Titel: | Ueber die im Boden und in den Wässern enthaltene Menge salpetersaurer Salze; von Hrn. Boussingault. |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. XCIV., S. 378 |
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XCIV.
Ueber die im Boden und in den Wässern enthaltene
Menge salpetersaurer Salze; von Hrn. Boussingault.
Aus den Comptes rendus, Januar 1857, Nr.
4.
Boussingault, über die im Boden etc. enthaltene Menge
salpetersaurer Salze.
In einer frühern Abhandlung habe ich nachzuweisen gesucht, daß der Salpeter direct
zur Entwickelung der Pflanzen beiträgt;Polytechn. Journal Bd. CXL S.
140. ich erwähnte darin der Resultate welche die Anwendung des peruanischen
Natronsalpeters in der Landwirtschaft lieferte, und erinnerte daß die salpetersauren
Salze schon vor sehr langer Zeit von Bowles, Proust und
Einhof in den sehr fruchtbaren Ackererden entdeckt
wurden, ferner im Wasser der Ströme, der Flüsse, der Quellen, sowie im Regenwasser
von Bergmann und Berzelius,
und in neuerer Zeit von den HHrn. Bineau, Deville, Brandes,
Liebig, Bence Jones und Barral.
Seitdem war ich bemüht, die Forschungen meiner Vorgänger auszudehnen und zu
bestimmen, wie viel 1 Hektare Ackererde, 1 Hektare Wiese, 1 Hektare Waldboden, 1
Kubikmeter Fluß- oder Quellwasser zu einer gegebenen
Zeit an salpetersauren Salzen enthält.
Ich bestimmte in vierzig Proben von Ackererde die Menge der salpetersauren Salze; die
Veranlassung dieser Arbeit war folgende.
Ich machte die Bemerkung, daß die im Küchengarten des alten Klosters Liebfrauenberg
gewachsenen Pflanzen sehr beträchtlichebeträchliche Quantitäten von salpetersauren Salzen enthielten; Runkelrüben, die ich im
Jahr 1854 auf Péligots Wunsch angebaut hatte,
enthielten von denselben so viel, daß es fast unmöglich war sie auf Zucker zu
verarbeiten.
Jedes Jahr, im Herbst, erhält dieser Gemüsegarten eine recht starke Düngung von
durchgefaultem Stallmist. Der Boden ist leicht; er besteht aus verwittertem
Vogesen-Sandstein und buntem Sandstein; das Wasser hält sich in ihm nicht
auf, weil er auf eine sehr große Tiefe locker ist.
Am 9. August 1856 wurde, nach vierzehntägiger, von großer Hitze begleiteter Trockne
aus einem Gemüsebeet Pflanzenerde genommen. In 1 Kilogr. dieser an der Sonne
getrockneten Erde wurde das Aequivalent von 0,211 Gramm Kalisalpeter gefunden. Da
der Liter trockner Erde 1,50 Kilogr. wiegt, so beträgt dieß für den Kubikmeter 316,5
Grm. Salpeter. Man konnte demnach, am 9. August, den Salpetergehalt von 1 Hektare
des Gartens, die durchschnittliche Tiefe der Pflanzenerde zu 33 Centim. angenommen,
auf 1055 Kilogr. anschlagen.
