Titel: | Neue maaßanalytische Bestimmung des Chlors in Verbindungen; von Dr. Mohr. |
Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXXXVI., S. 382 |
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LXXXVI.
Neue maaßanalytische Bestimmung des Chlors in
Verbindungen; von Dr. Mohr.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, März 1856, S.
335.
Mohr's neue maaßanalytische Bestimmung des Chlors in
Verbindungen.
Levol hatte eine Chlorbestimmung durch Silberlösung
angegeben, wo er das Ende der Fällung durch einen Zusatz von phosphorsaurem Natron
sichtbar macht, indem die entstehende gelbe Färbung des Niederschlags durch
phosphorsaures Silberoxyd einen Ueberschuß von Fällungsmittel anzeigt. Bei einer
Prüfung dieser Methode fand ich, daß die Resultate immer zu hoch ausfallen. Der
Grund davon liegt in der sehr schwachen Farbe des phosphorsauren Silberoxyds, indem
davon eine bedeutende Menge nothwendig ist, um in dem Chlorsilberniederschlag
sichtbar zu werden.
Läßt man zwei mit Zehendflüssigkeit gefüllte Büretten (Kochsalz und Silberlösung)
neben einander gehen, und bestimmt die Kochsalzlösung mit Silberlösung, welche beide
zu gleichen Volumen sich zersetzen, so erhält man verschiedene Zahlen:
Kochsalzlösung.
Silberlösung.
5 Kub. Centim.
6,3 Kub. Centim.
10 „
12,4–13 „
15 „
17,8–18 „
während man ganz gleiche hätte erhalten sollen, wenn richtige
Resultate gewonnen würden.
Ich wandte nun arseniksaures Natron an, und erhielt weit schärfere Anzeigen, da das
arseniksaure Silberoxyd braunroth gefärbt ist. Ich hielt mich jedoch hierbei nicht lange
auf, sondern ging, da es auf die Farbe des Silbersalzes ankam, auf chromsaures Kali
über, mit einem über alle Erwartung gehenden Erfolge.
Wenn man phosphorsaures, oder arseniksaures, oder kohlensaures, oder chromsaures
Silberoxyd mit Kochsalzlösung zusammenbringt, so werden diese Salze in neutraler und
schwach alkalischer Lösung augenblicklich in Chlorsilber und ein anderes lösliches
Salz zersetzt.
Es verschwindet dabei die Farbe des unlöslichen Silbersalzes. Je höher dieß gefärbt
ist, desto kleinere Spuren desselben erkennt man und desto greller ist der Uebergang
in den farblosen oder lichtgelben Zustand. Ist aber ein Tropfen Silberlösung über
die Menge des Chlormetalles vorhanden, so tritt die blutrothe Färbung des
chromsauren Silberoxydes deutlich hervor. Hat man 0,2 Kub. Centim. Silberlösung zu
viel gegeben, so ist das Gemenge mehr als deutlich roth. Wäre chromsaures Kali
farblos, so wäre die Erscheinung noch brillanter. Allein auch so sieht man die
Bildung von chromsaurem Silberoxyd bis auf einen Tropfen Zehendsilberlösung. Die
Lösung darf nicht sauer seyn, weil alsdann das chromsaure Silberoxyd sich gar nicht,
oder nur in kleinen Mengen bildet, weil ferner das saure chromsaure Kali eine etwas
rothe Farbe zeigt. Dagegen schadet ein kleiner Ueberschuß von reinem kohlensaurem
Natron nicht, weil dann jedenfalls nur die helle canariengelbe Farbe des
einfachchromsauren Kalis erscheint. Viel kohlensaures Natron ist nachtheilig, da das
kohlensaure Silberoxyd keine hervortretende Farbe hat, wenn es gleich von
Chlormetallen zersetzt wird. Es wurden nun wieder zwei mit Zehendlösung gefüllte
Büretten neben einander aufgestellt, aus der Kochsalzbürette eine unbestimmte Menge
Flüssigkeit herausgelassen, dann mit der Silberlösung die röthliche Farbe
hervorgebracht, und dann erst beide Büretten abgelesen. Es waren einige
Kubikcentimeter einer Lösung von neutralem chromsaurem Kali zugesetzt. Es wurden
folgende Zahlen erhalten:
Kochsalzlösung.
Silberlösung.
4,2 Kub.
Centim.
4,3 Kub. Centim.
6,7
„
6,8
„
11 „
11,1
„
12 „
12,1
„
17,65 „
17,75
„
18,2
„
18,3
„
25,85 „
25,95
„
26 „
26,1
„
Es war also jedesmal von der Silberlösung 1/10 Kub. Centim. mehr verbraucht worden,
und dieß war diejenige Menge, welche über die eigentliche Fällung ging und
nothwendig war, um das Ende der Fällung anzuzeigen. Ließ ich nun bis zum
Verschwinden der röthlichen Farbe Kochsalzlösung eintröpfeln, so standen beide
Büretten vollkommen gleich. Je zwei der obigen in einer Linie stehende Zahlen sind
eine Chlorbestimmung, und wegen der Gleichheit der Zahlen mit richtigen
Resultaten.
Ich wendete die Methode nun auf gewogene Mengen Chlormetalle an und erhielt die
folgenden Zahlen:
0,2 Gram, chemisch-reines abgeknistertes Kochsalz = 34,4 Kub. Cent.
Silberlösung, dagegen 0,1 Kub. Cent. Kochsalz = 34,3 Kub. Cent. Silberlösung =
0,20051 Gram. Kochsalz.
0,2 Gram. Chlorkalium =
1) 26,8 Kub. Cent.
Silberlösung,
2)
26,8 „
„
= 0,19985 Gram. Chlorkalium.
0,2 Gram. Salmiak =
1) 37,35 Kub. Cent.
Silberlösung,
2)
37,25 „
„
Dieß
gibt
1) 0,19967 Gram.
Salmiak,
2) 0,199138 „
„
Diese Versuche beweisen, daß alkalische Chloride mit großer Schärfe nach der Methode
bestimmt werden können.
Ich habe das Verfahren auf Harn, Brunnenwasser, Mineralwasser, Salpeter, Potasche,
Soda, chlorsaures Kali angewandt und überall die gleichbleibendsten Resultate
erhalten.
Den Chlorgehalt einer Mineralquelle kann man an der Quelle selbst bestimmen.
Chlorbaryum, Chlorcalcium, Sublimat u.s.w. werden mit kohlensaurem Natron eben
gefällt, und wenn der Niederschlag farblos ist, sogleich ohne Filtration mit
Silberlösung gemessen. Die näheren Details werde ich im ersten Theile meines
Lehrbuchs der Titrirmethode niederlegen.