Titel: | Beschreibung zweier Sonnenuhren, des Skiostats und der Fenestrole, erfunden vom Director August, verfertigt von E. Boissier in Berlin; die erstere patentirt für den preußischen Staat. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. II., S. 12 |
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II.
Beschreibung zweier Sonnenuhren, des Skiostats
und der Fenestrole, erfunden vom Director August, verfertigt von E. Boissier in Berlin; die
erstere patentirt für den preußischen Staat.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
August's Sonnenuhren.
Alle Uhren, so genau und vollkommen sie seyn mögen, bedürfen von Zeit zu Zeit des
Regulirens, nur die Sonnenuhr nicht. Sie ist selbst der Regulator. Wenn daher trotz
der größeren Wichtigkeit, welche in unserer eisenbahnreichen Zeit richtig gehende
Uhren haben, es nur so wenig Sonnenuhren gibt, so liegt das daran, daß es nicht viel
richtige gab, und diese schwer richtig aufzustellen waren.
Die feststehenden Sonnenuhren werden mittelst einer
Mittagslinie oder mittelst der Boussole genau in die Richtung von Süd nach Nord gestellt. Beides ist
schwierig, und wird es nicht ganz genau ausgeführt, so zeigt die Sonnenuhr für immer nicht richtig.
Die beweglichen können nur durch eine mit denselben
verbundene Boussole gestellt werden, sind gewöhnlich nur klein, die dadurch aber
möglich werdenden Fehler um desto größer.
Beide Arten von Sonnenuhren können immer nur für solche Orte genau seyn, welche unter
demjenigen Breitegrade liegen, für den sie gearbeitet sind.
Skiostat.
Die Einrichtung der vom Gymnasialdirector Dr. E. F. August in Berlin angegebenen, und dem Mechaniker E. Boissier (Lindenstraße Nr. 116 in Berlin) für den
preußischen Staat patentirten Sonnenuhr, Skiostat
(Schattensteller), der Zeitsucher im Sonnenschein, genannt, gewährt folgende
Vortheile. Sie kann:
1) für jeden Ort zwischen dem 30sten und 75sten Grad eingestellt
werden;
2) durch eine kleine Veränderung auch so eingerichtet werden, daß
sie an jedem Ort vom Aequator selbst bis zum Pol hin
gebraucht werden kann;
3) bedarf es zu ihrer Aufstellung weder einer Mittagslinie noch
einer Boussole; sondern sie gibt selbst durch den Schatten des Tageszeigers
A das Mittel an, sie in die richtige Lage zu
bringen;
4) kann man ihre Richtigkeit sowohl, wie ihre richtige
Aufstellung ohne andere außerhalb derselben liegende Hülfsmittel prüfen, wie
unten gezeigt werden wird;
5) vereinigt sie Dauerhaftigkeit und Eleganz mit derselben
Genauigkeit wie sie jede andere Sonnenuhr gibt, und einem verhältnißmäßig sehr
billigen Preise.
Beschreibung des Skiostats.
Fig. 6 ist
die vordere Ansicht des Skiostats;
Fig. 7 die
perspektivische Ansicht und
Fig. 8 der
Grundriß des Tageszeigers A.
Für die gleichen Theile gelten die gleichen Buchstaben; die Zeichnungen sind in
der halben natürlichen Größe ausgeführt.
Im Fußgestell H ist das aufrechtstehende Stück I befestigt, in welchem sich in einem Gelenk der Breitenzeiger
F mit seinem Gradbogen bewegt. Er wird durch die
Schraube K im Stück I
fixirt. Auf dem Breitenzeiger ist der Cylinder
L und auf diesem der dreikantige Stab B befestigt. C ist der
Stundenzeiger; er besteht aus einem an der Stundenscheibe
D befestigten Faden, geht in einem Schlitz über die
Stange
M und wird durch das Gewicht G immer in Spannung erhalten. Das Zifferblatt, bis auf Viertelstunden getheilt, ist auf der Platte D eingravirt. Der Tageszeiger
A ist eine Kreisscheibe, durch deren Mittelpunkt die
scharfe Kante des dreikantigen Stäbchens B geht. Das
ganze Instrument ist von Messing, und die Theile A, B; D,
L sind stark versilbert.
