Titel: | Ueber das Färben der amorphen Baumwolle; von Professor Dr. Bolley. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XXXVIII., S. 143 |
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XXXVIII.
Ueber das Färben der amorphen Baumwolle; von
Professor Dr. Bolley.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1858, Bd. CVI S.
235.
Bolley, über das Färben der amorphen Baumwolle.
Amorphe Baumwolle können wir die durch Lösen und Wiederausfällen ihrer organischen
Structur entkleidete Baumwollfaser nennen. Ich habe im Zusammenhang mit einer Versuchsreihe über die
Kraft, vermöge deren Beize und Farbstoff sich mit den Spinnfasern verbindet, auch
Proben angestellt über das Verhalten der in Kupferoxydammoniak gelösten und nach der
Filtration gefällten Baumwolle beim Färbeproceß. Die äußerst überraschende und
wahrscheinlich auch technisch folgenwichtige Entdeckung meines Freundes Ed. Schweizer
Polytechn. Journal Bd. CXLVI S.
361. muß gegenwärtig die Aufmerksamkeit der Chemiker fesseln, deßhalb nahm ich
diese vereinzelte Notiz aus einer, vielleicht bald zur Publication reifen größeren
Arbeit heraus. Die (in Kupferoxydammoniak) gelöste und aus klarer Lösung (durch
Salzsäure) in Gallertform gefällte Baumwolle nahm sowohl Alaun- als Zinnbeize
auf; der Ueberschuß der gelösten Beize wurde durch langes Auswaschen und Decantiren
entfernt und die gebeizte Baumwolle mit klaren Farbstofflösungen zusammengebracht.
Quercetinlösung, Hämatoxylinlösung und Lösung von sogenannter ammoniakalischer
Cochenille wurden jede filtrirt und unter den bei der Färberei mit diesen Stoffen
üblichen Temperaturverhältnissen mit der gebeizten Baumwollgallerte
zusammengebracht. Alle Farben fielen hinsichtlich der Intensität und Gleichmäßigkeit
vollkommen nach Wunsch aus. Ich möchte in vorliegender Mittheilung in Kürze nur das
erwähnen, daß sich aus diesem Verhalten die Folgerung ableiten läßt, daß die Structur der Baumwollfaser mit deren Farbenanziehungsvermögen nichts zu thun hat. Bekanntlich
steht diese Annahme in Widerspruch mit einzelnen der über den Färbeproceß
aufgestellten Theorien (W. Crum'sPolytechn. Journal Bd. CXV S.
145. z.B.).
Ich überzeugte mich auch in mehreren Versuchen, daß sowohl gebeizte als verschieden
gefärbte Baumwolle dem Schweizer'schen Lösungsmittel
nicht widersteht, sondern mit Zurücklassung des Farbstoffs und der Beizen gelöst
wird. Auch dieß Verhalten hat eine gewisse Bedeutung für die Theorie des Färbens. Es
wird wesentlich dadurch, wie ich glaube, jener Hypothese, nach welcher die gefärbte
Faser aus einer ternären chemischen Verbindung von Faser, Beizbasis und Farbstoff
bestehen soll (Runge), ein nicht kleiner Theil ihrer
Wahrscheinlichkeit geraubt, da man wohl anzunehmen hat, die noch in
Kupferoxydammoniak lösliche Baumwolle sey chemisch nicht
veränderte, freie Faser.