Titel: | Ueber die fabrikmäßige Darstellung der Cyanverbindungen; von Richard Brunnquell, früher technischem Dirigenten der Blutlaugensalz-Fabrik Hohenkamp bei Bremen. |
Autor: | Richard Brunnquell |
Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. X., S. 47 |
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X.
Ueber die fabrikmäßige Darstellung der
Cyanverbindungen; von Richard
Brunnquell, früher technischem Dirigenten der
Blutlaugensalz-Fabrik Hohenkamp bei Bremen.
(Schluß von S. 460 des vorhergehenden
Bandes.)
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Brunnquell, über die fabrikmäßige Darstellung der
Cyanverbindungen.
III. Neues und eigenthümliches Verfahren
zur Bereitung des Blutlaugensalzes im Großen.
Es ist dieß dasselbe Verfahren, welches mir im Februar 1854 von dem Ministerium für
Handel und Gewerbe auf fünf Jahre patentirt wurde. Seit November 1854 bin ich
beschäftigt gewesen, dasselbe versuchsweise im Großen auszuführen, wobei es mir
leider mit den geringen mir zu Gebote stehenden Mitteln nicht gelungen ist, die
Schwierigkeiten in der Ausführung dieser (wie jeder neuen) Fabrication vollständig
zu beseitigen. Ich war nämlich nicht im Stande feuerfeste Thonröhren zu beschaffen,
die bei einem geringen Drucke (8 Zoll Wasser) gasdicht gewesen wären; die
verschiedenen von mir angewandten Röhren zersprangen schon beim Anfeuern, ohne daß
es mir gelungen wäre die Risse wieder zu dichten, so daß die Ausführung im Großen
bis jetzt ganz allein hieran scheiterte. Da jedoch derartige Röhren jetzt vielfach
in den Gasanstalten unter ganz analogen Verhältnissen angewendet werden und sich
bereits praktisch bewährt haben, so kann ich nicht zweifeln, daß diese Schwierigkeit
noch zu beseitigen seyn muß. Indem ich jetzt mein Verfahren der Oeffentlichkeit
übergebe, hoffe ich dadurch die Veranlassung zu geben, daß dasselbe mit besseren
Mitteln und von verschiedenen Seiten versucht werden möge, und ich zweifle nicht,
daß derartige vereinte Anstrengungen, sey es auch erst nach manchen Verbesserungen
und Aenderungen, schließlich noch vom besten Erfolge gekrönt werden. Daß es
derartiger Anstrengungen werth sey, daß es sich hier nicht um kleine Verbesserungen,
sondern um eine Umgestaltung der ganzen Fabrication handelt, wird sich aus der
näheren Betrachtung desselben von selbst ergeben.
Ich habe noch zu erwähnen, daß ich die vorliegende Erfindung und die auf dieselbe
Bezug habenden Versuche gemeinschaftlich mit dem Chemiker Hrn. Webers aus Münster, früher Zögling des königl. Gewerbeinstituts in Berlin,
anstellte.
Das Verfahren beruht auf der Umwandlung des Ammoniaks in
Cyanammonium durch Glühen mit Kohle oder kohlenstoffhaltenden Substanzen und,
was die Haupteigenthümlichkeit desselben ist, Umwandlung des so entstandenen
Cyanammoniums in Cyankalium, resp. Ferrocyankalium auf nassem Wege. Es
würde also darin bestehen, daß die Ammoniak haltenden Verkohlungsgase durch mit
Kohle gefüllte glühende Röhren geleitet, ihr Ammoniak dadurch in Cyanammonium und
dieses dann durch Berührung mit wässeriger Auflösung von Potasche und geeigneten
Eisenverbindungen in Blutlaugensalz übergeführt würde.Dieselbe Idee hat allerdings auch Binks in einer
ganz kurzen Notiz (Polytechn. Journal Bd.
CIII S. 424) angedeutet, was ich erst, nachdem ich bereits
zahlreiche Versuche hierüber angestellt hatte, durch einen Dritten erfuhr.
Es ist jedoch zweifelhaft, ob derselbe dieser Idee weitere Folge gegeben,
und versucht hat dieselbe praktisch ausführbar zu machen; wenigstens ist
nichts weiter hierüber bekannt geworden. Die von Binks vorgeschlagene Umwandlung des Cyanammoniums in Cyankalium
durch directe Einwirkung einer Potaschelösung ist übrigens, wie wir weiter
hinten sehen werden, unmöglich.