Aufstellung des Skiostats.
1) Zuerst muß der Skiostat auf den Breitegrad des Beobachtungsorts, den man aus
jeder Landkarte ersehen kanne, gestellt werden. Das geschieht, indem man die
Scheibe K mit einem beliebigen Schraubenzieher etwas
löst, und den Breitenzeiger F so lange dreht bis der
Zeiger E auf dem richtigen Grad am Gradbogen
einsteht. Dann wird die Schraube K wieder ganz fest
angezogen und diese Stellung wird nun nicht mehr verändert, so lange der
Beobachtungsort derselbe bleibt.
2) Das Instrument wird dann auf eine genau horizontal liegende Platte,
Tischplatte oder dergl. gestellt. Die horizontale Lage derselben ersieht man
daraus, daß eine behutsam aufgelegte Glaskugel, welche der Verfertiger dazu
gibt, ohne zu rollen, überall liegen bleibt.
Man richtet jetzt das Instrument so, daß der Stundenzeiger C beiläufig nach Norden weist und die Kante B,
B nach Süden gerichtet ist. Man dreht dann noch etwas, bis der Schatten
des Tageskreises A an der scharfen Kante des Stabes B genau
denjenigen Theilstrich trifft, welcher mit dem Datum des Tages, an welchem die
Aufstellung geschieht, bezeichnet ist. Da nur für den 3ten, 4ten oder 5ten Tag
ein Theilstrich angebracht ist, so muß der Schatten für die dazwischen liegenden
Tage nach Verhältniß zwischen die eingezeichneten Theilstriche gebracht
werden.
Die Uhr steht nun richtig, das heißt genau von Süden
nach Norden, und der Tageszeiger
A mit dem Aequator parallel. – Läßt man sie
in dieser Lage ruhig stehen, so bleibt auch der Schatten unverändert an
derselben Stelle der hohen Kante von B. Am nächsten
Tage ist er um einen Tag weiter gerückt und so fort. – Es ist ein
eigenthümlicher Vorzug dieser Sonnenuhr, daß sie uns in jedem Augenblick zeigt,
welche Stellung die Erde in der Ekliptik zur Sonne einnimmt, so gut und besser
als man dieß an andern bekannten Apparaten der Art sehen kann.
Ist der Skiostat nun so eingestellt, so gewährt er ein gutes Mittel, die
Genauigkeit der Einstellung selbst zu prüfen. Man dreht ihn mit der Kante B, B der Sonne vorüber, bis der Schatten genau auf
denselben Punkt der scharfen Kante von B einsteht
wie zuvor. Die Sonnenuhr muß dann genau so viel vor Mittag zeigen, als sie
vorher nach Mittag gezeigt hat, und umgekehrt; also z.B. 9 1/2 Uhr Vormittag,
wenn sie vorher 2 1/2 Uhr Nachmittag gezeigt hatte. Ergibt die Beobachtung nun
eine Differenz, so ist daraus zu schließen, daß entweder die Ebene, auf welcher
das Instrument steht, nicht vollkommmen horizontal ist, oder daß der Schatten
nicht genau an die rechte Stelle gebracht war. Vielleicht auch beides. Man kann
nun die Aufstellung noch einmal vornehmen, und gelangt dann leicht dazu, daß man
die Zeit bis auf die Minute genau findet, was am leichtesten ist, wenn man nicht
um Mittag herum, sondern zwischen 8 und 10 Uhr Vormittags oder zwischen 2 und 4
Uhr Nachmittags nachsieht. Am besten geschieht das, wenn der Schatten so auf
einen der Theilstriche fällt, daß er von demselben halbirt wird.
Die gefundene Sonnenzeit braucht jetzt nur nach der, der Beschreibung
beigegebenen Tafel für Umwandlung der Sonnenzeit in mittlere Zeit verwandelt zu
werden. Solche Tafel findet sich auch in den meisten Kalendern; auch ist sie bei
den Skiostaten zu 9 Thlr. auf den Tageszeiger A.
selbst eingravirt.
