Titel: | Analyse verschiedener Braunkohlensorten des herrschaftlich Meyer'schen Braunkohlenreviers auf der Rhön im Königreich Bayern; von Dr. H. Vohl in Bonn. |
Autor: | Hermann Vohl |
Fundstelle: | Band 143, Jahrgang 1857, Nr. LXXXIX., S. 363 |
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LXXXIX.
Analyse verschiedener Braunkohlensorten des
herrschaftlich Meyer'schen
Braunkohlenreviers auf der Rhön im Königreich Bayern; von Dr. H. Vohl in Bonn.
Vohl's Analyse verschiedener Braunkohlensorten des herrschaftlich
Meyer'schen Braunkohlenreviers auf der Rhön.
Die von mir zur Untersuchung gewählten Braunkohlensorten stammten aus dem
herrschaftlich Meyer'schen Braunkohlenrevier und waren die Fundorte der vier verschiedenen Arien
bezeichnet mit:
Revier Bischofsheim, Weisbach, Eisgraben-Meta und
Eisgraben-Hermann.
Die Kohlen waren größtentheils ein Gemenge von erdigem Mulm, mit nicht unbedeutenden
Massen fossilen Holzes (Ligniten).
Erfahrungsmäßig unterscheidet sich der Braunkohlenmulm in seinem Bitumengehalt
bedeutend von der Holzfaserkohle, weßhalb ich eine Handscheidung der einzelnen
Sorten vor Beginn der Untersuchung vornehmen ließ. Bei der Untersuchung richtete ich
mein Hauptaugenmerk auf die Verwendung dieser Kohlen zur Erzeugung ätherischer
Beleuchtungsmaterialien; selbstredend wurden die Nebenproducte nicht außer Acht
gelassen.
Die Kohlen wurden nach der Handscheidung in eisernen Retorten, wie ich solche im
polytechn. Journal Bd. CXL S. 64 für die
trockene Destillation des Torfes angegeben habe, der Destillation unterworfen, bei
welcher ich außer Theer und Ammoniakwasser, eine große Menge brennbarer Gase als
Destillat und schöne, werthvolle holzähnliche Kohks als Rückstand erhielt. Im
Verlauf der Abhandlung werde ich besonders auf diesen Destillationsrückstand
zurückkommen. Die erhaltenen flüssigen Destillationsproducte wurden vermittelst
eines Scheidetrichters in Ammoniakwasser und Theer geschieden und jede dieser
Flüssigkeiten der speciellen Untersuchung unterworfen.
100 Gewichtstheile der unten angegebenen Braunkohlensorten ergaben, der trockenen
Destillation unterworfen, nachfolgende Resultate:
Revier Bischofsheim.
Kohlensorte.
Theer.
Ammoniakwasser.
Kohlenrückstand.
Gas.
Braunkohlenmulm
1,8800
46,6660
41,2500
10,2040
Holzige
Braunkohle
2,8120
50,0000
36,2500
10,9380
Weisbach.
Braunkohlenmulm
3,7500
45,6666
49,5830
1,0004
Holzige Braunkohle
4,3750
52,5000
37,5000
5,6250
Die Braunkohlen der beiden nachfolgenden Fundorte waren ziemlich
homogen,und durch Handscheidung nicht zu trennen, weßhalb sie ohne
Weiteres der Destillationunterworfen wurden:
Eisgraben.
Meta
3,2500
63,0000
28,5000
5,2500
Hermann
2,5
60,0000
30,4700
7,0300
Der durch die trockene Destillation der verschiedenen Braunkohlenarten gewonnene
Theer war von dunkler brauner Farbe und besaß einen höchst penetranten
empyreumatischen Geruch. Das Erstarren des Theers, welches durch seinen
Paraffingehalt hervorgerufen wurde, fand bei einem Erkalten unter + 5° C.
statt. Er reagirte durch seinen Ammoniak- resp.
Schwefelammonium-Gehalt ziemlich stark alkalisch; auch war wohl die
Alkalinität theilweise durch das Vorhandenseyn organischer Basen bedingt.