Diese kurze Andeutung genügt schon, um einige wichtige Vortheile eines solchen
Verfahrens als feststehend erkennen zu lassen. Dieselben sind hauptsächlich
folgende:
1) Der bedeutende Verlust an Potasche und die mit ihrer
Wiedergewinnung verbundenen Kosten fallen weg. Wenige Worte werden
hinreichen, dieß zu beweisen. Die Potasche wird zunächst in Wasser gelöst, wobei sie
vom größten Theile der fremden Salze befreit wird; die Lösung wird dann mit so viel
der betreffenden Cyanverbindung behandelt, daß sie zum größten Theile in
Ferrocyankalium umgewandelt wird; dasselbe läßt man auskrystallisiren und benutzt
dann die Mutterlauge ohne Weiteres wieder zu demselben Zwecke. Es fällt somit einmal
die Verunreinigung durch Kieselsäure etc. und sodann die Nothwendigkeit weg, die
gelöste Potasche wieder in feste Form zurückzuführen, wodurch eben Verlust bedingt
wird.
2) Es ist dadurch die Möglichkeit gegeben, die Potasche durch
die bedeutend wohlfeilere Soda zu ersetzen. Bei dem alten Verfahren hat man
dieß vielfach ohne Erfolg versucht, weil die Bildung des Cyannatriums auf feurigem
Wege in Folge der schwierigen Reduction des Natrons viel schwerer von statten geht,
und außerdem das Ferrocyannatrium nicht leicht durch Krystallisation aus so unreinen
Lösungen, wie die Mutterlaugen, gewonnen werden kann. Der erste Uebelstand fällt bei
der Bildung auf nassem Wege ganz weg und auch der zweite ist zu überwinden, da man es mit viel
reinerer Lösung zu thun hat. Allerdings bildet das Ferrocyannatrium nicht eben so
schöne Krystalle, wenn es aber billiger hergestellt werden kann, wird es auch in die
Praxis eindringen, zumal man mit ungefähr 6 Theilen desselben eben so viel
ausrichtet, als mit 7 Theilen Ferrocyankalium (da das Natron ein kleineres
Aequivalent hat).
3) Es können bei diesem Verfahren auch Knochen angewendet
werden, deren Nebenproduct, die Knochenkohle, unter den meisten Verhältnissen die
Kosten der Knochen und der Verkohlung decken, die stickstoffhaltigen Gase also ganz
umsonst liefern würde. Die Gase der Knochenverkohlung sind relativ eben so reich an
Ammoniak, als die von den meisten anderen Rohstoffen; Knochen geben aber dem
Gewichte nach weniger Ammoniak und noch viel weniger Gase.
4) Ist es möglich denjenigen Theil des Ammoniaks, der der
Umwandlung in Cyan entgeht, wieder in den Kreis der Fabrication
zurückzuführen, also doch noch in Cyan umzuwandeln; man kann nämlich die
nebenbei gewonnenen Ammoniaksalze ebenfalls in Blutlaugensalz umwandeln, indem man
dieselben mit Kalk gemischt den Rohstoffen beimischt.
Zwei Fragen sind es, die sich uns hierbei unwillkürlich aufdrängen, nämlich:
1. Geht diese Umwandlung ohne
Schwierigkeiten und in genügendem Maaße vor sich, um hierauf eine Gewinnung
der Cyanverbindungen begründen zu können?
Ich führe zunächst die Ansichten bekannter Chemiker über diesen Gegenstand
an.
Nach Langlois entsteht Cyanammonium durch Berührung
von Ammoniak mit glühender Kohle in bedeutender Menge und unter Entwickelung von
H²C außer H. Dasselbe entsteht ferner, wenn man kohlensaures Ammoniak,
oder überhaupt alle stickstoffhaltenden organischen Verbindungen mit
Kohlenwasserstoffen oder, wenn jene Verbindungen schon Wasserstoff enthielten,
nur mit Kohlenoxydgas durch eine glühende Röhre leitet. Kuhlmann bestätigt diese Angaben und wendete das so dargestellte
Cyanammonium bereits zur Gewinnung von wasserfreier Cyanwasserstoffsäure an,
indem er dasselbe durch erwärmte, etwas verdünnte Schwefelsäure leitete. Gmelin, der überhaupt sehr viele ähnliche
Entstehungsweisen des Cyanammoniums angibt, sagt: man bereitet Cyanammonium
auch, indem man Ammoniak über glühende Kohlen leitet; es entsteht ferner durch Glühen von
Ammoniak mit organischen Verbindungen, mit Kohlenwasserstoffen, Kohlenoxydgas,
selbst mit Graphit. Daß diese Bildung durchaus nicht schwierig von statten geht,
beweist ferner die Entstehung des Cyanammoniums aus Kohlenoxydgas und Ammoniak,
oder den gasförmigen Oxyden des Stickstoffes mit Alkoholdampf durch Einwirkung
des Platinschwammes. Widerstreitende Angaben habe ich nirgends finden können.
