Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 147, Jahrgang 1858, Nr. , S. 74 |
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Miscellen.
Miscellen.
Krupp'sche Gußstahlachsen und Gußstahlbandagen.
In einer (auch der Redaction des polytechnischen Journals übersandten) Mittheilung,
vom November v. J. gibt der Gußstahlfabrikant Hr. Friedrich Krupp ein Verzeichniß sämmtlicher von seiner Fabrik bei Essen bisher
gelieferten Gußstahlachsen für Eisenbahnwagen, Tender, Locomotiven, Dampfschiffe und
Dampfmaschinen zu dem Zwecke, Jedem, der sich hiefür interessirt, die Gelegenheit zu
bieten, über das Verhalten dieses seit 1848 eingeführten Fabricates directe Auskunft
bei den betreffenden, dasselbe benutzenden Eisenbahnen,
Dampfschifffahrts-Gesellschaften und andern industriellen Anstalten
einzuholen.
Diese Nachforschungen sollen zu der Bestätigung führen, daß die von obigem
Etablissement bisher ausschließlich empfohlenen ungehärteten
Achsen aus dessen bekannter eigenthümlicher Gattung Gußstahls, welche bei
vollständiger Homogenität größte Zähigkeit und Stabilität in richtigem Verhältnisse
verbindet, unter allen bisher in Gebrauch gekommenen Fabricaten ganz allein als
vollkommen zuverlässig sich bewährt haben, da unter den Tausenden von Exemplaren
nicht ein einziges Stück im regelmäßigen Betriebe abgenutzt oder Reparatur bedürftig
geworden, geschweige verbogen oder gebrochen sey, trotz der Zulassung einer um 50
Proc. höheren Belastung als diejenige, welche für Achsen von Eisen und Puddelstahl
bei gleichen Dimensionen gebräuchlich ist. Zugleich macht sich der Besitzer des
Etablissements zur Pflicht, seine frühere Warnung gegen Anwendung gehärteter Gußstahlachsen zu wiederholen, da der Erfolg
die seiner Zeit versicherte Unzulässigkeit derselben bestätigt habe, und fühlt sich
derselbe bewogen, bei besonderer Aufführung der von ihm auf ausdrückliche Vorschrift
dennoch im gehärteten Zustande gelieferten Gußstahlachsen zur Bekräftigung dieser
Warnung der daraus erfolgten Unfälle zu gedenken.
Gehärtete Gußstahlachsen für Waggons wurden geliefert: 1850 für die Ostbahn 6 Stück
à 240 Pfd. an Gewicht; 1852 für die
Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn 460 Stück à 252 Pfd.; 1852 für die Berlin-Stettiner Bahn 10 Stück à 230 Pfd.; in Summa 476 Stück. Von diesen
gehärteten Gußstahlachsen zerbrachen im Betriebe bis Anfangs dieses Jahres 17 Stück,
und zwar diejenige Zahl, welche in der Eisenbahn-Zeitung Nr. 39 vom 1.
October d. J. unter der übrigen Menge der auf deutschen Vereinsbahnen bekannt
gewordenen Brüche von Wagen- und Locomotivachsen aller Gattungen und des
verschiedensten Ursprungs, ungenauer Weise nur als „Gußstahl von Krupp“ nicht als „Gehärtete Achsen“ aufgeführt ist, weßhalb
zur Verhütung eines Zweifels an der Sicherheit in der Fabrication des, nach eigenem
Ermessen dem Bedürfnisse gemäß bestimmten Productes diese gleichzeitige Berichtigung
nothwendig erscheine. – Von obigen Brüchen gehärteter Achsen hat ein Fall beträchtlichen Schaden zur Folge
gehabt.
Nach solchen Vergleichen und gründlicher Prüfung aller bekannten Erfahrungen könne
die bestimmte Behauptung nunmehr aufgestellt werden, daß die ungehärteten Achsen nicht nur bisher als die einzig zuverlässigen sich
bewährt haben, sondern auch, daß in Erwägung der Zulässigkeit einer Verminderung
des, bei anderm Material erforderlichen Durchmessers, folglich des Gewichts, auch in
Anbetracht der größeren Sicherheit gegen Erhitzung der Lagerschenkel und der
allgemeinen Ersparniß an Fett und Oel, der Entbehrlichkeit des Kostenaufwandes für
Nothlager und der vollen Sicherheit gegen jede Betriebsstörung, und endlich der
Unveränderlichkeit des Werthes des Materials und dessen ferneren Verwendbarkeit,
ungeachtet einer mehr oder weniger wesentlichen Differenz in der ersten
Capitalanlage, dennoch pro Stück und Dauer sowohl beim Eisenbahn-Betriebe,
wie auch für die Dampfschifffahrt als die wohlfeilsten sich gestalten.
