Titel: | Die verticale Doppelturbine des kaiserl. russ. Oberstlieutenants des Bergingenieur-Corps, Hrn. W. v. Raschkoff; beschrieben von C. R. Bornemann. |
Fundstelle: | Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XX., S. 84 |
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XX.
Die verticale Doppelturbine des kaiserl. russ.
Oberstlieutenants des Bergingenieur-Corps, Hrn. W. v. Raschkoff; beschrieben von C. R. Bornemann.
Aus dem Civilingenieur, 1857, Bd. III S.
152.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Raschkoff's verticale Doppelturbine.
Nach einer an Hrn. Bergrath Weisbach gelangten brieflichen
Mittheilung vom 5. Januar 1855 hat der kaiserlich russische Oberstlieutenant im
Bergingenieur-Corps, Hr. W. v. Raschkoff, mehrfach
zu großer Befriedigung verticale Doppelturbinen nach Jonval's (Henschel's) System gebaut, deren
eigenthümliche Construction sehr beachtenswerth erscheint, so daß wir uns freuen,
die Zeichnung einer seit Monat Mai 1854 auf dem Münzhofe in Catharinenburg im Gange
befindlichen derartigen Doppelturbine mittheilen zu können.
Figur 8 gibt
einen verticalen Durchschnitt,
Figur 9 die
Seitenansicht und
Figur 10 den
Grundriß
dieser Turbine, und man ersieht hieraus, daß das Wesentlichste
dieser neuen Construction darin besteht, daß an einer horizontalen Welle zwei nach
entgegengesetzter Seite gewendete Jonval-Turbinen sitzen, welche ein
gemeinschaftliches Zuflußrohr, aber zwei besondere Abflußrohre haben.
Das Zuflußrohr A mündet in ein cylindrisches Mittelstück
B, zu dessen beiden Seiten die Turbinengehause C und D liegen. In diesen
Gehäusen befindet sich zunächst am Mittelstück der Leitschaufelapparat E und F der beiden dahinter
liegenden Jonvalturbinen G und H, dann diese Turbinen selbst und endlich der Ansatz zu den vertical
abwärts geführten Abflußröhren I und K, an deren unterem Ende die Schützenringe L und M angebracht sind. Das
Mittelstück ruht mittelst eines gußeisernen Trägers a
auf einem 6 Fuß über der Sohle des Abflußcanals gelegten Zimmergerüste N; die Abflußröhren werden durch Winkeleisen b, b auf demselben Gerüste befestigt und hängen übrigens
frei. Am unteren Ende der aus Blech gefertigten Röhren ist ein äußerlich abgedrehter
gußeiserner Ring c, d angeschraubt, über welchem sich
der ausgebohrte gußeiserne und mit Stopfbüchse e, f
versehene Schützenring
L, M bewegt. Letzterer wird durch zwei schmiedeiserne
Stangen und eine auf dem Turbinengehäuse befestigte Schraube g mit Schwungkurbel h gezogen, und steht beim
Schlusse auf einem abgedrehten gußeisernen Ringe k am
Boden des Abflußcanales auf.
Der Leitschaufelapparat und die Turbinenräder sind wie bei allen Jonvalturbinen
eingerichtet, sitzen aber an einer horizontalen Welle O,
welche durch Stopfbüchsen l, m in den Böden der beiden
Turbinengehäuse hindurch geht und außerhalb derselben in horizontalen Lagern ruht.
Diese Welle nimmt auch die Vorgelegsräder auf, durch welche die Uebertragung der
Kraft bewirkt wird.
Da sowohl das Mittelstück B, als die beiden
Turbinengehäuse mit abnehmbaren Bodenplatten versehen sind, so kann man die Turbinen
ganz bequem besuchen, die Zapfen der Welle liegen ganz frei, und eben so zugänglich
sind die Vorgelegsräder, wozu nur Stirnräder und keine conischen Räder erfordert
werden. Dieß und die große Reinlichkeit der Aufstellung, die Bequemlichkeit der
Bewegungsübertragung und der dazu benöthigte, verhältnißmäßig geringe Raum sind
Vorzüge dieser Turbinenconstruction, welche den Beifall des Praktikers finden
werden.
In theoretischer Beziehung hat diese Turbine vor anderen horizontalen Turbinen den
Vorzug, daß bei ihr die Wirkung des Wassers in der oberen Radhälfte genau dieselbe
ist, wie in der unteren Radhälfte, was namentlich bei geringen Gefällen zu beachten
ist; zweitens daß das ganze Gefälle benutzt wird, und nicht die halbe Radhöhe am
Gefälle verloren geht; endlich daß hierbei die Unreinlichkeit und Störung durch das
am Umfange austretende Wasser gänzlich beseitigt ist. Da bei der Jonvalturbine der
Weg des Wassers viel gerader ist als bei der Com besuchen oder anderen in ähnlicher
Weise aufgestellten Turbinen, und da die Leitung des Strahles eine vollkommenere
ist, so wird man auch einen höheren Nutzeffect erwarten können, auch werden sie
kleiner ausfallen und mehr ' Umgänge machen, als andere Turbinen.
Vergleicht man diese verticale Doppelturbine mit der einfachen Jonvalturbine, so wird
es, wie schon erwähnt, zunächst als ein Vorzug hervorzuheben seyn, daß man hier
liegende statt der stehenden Zapfen bekommt, daß sich diese Zapfen im Trockenen und
nicht im Wasser befinden, und daß Stirnräder statt der conischen Vorgelege
angewendet werden können; und ferner ist in theoretischer Beziehung zu erwähnen, daß
bei gleicher Aufschlagswassermenge die Doppelturbine ungefähr 1 1/2 mal so viele
Umgänge macht, bei gleichem Durchmesser und Umgangszahl aber die doppelte
Aufschlagsmenge consumiren kann; jedoch ist nicht zu vergessen, daß eine Doppelturbine mindestens 1 1/2
mal so viel kosten wird als eine gleichstarke einfache Jonvalturbine.
Schließlich sey noch bemerkt, daß Bremsversuche an einem Modellrade dem Erfinder
einen Nutzeffect von 67 Procent ergeben haben.