Ein solcher Salpetergehalt in einem sehr reichlich gedüngten Boden ist nicht
auffallend. Wenn man sehr lockerem Erdreich Stalldünger einverleibt, welcher in der
Zersetzung schon bedeutend vorgeschritten ist; ihm dann Asche oder Mergel zusetzt;
es ackert, behufs der Vermengung und um den Zutritt der Luft zu begünstigen, Rinnen
herstellt, damit das Wasser nicht stehen bleibt, – so ist das Feld so
gedüngt, daß es reichliche Ernten liefert. Gerade so verfährt man auch, um eine
Salpeterplantage anzulegen; der einzige Unterschied besteht darin, daß in
regnerischem Clima die Salpeterplantage unter Dach gebracht werden muß, um Salze,
welche so auflöslich sind wie die salpetersauren, im Boden zurückzuhalten, da ein
nur einigermaßen anhaltender Regen sie bald in den angränzenden Unterboden
fortführen oder doch einbringen machen würde. Dieß will ich sogleich an einem
Beispiel zeigen. Vom 9. bis zum 29. August hat es am Liebfrauenberg alle Tage
geregnet; der Regenmesser ergab eine Wassersäule von 53 Millimeter; am 29. August,
sobald es zu regnen aufgehört hatte, wurde Erde von demselben Beet ausgehoben, wo
man sie am 9. August genommen hatte. Nach dem Austrocknen gab 1 Kilogr. dieser Erde
0,0087 Grm. Salpeter, also in 1 Kubikmeter das Aequivalent von 13 Grammen
Kalisalpeter oder 43 Kilogr. für 1 Hektare. Der größte Theil des Salpeters war folglich von der
Oberfläche des Bodens verschwunden.
Im Monat September hat es fünfzehnmal geregnet und es fielen 108 Millim. Wasser. Am
18 October, nach vierzehntägiger Trockenheit, hatte der Boden des Küchengartens
unter dem Einfluß andauernden Windes seine überschüssige Feuchtigkeit verloren, und
war so trocken geworden, daß er begossen werden mußte. Am Fuß einer Geländermauer
genommene Erde gab nach dem Austrocknen 0,298 Grm. Salpeter per Kilogr., also 447 Grm. per Kubikmeter =
1490 Kilogr. per Hektare, eine der Bestimmung vom 9.
August sich nähernde, jedoch sie überschreitende Zahl. Die abwechselnde Trockne und
Feuchtigkeit des Bodens erklären die großen Abweichungen seines Salpetergehalts,
welche sich im Allgemeinen herausstellten; der erwähnte starke Salpetergehalt des
Küchengartens rührt ohne Zweifel von der reichlichen Düngung her, welche bei einem
solchen angewendet wird. Es mußte sonach der Salpetergehalt von Bodenarten bestimmt
werden, welche niemals gedüngt werden, wie der Waldboden, oder nur in sehr
beschränktem Verhältniß wie gewöhnliches Ackerland.
Ich habe sieben Proben von Waldboden untersucht. Am 27. Oct. in einem Fichtenwald bei
Ferrette (Oberrhein) ausgehobene Erde gab keine Anzeichen von salpetersauren
Salzen.
Erde aus einem Fichtenwald auf dem Gipfel eines Berges der Vogesen, in einer Lage wo
sie nur von Regenwasser befeuchtet wird, enthielt, am 4. September, das Aequivalent
von 0,7 Grm. Kalisalpeter per Kubikmeter.
Sand, der am 15. October im Walde zu Fontainebleau genommen wurde, enthielt per Kubikmeter das Aequivalent von 3,27 Grm.
Kalisalpeter.
In einer, am 15. August im Hattener Wald, in geringer Entfernung vom Rhein,
ausgenommenen Heideerde wurde per Kubikmeter das
Aequivalent von 12 Grm. Kalisalpeter gefunden.
In Wiesenerde, welche im September und October am Ufer der Sauer, in einem Thal der
Vogesen und auf einem Weideplatz bei Rödersdorff (Oberrhein) genommen wurde,
wechselte der Gehalt von 1 bis 11 Grm. per Kubikmeter,
als Kalisalpeter berechnet.
Von 19 Proben guter Ackererde, welche im September und October in den Thälern des
Rheins, der Loire, der Marne und der Saône genommen wurden, gaben vier keinen
Salpeter. Die Proben welche davon am wenigsten enthielten, waren von einem
Türkischkornfeld von Hoerdt (Niederrhein), von dem Weinberg Liebfrauenberg und von
einem Runkelrübenfelde am Ufer der Sauer; der Kubikmeter Erde enthielt nicht über 0,8–1,28 und
1,33 Grm. als Kalisalpeter berechnet.