Schließlich sey noch zu erwähnen, daß wie bei Verwendung von Eisen und gewöhnlichem
Stahl auch bei allen Gattungen von Gußstahlachsen scharf eingedrehte Ecken,
besonders an den Lagern, zu vermeiden sind, daß alsdann bei ungehärteten Gußstahlachsen für gleiche
Belastung das erforderliche Gewicht gegenüber von eisernen Achsen um ein Viertheil
bis ein Drittheil reducirt werden darf. Bei Krummachsen für Locomotiven und
Dampfschiffe dagegen sey es in dem Falle, daß eine selbst über das Bedürfniß
hinausgehende Solidität größern Werth bietet, als die im Verhältnisse zu dem Werthe
des Objectes geringe Ersparniß an Beschaffungskosten, wohl rathsam, die Dimensionen
der eisernen Achsen beizubehalten, und sey dieß bisher selbst bei den schwersten
Dampfschiff-Achsen, welche meistens zum Ersatze zerbrochener deutscher,
belgischer und englischer eiserner Achsen geliefert wurden, mit ausnahmslos
befriedigendem Erfolge beobachtet worden.
Das Eingangs erwähnte Verzeichniß weist nach, daß seit 1848 von der Gußstahlfabrik
von Friedrich Krupp bei Essen geliefert worden sind:
1. Achsen für Personen- und
Güterwagen
4623 Stück
2. Grad- und Kurbelachsen für
Locomotiven und Tender
553 „
3. Grad- und Krummachsen für
Dampfschiffe
120 „
sämmtlich von ungehärtetem Gußstahl und zähester Qualität.
Die Achsen ad 1) sind an der Nabe von 3 3/8 bis 4 13/16,
an dem Schenkel von 2 1/4 bis 3 1/4, in der Mitte von 3 bis 4 11/24 rheinl. Zoll
stark und das Gewicht beträgt von 192 bis 398 preuß. Pfund.
Die größte Zahl bezog die Direktion der Köln-Mindener Eisenbahn, nämlich 2563
Stück.
Die Treib-, Lauf- und Tenderachsen ad 2)
wurden theils bloß geschmiedet, theils fertig gedreht geliefert und zwar im Gewicht
von 300 bis 2800 Pfd. Die meisten solcher Achsen bezog wieder die Köln Mindener
Eisenbahndirection, nämlich 256; eine Anzahl Locomotive-Kurbelachsen und zwar
der schwersten Sorte wurde für französische Bahnen geliefert (20 Stück à 2800 Pfd. für die Paris-Orleans
Bahn).
Die Grad- und Krummachsen ad 3) wurden zum größern
Theil für die Dampfschifffahrts-Gesellschaft des österreichischen Lloyd in
Trieft und für die Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft in Wien
geliefert, nämlich beziehungsweise 18 und 52 Achsen, im Gewicht bis zu 6251 Pfd.
fertig zum Einlegen. Die vier schwersten Achsen, Propeller-Gradachsen, 30 Fuß
lang, wurden 1856 für die kaiserlich französische Marine geliefert und wogen
1,97 und 11,040 Pfd.
Ein ähnliches Verzeichniß wie über die Gußstahlachsen liegt über die gelieferten
patentirten Gußstahl-Bandagen ohne Schweißung aus
der Krupp'schen Fabrik vor. Hiernach wurden bis November 1857 im Ganzen abgeliefert
6231 Stück Bandagen, wovon 1064 für die Köln-Mindener Eisenbahn, 1554 für die
bayerischen Staatsbahnen, 830 für die österreichische
Staatsbahn-Gesellschaft. Die Gußstahlbandagen sind geliefert für
Locomotiv-, Treib- und Laufräder, für Tenderräder und Wagenräder mit
entsprechendem Durchmesser und einer Stärke von 1 Zoll bis 2 1/2 Zoll.
