Titel: | Ueber die Bestimmung des specifischen Gewichts von Flüssigkeiten; von Dr. A. Vogel jun. und Dr. C. Reischauer in München. |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. L., S. 178 |
Download: | XML |
L.
Ueber die Bestimmung des specifischen Gewichts
von Flüssigkeiten; von Dr. A.
Vogel
jun. und Dr. C. Reischauer in
München.
Mit Abbildungen.
Vogel, über die Bestimmung des spec. Gewichts von
Flüssigkeiten.
Unter den zum Abwägen gleicher Volumina von Flüssigkeit behufs der Bestimmung ihrer
specifischen Gewichte bisher angewandten Gefäßen sind die vor der Lampe geblasenen
enghalsigen Kölbchen entschieden die vorzüglichsten. Bei gleicher, wenn nicht
größerer Genauigkeit schließt diese Vorrichtung das unvermeidliche Ueberlaufen der
Flüssigkeit aus, eine Unbequemlichkeit, welche bei den für gleiche Zwecke
construirten Gefäßen, mit Glasstöpsel oder eben geschliffenen Glasplatten versehenen
Fläschchen, stets mit einer Vergeudung der oft kostbaren Flüssigkeit verbunden ist.
Man muß daher gewiß dem Ausspruche Otto's in seinem
vortrefflichen LehrbucheOtto-Graham, Lehrbuch der Chemie. 2te
Auflage. Braunschweig 1844. Bd. I S. 292. vollkommen beipflichten, wenn er in Bezug auf diesen Gegenstand sagt:
„Man kann dreist behaupten, daß derjenige nie wieder zu einer andern
Methode der Bestimmung des specifischen Gewichts zurückkehren wird, der sich
einmal der beschriebenen kleinen Glaskölbchen für diesen Zweck bedient
hat.“
Nun aber ist auf das specifische Gewicht die Ausdehnung der Flüssigkeiten durch die
Wärme vom größten Einfluß, so daß bei genaueren Bestimmungen dieser Art auf dieselbe
nothwendigerweise Rücksicht genommen werden muß. Namentlich würde man ohne diese
Rücksichtnahme bei Flüssigkeiten, deren Ausdehnung bedeutend von der des Wassers
abweicht, von der Wahrheit nicht unbeträchtlich entfernte Resultate erhalten. Wir
brauchen nur die specifischen Gewichtsbestimmungen der Mischungen aus Alkohol und
Wasser zu erwähnen, um daran zu erinnern, daß ohne die Berücksichtigung dieses
Factors man immer nur einen annähernden Werth für den Alkoholgehalt aus dem
uncorrigirten specifischen Gewicht ableiten würde.
Will man diesen Anforderungen entsprechen in specifischen Gewichtsbestimmungen von
Flüssigkeiten, deren Ausdehnung nicht genau bekannt ist, oder eben erst durch den Versuch
ermittelt werden soll, so sieht man sich genöthigt, die Flüssigkeit durch Erwärmen
oder Abkühlen auf einen bestimmten Temperaturgrad zu bringen. Sucht man dieß durch
Eintauchen in ein weiteres Gefäß mit Wasser von der erforderten Temperatur zu
erreichen, so wird es nur schwierig zu erlangen seyn, daß die ganze Masse der
Flüssigkeit einen gleichförmigen Wärmegrad annehme, jedenfalls aber würde es eine
längere Zeit erfordern, bis die Temperaturausgleichung durch das ganze kugel-
oder birnförmige Gefäß stattgefunden hätte.
Wollte man durch ein eingebrachtes Thermometer sich von dem Temperaturgrade im Innern
des Gefässes überzeugen, so wäre dadurch aber die Anwendung der oben erwähnten
enghalsigen Fläschchen ausgeschlossen, indem sich das Thermometer nicht wohl durch
dessen engen Hals einführen ließe, und es ebenso wenig gestattet wäre dasselbe
seitlich einzuschmelzen, da das Trocknen vermittelst Durchsaugen von Luft durch das
erhitzte Gefäß geschieht. Aus dem Bestreben, den Temperatureinfluß bei derartigen
Bestimmungen berücksichtigen zu können, mag wohl das sogenannte 1000Granfläschchen
mit seinem Thermometer im Innern hervorgegangen seyn. Die Kugel des letztern
befindet sich aber meistens nahe am Boden und zeigt also beim Abkühlen oder Erwärmen
nur eben die Temperatur der unteren Flüssigkeitsschicht, von welcher die der Mitte
der Flüssigkeit noch bedeutend abweichen kann.
Directe Versuche bestätigten es, daß die Temperaturausgleichung noch lange nicht vor
sich gegangen war, wenn das Thermometer schon die verlangte Temperatur anzeigte.
Diesen Umstand, der von weit größerem Einflusse ist, als man wohl gewöhnlich annimmt,
gehörig würdigend, wählten wir, da wir für andere Zwecke des angeführten Beispiels
genauer Alkoholbestimmungen aus dem specifischen Gewichte benöthigt waren, die
nachfolgende Gestalt des enghalsigen Fläschchens.