Die am wenigsten salpeterarmen Erden waren von einem Getreidefeld in der Gegend von
Reims und von einem Acker der Touraine; der Kubikmeter enthielt 10,4 und 14,4 Grm.
salpetersaure Salze, als Kalisalpeter berechnet. Ein Tourainer Boden, welcher seit
fünf Jahren mit Muschelerde gedüngt worden war, hatte einen ganz besonders großen
Gehalt, – in 1 Kubikmeter das Aequivalent von 108 Grm. Salpeter.
Ich ermangelte nicht, auch die zur Bodenverbesserung gebräuchlichen mineralischen
Dünger auf einen Gehalt an salpetersauren Salzen zu untersuchen.
Von sogenannter Muschelerde waren dem erwähnten Tourainer Boden 70 Kubikmeter per Hektare zugesetzt worden. In 1 Kilogr. dieses erst
seit kurzer Zeit aus der Grube genommenen Muschelmergels konnte ich keine Spur von
Salpeter entdecken.
Ein sehr weißer, leicht zerfallender Mergel von la Chaise bei Louzouer (Loiret),
sogleich nach seiner Gewinnung untersucht, enthielt das Aequivalent von 7,2 Grm.
Kalisalpeter per Kubikmeter. Ein Mergel von demselben
Lager, welcher seit dem Jahr 1853 am Rande der Grube in Haufen gelegen war, enthielt
per Kubikmeter 19 Grm. Salpeter. Sehr thonhaltiger
Mergel von den Hügeln bei Chaumont enthielt das Aequivalent von 25 Grm.
Kalisalpeter.
Bei Meudon wird die Kreide in drei übereinanderliegenden Bauen gewonnen. Der frisch
gebrochene Kalkstein von einer Wand des oberen Baues, lieferte per Kubikmeter das Aequivalent von 16 Grm. Salpeter.
Bemerkenswerth ist, daß in den untern Schichten der Kreidemasse kein Salpeter
gefunden wurde. Da dem Boden bei einer Mergeldüngung sehr viel Kalkstein einverleibt
wird, so kommt selbst ein geringer Gehalt desselben an salpetersauren Salzen sehr in
Betracht, weil letztere ebenso wirksam sind, wie der phosphorsaure Kalk und die
kohlensauren Alkalien.
In den untersuchten Erden wurde also, mit wenigen Ausnahmen, Salpeter gefunden und
meistens in sehr geringer Menge. Man darf dabei aber nicht vergessen, daß die
Analysen während eines sehr regnerischen Herbstes gemacht wurden, und daß der Regen
die salpetersauren Salze auswascht oder wenigstens verdrängt. So fand ich daß 1
Kubikmeter Erde von einem Küchengarten vor dem Regenwetter 316 Grm. Salpeter
enthielt, nach dem Regen aber nur noch 13 Grm. Als Hauptresultat stellt sich heraus,
daß der Salpeter in der Pflanzenerde häufig vorkommt, dieselbe mag einem Waldboden
angehören, welcher so hoch über den Thälern liegt, daß er keine andere Düngung
erhält als die des Regens, oder einem Ackerland welchem die intensivste Düngung gegeben wird.
Da das Wasser die salpetersauren Salze auflöst, so war in gehörig gedüngtem und vor
Regen geschütztem Erdreich ein größerer Gehalt an demselben zu erwarten. In der That
fand ich im Erdreich der Treibhäuser, welches mit den Salpeterplantagen mehr
Aehnlichkeit hat, sehr beträchtliche Mengen Salpeters.
In 1 Kilogramm Erde aus einem Treibhaus des Pariser Pflanzengartens fand ich das
Aequivalent von 6 Centigrammen Kalisalpeter: 89 Gramme per Kubikmeter; 1 Kilogr. Erde aus einem andern Treibhaus desselben
Gartens gab das Aequivalent von 6 Decigrammen Kalisalpeter, oder 804 Gramme per Kubikmeter.Beide Erden hatten nicht gleiche Dichtigkeit.