Das spec. Gewicht der verschiedenen resultirten Theersorten schwankte zwischen 980
und 995 (Wasser gleich 1000).
Im Allgemeinen hatte der Theer der holzigen Kohle ein höheres spec. Gewicht als
derjenige, welcher von dem Braunkohlenmulm erhalten wurde.
Im Großen ist es fast unmöglich, eine so strenge Scheidung der Braunkohle durch
Handscheidung, wie ich es that, vornehmen zu lassen, und würde also auch der Theer
den man aus der Braunkohle erzielte, ein Gemisch des leichteren und schwereren
Destillates seyn, weßhalb ich sämmtliche gewonnene Destillationsproducte unter
einander warf, und in diesem Gemisch den Gehalt an den verschiedenen flüssigen und
festen Kohlenwasserstoffen bestimmte.
Der Theer wurde, nachdem er entwässert worden war, der fractionirten Destillation,
und die Producte nachfolgenden Operationen behufs der Reinigung unterworfen.
Die Destillation des Theers begann schon unter 100 Centesimalgraden, und bestand das
erste Destillat aus einer sehr starken ammoniakalischen wässerigen Flüssigkeit. Auch
sind in der ersten Portion die Pyrrholbasen größtentheils
enthalten. Bei ungefähr 120 Grad liefert die Destillation die leichten ätherischen
Oele und erst bei 240 Grad gehen Oele von größerem spec. Gewicht als 850 über. Bei
300 Grad beginnt die Destillation des paraffinhaltigen Oeles, welches schon die
Eigenschaft besitzt, beim Erkalten zu erstarren. Als Rückstand bleibt in der Blase
entweder eine asphaltartige Masse, oder, wenn man die Destillation bis zur Trockne
fortsetzt, ein kohliger Rückstand. Die letzte Periode der Destillation ist mit einer
starten Gasentwickelung und gleichzeitiger Wasserbildung verbunden.
Wenn der Theer bis zur Trockne destillirt wird, so bleiben als Rückstand circa 10 Proc. Kohlenmasse, wo hingegen, wenn man den
Asphalt gewinnen will, 16,9 Proc. als Rückstand bleiben. Das erhaltene Oel, bis zu
300 Grad, wird nun mit einer starken alkalischen Lauge (Kali- oder
Natronlauge) gut gemischt. Während des Vermischens mit der Lauge findet durch
Bindung der Karbolsäure und des Kreosots eine starke Erwärmung statt. Das Gemisch,
der Ruhe überlassen, scheidet sich in drei Schichten, wovon die obere aus dem
beinahe farblosen Oel, die mittlere aus der Verbindungen der Karbolsäure und des
Kreosots mit der Lauge, welche eine dunkelbraune Farbe und Syrupconsistenz besitzt,
und die untere aus reiner Lauge besteht, indem die Verbindungen der Alkalien mit der
Karbolsäure und dem Kreosot in einer starken Lauge nicht löslich sind.
Das Oel wurde vermittelst eines Scheidetrichters von der Lauge getrennt und mit
warmem Wasser zur Entfernung der ihm allenfalls noch anhaftenden Laugentheilchen
gewaschen. Dieses Vorherbehandeln mit starken alkalischen
Laugen entfernt sowohl den ganzen Kreosotgehalt als die Karbolsäure, und macht daß
die zur Reinigung zu verwendende Schwefelsäure kräftiger einwirken kann und man mit
einer geringeren Menge ausreicht; außerdem würde man das doppelte, ja das dreifache
Quantum verwenden müssen. Nachdem das Oel mit Wasser gewaschen war, wurde es von
demselben getrennt, mit 10 Proc. concentrirter Schwefelsäure von 66° B. innig
gemischt und, nachdem die Säure durch Decantation entfernt worden war, zuerst mit
Wasser und dann mit Lauge behandelt.