Directe Versuche hierüber werde ich unter 2. mit anführen.Vergleiche hierüber Gmelin's Handbuch der
Chemie Bd. IV S. 303, wo zahlreiche derartige Entstehungsweisen des
Cyanammoniums angeführt sind.
2. Sind die dem Ammoniak in den
Verkohlungsgasen beigemengten anderen Gasarten diesem Processe
hinderlich?
Daß diese Frage zu verneinen ist, dürfte schon aus dem unter 1. Gesagten
hervorgehen. Wenn Kohlenoxydgas, Kohlenwasserstoffgase und Kohlensäure geradezu
diesen Proceß einzuleiten und die Kohle ganz zu ersetzen vermögen, können sie
doch unmöglich demselben hinderlich seyn. Der beste Beweis scheint mir der
Gehalt des Leuchtgases an Cyanammonium zu seyn. Bedenkt man, daß bei der
Gasbereitung ein großer Theil des Ammoniaks entweicht, ehe die Steinkohlen
gehörig ins Glühen kommen, daß ein großer Theil des Gases (der in der Nähe der
Ableitungsröhre entwickelt wurde) nur einen kurzen Weg durch die glühenden
Kohlen zurückzulegen hat und daß endlich der Stickstoffgehalt der Steinkohlen
sehr gering, der Ueberschuß an fremden Gasen sehr bedeutend ist, so muß man sich
wundern, wie sich noch so viel Cyanammonium bilden konnte. Eine eigenthümliche
Rolle könnte hierbei die Kohlensäure spielen. Nun enthalten zwar die
Verkohlungsgase keine freie Kohlensäure (vielmehr freies Ammoniak), sondern nur
kohlensaures Ammoniak, welches in Cyanammonium aufgeht 2 (N⁴
) = NH⁴C²N, 4, (2O). Wenn dieselben aber durch die
glühende Röhre gegangen waren, so fand sich darin stets viel KohlensäureBei obiger Formel sind 2O überschüssig, welcher Umstand die Bildung der
Kohlensäure bedingen mag. Schubarth.; die vorgelegte Kalilauge wurde stets kohlensauer. Ich kann dieselbe nur
von der Zersetzung des Wasserdampfes ableiten, welcher bekanntlich mit glühender
Kohle, außer Wasserstoff- und Kohlenoxydgas, auch Kohlensäure liefert
(nach Clément-Deformes auf 28,96
Kohlenoxyd 14,63 Kohlensäure; siehe das Handwörterbuch von Liebig und Wöhler Bd. IV S. 453). Die so
oder anders entstandene Kohlensäure würde allerdings das Cyanammonium (ganz wie
das Cyankalium) zersetzen, es entstände Cyanwasserstoffsäure und kohlensaures Ammoniak,
welches aufs Neue Cyanammonium u.s.f. geben würde. Das ist aber eben, was wir
wünschen müssen. Erhalten wir Cyanammonium als Product dieses Processes, so geht
gerade die Hälfte des Stickstoffs zur Bildung des Ammoniums verloren, was nicht
der Fall ist, wenn die Kohlensäure die eben besprochene Wirkung ausübt; die
Wirkung derselben ist mithin nur eine günstige zu nennen.Liebig in seiner schon erwähnten Abhandlung
sagt: leitet man Ammoniak über glühende Kohlen, so entsteht Cyanwasserstoffsäure; ich weiß nicht ob er es
für selbstverständlich hält, daß sich dieselbe mit mehr Ammoniak zu
Cyanammonium verbindet, bei Abwesenheit von Kohlensäure ist dieß
jedenfalls anzunehmen. Uebrigens sagt er weiter: würde die Kohle vorher
mit kohlensaurem Kali getränkt, so wird dieses durch
Cyanwasserstoffsäure zersetzt, es entweicht Kohlensäure und Wasser,
Cyankalium bleibt zurück. Auch dem kann ich nicht zustimmen; die
Cyanwasserstoffsäure kann das kohlensaure Kali nicht zersetzen,
umgekehrt zersetzt Kohlensäure das Cyankalium. Etwas anderes ist es bei
Gegenwart von Kohle, es entsteht:Textabbildung Bd. 141, S. 51welches sich nun mit Cyanwasserstoffsäure
verbindet.