In 1 Kilogr. schwarzer leichter Erde von der Oberfläche der Gewächströge im Treibhaus
des botanischen Gartens der Pariser medicinischen Schule fand ich das Aequivalent
von 0,121 Grm. Kalisalpeter, oder in 1 Kubikmeter 461 Grm.
In 1 Kilogr. schwerer Erde, 30 Centimeter unter der leichten Erde herausgenommen,
fand ich 0,107 Grm. als Kalisalpeter berechnet; per
Kubikmeter 185 Grm.
Die salpetersauren Salze, wovon die Erde der Treibhäuser, wie ich gezeigt habe, eine
bedeutende Quantität enthält, mögen nun durch die Atmosphäre erzeugt werden; oder
sich in Folge der Veränderungen bilden, welche die organischen Materien des Düngers
bei Gegenwart alkalischer oder erdiger Basen erleiden; oder sich bloß aus dem
Wasser, womit begossen wird, nach und nach im Boden ansammeln: so steht fest, daß
ihr Verbleiben im Boden vorzüglich davon abhängt, daß das Regenwasser sie nicht
fortführen kann; es ist auch höchst wahrscheinlich daß, abgesehen von dem
vortheilhaften Einfluß der Temperatur und der Feuchtigkeit, ein Dünger in einem
Treibhaus seinen größten Nutzeffect hervorbringt.
Auf dem gegenwärtigen Standpunkte unserer Kenntnisse müssen wir die
stickstoffhaltigen Bestandtheile der Pflanzen entweder dem Ammoniak oder der
Salpetersäure zuschreiben, wobei die Frage vorläufig unentschieden bleibt, ob der
Stickstoff der Säure unter dem Einfluß des Pflanzenorganismus nicht in den Zustand
von Ammoniak übergeht. Der Stickstoff des Albumins, des Caseïns, des Fibrins
der Pflanzen war sehr wahrscheinlich ein Bestandtheil eines Ammoniaksalzes oder eines
salpetersauren Salzes; vielleicht erzeugen diese beiden Salzen auch eine braune
Materie, die sich im Dünger vorfindet, und welche noch so wenig gekannt ist; aber
selbst im letztern Fall steht fest, daß jeder unmittelbar wirksame Bestandtheil
eines Düngers auflöslich ist, und daß folglich ein gedüngter Boden, andauerndem
Regen ausgesetzt, einen mehr oder weniger großen Verlust an den ihm mitgetheilten
fruchtbarmachenden Bestandtheilen erleidet; auch findet man im Drainagewasser,
welches den Boden wahrhaft auslaugt, stets salpetersaure Salze und Ammoniaksalze;
und wenn es wahr ist, daß die Gipfel der Berge und die Hochebenen keinen andern
Dünger erhalten als die mineralischen Bestandtheile der Gesteine, woraus sie
bestehen, und das Meteorwasser, so ist es nicht minder wahr, daß unter den
gewöhnlichen Umstände der Cultur ein sehr stark gedüngter Boden dem ihn
durchdringenden Regenwasser mehr fruchtbarmachende Bestandtheile abtritt, als er von
ihm empfangt. Wenn man der Erde einen Dünger im Zustand noch wenig vorgerückter
Zersetzung (Fäulniß) gibt, welcher also eher die Elemente der ammoniakalischen
Producte und salpetersauren Salze, als diese Salze selbst enthält, so wird der durch
andauernden Regen veranlaßte Nachtheil viel geringer, als wenn man der Erde fertigen Dünger gibt, worin die auflöslichen Salze schon
vorwalten. Unter den Vortheilen, welche die Anwendung der flüssigen Dünger unbestreitbar darbietet, ist nach meiner Meinung in
erster Reihe der aufzuführen, daß die Felder durch sie nur solche Materien erhalten,
die schon gehörig modificirt sind, um aufgesogen zu werden, und deren sich die
Pflanze nach Maaßgabe ihres Bedarfes bemächtigen kann.