Ich brachte nun das behandelte Oel in den schon früher in diesem Journal erwähnten
Abblaseständer, in welchem es, mit Wasserdämpfen behandelt, ein überaus schönes
Photogen lieferte. Auch die über 300 Grad erhaltenen Oele und das Paraffin erlitten
dieselbe Behandlung. Von 100 Gewichtstheilen Theer erhielt ich 10,625 reines
wasserhelles Photogen, welches ein spec. Gewicht von 830 nicht überstieg. Der
Rückstand im Abblaseständer bei den bis 300° C. erhaltenen Oelen bestand aus
einem beinahe geruchlosen hellgelben Oel von 870 spec. Gewicht, welches ich mit dem
Namen Gas- oder Schmieröl belegt habe. Auch bei der Behandlung und Reinigung
des schweren und paraffinhaltigen Oeles erhielt ich noch eine bedeutende Menge
Gasöl, in Summe resultirten 19,375 Proc.
Das Paraffin wurde aus dem paraffinhaltigen Oele nach der von mir schon früher in
diesem Journal (Bd. CXL S. 71) angegebenen Methode ausgeschieden und gereinigt.
100 Gewichtstheile dieses gemischten Theers ergaben an:
Photogen oder
Mineralöl
10,6250
Gas- oder Schmieröl
19,3750
Paraffin
1,2500
Asphalt
16,9000
Das durch die Behandlung des Oeles mit Alkalien ausgezogene Kreosot, resp. die
Karbolsäure, wurde durch Sättigen der Lauge vermittelst der gebrauchten
Schwefelsäure abgeschieden und durch eine Rectification ziemlich rein erhalten. Aus
100 Gewichtstheilen Theer erhielt ich nahezu 52 Proc. Aus der procentischen
Zusammensetzung des Theers und der Ausbeute des letztern aus dem Rohmaterial
berechnet sich für jede Braunkohlensorte folgende Ausbeute an nutzbaren
Producten:
Kohlensorte.
Photogen.
Gasöl.
Paraffin.
Asphalt.
Kohle.
Ammoniakwasser.
Gas.
Kreosotund Verlust.
Bischofsheim (erdige)
0,1997
0,3642
0,0235
0,3177
41,2500
46,6666
10,2040
0,9743
dito
(holzige)
0,2987
0,5448
0,0351
0,4752
36,2500
50,0000
10,9380
1,4582
Weisbach (erdige)
0,3984
0,7265
0,0468
0,6337
49,5830
45,6666
1,0004
1,9450
dito
(holzige)
0,4648
0,8476
0,0546
0,7393
37,5000
52,5000
5,6250
2,2687
Eisgraben (Meta)
0,3453
0,6296
0,0406
0,5492
28,5000
63,0000
5,2500
1,6853
dito (Hermann)
0,2656
0,4843
0,0312
0,4225
30,4700
60,0000
7,0300
1,2964
Es war vorauszusehen, daß wenn die Kohle durch Trocknen von ihrem Wassergehalt
befreit ist, sie eine größere Menge von diesen nutzbaren Producten ergeben
würde.
Ein absolutes Trocknen der Kohle ist ohne ein Austreiben des Bitumens nicht möglich,
indem die Temperatur welche dieses Trocknen erfordert, so hoch ist, daß eine
Destillation der bituminösen Bestandtheile hervorgerufen wird.
Setzt man die Kohle dem Luftzug oder einer Temperatur von 30 bis 40° C. aus,
so sinkt ihr Wassergehalt bis auf 25 Proc. herab, und die Kohle liefert nun eine
größere Menge Theer etc.
Nachfolgende Tabelle gibt uns die Ausbeute an trockenen Destillationsproducten der
Kohle an, welche bis auf ein Minimum des Wassergehalts, gleich 25 Proc., getrocknet
worden war:
Kohlensorte.
Theer.
Ammoniakmasser.
Kohlenrückstand.
Gasund
Verlust.
Bischofsheim
(erdige)
2,6437
25,0000
58,0077
14,3486
dito
(holzige)
4,2180
25,0000
54,3750
16,4070
Weisbach (erdige)
5,1764
25,0000
68,4427
1,3809
dito
(holzige)
6,9080
25,0000
59,2105
8,8815
Eisgraben (Meta)
6,5878
25,0000
57,7702
10,6420
dito (Hermann)
4,6875
25,0000
57,1312
13,1813
Kohlensorte.
Photogen.
Gasöl.
Paraffin.
Asphalt.