(Eisenbahnzeitung, 1857, Nr. 49.)
Neueste Verbesserungen im Bohrwesen.
Wir machen hiemit auf eine bei der königl. Saline Dürkheim in der bayerischen Pfalz
seit kurzem in Betrieb stehende Bohrarbeit für Gewinnung reicherer Soole aufmerksam,
nicht allein wegen der ganz ungewöhnlichen, durch petrographische Verhältnisse
bedingten Schwierigkeiten, welche bei diesem Unternehmen zu überwinden sind, sondern
auch weil wir hier einige neuere sehr zweckmäßige Einrichtungen, namentlich ein sehr
sinnreich verbessertes Freifallinstrument in vortrefflicher Wirkung und eine
eigenthümliche sehr gut, leicht und schnell arbeitende Aufziehvorrichtung für den
Löffel zu bemerken Gelegenheit hatten.
Diese Einrichtungen sollen von dem dortigen kgl. Salineninspector P. Rust (durch seine zur Münchner
Industrie-Ausstellung gelieferten Proben von geschweißtem Kupfer, sowie überhaupt als ausgezeichneter Techniker
bekannt) herrühren; wir wünschen nur, daß derselbe dem technischen Publicum recht
bald eine genaue mit Zeichnungen erläuterte Beschreibung hievon liefern möchte.
P. C.
Taschenfilter für Reisende und Truppen auf dem Marsche.
Der poröse künstliche Stein von Fr. Ransome (dessen
Darstellung im polytechn. Journal Bd. CXLV S. 289 beschrieben ist) findet eine
vorzügliche Anwendung als Filter in so kleiner Form, daß er in der Tasche getragen
werden kann. Er wird als Cylinder von 1 bis 2 Zoll Durchmesser und 2 bis 3 Zoll Höhe
geformt, und erhält oben eine Scheibe von Kautschuk, welche am Rande etwas
übergreift, gegen die Mitte sich etwas erhebt und hier eine Röhre trägt, die, etwa 2
Zoll lang, in einem Mundstück endet. Man taucht den porösen Stein in das unreine
Wasser, das man auf der Reise zu trinken genöthigt ist und saugt es durch die Röhre
ein. Indem es also gezwungen ist, durch die feinen Lücken des Steines zu gehen,
filtrirt es sich und wird rein. (Stamm's neueste Erfindungen. 1857, Nr. 51.)
Glasbuchstaben mit unterlegter Metallfolie.
Es werden jetzt sehr häufig solche Metall-Glasbuchstaben zu Schildern verwendet, welche dadurch ein sehr schönes
Aussehen erhalten. Dem Dr.
Elsner sind über die Darstellung solcher Buchstaben
nachstehende Mittheilungen zugegangen: Die Buchstaben werden zuerst in Glas ausgeschnitten und auf die untere mit Eiweiß
bestrichene Seite derselben echte Gold- oder Silberfolien aufgelegt, wodurch
der Buchstabe wie aus polirtem Gold oder Silber angefertigt erscheint. Dieser so mit
einer Metallunterlage versehene Glasbuchstabe wird nun auf eine andere Glasplatte
aufgekittet und zwar mittelst eines Firnisses, bestehend aus Schellack und
venetianischem Terpenthin, aufgelöst in Weingeist, so daß ein dicker Firniß
entsteht. (Elsner's chemisch-technische Mittheilungen d. Jahres
1856–57, S. 47.)
Die neueste Erfindung in der Bereitung des Zuckers aus
Erdäpfeln.