Indem ich nun zu meinen directen Versuchen über diese Bildung, vorzüglich in
Bezug auf die Quantität, übergehe, muß ich bemerken, daß dieselben allerdings
nicht ganz das gewünschte Resultat gaben, was jedenfalls zum Theil mit in der
angewendeten Methode liegt. Mit der eigenthümlichen Einwirkung der Kohlensäure
noch nicht bekannt geworden, leitete ich nämlich die cyanammoniumhaltenden Gase
in Kalilauge, welche Eisenoxydulhydrat suspendirt enthielt. Da nun schließlich
das Kali immer viel Kohlensäure enthielt, so ist es möglich, daß durch dieselbe
ein Theil der Cyanwasserstoffsäure wieder ausgetrieben wurde. Die Versuche
variirten bedeutend in ihren Resultaten, als das Mittel der zuverlässigsten kann
ich aus Blut 10 bis 12 Proc. Blutlaugensalz angeben; einzelne Versuche gaben ein
bedeutend höheres Resultat. Obschon ich nun nicht zweifle, daß sich im Großen
mit einer vollkommneren Einrichtung, bei besseren Erfahrungen über die
zweckmäßigste Behandlung (die geeignetste Temperatur, Dauer etc.) ein ganz
anderes Resultat ergeben würde, wie ja ein neues Verfahren nie gleich vollkommen
dasteht, so will ich doch ganz davon abstrahiren und nachzuweisen suchen, daß,
bei nur gleicher Ausbeute (also im Mittel 10 Proc.) die bereits genannten, davon
ganz unabhängigen Vortheile allein schon dem neuen Verfahren ein besseres,
ökonomisches Resultat sichern, ohne damit die Erwartung aufzugeben, daß es noch
gelingen werbe, nahezu allen Stickstoff so in Cyanammonium überzuführen, also
nahezu 30 Proc. Blutlaugensalz (nehmen wir die Bildung von Cyanwasserstoffsäure
an), sogar 60
Proc. zu erhalten; principiell steht dem, wie es beim alten Verfahren ist,
nichts im Wege.
3. Geht die Umwandlung des
Cyanammoniums in Ferrocyankalium ohne Verlust vor sich, und wie geschieht
dieselbe am besten?
Das Einfachste wäre es natürlich (wie Binks
vorschlägt), diese Umwandlung durch eine wässerige Lösung von Potasche zu
bewirken, was aber unmöglich ist, da kohlensaures Kali weder durch
Cyanwasserstoffsäure, noch durch Cyanammonium zersetzt wirdIch habe nachträglich noch directe Versuche hierüber angestellt, die mir
das ganz sichere Resultat gegeben haben, daß doch das Cyanammonium das
kohlensaure Kali sowohl trocken beim Erhitzen, als in wässeriger Lösung
leicht und vollständig zersetzt. Da ich nun bei den unten anzuführenden
Versuchen im Großen nie diese Umwandlung erreichen konnte, dagegen
überall das Entweichen von Cyanwasserstoffsäure (vorzüglich beim Kochen
der alkalischen Laugen) zu bemerken war, so ist dieß ein sicherer
Beweis, daß die vorstehend besprochene Wirkung der Kohlensäure wirklich
eingetroffen ist. mithin man nicht Cyanammonium, sondern
Cyanwasserstoffsäure (neben etwas unzersetztem kohlensauren Ammoniak)
erhält, mithin theoretisch die Möglichkeit gegeben ist, allen Stickstoff
mit einem Male in Cyan umzuwandeln.; auch ätzendes Kali kann, der überschüssigen Kohlensäure der Gase wegen,
nicht angewendet werden. Es bedarf daher zu dieser Umsetzung eines Vermittlers,
wozu ich den Eisenvitriol gewählt habe. Leitet man Cyanammonium oder
Cyanwasserstoffsäure und kohlensaures Ammoniak in überschüssige
Eisenvitriollösung, so entsteht stets schwefelsaures Ammoniak und Eisencyanür.
Dadurch erreiche ich zweierlei: 1) gewinne ich alles Ammoniak als schwefelsaures
Salz, wodurch der Eisenvitriol reichlich bezahlt gemacht wird; 2) wird das
Cyanammonium augenblicklich in eine unlösliche und unzersetzliche Verbindung
übergeführt, aus der nun durch Behandlung mit kohlensaurem Kali, resp. Natron,
Blutlaugensalz dargestellt werden kann.