Kohle.
Wasser.
Gas.
Kreosotund Verlust.
Bischofsheim
(erdige)
0,2808
0,5122
0,0330
0,4467
58,0077
25,0000
14,3486
1,3710
dito
(holzige)
0,4481
0,8172
0,0527
0,7182
54,3750
25,0000
16,4070
2,1872
Weisbach (erdige)
0,5499
0,0029
0,0647
0,8748
68,4427
25,0000
1,3809
2,6841
dito
(holzige)
0,7339
0,3384
0,0863
1,1674
59,2105
25,0000
8,8815
3,5820
Eisgraben (Meta)
0,6996
0,2763
0,0234
1,1133
57,7702
25,0000
10,6450
2,6749
dito (Hermann)
0,4980
0,9082
0,0585
0,7921
57,1312
25,0000
13,1813
2,4307
Aus diesen beiden Tabellen, welche die Ergebnisse der Untersuchung der getrockneten
Kohle enthalten, ersieht man, daß man durch das Trocknen die Theerausbeute bedeutend
erhöht hat.
Beschreibung und Nutzanwendung der erzeugten
Producte.
I. Photogen.
Das aus dieser Braunkohle gewonnene Photogen unterscheidet sich von den
ätherischen Oelen, die man aus anderen bituminösen Fossilien erzeugt, durch
seine geringere Flüchtigkeit und seinen minder starken Geruch. Man kann wohl
sagen, daß der Geruch dieses Oeles von Niemand als ein unangenehmer bezeichnet
werden wird.
Das spec. Gewicht des Photogens aus dieser Braunkohle ist dem des Mineralöls aus
Blätterschiefer gleich und übersteigt nicht 830 (Wasser gleich 1000). Seine
Leuchtkraft kommt derjenigen der anderen photogenähnlichen
Beleuchtungsmaterialien, z.B. derjenigen des Turfols, des Hydrocarbürs, des
Pinolins, des Mineral- und Asphaltöls ziemlich gleich. Auf einer jeden
guten Camphin- oder Mineralöl-Lampe brennt dieses Oel mit einem
hellen weißen Lichteffecte, ohne dabei irgend einen Geruch zu verbreiten und den
Docht stark zu verkohlen. Aus letzterem Grunde ist ein Abschneiden des Dochtes
nicht jeden Tag erforderlich. Da dieses Oel rein ätherischer Natur ist, so
verschwinden die durch dasselbe auf Papier etc. hervorgerufenen Flecken sehr
bald wieder, ja es ist sogar im Stande, die durch andere fette Substanzen in
Kleidungsstücken, Seidenstoffen etc. hervorgerufenen Flecken durch seine
auflösende Kraft zu vertilgen. Als ein kräftiges Lösungsmittel für Harze wird es
sich zur Firnißbereitung eignen und ebensowohl als Lösungsmittel des Kautschuks
seine Verwendung finden; letzteres Gummi löst sich leicht in diesem ätherischen
Oele und diese Lösung hinterläßt beim Verdunsten dasselbe ohne einen fremden
Beigeruch und ohne Klebrigkeit. Einem Verharzen, wie das Camphinöl, ist dasselbe
nicht unterworfen.
II. Gas- oder
Schmieröl.
Dieses Oel, welches man nach der von mir angegebenen Methode erhält, hat einen
unbedeutenden Geruch, ein spec. Gewicht gleich 870 und brennt auf einer gut
construirten Mineralöllampe mit einem starken blendend weißen Lichte. Der Docht
wird jedoch nicht wie bei dem vorigen wenig verkohlt, sondern muß nach einem
sechsstündigen Brennen abgeschnitten und gesäubert werden. Mit den geeigneten
Materialien, z.B. wasserfreier Harzseife, Talg etc. versetzt, liefert dieses Oel
eine vorzügliche Schmiere, die weder in der Winterkälte erstarrt, noch durch
Sauerstoffabsorption steif wird.
In den Harz- und Oelgasfabriken kann dieses Oel mit Vortheil angewandt
werden, indem es ein Gas liefert, dessen Leuchtkraft dem besten Harz- und
Oelgas gleichkommt; auch kann es mit Vortheil das zum Versetzen des Rüböls
angewandte Codöl ersetzen.