Nachdem der Akademiker Kirchhof im Jahre 1811 die höchst
interessante Entdeckung gemacht hatte, daß das Stärkmehl sich durch Kochen mit
verdünnter Schwefelsäure in Zucker umwandeln lasse, erregte dieselbe, wie leicht
vorauszusehen war, ein so allgemeines Interesse, daß Gelehrte sowohl wie
Industrielle sich mit der Sache zu beschäftigen anfingen, – erstere um sie
wissenschaftlich zu ergründen, – letztere um sie praktisch auszubeuten und
dem consumirenden Publicum einen billigen Zucker zu liefern, und man erzeugte
denselben sowohl im flüssigen Zustand (Syrup) als versuchsweise auch im festen. Bald
zeigte es sich aber, daß dieser Zucker nicht von derselben Beschaffenheit war, wie
der gewöhnliche im Zuckerrohr, der Runkelrübe u.s.w. enthaltene Zucker, indem nicht
nur seine Süßigkeit eine bedeutend geringere, sondern auch diese stets durch einen
mehr oder minder starken Bei- und Nachgeschmack noch mehr beeinträchtigt
wurde. Ungeachtet dessen aber fuhr man fort nicht nur die Zuckerbereitung aus der
Erdäpfelstärke im Kleinen in den Haushaltungen selbst hier und da in Ausübung zu
bringen, sondern auch die Fabrication dieses Zuckers im Großen zu betreiben,
beschränkte sich aber fast lediglich darauf denselben im flüssigen Zustande als
Syrup herzustellen, da die bemerkten üblen Eigenschaften in dieser Form theils
minder bemerkbar, theils leichter zu beseitigen waren. Allmählich fing man an diesen
Industriezweig besonders als ein landwirtschaftliches Gewerbe auszubilden. Dem
Streben des Landwirthes, bei sehr niedrigen Preisen seiner Producte, dieselben
dennoch durch Selbstverarbeitung gut zu verwerthen, glaubte derselbe durch Kirchhof's Entdeckung, wenigstens in Bezug auf die
Erdäpfel, entsprochen zu sehen, indem nicht nur durch die so bedeutende
Volumen- und Gewichts-Verminderung derselben und die dadurch
ermöglichte weitere Verfrachtung ein größerer Markt geboten war, – sondern
man auch die Hoffnung hatte, den Segen sehr fruchtbarer Jahre bis zu einem Zeitpunkt
aufbewahren zu können, wo Gelegenheit geboten war, denselben mit großem Nutzen
verkaufen zu können.
Wenn nun auch in Betreff der ersteren Annahme man sich nicht getäuscht sah, so war
dieses doch in Bezug auf die zweite der Fall, indem sich bald zeigte, daß der
Erdäpfelsyrup von gewöhnlicher Beschaffenheit sich nicht lange aufbewahren lasse,
ohne zu verderben und dem Oekonomen somit auch dieser gehoffte wesentlichste
Vortheil entging, da er hierdurch gezwungen wurde, sein Product sobald als möglich
und sonach zu einer Zeit zu verkaufen, wo eben wegen in Ueberfluß vorhandenen
Rohstoffes auch der Preis des Fabricates ein um so niedrigerer war, als dann ein
jeder, der nur irgend Gelegenheit dazu hatte, sich mit der Darstellung des
Erdäpfelsyrups befaßte und seinen Theil dazu beitrug, gerade zur ungünstigsten Zeit
den Markt damit zu überschwemmen.
In Folge dieses Umstandes gingen denn auch manche Stärkesyrup-Fabriken wieder
ein, obgleich dagegen ungeachtet des erwähnten Uebelstandes viele mit großem
Vortheil arbeiteten. Besonders war es Frankreich, wo mehrere Fabriken in großartigem
Maaßstab zu arbeiten anfingen.
Die Vortheile welche der feste Stärkezucker vor dem flüssigen, sowohl für den
Producenten, als wie für den Consumenten darbietet, gaben Veranlassung, daß man
immer wieder auf die Darstellung des ersteren zurückkam, aber fast alle diese
Bemühungen blieben früher mehr oder minder erfolglos.
Erst in der Neuzeit waren dieselben von einigem Erfolge begleitet, als man anfing den
Stärkezucker zum Verbessern des Weinmostes und geringer junger Weine in großer Menge
anzuwenden, was auch zur Errichtung neuer und großer Fabriken in Deutschland und
Frankreich Veranlassung gegeben hat. Dieser Erfolg hatte aber bloß darin seinen
Grund, weil bei dieser Anwendung des Stärkezuckers seine Süßigkeit sowohl, als wie
sein äußeres Ansehen ganz aus dem Spiele bleibt, indem lediglich seine
Vergährungsfähigkeit es ist auf welcher diese Verwendungsweise beruht.