Ich gehe nun zur Beschreibung des Verfahrens für die Ausführung im Großen über,
wobei es mir weniger um detaillirte Vorschriften und Beschreibungen der
einzelnen Manipulationen zu thun ist, wozu ja doch die praktischen Erfahrungen
unerläßlich sind; ich will vielmehr bei den verschiedenen Operationen nur die
Gesichtspunkte andeuten, die hauptsächlich im Auge zu behalten sind und dem
Praktiker zur Richtschnur zu dienen haben.
Die Verkohlung unterscheidet sich von der jetzt zum
Theil üblichen natürlich schon dadurch, daß man zu dem vorliegenden Zweck allen
Stickstoff möglichst in Gasform auszutreiben, dort aber eine möglichst
stickstoffreiche Kohle zu erhalten suchen muß. Wendet man Knochen an, so ist
natürlich die Qualität der zu erzeugenden Knochenkohle ganz allein maaßgebend,
und es ist dann
in der That unwesentlich, ob dabei einige Procente Stickstoff zurückbleiben oder
nicht, da die Knochenkohle denselben zum wenigsten bezahlt machen wird, wenn man
auch bei Production sehr großer Massen keinen directen Gewinn dadurch erzielen
wird. Es hängt bekanntlich die Güte der Knochenkohle davon ab, daß man 1) den
Knochen ihr Fett läßt, 2) die Verkohlung vollständig vollendet und 3) einen
hohen Gasdruck dabei vermeidet. Bei Anwendung anderer Rohmaterialien wird man,
um die Austreibung des Stickstoffs nach Möglichkeit zu erreichen, Kalk zu Hülfe
nehmen müssen, und zwar so, daß man dieselben zuerst für sich verkohlt, so daß
man eine leicht zerreibliche Kohle erhält, die man innig mit zu Staub gelöschtem
Kalkhydrate mischt und nochmals destillirt. Der Rückstand würde ein treffliches
Düngemittel geben.
Die Verkohlungsöfen würden ganz die Einrichtung der Gasöfen erhalten und die Zahl
und Größe der Retorten von der Größe des Betriebes abhängen. Die
Ableitungsröhren sämmtlicher Retorten münden zunächst, ebenfalls ganz wie bei
den Gasöfen, in einen gemeinschaftlichen horizontal gelagerten Cylinder, in dem
sie durch Theer (resp. das sich hier zum Theil verdichtende Thieröl) gesperrt
werden, sich mischen und von da nach den Charmotte-Röhren geleitet
werden. Es wird dadurch der wesentliche Vortheil erreicht, daß das Durchströmen
der Gase durch die letzteren gleichmäßig erfolgt. Wollte man jede Retorte
einzeln mit einem Charmotte-Rohre verbinden, so würde natürlich das
Durchströmen der Gase zu Anfange einer neuen Beschickung viel zu heftig, gegen
Ende zu langsam erfolgen. Hat man dagegen z.B. drei Retorten vereinigt und sind
zum Abtreiben einer solchen sechs Stunden erforderlich, so wird man natürlich
alle zwei Stunden eine frisch beschicken, niemals alle drei zu gleicher Zeit.
Die von dem gemeinschaftlichen Absperrungs- oder Mischungscylinder weiter
führenden Röhren sollen jede mit einem Hahne versehen seyn, um nach Belieben
jede der Röhren absperren zu können, wenn etwa eine derselben gesprungen ist;
diese Röhren sollen ferner nicht unter 2 Zoll im Lichten weit, möglichst kurz
und von allen Seiten zugänglich seyn.