Durch eine einfache Reinigung vermittelst Säuren und Alkalien kann man dieses
Gasöl ganz geruchlos und von weingelber Farbe herstellen, wobei man jedoch 25
Proc. Verlust erleidet. Das gereinigte Oel kann zur Speisung von Camphinlampen
verwendet werden.
III. Asphalt.
Wenn man den Theer nicht bis zur Trockne abdestillirt, sondern auf Asphalt
arbeitet, so erhält man eine schwarze glänzende, pechähnliche Masse, welche eine
größere Sprödigkeit als der natürliche Asphalt besitzt, und zur Bereitung von
Eisenlack sich sehr gut eignet. Es möchte jedoch in der Technik die Darstellung
des Asphalts nicht rathsam, und das gänzliche Abtrocknen des Theers vorzuziehen
seyn.
IV. Paraffin.
Das Paraffin welches ich aus dieser Braunkohle gewann, war von großer Schönheit
und alabasterähnlich. Es gibt ein vortreffliches Beleuchtungsmaterial ab, und
kann zur Darstellung von Kerzen verwandt werden. Ein Zusatz von 10 Proc. Stearin
erhöht den Schmelzpunkt desselben, und beeinträchtigt die Güte in keiner Weise.
Die Ausbeute an Paraffin übersteigt bei der Weißbacher Kohle diejenige des
rheinischen Blätterschiefers um das Doppelte.
V. Ammoniakwasser.
Die bei der Destillation erhaltene wässerige Flüssigkeit enthält neben den
organischen Basen noch kohlensaures Ammoniak und Schwefelammonium. Bei dem
geringen Gehalte des Wassers an Ammoniak ist es nicht vortheilhaft, dasselbe mit
einer Säure zu neutralisiren und dann durch Abdampfen das Salz zu gewinnen, da
die Ausbeute die Kosten der Abdampfung nicht lohnen kann. Um das Ammoniak aus
diesen verdünnten Flüssigkeiten zu gewinnen, mische ich dieselben in hölzernen
Gefäßen (aufrechtstehenden Stückfässern) mit einigen Procenten Kalkbrei und
leite durch dieses Gemisch einen kräftigen Dampfstrahl. Die abströmenden Dämpfe
enthalten alles Ammoniak in concentrirtem Zustande und werden nun in den geeigneten Gefäßen von
Säuren absorbirt. Eine Quantität von fünf Ohm wird auf diese Weise, wenn der
Dampfkessel einen Druck von 2 1/2 Atmosphären hat, binnen einer halben Stunde
ihres sämmtlichen Ammoniakgehalts beraubt. Die Kosten welche durch diese
Operation veranlaßt werden, sind bei einem großen Betrieb, wo ohnehin ein
Dampfkessel nothwendig ist, verschwindend klein. Auch kann das ammoniakalische
Wasser mit dem Kohlenklein der mulmigen abdestillirten Braunkohle gemischt, als
Dünger benutzt werden, indem die fein zertheilte Kohle das Ammoniak mit großer
Begierde absorbirt. Versuche die ich angestellt habe, lieferten mir den Beweis,
daß die frischen Kohlenrückstände der Destillation so rasch das Ammoniak einer
wässerigen Flüssigkeit entziehen, daß ammoniakalisches Wasser durch dieselben
filtrirt, absolut ammoniakfrei durchläuft.
VI. Die Kohlenrückstände der
trockenen Destillation.
Bis jetzt ist mir noch keine Braunkohlensorte vorgekommen, deren
Destillations-Rückstände ein so werthvolles Brennmaterial zu
hüttenmännischen Zwecken abgegeben hätten, wie diejenigen der Rhön. Die
einzelnen Sorten der verschiedenen Reviere sind in ihrem Aschengehalt und
Verhalten von einander abweichend, weßhalb ich auf eine jede einzelne speciell
eingehen muß.
A. Kohlenrückstand der
Bischofsheimer erdigen Braunkohle.