Von einer anderweitigen erheblichen Anwendung des bis jetzt im Handel vorkommenden
Stärkezuckers und namentlich von seiner Benutzung anstatt des gewöhnlichen Zuckers
als Versüßungsmittel, kann aber füglich nicht Wohl die Rede seyn, indem derselbe
durchaus nicht reinschmeckend ist, sondern meistens einen mehr oder minder oft sehr
auffallend unangenehmen Bei- oder Nachgeschmack besitzt. Außerdem hat
derselbe stets eine sehr geringe Süße, sowie endlich sein äußeres Ansehen durchaus
nicht mit dem des gewöhnlichen Zuckers übereinkommt, sondern ein so fremdartiges und
unempfehlendes ist, daß Niemand diese Fabricate für Zucker anerkennen wird, welchem
sie zum erstenmale vor Augen kommen – Uebelstände, welche doppelt
hervortreten bei einem Product, welches, wie der Zucker, ein ganz allgemeiner
Verbrauchsartikel ist und unbedingt so lange dessen weiterer Verbreitung im Wege
stehen werden, als selbe nicht beseitigt sind.
Nun aber ist es dem Unterfertigten geglückt ein Verfahren zu ermitteln, wodurch alle
diese Uebelstände beseitigt sind, indem dasselbe folgende Vortheile gewährt:
1) Ist dasselbe außerordentlich einfach und billig, so daß der reinste Stärkezucker
kaum theurer, unter gewissen Umständen sogar billiger zu stehen kommt, als wie das
jetzige für den allgemeinen Verkehr ganz unbrauchbare Fabricat.
2) Liefert dasselbe ein Product von so reinem, höchst lieblichem und intensiv süßem
Geschmack, daß Jedermann es augenblicklich für Zucker anerkennen und liebgewinnen
muß, wenn auch seine Ausgiebigkeit als Versüßungsmittel noch etwas nachsteht.
3) Ist das Product vom dichten, festen Korn und von weißer
Farbe und dem Ansehen des gewöhnlichen Zuckers, und übt
auf der Zunge und zwischen den Zähnen auch ganz denselben mechanischen Eindruck aus,
wie dieser, indem er hart und knirschend sich erweist,
wodurch demselben erst der allgemeine Markt geöffnet und seiner weitesten
Verbreitung nichts mehr im Wege steht.
4) Ist das Product sogar bei dem jetzigen Zustande meines Verfahrens von solcher
Qualität, daß es mindestens zu demselben Preis verkauft werden kann, als wie schöne
Bastern.
5) Ist durch dieses Verfahren erst dem Oekonomen das früher in der
Stärke-Syrupbereitung vergeblich gesuchte Mittel geboten, die Erdäpfel in der
vortheilhaftesten Weise zu verwerthen, indem er den Segen günstiger Jahre ganz
unbeschränkt für vortheilhafte Conjuncturen aufbewahren kann und dadurch oft einen
weiteren Nutzen von 100 Proc. und mehr des Gesammtwerthes vom
Fabricate im Vergleiche zur Stärkesyrup-Erzeugung zu erzielen im
Stande ist.
Unter solchen Umständen wird die Ansicht, „daß durch dieses Verfahren erst
dem neuen Industriezweige Bahn gebrochen und demselben nun erst eine feste Basis
verliehen ist.“ vollkommen gerechtfertigt erscheinen, und derselbe
somit auch jetzt erst allgemein die Vortheile zu bieten vermögen, die man sich schon
früher von ihm versprochen, seither aber nur von einzelnen erzielt worden sind.
Zum Schlusse bemerke ich noch, daß ich bereits ein k. k. ausschl. Privilegium für die
k. k. österreichischen Staaten sowohl als das Königreich Sachsen erlangt habe und
bereit bin, mein Verfahren an bestehende Stärkesyrup- und andere
Zuckerfabriken so wie sonstige Interessenten zu überlassen, denen jederzeit Proben
meines Zuckers zu Gebote stehen.
Prag, im September 1857.
E. Fried.
Anthon, Technischer
Chemiker und Fabriken-Inspector.