Während das Meteorwasser, welches der Landwirth nicht in seiner Gewalt hat, durch
seine Menge, vorzüglich aber durch sein Erscheinen zu ungelegener Zeit oft einen
nachtheiligen Einfluß auf das Gewächs hervorbringt, ist dieses mit dem Quellwasser,
mit dem behufs der Bewässerung herbeigeleiteten Flußwasser, oder dem Wasser welches
durch Einsickern ein Thal in gehörig feuchtem Zustand erhält, nicht der Fall. Diese
Wässer geben an das Erdreich sämmtliche in ihnen aufgelöste oder suspendirte
nützliche Stoffe ab, nämlich Kalk- und Alkalisalze, Kohlensäure, organische
Substanzen etc. Um zu zeigen, in wie großem Verhältniß diese aufgelösten oder
mitgeführten Stoffe dem Boden zugeführt werden, erinnere ich an eine Reihe von
Versuchen, die ich angestellt habe, um das zur Bewässerung in unserm Clima im Sommer
erforderliche Wasservolum kennen zu lernen; von 1 Hektare mit Klee angebauten
schweren Bodens konnte ich sehr leicht 97 Kubikmeter Wasser jede 24 Stunden
einsaugen lassen; dieß entspricht aber doch nur einer Begießung mit 9,7 Liter
Flüssigkeit
per Quadratmeter, oder der Bedeckung des Quadratmeters
mit einer Wasserschicht welche 1 Centimeter Dicke nicht erreicht.
Als der Vegetation förderliche Salze, welche durch die Bewässerung dem Boden
zugeführt werden, sind insbesondere die salpetersauren zu betrachten, was Hrn.
Saint-Claire Deville nicht entging; derselbe sagt:
das Quell- und das Flußwasser sind ein kräftiger Dünger für die Wiesen, wegen
der Kieselerde und der Alkalien, welche sie mit sich führen, ferner wegen der
organischen Materie und der salpetersauren Salze, aus
denen die Pflanzen den ihrem Organismus unentbehrlichen Stickstoff schöpfen.Annales de Chimie et de Physique, 3me Série,
t. XXIII p. 20.
Der Salpetergehalt des Wassers ist, wie gesagt, sehr wandelbar. So konnte ich in den
Seen im Vogesengebirge den Gehalt derselben an salpetersauren Salzen kaum bestimmen.
Das Wasser des Sternsees im Hochthal von Massevaux enthielt (am 22. Oct. 1856) im
Liter nur das Aequivalent von 0,01 Milligramm Kalisalpeter. Das Wasser des
Sevensees, in demselben Thal, etwas unterhalb des Sternsees, aus dem die Doller
kommt, gab per Liter das Aequivalent von 0,07 Milligramm Kalisalpeter (23. October
1856). Der Sulzbachweiher bei Wörth (Niederrhein), von Vogesensandsteinbergen
umgeben, ergab im Liter nur 0,03 Milligr. Salpeter (24. Aug. 1856).
Quellwasser. – Ich habe das Wasser von vierzehn
Quellen untersucht. Die an Salpeter ärmsten waren vom Liebfrauenberg und den
Fleckensteinruinen; beide kommen aus dem Vogesensandstein. Der Liter enthielt das
Aequivalent von 0,03 bis 0,14 Milligr. Kalisalpeter.
Das Quellwasser, worin ich am meisten Salpeter fand, ist das von Ebersbronn
(Niederrhein) und von Roppentzwiller (Oberrhein); im Kubikmeter enthalten sie das
Aequivalent von 14 Grm. und 11 Grm. Kalisalpeter. Man benutzt beide zur
Bewässerung.
Flußwasser. – Von den analysirten Flußwässern
haben das der Seltz und der Sauer, welche sich in den Rhein ergießen, den geringsten
Salpetergehalt: 0,7 bis 0,8 Grm. per Kubikmeter.