Der Destillations-Rückstand genannter Braunkohle hat ein blätteriges
Gefüge, ist sehr leicht und hier und da kommen auch derbe holzkohlenähnliche
Stücke darunter vor. In einem Windofen brennt diese leicht entzündliche
Kohle mit einer großen Kohlenoxydgasflamme, gibt dabei eine intensive Hitze
und hinterläßt 33,99 Proc. Asche. Die Gase welche bei der Verbrennung
gebildet werden, bestehen aus Kohlensäure und Wasser; als Beimischung kommen
nur geringe Mengen schwefliger Säure und Stickgas vor. Bei Anwendung eines
Gebläses widerstanden sie schlecht dem Luftstrome und es wurden, durch den
hohen Aschengehalt bedingt, große Mengen Schlacken gebildet.
Die Asche dieser Kohle ist sehr kalkreich, doch ist der Phosphorsäuregehalt
nicht sehr erheblich, ebenso kommen nur Spuren von Alkalien, dagegen
ziemlich bedeutende Mengen Kieselsäure in derselben vor. Letzterer
Bestandtheil macht diese Asche geschickt als Putz- und Polirmittel
für Metalle benutzt werden zu können.
B. Bischofsheimer holzige
Braunkohle.
Die von dieser Braunkohle gewonnenen Kohks stehen der besten Holzkohle gleich
und können zu allen metallurgischen Zwecken ohne Anstand verwendet werden.
Die fast gänzliche Abwesenheit der Phosphorsäure in den Aschenbestandtheilen
dieser Kohle läßt bestimmt annehmen, daß das damit erblasene Eisen ein
vorzügliches Stabeisen liefern wird, welches dem Rothbruch nicht unterworfen
ist. (Bekanntlich wird der Rothbruch des Eisens durch einen Phosphorgehalt
desselben, welcher von den Aschenbestandtheilen des Brennmaterials herrühren
kann, bedingt.) Dieser Kohlenrückstand enthält 6,3 Proc. Asche und demnach
93,7 Proc. brennbare Bestandtheile, nämlich Kohlen- und Wasserstoff.
Was die Bestandtheile der Asche anbetrifft, so sind sie qualitativ bei allen
Braunkohlensorten gleich.
C. Weisbach, erdige
Kohle.
Der erzielte Kohlenrückstand dieser Sorte kommt in seinen Eigenschaften dem
der Bischofsheimer erdigen Kohle gleich, und besitzt einen höheren
Brennwerth, indem er 70,507 Proc. Kohlenstoff und 29,493 Proc. Asche
enthält.
D. Weisbach, holzige
Kohle.
Die mit dieser Braunkohle erhaltenen Kohks stehen denen der Bischofsheimer
Kohle wenig nach, indem sie 92,67 Proc. Kohlenstoff, resp. brennbare
Substanzen und 7,32 Proc. Aschenbestandtheile enthalten; in qualitativer
Hinsicht sind sie dem Bischofsheimer holzigen Kohlenrückstande ganz
gleich.
E. Eisgraben-Meta
und F. Eisgraben-Hermann.
Der Kohlenrückstand dieser beiden Kohlensorten ist in seinem Verhalten und
Brennwerthe so ziemlich gleich, indem die erste Sorte 76,108 Proc.
Kohlenstoff und 23,892 Proc. Asche, die zweite 77,02 Kohle und 22,97 Proc.
Aschenbestandtheile enthält. Es geht daraus hervor, daß auch diese beiden
Kohlenrückstände zu metallurgischen Zwecken benutzt werden können.
Kohlen- und Aschengehalt der
Kohlenrückstände.
Rohmaterial und dessen
Fundort.
Aschengehalt.
Kohlengehalt.
Bischofsheimer erdige
Braunkohle
33,980
66,010
dito
holzige dito
6,300
93,700
Weisbacher erdige dito
29,493
70,507
dito
holzige dito
7,320
92,670
Eisgraben-Meta
dito
23,892
76,108
Eisgraben-Hermann
dito
22,970
77,020
VII. Gas.
Eingangs bemerkte ich, daß bei der Destillation dieser Braunkohle nicht
unerhebliche Massen an brennbaren Gasen entbunden werden. Dieselben bestehen aus
Kohlensäure, Sumpfgas, ölbildendem Gas (Leuchtgas), Schwefelwasserstoff,
Cyanwasserstoff, Ammoniakgas und großen Mengen der sehr flüchtigen Pyrrholbasen.
