Titel: Ueber die Ursache des Kupferniederschlages auf die Thonzellen der Daniell'schen Kette, und über dessen Verhütung; von Francis Place.
Fundstelle: Band 144, Jahrgang 1857, Nr. LXXXV., S. 348
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LXXXV. Ueber die Ursache des Kupferniederschlages auf die Thonzellen der Daniell'schen Kette, und über dessen Verhütung; von Francis Place. Aus Poggendorff's Annalen der Chemie und Physik, 1857, Nr. 4. Mit Abbildungen auf Tab. V. Place, über die Ursache des Kupferniederschlages auf die Thonzellen der Daniell'schen Kette. Es ist eine bekannte Sache, daß bei anhaltendem Gebrauche Daniell'scher Ketten die dem Kupfer zugewandte Seite der Thonzelle sich mit compactem, metallischem Kupfer bekleidet. Man findet bei genauerer Betrachtung, daß an den bekleideten Stellen die Thonzelle gänzlich durchwachsen ist, und hierauf beruhen zwei wesentliche Uebelstände, welche durch diese Bekleidung hervorgerufen werden: erstlich wird die Thonzelle an den betreffenden Stellen brüchig, was so weit geht, daß deren unterer Theil von der Durchwucherung abgedrängt wird und abfällt; zweitens wird durch die durchwuchernden metallischen Fäden eine leitende Brücke vom Zinke zum Kupfer gebaut, welche (sobald eine besonders vorragende Spitze der Bekleidung den Kupfercylinder berührt) als eine so gute Nebenschließung wirkt, daß die verlangte Wirkung des Elementes im gegebenen Schließungsbogen dagegen, so gut wie gänzlich, verschwindet. Im letztgenannten Falle findet natürlich ein ununterbrochener höchst bedeutender Zinkverbrauch statt, dem man nur durch schleunige Entfernung der schadhaften Thonzelle begegnen kann; und um so gefährlicher ist derselbe Fall, als er oft eintritt, ohne daß man eine Ahnung davon hat. Will man dann in einigen Tagen die gedachte Kette benutzen, so findet man daran Wirkungslosigkeit und den angerichteten Schaden. – Nachdem mir die beiden beschriebenen Uebelstände so oft begegnet waren, daß ich deren Ursache genügend erkannt hatte, sah ich die unbedingte Nothwendigkeit ein, den Kupferniederschlag zu verhüten. – Während ich mich angelegentlich bei Chemikern, Physikern, Telegraphen-Beamten etc. erkundigte, ob man ein Mittel hiezu kenne, hörte ich öfters die seltsame Meinung: der Niederschlag müsse seyn, er bilde – gleich dem Hauptniederschlag auf den Kupfercylinder – einen wesentlichen Theil zur Erhaltung der Constanz der Kette; ihn verhüten heiße den Strom schwächen. Es überraschte mich, wie ungemein verbreitet diese Meinung ist, und da ich bei dieser Gelegenheit ersah, daß man das von mir gewünschte Mittel nicht kenne, so dürfte vielleicht das Folgende dem einen oder dem anderen theilweise neu seyn. 1) Die Kupferbekleidung der Thonzelle ist nicht ein Theil des die Polarisation verhütenden Kupferniederschlages, denn während das Voltameter 1862 Kubikcentimeter Knallgas entbindet (1 Grm. Wasser zersetzt), nimmt das Gewicht des Kupfercylinders um die vollen äquivalenten 3,518 Grm. zu, mag dabei auf die Thonzelle wenig oder viel (0 bis sogar 20 Grm.) Kupfer abgelagert seyn. 2) Die Kupferbekleidung ist auch kein secundäres Stromproduct, denn man kann Tage lang einen kräftigen Strom erhalten, ohne daß sich eine sichtbare Spur von ihr zeigt, während man andererseits an ungeschlossenen und nie geschlossen gewesenen Ketten in einigen Tagen 10 bis 30 Grm. Bekleidung erhalten kann. – Die in Rede stehende Bekleidung hat also mit der galvanischen Thätigkeit der Kette überhaupt gar nicht das Geringste zu schaffen. 