Die Flüsse, deren Wasser den größten Salpetergehalt ergab, sind die Vesle in der
Champagne und die Seine. Das Veslewasser enthielt davon 12 Grm. per Kubikmeter; das
Seinewasser 9 Grm., nach sechs, zwischen dem 29 Nov. 1856 und dem 18. Januar 1857
vorgenommenen Bestimmungen.
Im Jahr 1846 fand Hr. Deville im Wasser des Seineflusses
per Kubikmeter 18 Grm. salpetersaures Natron und
salpetersaure Talgerde, zusammen als Kalisalpeter berechnet.
Brunnenwasser. – In den Brunnen auf Dörfern und
auf dem Lande fand ich mehr salpetersaure Salze als in den Quellen und Flüssen; aber
auch hier waren die Quantitäten sehr wandelbar. So gibt das Brunnenwasser von
Bechelbronn, welches wirklich nicht frei von Spuren von Steinöl ist, nur Anzeichen
von salpetersauren Salzen, während das Brunnenwasser von Woerth und Freischwiller
(Niederrhein), wo die Brunnen im Liasmergel gegraben sind, 66 bis 91 Grm. Salpeter
per Kubikmeter enthalten. In den Brunnen großer
Städte aber findet man den größten Salpetergehalt; dieß ist eine bekannte Thatsache,
und Hr. Deville fand in einem zu Besançon
geschöpften Wasser das Aequivalent von 198 Grm. Kalisalpeter per Kubikmeter. Der Salpetergehalt des Wassers von 40 Brunnen aus zwölf
Arrondissements von Paris ist nach meinen Analysen ein noch größerer. Die Bestimmung
geschah durch die zwei Methoden, welche ich stets vergleichend anwandte, nämlich
mittelst der Indigo-Entfärbung und des Pelouze'schen Verfahrens.
Der geringste Gehalt an salpetersauren Salzen wurde im Wasser folgender Brunnen
gefunden:
Rue Guérin Boisseau, im
Kubikmeter das Aequiv. von
206 Grm. Kalisalpeter
Rue Saint-Martin
„
„
223 „
„
Rue Saint-Georges
„
„
238 „
„
Rue des Petites-Ecuries
„
„
258 „
„
Am meisten salpetersaure Salze fand ich im Wasser der Brunnen der alten
Stadtviertel:
Rue du Fouarre, im Kubikmeter
das Aequiv. von
1,031 Kilogr. Kalisalpeter
Rue du
Foin-Saint-Jacques
„ „
1,500 „
„
Rue Saint-Landry
„ „
2,093 „
„
Rue Traversine
„ „
2,165 „
„
Von zwei Brunnen auf Sumpfboden angelegter Gärten der Vorstädte enthielt der
Kubikmeter Wasser 1,268 und 1,546 Kilogr. salpetersaure Salze. Man sieht, daß 100
Kubikmeter dieses, nur zur Begießung bestimmten Wassers 120 bis 125 Kilogr. Salpeter
in den Boden bringen, dessen Nutzen als Dünger nicht bestritten werden kann, da 1
Hektare Sumpfland im Sommer per Tag 30 bis 40 Kubikmeter
Wasser absorbirt.
Die große Menge salpetersaurer Salze, welche man in den Brunnen von Paris findet,
entsteht ohne Zweifel durch die Zersetzung der organischen Substanzen womit der
Boden beständig imprägnirt ist. Die Reinheit der Luft und des Wassers, welche für
die Gesundheit des Publicums so wichtig sind, müssen dadurch bedeutend afficirt
werden. Ich habe bei einer andern Gelegenheit gezeigt, daß der Regen, nachdem er die
Atmosphäre einer großen
Stadt, durch welche er fiel, gereinigt hat, viel mehr Ammoniak und fäulnißfähige
organische Substanzen aufgelöst oder suspendirt enthält, als wenn er, fern von einer
Stadt, auf dem Lande niederfällt; hier erinnere ich, daß das Brunnenwasser, wenn es
durch ein, mit einer Salpeterplantage vergleichbares Erdreich sich in den Brunnen
gezogen hat, mit offenbar schädlichen Substanzen verunreinigt ist. Eine dichte
Bevölkerung muß daher die Keime der Ungesundheit in sich tragen.