Jeder Skiostat erhält eine auf den Tageszeiger gravirte Nummer, welche, nachdem
das Instrument vom Director August geprüft und
richtig befunden, auch auf die demselben beigegebene und mit seinem
Regulirungsstempel versehene Beschreibung gesetzt wird.
Der Preis für einer Skiostat ist nach dem Verhältniß der Ausstattung auf 6 bis 8
und 9 Thlr. gestellt.
Eine eben so genaue Zeitbestimmung wie der Skiostat gibt die
Fenestrole.
Sie ist im Zimmer zu gebrauchen und läßt sich innerhalb jedes von der Sonne
beschienenen Fensters, welches richtig im Lothe ist, gut schließt und ebene klare
Glasscheiben hat, anbringen. Auch an jeder von der Sonne beschienenen glatten
Wand- oder Bildfläche.
Beschreibung der Fenestrole.
Fig. 9 ist
die Seitenansicht,
Fig. 10
die Ansicht von Unten.
A, B, B ist das dreizackige Gestell; C, D, E, F, G, I, K, M bezeichnen dieselben Stücke
wie beim Skiostaten.
Das mit dem Breitenzeiger
F verbundene Stück I
geht mittelst eines Zapfens durch das Gestell A, B,
B hindurch und wird durch die Kopfschraube II in demselben
festgestellt.
L ist ein doppelt durch den Arm A gezogener Faden.
Aufstellung der Fenestrole.
Nachdem, wie oben beim Skiostat gezeigt worden, der Breitenzeiger gestellt und
wieder festgeschraubt ist, löst man die Kopfschraube H
Fig. 9
etwas, daß sich die Stundenscheibe im Stück I frei
bewegen kann, und hängt das Instrument am Faden L an
einen kleinen Nagel, den man an einer Quersprosse zwischen zwei Fensterscheiben
eingeschlagen hat.
Die drei Füße A, B, B legen sich dann an die Scheibe
und das Instrument kommt schon meist von selbst in die perpendiculäre Lage,
wovon man sich durch Vorhalten eines Loths überzeugen kann. Geschieht es nicht
von selbst, so hilft man mit der Hand nach; gewöhnlich genügt schon ein leises
Klopfen gegen das Fenster.
Nun dreht man die Stundenscheibe D so lange, bis der
Schatten des Fadens C auf dem Zifferblatt diejenige
Zeit zeigt, welche eine – wo möglich richtig gehende -Taschenuhr
angibt. Nun wird die Schraube H wieder fest
angezogen und dadurch Stundenzeiger und Gestell in feste Verbindung gebracht.
Jetzt überzeugt man sich noch einmal, ob die Zeit beim lothrechten Hangen
richtig ist – dann wird die Fenestrole, vorausgesetzt daß weder der
Breitenzeiger noch die Stundenscheibe sich verschoben haben, an derselben Stelle
die Zeit immer richtig angeben.
Hat man bei der ersten Eintheilung die Zeit nicht genau gewußt, so kann man das
in wenigen sonnigen Tagen selbst berichtigen, wenn man nur eine Uhr hat, auf
deren Richtiggehen man sich auf wenigstens zwei Stunden verlassen kann. Sieht
man z.B. daß die Sonnenuhr, die um 2 Uhr mit der Taschenuhr übereinstimmte, um 4
Uhr schon weiter ist, so nimmt man durch eine kleine entsprechende Drehung der
Stundenscheibe
D die Correction vor, und wird es bald dabin
bringen, daß jedesmal, wenn die Sonnenuhr die Zeit von einer Stunde angibt, das
genau mit der Zeit, wie sie eine andere Uhr mißt, übereinstimmt. Ist dieß der
Fall, so hängt und zeigt die Sonnenuhr richtig.
Auch diese Fenstrolen verfertigt Hr. Boissier nach der
Angabe des Direktors August, der sie alle prüft, und
als Zeugniß für die Richtigkeit derselben eine von ihm unterstempelte, und
dieselbe Nummer wie das Instrument führende Beschreibung beigibt. Der Preis ist
3 Thlr.