Zu Ende der Destillation entweicht nur noch Kohlenoxydgas, mit geringen Mengen
Oeldämpfen beladen. Das Gasgemisch, welches im Anfang der Entwickelung mit
schwachleuchtender Flamme brennt, wird beim Fortschritt der Destillation
lichtreicher und bei Beendigung der Operation sieht man nur noch die hellblaue
Flamme des Kohlenoxydgases. Diese Gase werden bei einem technischen Betriebe
hinreichend seyn, den Dampfkessel sowie die Reinigungsapparate zu heizen, und
man wird aus ökonomischen Rücksichten dieselben nicht unbenutzt entströmen
lassen.Die Schädlichkeit des entweichenden Gasgemisches bei der trockenen
Destillation bituminöser Fossilien macht es in
sanitäts-polizeilicher Hinsicht nothwendig, dieselben für die
Umgebung unschädlich zu machen. Man bezweckt dieß am besten durch die
Anwendung derselben als Brennmaterial. Auf der Beueler Augustenhütte der
HHrn. A. Wiesmann und Comp. habe ich die Gase
als Brennmaterial, wie oben angegeben, benutzt; leider wurde diese
Einrichtung nach einiger Zeit nicht mehr gebraucht, weil durch
Vernachlässigung der Sicherheitsvorrichtungen Explosionen statt fanden,
und außerdem aus anderen Rücksichten, dem Kohlenlieferanten gegenüber,
diese Ersparung an Brennmaterial aufgehoben wurde. Abgesehen davon, daß
durch das Entströmen dieser höchst verpestenden und ekelhaft riechenden
Gase die ganze Umgegend von Bonn und Beuel belästigt wird (es entströmen
in 24 Stunden ungefähr 400,000 Kubikfuß Gas), so wirken sie auch durch
ihren Arsengehalt höchst nachtheilig auf das animalische und
vegetabilische Leben.
VIII. Kreosot.
Das aus diesen Kohlensorten erhaltene Kreosot ist von hellbrauner Farbe und
besitzt einen durchdringenden Kreosotgeruch. Diese Substanz hat eine dickliche
Oelconsistenz und besteht aus 80 bis 85 Proc. Kreosot und 15 bis 20 Proc.
Karbolsäure. Die antiseptischen Eigenschaften dieser beiden Körper geben dem
Fabricat einen unschätzbaren Werth, indem damit getränktes Holz der Verwesung
und dem Wurmfraße widersteht. Der so gefährliche Schiffwerftenkäfer und
besonders die Art Lymexylon navale (Weibchen) und
Lymexylon flavipes (Männchen) werden
augenblicklich sowohl als Eier wie als Larven von dieser Flüssigkeit getödtet,
und in dieser Beziehung ist das Kreosot zum Tränken des Schiffbauholzes
anzuempfehlen. Versuche die mit Eisenbahnschwellen vorgenommen wurden, fielen
günstig aus, und eben so nützlich zeigte sich die Flüssigkeit zum Tränken des
Segel- und Tauwerks. Man hat gefunden, daß die Ratten kein Holz zernagen
welches mit dieser Substanz getränkt ist.
Bei der Fabrication dieser Substanz aus den Abfällen der Reinigung der Oele und
besonders beim Sättigen der alkalinischen kreosot- und
karbolsäurehaltigen Lauge werden die Arbeiter sehr von den sich entwickelnden
Gasen, die stark mit Kreosot geschwängert sind, belästigt. Diese Leute bekommen
in kurzer Zeit pustelähnliche Geschwüre mit speckigem Grund an den Genitalien,
die von Syphilis fast nicht zu unterscheiden sind. Diese Geschwüre vergehen,
sobald die Arbeiter sich mit kaltem Wasser fleißig waschen, und 8 bis 14 Tage
anders beschäftigt werden.
Bonn, im Januar 1857.