In Paris ist das in den Brunnen sich ansammelnde Wasser, in Folge der geologischen
Beschaffenheit des Bodens welchen es durchdringt, nicht trinkbar; man bedient sich
desselben weder zum Trinken noch zur Bereitung der Speisen; hiernach könnte man
glauben, daß die Bevölkerung vor den Nachtheilen desselben vollkommen gesichert ist.
Das wäre aber ein Irrthum, denn es ist leicht nachzuweisen, daß jeder Einwohner
täglich die sämmtlichen in einem gewissen Volum dieses Wassers aufgelösten
Substanzen zu sich nimmt; erstens wird innerhalb der Mauern des städtischen Octroi's
zur Verdünnung der schweren Weine und der geistigen Flüssigkeiten nur Brunnenwasser
verwendet, und zweitens benutzen die Bäcker zur Brodbereitung kein anderes
Wasser.
1000 Kilogr. Mehl erheischen zur Verwandlung in Brod, für die verschiedenen
Sauerteige und den Teig, 617 Liter Wasser.
Sie liefern 1373 Kilogr. Brod, welches nothwendig alle auflöslichen Stoffe der 617
Liter Wasser enthält.
In 1 Kilogr. Brod befindet sich sonach alles, was in 45 Centilitern Brunnenwasser
enthalten war.
Wir wollen sehen, was dieses Wasser an salpetersauren Salzen hineinbringt.
Das Brunnenwasser der Bäckerei des Scipionspitals enthält per Liter das Aequivalent von 0,31 Grm. Kalisalpeter; es ist eines der an
Salzen ärmsten Wässer.
1 Kilogr. mit diesem Wasser bereiteten Brodes muß folglich 0,14 Grm. Salpeter
zurückhalten. 1 Kilogr. mit dem Brunnenwasser der Rue Saint-Landry bereiteten
Brodes würde das Aequivalent von ungefähr 1 Grm. Kalisalpeter zurückhalten.
In so geringer Menge wirken die salpetersauren Salze wohl schwerlich nachtheilig;
aber ihr Vorhandenseyn im Brode ist die Anzeige organischer Materien, welche
offenbar von verdächtigen Quellen rühren, z.B. vom ausgeschütteten Wasser der
Haushaltungen oder von dem Wasser, welches aus den zahlreichen Abtrittgruben in den
Boden einsickert, und so wie jenes in die Brunnen gelangt. Auch vergesse man nicht,
daß jedes Jahr das Anwachsen der Seine, die unterirdischen Ueberschwemmungen, die unteren
Bodenschichten mit den oberen an den Stellen in Verbindung setzen, wo sich die
Unrathbehälter befinden, und daß das Wasser, indem es den Boden auswäscht, ihm mit
anderen Substanzen auch die Keimkörner der kryptogamischen Vegetation und des
Schimmels entzieht, welche stets schädlich und um so mehr zu fürchten sind, da ihr
scheinbar so schwacher Organismus der Temperatur des Backofens widersteht, was
früher Hr. Payen und neuerlich erst wieder Hr. Poggiale nachgewiesen hat.
Gegenwärtig soll die Verwaltung der Spitäler darauf bedacht seyn, die Scipionbäckerei
mit Seinewasser zu versehen.
