Titel: | Ueber die Elasticität des vulcanisirten Kautschuks; von P. Boileau. |
Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXIV., S. 265 |
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LXIV.
Ueber die Elasticität des vulcanisirten
Kautschuks; von P.
Boileau.
Aus den Comptes rendus, Mai 1856, Nr.
20.
Boileau, über die Elasticität des vulcanisirten
Kautschuks.
Die Benutzung des vulcanisirten Kautschuks beim Maschinenbau scheint eine große
Ausdehnung zu erhalten, was mich veranlaßt einige Beobachtungen zu veröffentlichen,
die ich schon im Jahre 1853 über seine Elasticität gemacht habe.
Ich muß vor Allem bemerken, daß die Art der Zubereitung dieser Substanz einen großen
Einfluß auf ihre Elasticität hat, und daß die Schwefelung des Kautschuks oft
mittelst Verfahrungsarten bewerkstelligt wird, welche die Vulcanisirung bloß
unvollständig oder nur äußerlich bewirken; um bei den Versuchen vergleichbare
Resultate zu erhalten, müssen dieselben folglich mit Proben von gleichartiger
Fabrication angestellt werden.
Unter den verschiedenen Einrichtungen die zur Construction von Kautschukfedern
vorgeschlagen worden sind, ist die zweckmäßigste die, wobei über eine senkrechte
Stange abwechselnd Scheiben von vulcanisirtem Kautschuk und von dünnem weichem
Eisenblech zu einer Säule übereinander gelegt werden. Mit einer solchen Feder habe
ich meine Versuche angestellt; sie gehörte zu einem Stempelhammer mit Hebedaumen des
ersten Schmerber'schen SystemsBeschrieben im polytechn. Journal Bd.
CXXIII S. 319., und der dabei angewendete Kautschuk war bei einem der besten Fabrikanten
Englands ausgesucht worden.
Die Dimensionen der acht Scheiben waren, ehe dieselben einem Druck unterworfen
worden, folgende:
Aeußerer Durchmesser
93 Millimet.
Durchmesser des Auges in der Mitte,
welches über die Richtstange geschoben
wird
39 „
Dicke
23 „
Oberfläche des vollen Theils der
Scheibe
55,95 Quadratcentim.
Die zwischenliegenden eisernen Scheiben hatten eine Dicke von 5 Millimetern. Die
Scheiben wurden zuerst einem zunehmenden Druck mittelst eines starken eisernen
Hebels, den man nach und nach immer stärker belastete, unterworfen; dann wurde der
Hebel nach und nach entlastet, so daß sich die Scheiben ausdehnen konnten.
Die bei verschiedenen Belastungen beobachteten Zusammenpressungen sind in
nachstehender Tabelle zusammengestellt; jede dieser Compressionen ist die Summe
derjenigen der acht elastischen Scheiben.
Textabbildung Bd. 141, S. 266
Belastungen in Kilogrammen; Im
Ganzen; Auf den Quadratcentimeter; Beobachtete Zusammenpressungen (In
Millimetern)
Wandelbare Zusammendrückbarkeit des Kautschuks. –
Um dieselbe zu bestimmen, habe ich nach einem großen Maaßstabe eine Curve
construirt, welche zu Abscissen die Belastungen auf den Quadratcentimeter und zu
Ordinaten die entsprechenden Zusammendrückungen hat; alsdann habe ich auf dieser
Curve die Depressionen genommen, welche eine Zunahme der Belastung um 1/5 Kilogr.
per Quadratcentimeter veranlaßt; die Resultate
enthält nachstehende Tabelle:
Druck
auf denQuardatcentimet.
Zunahme
der Zusammendrückung,welche einer
Zunahme der Belastung um
0,2 Kilogr. entspricht
Druck auf
denQuardatcentimeter
Zunahme
der Zusammendrückung,welche einer Zunahme der
Belastung um 0,2 Kilogr.
entspricht
Kilogr.
Millimeter.
Kilogr.
Millimeter.
