts geschoben,
als auch das entgaste Material entleert. Die Kohks gelangen durch eine Abfallröhre
in einen eisernen Behälter, welcher Wasser enthält, aus dem sie dann ohne
Belästigung entfernt werden können. Das Gas zieht am Ende der Retorte durch ein
Steigrohr in den Reinigungsapparat. Die Feuerung zum Heizen der Retorte ist die
gewöhnliche.
Fig. 1 zeigt
die Seitenansicht des vollständigen Gaserzeugungsapparates, und Fig. 2 den Durchschnitt
der Retorte und des Reinigungsapparates. Der Retortenofen A wird durch die Thür B mit Brennmaterial
gespeist, und die gasförmigen Verbrennungsproducte ziehen durch den Schornstein C ab. In diesem Ofen liegt quer hindurch und fast
horizontal die Retorte D, und unter derselben der Boden
E aus feuer festen Steinen, welcher an den
Widerlagern mit Oeffnungen für den Durchgang der Flamme versehen ist. Die Retorte
ist fest in das Mauerwerk eingelegt und hat eine schwach conische Form. Ueber dem
engeren Ende der Retorte befindet sich der zum Eintragen der frischen Kohlen
bestimmte Rumpf F, welcher durch einen Deckel mit
eingeschliffenem Pfropf G verschlossen ist.
Rechtwinkelig gegen denselben und unmittelbar unter ihm liegt die archimedische
Schraube H, welcher also die eingetragenen, gehörig
zerkleinerten frischen Kohlen unmittelbar zugeführt werden. Der Schraube wird die
rotirende Bewegung vermittelst der Kurbel I und des
Räderwerks J mitgetheilt (bei Ausführung des Apparats in
großen Dimensionen aber mittelst Elementarkraft). Das Austragende der Retorte,
welches weiter als das Einführende ist, damit die Kohlen während der Kohlsbildung
sich ausdehnen und die Kohks leichter entfernt werden können, mündet in die
Abfallröhre K, welche unten offen ist und in den Wasser
enthaltenden Behälter L taucht, worin die Kohks
plötzlich abgekühlt werden. Damit diese Abfallröhre leicht untersucht werden kann, ist sie oben offen
und durch einen besondern Deckel M verschlossen. Das Gas
gelangt durch die Leitung N, O in den Reinigungsapparat
und aus diesem durch die Leitung Q in den Gasometer.
Wenn man die Retorte in Betrieb setzen will, so nimmt man den Pfropf G ab und trägt in den Rumpf eine Charge Kohlen ein,
welche ungefähr den vierten Theil des Retorteninhalts beträgt. Dann setzt man die
Schraube in Umdrehung, wodurch die Kohlen rasch in die Retorte geschafft werden.
Nach einer Stunde wiederholt man dieselbe Operation, nach Verlauf von wiederum einer
Stunde nochmals, und endlich nach Ablauf einer neuen Stunde zum letztenmale. Jetzt
ist aus der ersten Charge das Gas vollständig ausgetrieben, und die aus derselben
erzeugten Kohks fallen durch die Abfallröhre K in den
Behälter L, aus welchem sie dann entfernt werden. Von
nun an wiederholt sich das Ein- und Austragen der Kohlen und der Kohks immer
wieder stundenweise.
Dieses Verfahren gewährt folgende Vortheile:
1) werden die Kohks (wegen der Verengung der Retorte an ihrem vordern Ende) dichter
und daher werthvoller als die gewöhnlichen;
2) wird dem bisherigen Gasverlust während des Füllens und Entleerens der Retorte
vollständig vorgebeugt, ja nicht einmal die Gasbildung unterbrochen;
3) andererseits wird viel mehr Gas als gewöhnlich erzeugt, weil die aus der zuletzt
aufgegebenen Charge sich entwickelnden Dämpfe und Gase auf drei Viertel der
Retortenlänge über die glühenden, beinahe gasfreien Kohks der früheren Chargen
streichen müssen; die Dämpfe, welche bei dem gewöhnlichen Verfahren als Theer
condensirt werden, liefern hierbei noch einen großen Theil permanentes Gas, welche
Mehrproduction an Gas gegen das gewöhnliche Verfahren der Erfinder zu 15 Proc.