Die Umwandlung des Ammoniaks in Cyanammonium erfolgt
also, indem die Gase durch stark glühende Charmotte-Röhren streichen, die
mit nußgroßen Stücken Holzkohle angefüllt sind. Vielfache Versuche haben mich
gelehrt, daß eiserne Röhren nicht anwendbar sind, indem das Cyanammonium, oder
die Cyanwasserstoffsäure, ganz wie Cyangas in Berührung mit glühendem Eisen in
ihre Elementarbestandtheile, unter Bildung von Kohlenstoffeisen, zerfallen) drei
Versuche mit Flintenläufen gaben keine Spur Cyanammonium. Im Großen habe ich
mich anhaltend bemüht, eiserne Cylinder dadurch brauchbar zu machen, daß ich sie mit einer
indifferenten Substanz auszukleiden suchte, und zwar mit Kohle, indem ich sie
wiederholt mit Theer ausstrich und Steinkohlen darin ausglühte. Das Resultat war
jedoch ganz unzureichend (etwa 4 Proc.), wahrscheinlich aber bloß deßhalb, weil
ich, damals noch nicht auf die in großer Menge vorhandene Kohlensäure aufmerksam
gemacht, Aetzkalilauge zur Absorption des Cyanammoniums anwendete, welche aber
nicht nur in einfach-sondern sogar in zweifach-kohlensaures Kali
überging. Am besten gelang die Incrustirung der eisernen Röhren durch
wiederholtes Auftragen eines Gemenges von Ochsenblut und Lehm und allmähliches
Erhitzen einer jeden frischen Schicht. Beim ersten Versuche mit den so
vorbereiteten Röhren, zugleich unter Anwendung von Eisenvitriol statt Kalilauge,
brannten die ersteren leider durch. Obwohl mithin es nicht möglich ist, auch die
Anwendung eiserner Röhren zu erreichen, möchten doch die von feuerfester
Thonmasse, also Charmotte-Röhren, den Vorzug verdienen. Dieselben würden
sich von den jetzt vielfach angefertigten Gasretorten nur durch ihren geringeren
Durchmesser und dadurch unterscheiden, daß sie an beiden Enden zur Aufnahme
eiserner Köpfe geeignet seyn müßten. Je enger und je länger dieselben
angefertigt werden können, um so besser ist es; die von mir versuchten hatten 4
Zoll im Lichten und 6 Fuß Länge. Die Einrichtung des Ofens würde auch hier ganz
die eines Gasofens seyn; die Anforderung, die man an beide stellen muß, ist
dieselbe: mit dem wenigsten Brennmateriale die größte Anzahl derartiger Röhren
gleichmäßig auf ihrer ganzen Länge zu erhitzen. Sehr geeignet für den
vorliegenden Zweck halte ich den von Croll
(polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 129)
beschriebenen englischen Gasofen für combinirte Anwendung von eisernen und
Charmotte-Retorten.
Bei dieser Einrichtung wäre man im Stande, mit einer einzigen Feuerung sieben
Retorten und sechs Charmotte-Röhren zu erhitzen. Die Beschickung der
Röhren mit Kohle ist zwar nicht absolut nöthig, da auch die dem Ammoniak
beigemengten fremden Gase die zur Cyanbildung nöthige Kohle liefern können,
dieselbe befördert aber schon durch ihre Wirkung als poröse Masse die
Cyanbildung. Der Verbrauch an Holzkohle ist aus demselben Grunde höchst
unbedeutend, es genügt von Zeit zu Zeit die Kohle etwas nachzustoßen und wenig
frische zuzuthun. Vor die beiden Enden der Röhren bringt man durchlöcherte
Thonscheiben, um das Verstopfen der Zu- und Ableitungsröhren in den
eisernen Köpfen zu verhüten. Ehe das Durchleiten der Gase beginnt, ist natürlich
darauf zu sehen, daß sich die Röhren in voller Gluth befinden; abgesehen von dem
Verluste, gehen sonst Theerdämpfe unzersetzt hindurch und verunreinigen die
nachfolgenden Flüssigkeiten; eine sehr lebhafte Rothglühhitze ist die zur Cyanbildung
erforderliche Temperatur. Wie beim bisherigen Verfahren Alles vom
Schmelzprocesse, so hängt hier Alles von der richtigen Leitung dieser Operation
ab, und ich verhehle nicht, daß in dieser Beziehung noch manche Erfahrungen zu
machen seyn werden.
Die Umwandlung des Cyanammoniums in Cyankalium resp.
Ferrocyankalium erfolgt also durch Vermittelung des Eisenvitriols. Was
die praktische Ausführung betrifft, so ist die Schwierigkeit dabei eine
vollständige Absorption des Cyanammoniums, also eine möglichst lange Berührung
der Gase mit der Eisenvitriollösung, ohne dadurch einen großen Gasdruck zu
erzeugen, da einmal, wie die Erfahrung gelehrt hat, die Qualität der
Knochenkohle dadurch verschlechtert wird, und sodann der Verlust durch
Undichtheit der Apparate proportional mit dem Gasdrucke wächst.