3) Füllt man die Kette auf die übliche Art mit den Flüssigkeiten, stellt aber die Kupfer- und Zinkcylinder nicht hinein, so bleibt die Bekleidung aus, sie entsteht also nicht durch eine Thätigkeit beider Flüssigkeiten auf einander; sie bleibt ferner aus, wenn man auch den Kupfercylinder einsetzt, sie tritt aber nach einigen Tagen ein, wenn man den Zinkblock einstellt; dieser ist also wesentlich erforderlich. 4) Stellt man einen wohl amalgamirten Zinkblock in verdünnte Schwefelsäure von der gewöhnlichen Concentration (5 bis 20 Proc. nach Gewicht), so ist der chemische Angriff wohl sehr verringert, aber niemals vernichtet. Bekanntlich löst sich ein Gemenge von Zink und Blei, Zink und Eisen, Mangan, Cadmium etc. nicht auf, sondern nur das Zink wird als Zinkvitriol gelöst, während die beigemengten Stoffe: Eisen, Blei, Mangan, Cadmium etc. metallisch zu Boden fallen. Nun ist das im Handel vorkommende und zu galvanischen Erregungen angewandte Zink stets mehr oder weniger mit diesen Stoffen, namentlich Eisen, verunreinigt. In Folge hievon bekleidet sich bald das in der Säure stehende Zink mit einer grauen losen Schicht, die wir vorläufig als „Zinkschlamm“ bezeichnen wollen, und die eben aus den genannten metallischen Stoffen besteht. 5) Hat sich der Zinkschlamm reichlicher angehäuft, so sinkt er zu Boden, so daß der Zinkblock öfters mehr als 1 Centimeter tief in ihm steht. – Auch kommt es durch schräge Stellung oder Bewegung des Zinkblockes bald dahin, daß größere oder geringere Quantitäten Zinkschlamm an der Wand der Thonzelle hängen bleiben. 6) Die Wand der Thonzelle ist nach längerer Zusammenstellung der Kette stets von Kupfervitriollösung durchzogen. An der Wand der Thonzelle (Tz) Fig. 19 hänge nun in der Säure (S) eine Quantität Zinkschlamm, so wird dieser auf die bekannte Art (gerade wie ein in Kupfervitriol getauchter Eisendraht) auf der Thonzellenseite Kupfer reduciren. Die so gebildete Kupferschicht (I) berührt direct den metallischen Zinkschlamm (Z), letzterer steht in verdünnter Schwefelsäure, erstere in Kupfervitriollösung (von der die Wand durchzogen ist), man hat ein kleines Daniell'sches Element in schönster Form, die constanten und ziemlich kräftigen Ströme (in der Figur durch kreisrunde Pfeile angegeben) verdicken in der bekannten Art die Kupferschicht, die auf diese Art, in Fäden den Gängen in der Thonwand folgend, diese durchwächst, um sich außen frei und massenhaft auszubreiten. 7) Demgemäß beginnt die Durchwachsung stets an der dem Zinke zugewandten Seite, wie man sich leicht überzeugt, wenn man sie unterbricht, noch ehe sie vollendet ist. 8) Die Notwendigkeit des Zinkes (3) verwandelt sich mithin in die Notwendigkeit des Zinkschlammes. In der That, als ich die Flüssigkeiten in gewohnter Weise einfüllte, beide Metalle fortließ, und in die Säure etwas früher gebildeten Zinkschlamm that, denselben auch an den Wänden in regelmäßigen Figuren vertheilte, hatte ich schon 10 Stunden später den Kupferbeschlag ganz entsprechendentspechend an der Außenseite der Zelle. 9) Zu einer vollständigen Erklärung der Bekleidung sind also folgende zwei Bedingungen nothwendig und ausreichend: A) Anhaften von Zinkschlamm an der Wand der Thonzelle. B) Durchzogen seyn der Thonzelle durch Kupfervitriollösung. 