anschlägt;
4) wird nicht unbedeutend an Brennmaterial erspart, weil die Retorte kaum einmal in
einem Monate geöffnet zu werden braucht, während in den jetzigen Gasanstalten das
Leeren und Füllen der Retorten alle 5 bis 6 Stunden einige Minuten Zeit erfordert,
wobei die Retorte durch die Einwirkung der Luft von Außen abgekühlt wird;
5) kann man bei diesem Verfahren die viel billigere Rußkohle statt der Stückkohle
verwenden;
6) erfordert die Bedienung dieses Apparats keine Geschicklichkeit von Seiten des
Arbeiters; in kleinen Gasanstalten erheischt die Handarbeit jede Stunde nur 1 Minute
Zeit zum Drehen der Schraube.
Gas-Regulator. – Fig. 3 zeigt im verticalen
Durchschnitt und im Maaßstab von 1 1/2 Zoll auf 1 Fuß den Regulator, welcher hinter
dem Gasometer angebracht wird, um den Zufluß des Gases zum Hauptrohr zu reguliren.
Das Gas tritt aus dem Gasometer bei A in den Regulator
und aus diesem durch B in die Hauptröhre. In der
Zuflußröhre ist ein Ventil angebracht, welches hermetisch geschlossen werden kann.
Dieses Ventil ist mit der Stange E verbunden, geht durch
die Büchse F und wirkt auf den Gewichtshebel G. An einer Seite dieses Hebels ist ein Zeiger
angebracht, welcher an einer geschlitzten Scala auf und ab geht; in dem Schlitz
dieser Scala befindet sich ein, durch eine Mutterschraube beliebig fest zu
stellender Anschlag H, welcher verhütet daß der Zeiger
und somit auch das Ventil eine tiefere Lage annimmt als es seyn soll. Durch
Adjustirung von H kann man demnach das Ventil nach
Belieben mehr oder weniger geöffnet stellen. Die Stange E ist in Verbindung mit einer (für das Gas undurchdringlichen)
vulcanisirten Kautschukplatte K, welche am Rande
zwischen den Flantschen L befestigt ist. M ist eine Oeffnung, durch welche die Luft aus-
und eintreten kann. Durch Verminderung oder Vermehrung des Druckes sinkt oder steigt
der Zeiger und wird das Ventil mehr oder weniger geöffnet, also der Eintritt des
Gases regulirt. Durch Herstellung des Gleichgewichts am Hebel und Vermehrung oder
Verminderung der Gewichte auf demselben, kann man den Gas-Eintritt mehren
oder mindern.
Fig. 4 zeigt
im verticalen Durchschnitt und in natürlicher Größe den für eine kleine Anzahl
(zwanzig) Flammen anzuwendenden Regulator, um das fortwährende Flackern derselben zu
verhüten; wenn man nämlich nur wenige Flammen anzündet, so consumiren diese, ohne
Anwendung eines den Zufluß regulirenden Apparats, verhältnißmäßig mehr Gas. Der
Regulator steht hinter der Gasuhr. A ist die
Einströmungsöffnung, B die Ausströmungsöffnung, und die
Construction des Apparats ist fast dieselbe wie die in Fig. 3 dargestellte.
Mittelst des Druckes gegen die Kautschukmembrane, durch Vermehrung oder Verminderung
des Gewichts auf der Spindel E, findet man den mittleren
Stand für das Ventil. Der Deckel P kann verschlossen
werden, und somit ist man gegen Verstellung des Gewichts gesichert. Durch Anwendung
dieses Regulators kann man 20 bis 30 Procent Gas ersparen.