Ich habe zu diesem Zwecke einen Apparat angewendet, welcher sich durch seine
Einfachheit und fast beliebig zu vergrößernde Wirksamkeit für diesen und
ähnliche Zwecke sehr empfehlen dürfte. Denken wir uns einen Kasten von etwa 6
Fuß Länge, 2 Fuß Breite, 8 Zoll Höhe und in demselben vier flache Kästen von 2
Zoll Randhöhe mit ihrer Oeffnung nach unten gekehrt, einer auf dem anderen
aufgestellt, in dem Boden der letzteren abwechselnd auf dem einen, bei dem
nächsten auf dem andern Ende der schmalen Seite Ausschnitte angebracht, den
Kasten mit Flüssigkeit gefüllt, und lassen nun unter dem ersten dieser
Scheidewände Gas eintreten, so wird sich dasselbe unter demselben zu einer immer
größer werdenden Blase (ungefähr wie die Luftblasen unter dem Eise) ausbreiten,
bis sie die Oeffnungen am Ende des Bodens erreicht haben, durch welche sodann
die Gase in einzelnen Blasen aufsteigen, um unter dem zweiten, dritten und
vierten Boden dasselbe Spiel zu beginnen. Theoretisch genommen ist fortwährend
eine Gasschicht von 4mal 12 = 48 Quadratfuß in Berührung mit der Flüssigkeit,
und es beträgt die Länge des von dem Gase zurückzulegenden Weges 4 . 6 = 24 Fuß,
der Druck aber nicht mehr als eine entsprechende Flüssigkeitssäule von nicht
ganz 8 Zoll Höhe. An einem solchen Kasten wären außerdem noch anzubringen: 1)
ein Hahn zum Ablassen der Flüssigkeit; 2) ein etwas unter den
Flüssigkeitsspiegel reichender Trichter zum Füllen; 3) ein Ableitungsrohr für
das Gas, welches dasselbe nach dem Ofen zur Verbrennung leitet und in welches
man, um Explosionen zu vermeiden, eine mit feinen Drahtnetzen gefüllte Büchse
einschaltet. In diesem speciellen Falle, wo sich in der Flüssigkeit ein
Niederschlag bildet, ist es allerdings wünschenswerth, zwischen jedem Fache
kleine Rührapparate, die durch Stopfbüchsen gehen, anzubringen.
Beschreibung des in Fig. 18 dargestellten
Apparats: a, a das Gaszuleitungsrohr, A der Kasten von Eisenblech, b, b flache Kästen, ebenfalls von Eisenblech, die Oeffnungen nach
unten gekehrt; c, c Handgriffe zum Herausnehmen
derselben, d Fülltrichter, e Abzugshahn, f Ableitungsrohr, x, x Flüssigkeitsspiegel. – Da wo die Röhren
a, f in e einmünden,
haben die Seitenwände der Kasten b, b natürlich
entsprechende Ausschnitte.
Endlich würde man statt eines großen, besser zwei kleinere Apparate der Art
anwenden und zwar so, daß man die Flüssigkeit von dem zweiten auf den ersten
brächte, wodurch es möglich würde, den Eisenvitriolgehalt der Flüssigkeit, ohne
Cyanammonium zu verlieren, vollständig auszufällen. Die von dem ersten Kasten
abfließende Flüssigkeit besteht also eigentlich nur aus schwefelsaurem Ammoniak
und suspendirtem Eisencyanür + Eisenoxydulhydrat, mit etwas Schwefeleisen.Zur Darstellung von 300 Ctr. Blutlaugensalz sind erforderlich 187,3 Ctr.
Cyanammonium; diese verlangen zu ihrer Umbildung gegen 600 Ctr.
Eisenvitriol und geben dabei 243 Ctr. schwefelsaures Ammoniak. Durch Absetzen und Filtriren werden beide getrennt; die ziemlich
concentrirte Lösung von schwefelsaurem Ammoniak (man muß natürlich keine zu
verdünnte Eisenvitriollösung nehmen) wird eingedampft und entweder das Salz an
Alaunwerke verkauft, oder mit Kalk gemischt den thierischen Stoffen beigemengt,
um ebenfalls noch in Cyan umgebildet zu werden; die Waschwasser dienen zur
Auflösung neuer Mengen Eisenvitriol. Der ausgewaschene Niederschlag wird mit
Potaschelösung gekocht und so in Blutlaugensalz übergeführt; der Rückstand
endlich wird weggeworfen, oder, wenn man rohe Salzsäure zur Verfügung hat, darin
gelöst, um anstatt des Eisenvitriols zu dienen.