Die Erzeugung des Stärkmehl-Zuckers in starrer Form und im reinsten Zustande
– die Erzeugung desselben in flüssiger Form, als Syrup, ist schon lange in
Anwendung – hat gegenwärtig in zweifacher Beziehung eine erhöhte Bedeutung
erhalten. Erstlich wendet man denselben in Frankreich seit Chaptal, und neuerer Zeit durch die Bemühungen des Dr.
Gall auch in Deutschland zur Aufbesserung schwachen oder
sauren Weinmostes, und zwar mit besonders gutem Erfolge an, und dazu ist der reinste
Stärkmehl-Zucker der geeignetste; zweitens aber ist er in diesem reinen
Zustande viel brauchbarer als Ersatzmittel des gemeinen Zuckers, wenn er im Großen
hiefür hinreichend wohlfeil hergestellt werden kann. Es scheint nun ein günstiger
Zeitpunkt gekommen zu seyn, seinem Verbrauche Eingang zu verschaffen, weil die
Zucker-Consumtion fortwährend steigt, die überseeischen Länder den Bedarf
nicht mehr decken, und die einheimische Erzeugung des Zuckers aus Runkelrüben mit
dem steigenden Verbrauche auch nicht gleichen Schritt hält.
Die Folge hievon ist ein Steigen der Zuckerpreise, was der Verwendung von
wohlfeileren Surrogaten wesentlichen Vorschub leistet.
Bisher hat man den Stärkezucker im Großen nicht in jener
gefälligen Form, im krystallisirten Zustande und von jenem schönen äußeren Ansehen
darzustellen vermocht, wie den gewöhnlichen Zucker. Man wußte wohl, daß derselbe,
wenn er rein ist, krystallisirbar sey, allein man hat ihn in diesem Zustande nur in
sehr kleinen Mengen, gewissermaßen nur als chemisches Präparat und dieß nur manchmal
zufällig erhalten, im Großen aber stets als ein dichtes Magma oder als eine körnige
Masse gewonnen, weßhalb er auch Krümelzucker genannt wurde.
Dem vielfach verdienten technischen Chemiker, Hrn C. F. Anthon in Prag, Fabrikbesitzer und Fabriken-Inspector, ist es
endlich gelungen, ein einfaches und sicheres Verfahren auszumitteln, den
Stärkmehl-Zucker im Großen in krystallinischer Form und im reinsten Zustande
auch vollkommen weiß darzustellen, so daß er nun im äußeren Ansehen dem gemeinen
Zucker sehr ähnlich ist, und demselben würdig an die Seite gesetzt werden kann.
Die Krystalle sind glänzend, durchsichtig und hart, er kann in dieselbe Form von
Broden (Zuckerhüten) gebracht werden, wie der gewöhnliche Zucker. Seine Süßkraft
oder Versüßungsfähigkeit ist allerdings nur halb so groß als die des gemeinen
Zuckers, allein wenn er hinreichend wohlfeil erzeugt wird, steht in Beziehung auf
den Preis seiner Anwendbarkeit nichts im Wege. Zu gewissen Zwecken ist er selbst
noch anwendbarer als dieser.
Er wird am Besten erzeugt aus Kartoffel-Stärkmehl. Das Verfahren der Erzeugung
ist dem Hrn. Entdecker desselben nicht nur bereits in Oesterreich und in Sachsen
patentirt, er hat auch noch in anderen Staaten Erfindungspatente dafür angesucht und
wird diese ohne Zweifel erhalten.
Unter den bemerkten obwaltenden Umständen erscheint es demnach sehr wünschenswerth,
daß sich die neue Erfindung durch Ausführung im Großen bald in das praktische Leben
Bahn breche, und daß das neue Product zu jenen vielfachen Anwendungen gelange, zu
denen es besonders geeignet ist.
Diese Zucker-Fabrication empfiehlt sich zur Verwerthung der Kartoffeln auch
vorzüglich deßhalb, weil sich das Kartoffel-Stärkmehl fast vollständig in
Zucker umwandeln läßt, und weil man diesen Zucker mit nur geringem Abgang, demnach
fast ganz in dem genannten krystallinischen Zustande darzustellen im Stande ist.
Im Interesse der guten Sache wollen wir deßhalb der Ausführung dieser Entdeckung im
Großen das beste Gedeihen und den besten Fortgang wünschen.
Prag, im September 1857.
Prof. Balling.
Hr. Dr.