Textabbildung Bd. 144, S. 180
Sie unterscheidet sich von dem in Otto's Lehrbuch a. a. O.
aufgeführten dadurch, daß ihr Bauch möglichst flach gedrückt ist, wodurch es
offenbar bedeutend erleichtert werden muß, die nunmehr ganz dünne
Flüssigkeitsschicht mit dem äußeren Abkühlungs- oder Erwärmungswasser binnen
Kurzem auf gleiche Temperatur zu bringen.
Die Herrichtung solcher Fläschchen erfordert keine besondere Fertigkeit im
Glasblasen. Das für den Bauch des Kölbchens bestimmte Rohr wird etwas stark im Glase
gewählt, damit beim Aufblasen die Wände nicht zu dünn ausfallen, was wegen der
flachen Gestalt des Gefäßes leicht ein Zerdrücken zur Folge haben könnte. Das Rohr
wird bis zum Durchmesser des Halses ausgezogen und dieser aus noch zu erörternden
Gründen von einem engen Rohre angelöthet. Darauf zieht man das starke Rohr am
anderen Ende ab und bläst es zur entsprechenden Weite auf. Zuvor hat man an einer
verticalen Wand eines Holzklotzes eine ebengeschnittene Kohle so befestigt, daß ihre
ebene Fläche gleichfalls vertical zu stehen kömmt und die Vorrichtung handgerecht
auf dem Blasetisch aufgestellt. Das aufgeblasene Kölbchen hält man vor diese
verticale Kohle und nähert ihm nur unter schwachem Einblasen mit der linken Hand ein
ähnliches Kohlenstück, und preßt das Kölbchen solcher Weise flach. Damit aber
dasselbe überall einen gleichen Durchmesser erhält, hat man zwischen die beiden
Kohlen ein Bretchen aufrecht gestellt, das ihre gegenseitige Annäherung nur bis auf
die gewünschte Dicke des Bauches gestattet. Es gelingt auf diese Weise leicht,
zierliche Instrumente dieser Art herzustellen. Für Ungeübtere wollen wir bemerken, daß wenn es nicht gut
gelingen sollte den Glaszapfen vom Abziehen des weiten Rohres vollständig zu
entfernen, man gut thun wird denselben durch Abschleifen zu beseitigen. Letzteres
erscheint um so Wünschenswerther, als ohnehin der Glaszapfen beim Aufblasen leicht
etwas auf die Seite rückt und solcher Weise das Instrument verunstalten würde.
Das Füllen und Ausleeren dieser Gefäße geschieht ganz nach der von Otto angegebenen Art mittelst fein ausgezogener Pipetten,
die zur Bequemlichkeit eine Marke haben, durch welche in ihnen ein gleiches Volumen
mit dem Fläschchen angegeben wird, um mit einmaligem Ausheben die Füllung bewirken
zu können.
Eine andere Vorrichtung an unserem Instrumente bezieht sich auf das Füllen bis zur
Marke. Es kann unbequem seyn, namentlich bei gewissen Flüssigkeiten, das Fläschchen
gerade bis zu einer bestimmten Marke genau zu füllen und einen Ueberschuß mittelst
Filtrirpapiers oder Haarröhrchen etc. hinwegzunehmen. Wir haben deßhalb den
calibrischen Hals des Kölbchens mit einer Graduirung versehen, welche nach dem
Gewicht des Wasser-Volumens eingetheilt und bezeichnet ist. Man braucht so
die Flüssigkeit nur bis zu einem gewissen Theilstrich steigen zu lassen, um jedesmal
an diesem das Gewicht des gleichen Volumens Wasser abzulesen. Aus diesem Grunde muß,
wie oben erwähnt, der Hals von einem calibrischen Rohre eigens an den Bauch gelöthet
seyn, während bei Instrumenten der Art mit einfacher Marke ein einfaches Ausziehen
hinreichte. Es ist jedoch darauf aufmerksam zu machen, daß man den Hals der Flasche,
wenn man den durch ihre Gestalt bedingten Nutzen der erleichterten
Temperaturbeobachtung wirklich ziehen will, von hinreichend geringem Durchmesser
wählen müsse, weil sonst durch die Unsicherheit im Ablesen, besonders wenn die
Ausdehnung der Flüssigkeit nicht sehr von der des Wassers abweicht, der Vortheil der
Temperaturberücksichtigung verschwinden würde. Zur Erzielung einer größeren
Genauigkeit wird man sich gern der etwas mühsameren Füllung des Fläschchens mit
einem sehr engen Halse unterziehen.
Zur Aufstellung auf der Waage dient das kleine aus der Zeichnung selbst verständliche
Stativ von dünnem Messingdraht. (Gelehrte Anzeigen der k. bayer. Akademie der Wissenschaften, 1857, Nr. 54.)