2,0
0,60
8,5
0,63
2,5
0,64
9,0
0,60
3,0
0,70
9,5
0,57
3,5
0,85
10,0
0,49
4,0
0,99
10,5
0,32
4,5
1,05
11,0
0,20
5,0
1,04
11,5
0,15
5,5
0,89
12,0
0,14
6,0
0,90
12,5
0,13
6,5
0,80
13,0
0,12
7,0
0,73
13,5
0,11
7,5
0,70
14,0
0,10
8,0
0,66
Wenn man mit den Resultaten dieser Tabelle als Coordinaten eine Curve construirt, so
repräsentirt dieselbe das Gesetz der wandelbaren Zusammendrückbarkeit der
Kautschukscheiben; eine solche Curve zeigt auf den ersten Blick, daß dieses Gesetz
weder einfach noch constant ist. Die Hauptthatsache ist, daß sich das Maximum der
Zusammendrückbarkeit bei einer Belastung von 4,70 Kilogr. per Quadratcentimeter zeigte. Unter und über dieser Belastung nimmt die
Zusammendrückbarkeit rasch zu und ab; aber der einen dieser beiden Perioden, welche
sich von der Belastung mit 3 Kilogr. bis zu derjenigen mit 7 Kilogr. erstrecken,
geht eine Phase vorher und auf die andere folgt eine Phase, wo die Variationen viel
weniger rasch sind. Von der Belastung mit 11,50 Kilogr. bis zu derjenigen, über
welcher die elastischen Scheiben ihre Gestalt bleibend einbüßen, ist die Abnahme
ihrer Zusammendrückbarkeit sehr gering, aber dieser Periode geht eine andere voran,
wo das Gegentheil stattfindet. Es ist demnach wahrscheinlich, daß die
Kautschukscheiben von den geringsten Belastungen an bis zu denen, welche ihre
Zermalung bewirken, hinsichtlich ihrer Zusammendrückbarkeit eine Reihe von Perioden
mit abwechselnd langsamen und raschen Variationen durchgehen.
Diese verwickelten Erscheinungen müssen zum Theil von der molecularen Konstitution
des Kautschuks herrühren, auch ist ihnen die durch die Zusammendrückung frei
gewordene Wärme sicher nicht fremd; jedenfalls werden sie aber vergrößert durch das
Aufschwellen der Scheiben an ihren Seiten.
Ausdehnung der zusammengedrückten Federn nach ihrer
Entlastung. – Als ich von dem Gesammtdruck von 806 Kilogr. an die
elastische Säule langsam und nach und nach entlastete, nahm sie die, gleichen
Pressionen in der Zusammendrückungs-Periode entsprechenden Höhen nicht genau
wieder an, kam aber doch, nachdem alle Gewichte weggenommen worden, auf ihre
ursprüngliche Höhe zurück. Letzterer Umstand beweist, daß die Elasticität des
Kautschuks durch seine Zusammenpressung keine permanente Veränderung erlitt; daß die
Scheiben vorher die den Gewichten, womit sie belastet blieben, entsprechende Dicke
nicht gänzlich wieder erlangten, rührt offenbar daher, weil, obgleich man langsam
operirte, die Federn doch nicht Zeit hatten sich vollständig auszudehnen.
Bei der Benutzung der Federn ist es von Wichtigkeit, den Druck so zu beschränken, daß
ihre Elasticität sich nicht ändert, und in gewissen Fällen ist es wesentlich, daß
die Ausdehnung dieser Federn die bei deren Zusammendrückung absorbirte Kraft
vollständig wieder entwickeln kann. In Beziehung auf die erstere dieser Bedingungen
zeigen die vorhergehenden Resultate, daß der Druck von 14,404 Kilogr. per Quadratcentimeter nicht zu groß war; bei einem
andern später ausgeführten Versuch, wo man diese Belastung auf 18,12 Kilogr.
steigerte, wurde die permanente Formveränderung sehr merklich, nicht allein durch
Verminderung ihrer Dicke, sondern auch dadurch, daß die obere und untere Kante durch
schiefe und etwas gekrümmte Oberflächen ersetzt wurden. Man muß daher nach den
bisherigen Beobachtungen die Belastung der Federn von gutem vulcanisirtem Kautschuk
auf 14 Kilogr. per Quadratcentimeter beschränken, wenn
sie ohne alle Stöße erfolgt. Bei häufig wiederholten Stößen muß man die Belastung
auf 10 Kilogr. für dieselbe Querschnittsfläche vermindern.
Betreffend die Wiedergewinnung der zur Zusammendrückung der Kautschukfedern
verwendeten Kraft durch deren Ausdehnung, so müßte nach Obigem, damit hierbei kein
Verlust stattfindet, die Ausdehnung des Kautschuks sehr langsam erfolgen können,
eine Bedingung, welcher bei den bezüglichen Maschinen in der Regel nicht entsprochen
werden kann. Die Ausdehnung der metallenen Federn erfolgt viel rascher, die dazu
unter verschiedenen Umständen erforderliche Zeit ist jedoch noch nicht genau
bestimmt worden.