Gall äußert sich im Allgemeinen deutschen Telegraphen vom
24 Oktober 1857 über Hrn. Anthon's Fabricat
folgendermaßen:
„Die mir von Hrn. Anthon übersandte
Traubenzuckerprobe hat mich durch ihre innere, wie durch ihre äußere
Beschaffenheit auf das Höchste überrascht. Beim ersten Anblick glaubte ich in
der That einmal gedeckten (nicht völlig weißen) hart
und körnig krystallisirten Rohr- oder Rübenzucker vor mir zu haben, eine
Täuschung, worin man dadurch noch bestärkt wird, daß er, wie diese, zwischen den
Zahnen knirscht. Bei näherer Betrachtung schwindet diese Täuschung zwar, indem
man dann wohl sieht, daß die Krystallisation dieses Traubenzuckers eine andere,
als die jener gewöhnlichen Zuckerarten ist: immer aber erscheint das neuere
Fabricat in einer schöneren Form, als alle bis jetzt bekannten Traubenzucker,
welche Sorgfalt auch auf deren Darstellung verwendet worden seyn mochte.
Ueberdieß ist dasselbe aber auch von vollkommen reinem, und dabei von viel
süßerem Geschmack, als selbst die besten unserer zollvereinsländischen
Traubenzucker; letztere Eigenschaft tritt an dem neuen Traubenzucker besonders
dann unverkennbar hervor, wenn man ihn im gelösten Zustand kostet. Kurz, die
Traubenzucker- und mittelbar die Wein-Industrie verdanken Hrn. Anthon einen immensen Fortschritt, dem wir dafür von
Herzen den dem glücklichen Fleiße gebührenden Lohn wünschen.
Sämmtliche Herren Traubenzuckerfabrikanten werden ohne Zweifel nicht säumen, sich
das neue Verfahren recht bald anzueignen. Dr.
Gall.“
Die Anleitung zu dem sehr einfachen und nicht kostspieligen Verfahren des Erfinders
kann zu sehr mäßigen Bedingungen durch Hrn. Dr.
Kreutzberg in Prag erlangt
werden.
Die Redaction d. p. J.
Anwendung der Festuca patula zur
Papierfabrication.
Eine in Algier sehr verbreitete Schwingelart, Festuca
patula (Diß der Araber), ist eine daselbst
überall wildwachsende, ausdauernde Pflanze, welche im Jahre zweimal, einmal im Mai,
dann vom August bis in den September, geerntet werden kann. Sie erreicht eine Höhe
von 3 bis 5 Meter, bildet manchmal zahlreiche, dichte Büsche und wächst in solcher
Menge, daß sie, selbst im Großen verwendet, kaum zu erschöpfen seyn dürfte. Sie
enthält 70 bis 80 Proc. spinnbarer Faser, 8 bis 6 Proc. Schleim und 22 bis 14 Proc.
Wasser und krautartige Theile. Von der spinnbaren Faser wurden bis jetzt dreierlei
Anwendungen gemacht, deren wichtigste die zur Papierfabrication ist; die zweite ist
ihre Verarbeitung zu einem Pflanzenhaar, welches dem thierischen ganz ähnlich ist
und an Güte beinahe gleichkömmt, überdieß den Vorzug hat, keine Insecten aufkommen
zu lassen. Die dritte Anwendung ist die zu allen Arten von Geweben und Seilwerk. Der
schleimige oder klebrige Theil dieser Pflanze dürfte sich zum Theil zum Leimen des
Papiers benutzen lassen. (Journal de Chimie
médicale, Novbr. 1857, S. 684.)
Murmann's und Krakowizer's
Verfahren, jedes Gewebe vollkommen wasserdicht zu machen.
Es wird 1 Pfund Leim und 1 Pfund neutrale Talgseife (Kernseife) in 10 Maaß siedendem
Wasser aufgelöst und, sobald dieß geschehen, 1 1/ Pfund Alaun nach und nach zugesetzt und die Flüssigkeit eine
Viertelstunde hindurch kochend erhalten. Die so erhaltene milchichte Flüssigkeit
läßt man nun bis 40° R. erkalten und taucht dann in selbe das Gewebe, läßt es gut ansaugen,
dann abtropfen und hängt es, ohne es auszuwinden, zum Trocknen auf. Ist die
Trocknung vollständig erfolgt, so wird das Gewebe gut ausgewaschen, wieder
getrocknet und dann gerollt.