Aus obigen Untersuchungen läßt sich wohl der Schluß ziehen, daß das auf der
Oberfläche der Erde oder in geringer Tiefe circulirende Wasser, indem es durch
Bewässerung oder Einsickerung dem Boden befruchtende Stoffe zuführt, weit mehr durch
seinen Salpetergehalt, als durch einen Ammoniakgehalt wirkt. In meiner Abhandlung
über den Ammoniakgehalt der Wässer habe ich gezeigt, daß das Flußwasser selten mehr
als 0,2 und das Quellwasser selten über 0,02 Grm. Ammoniak im Kubikmeter enthält;
nach den bisherigen Resultaten enthält aber der Kubikmeter derselben Wässer das
Aequivalent von 6 bis 7 Grammen Kalisalpeter, als stickstoffhaltiger Dünger 1,10
Grm. Ammoniak entsprechend.
Uebrigens hat die geologische Beschaffenheit einer Gegend den augenfälligsten Einfluß
auf das Mengenverhältniß des Salpeters. So fand ich im Wasser der aus dem Syenit
sich speisenden Seen kaum bestimmbare Spuren von Salpeter; die aus dem rothen
Sandstein oder dem Quarzsandstein der Vogesen hervortretenden Wässer scheinen nicht
über 0,5 Grm. per Kubikmeter zu enthalten: während im
Kalkboden, gehöre er nun dem Trias (Keuper), der jurassischen Formation (Lias), der
Kreidengruppe, oder den tertiären Lagern oberhalb der Kreide an, das Quellwasser und
das Flußwasser per Kubikmeter das Aequivalent von 15
Grm. Kalisalpeter lieferten und das Mengenverhältniß von 6 bis zu 62 Grm.
variirte.
Wenn in den Quellen und in den Flüssen in der Regel mehr salpetersaure Salze als
Ammoniak enthalten sind, so scheint das Gegentheil im Regen, im Schnee und im Thau
stattzufinden.
Versuche welche im Jahr 1852 sechs Monate lang fortgesetzt wurden, ergaben, daß in
großer Entfernung von bewohnten Orten gesammeltes Meteorwasser im Mittel 0,74
Milligrm. Ammoniak per Liter enthielt. Seitdem haben die
HHrn. Law und Gilbert, welche
ihre Beobachtungen ein ganzes Jahr lang zu Rotamsted anstellten, ziemlich dieselbe
Zahl gefunden.
Im Sommer und Herbst des Jahrs 1856 untersuchte ich 90 Proben des am Liebfrauenberg
gefallenen Regens. In 76 derselben war es möglich, die salpetersauren Salze zu
bestimmen, und meine quantitativen Resultate, wenn sie auch manches zu wünschen
übrig lassen, gestatten doch den Schluß, daß der in Mitte der Felder, in der Nähe
ausgedehnter Waldungen fallende Regen viel weniger Salpetersäure als Ammoniak
enthält.
––––––––––
Nach dem Vortrag dieser Abhandlung in der (französischen) Akademie der Wissenschaften
theilte Hr. Pelouze einen Versuch mit, welcher zeigt, daß
die salpetersauren Salze unter dem Einfluß der in Fäulniß befindlichen thierischen
Stoffe sich zersetzen. So fand er, daß der Salpeter in einer Auflösung von Eierweiß
langsam verschwindet und seine Säure sich in Ammoniak verwandelt. Diese Reaction
erklärt, warum man in der Mistjauche, in stehenden Wässern etc. keine salpetersauren
Salze oder nur Spuren derselben findet.
Hr. Boussingault erwiederte, daß er diese Ansicht
vollkommen theile. Die Umwandlung der stickstoffhaltigen Substanzen in salpetersaure
Salze, bemerkte er, hat eine Gränze; wenn diese Substanzen vorwalten, so findet
keine Salpeterbildung mehr statt, daher man in dem oben von den Gruben weggenommenen
Dünger nur Spuren von salpetersauren Salzen findet, am Grunde derselben oder in den
Harngruben aber gar keine Spur. Wenn Salpeter sich zeigen soll, so muß nothwendig 1)
die thierische Materie, der Mist, einer erdigen oder alkalischen Substanz
einverleibt werden; 2) die atmosphärische Luft Zutritt haben und gehörige
Feuchtigkeit vorhanden seyn; 3) die Masse gegen den Regen geschützt seyn.