10) Verhindert man eine dieser Bedingungen, so verhindert man auch die Bekleidung. Die Bildung des Zinkschlammes kann wohl nicht leicht auf eine praktisch brauchbare Art umgangen werden, allein das Anhaften läßt sich recht wohl vermeiden. Mein erstes Geschäft mit einer neuen Thonzelle ist, daß ich sie über der Spirituslampe erwärme, 1 Grm. Wachs in ihr schmelze und dieses durch passendes Neigen und Schwanken über den Boden und etwa 5 Millimeter hoch an den Wänden ausbreite; hier ist die Lieblingsstelle der Bekleidung. Alles Auftragen von Firniß ist nicht so gut (dieser Ueberzug hat stets Risse, durch welche die Durchwucherung hindurchsetzt; Wachs aber dringt in alle Gänge und bewirkt eine wahrhafte Verstopfung derselben), jedenfalls aber gänzlich zwecklos, wenn es von außen erfolgt. Sodann sehe man darauf, daß die untere Fläche des ZinkblockesMit großem Vortheile bediene ich mich, statt der lästigen Hohlcylinder, massiver Zinkblöcke Fig. 21, die bei 10 Cent. Höhe und 200 Quadratcent. Fläche ein Gewicht von 700 Grm. haben. Die Amalgamation dauert wenige Secunden. Alle zur Daniell'schen Kette gehörigen Stücke, diese Blöcke und vortreffliche Thonzellen, liefert mir der hiesige Mechaniker, Hr. Meißner, sehr gut. eben und senkrecht auf dessen Achse sey, so daß er frei und gerade mitten in der Zelle feststehe. Den entstehenden Zinkschlamm nehme ich alle 2 bis 3 Tage mit einer Blechkratze (B) Fig. 20 ab, die ein 15 Cent. langes, unten 1 Cent. weit rechtwinklich gebogenes Eisenblech ist. Man verwendet dabei Sorgfalt darauf, nicht an die Thonzelle zu streichen. Der wenige niederfallende Schlamm wird vom Wachse unschädlich gemacht.Führt man dieß mit Sorgfalt und Sauberkeit aus, so ist die erste Bedingung (9 A) vermieden, und die Bekleidung bleibt aus. 11) Obgleich die Verhinderung dieser einen Bedingung vollständig genügt, so ist es doch leicht, auch der Bedingung (B) etwas entgegenzuwirken. Gießt man rasch nach einander Säure und Kupfervitriollösung in die Kette, so ist das sehr unvortheilhaft. Die Säure durchdringt wegen ihrer bedeutenderen Zähheit nur langsam die Zelle, der mittlerweile eingegossene Kupfervitriol kommt ihr weit rascher entgegen, und fast die ganze Wand ist mit letzterem durchzogen. Ich gieße die Säure 4 bis 5 Stunden vor der Kupfervitriollösung ein, dann ist die ganze Wand von Säure durchzogen. Hierdurch ist der Lösung der Eintritt schon sehr erschwert, wozu noch die bekannte Ueberführung tritt, so daß bei stetem Gebrauch der Kette alle Eindringungsversuche der Lösung zurückgeschlagen werden. Hierin liegt auch der Grund, daß gerade bei geöffneter Kette die Bekleidung häufiger und schneller eintritt, als bei geschlossener. Man begreift ferner den Vortheil bei sehr lange andauerndem Gebrauche der Kette dann und wann eine neue Thonzelle einzusetzen und die alte (nun durchzogene) auszuspülen; überhaupt ist das Ausspülen nöthig und noch wirksamer ist tagelanges Stehenlassen der Zelle voll Brunnenwasser, das man so oft durch reines ersetzt, als es blau-grün und trübe wird. 12) Seit zwei Monaten hat sich bei dieser Vorsicht (19, 20) noch keine Spur einer Bekleidung wieder bei mir gebildet, obschon ich 1 bis 4 Elemente stets in Thätigkeit habe, und die Kupfercylinder seitdem wenigstens 40 bis 50 Grm. schwerer geworden sind. Ich hätte in der Zeit früher mindestens ebenso viel Kupfer auf die Zellen bekommen, was ein nutzloser Verbrauch von nahezu 1/2 Pfund Kupfervitriol wäre, und sicher 5 bis 6 Zellen zerstört hätte. Sollte einem Physiker, oder irgend Jemandem, der – gleich mir – die Daniell'sche Kette der starken Grove'schen oder Bunsen'schen weit vorzieht, dieser Aufsatz nur ein Zehntheil so willkommen seyn, als er mir es vor Jahresfrist gewesen wäre, so würde mir dieß die lebhafteste Freude bereiten. Berlin, den 19. Februar 1857.

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