Wird Leim und Seife aufgelöst und dieser Lösung noch Alaum zugesetzt, so wirkt die
Schwefelsäure desselben sowohl auf den Leim als auch auf die Seife zersetzend ein,
indem sich nämlich ein Theil derselben mit dem in der Seife enthaltenen Natron
verbindet und als Gemenge, jedoch chemisch geschieden, in feinen Atomen das Stearin
und Olein ausscheidet, wobei der Leim in eine im kalten Wasser unlösliche Gallerte
verwandelt wird. Auf keine andere Weise ist man im Stande, einen Fettstoff in einen
so fein vertheilten Zustand zu bringen oder aufzutragen.
Bemerkt muß werden, daß nur Talgseife anzuwenden ist,
indem jede andere Fettsorte in der Leimauflösung nicht vermengt bleibt, sondern auf
der Oberfläche sich sammelt. (Böttger's polytechnisches Notizblatt. 1857, Nr.
42.)
Kitt zum Ausgießen und Ausbessern der Spalten und Fugen
hölzerner Gegenstände.
Um Mangewalzen, Holzwalzen an Kalandern, kurz jede Beschädigung an hölzernen
derartigen Gegenständen nicht mit Holz auszubessern, und bei Astlöchern, Fugen und
Spalten keinen Fleck einzusetzen, ist zum Ausfüllen folgender Kitt als ausgezeichnet
zu empfehlen:
1 Theil Colophonium und 2 Theile gelbes Wachs werden in einem Tiegel oder eisernen
Gießlöffel zusammengeschmolzen, und wenn das Ganze in Fluß gerathen, 2 Theile aufs
feinste pulverisirten gebrannten (calcinirten) Ockers hinzugerührt. Man erhält
hierauf das Ganze noch eine Zeit lang im Fluß, und gießt dann von der Mischung in
die zum Verkitten oder Ausfüllen bestimmten Stellen. Was überfließt, wird erkaltet
mit einem Stemmeisen weggenommen und kann, durch Erhitzen flüssig gemacht, von neuem
wieder verwendet werden. Dieser Kitt wird steinhart, läßt sich abdrehen, widersteht
ganz der Nässe und ziemlich gut der Wärme. (Böttgers polytechnisches Notizblatt,
1857, Nr. 24.)
Ueber das sogenannte Schmalzöl, aus Rapsöl bereitet, und auf
gleiche Weise behandeltes Baumöl; von H. Ihlo.
32 Thle. Rapsöl, in einem Porzellantiegel über der Spirituslampe (im Großen im
Sandbade in einem verzinnten kupfernen Kessel) bis zum angehenden Sieden erhitzt,
mit 1 Thl. fein gepulverter Kartoffelstärke versetzt (wobei das Schäumen und Steigen
eintritt), dann im Sandbade weiter erhitzt, bis sich ein süßlicher Geruch zeigt,
geben nach dem Erkalten, Absetzen und Filtriren ein klares, gelbliches, angenehm
süßlich riechendes und schmeckendes Oel, welches bekanntlich unter dem Namen
„Schmalzöl“ im Handel vorkommt und sich zur Anfertigung von
Oleum odoratum etc. eignen dürfte. – Gelbes Baumöl, in der obigen Weise mit Kartoffelstärke
behandelt, verliert den ranzigen Geruch und Geschmack vollständig und erhält einen
dem Schmalzöle ähnlichen Geruch und Geschmack, so daß es in dieser Beziehung dem
gewöhnlichen Provenceröle durchaus nicht nachsteht. Der Verlust bei der Operation
beträgt circa 1/18, ist also nicht bedeutend. (Archiv
der Pharmacie Bd. CXLII S. 35.)
Hr. C. Puscher in Nürnberg hat schon im Jahrgang 1855 des
polytechn. Journals, Bd. CXXXVI S. 231, vorstehendes Verfahren zur Darstellung des
in Hamburg und Leipzig fabricirten sogenannten Schmalzöls
veröffentlicht, dabei auch die Bereitung der sogenannten Schmalzbutter angegeben.
Die Redact. d. p. J.