Die Krystallisation und Darstellung des Blutlaugensalzes
in verkäuflicher Form hat nun gar keine Schwierigkeiten, da wir es mit
weit reineren Materialien zu thun haben. Wurde der Eisenschlamm gehörig
ausgewaschen, so erhalten wir beim Kochen desselben mit einer gleich beim
Auflösen gereinigten Potaschelösung eine Lösung, die neben dem Ferrocyankalium
nur etwas überschüssiges kohlensaures Kali enthält, aus der man in einer
Krystallisation verkäufliches Salz darzustellen vermag. Ich zweifle daher auch
nicht, daß die Anwendung der Soda hierdurch ermöglicht ist; Versuche hierüber in
ziemlich großem Maaßstabe gaben ein citronengelbes, reines, wenn auch etwas
klein krystallisirtes Salz. – Der beim Kochen mit der alkalischen Lauge
unlöslich bleibende Eisenschlamm muß natürlich abfiltrirt und ausgewaschen
werden. Die Waschwasser dienen zum Verdünnen neuer Potaschelösungen; die Mutterlaugen werden
ohne Weiteres wieder zu demselben Zwecke angewendet.
Stellen wir nun zum Schlüsse noch einmal das alte und das neue Verfahren einander
gegenüber, um sie mehr von rein praktischer Seite zu vergleichen, so finden
wir:
1) Es wird dadurch an Arbeit erspart. Die stets zwei Arbeiter erfordernde
Schmelzarbeit fällt weg, ein einziger Arbeiter kann zwei Oefen mit einer großen
Anzahl Charmotte-Röhren versorgen, da er nur zu feuern und alle zwei bis
drei Tage die Röhren zu öffnen und etwas Kohle nachzufüllen hat. Die mit der
Behandlung mit Eisenvitriol verbundene Arbeit wird von dem Auslaugen der
kohligen Rückstände, Abfiltriren und Auswaschen derselben reichlich aufgewogen;
die ganze zur Wiedergewinnung der Mutterlaugensalze erforderliche Arbeit fällt
dagegen weg.
2) Der Aufwand an Brennmaterial wird allerdings bedeutender seyn, da auf diesem
Wege die Cyanbildung langsamer von statten geht; selbst das Doppelte angenommen,
wird dieser Nachtheil doch weit von den Vortheilen überwogen werden.
Die eigentlichen Vortheile des Verfahrens wurden bereits früher abgehandelt,
weßhalb ich sie nicht wiederholen will. Verkennen läßt sich nicht, daß das
Verfahren Schwierigkeiten hat, sind dieselben aber überwunden, so wird schon das
bedeutende Ersparniß an Potasche und die Möglichkeit, dieselbe durch Soda zu
ersetzen, die Calculation zu Gunsten desselben gestalten. Es ist aber auch
meiner Ansicht nach der einzige Weg, um principiell allen Stickstoff der
thierischen Rohmaterialien in Cyan umzuwandeln, es möchte denn noch eine ganz
neue Entstehungsweise des letzteren entdeckt werden.
Zum Schlusse möchte ich noch einen Gedanken aussprechen, dessen Verwirklichung
zwar noch in weiter Ferne liegen mag, doch aber die Anregung zu weiteren
Forschungen geben könnte, den Gedanken nämlich daß auf dem von mir
eingeschlagenen Wege, nämlich Trennung der Cyanbildung von der Verbindung
desselben mit den fixen Alkalien, doch noch die Benutzung des atmosphärischen
Stickstoffs sich ermöglichen ließe.
Bei den Versuchen über Darstellung des Cyans aus atmosphärischem Stickstoffe
machte zunächst Wöhler, so wie Erdmann und Marchand die Beobachtung, daß
dieselbe nur bei Anwesenheit von Wasserdampf (oder Kalihydrat) gelang. Diese und
ähnliche Beobachtungen veranlaßten viele Chemiker zu der Annahme, daß hierbei
stets eine Ammoniakbildung vorhergehen müsse. Directe Versuche bestätigten nun
auch die Bildung des Ammoniaks aus freiem Stickstoffe und Wasserdampfe durch
glühende Kohle. Hr. Fleck theilte mir ebenfalls
Versuche hierüber
mit, nach denen er allerdings ziemliche Mengen Ammoniak auf diesem Wege erhielt,
nur daß merkwürdiger Weise bei einigen Versuchen, ohne merklichen Grund, die
Bildung desselben unterblieb. Wäre es nun nicht rationeller, diese Bildungsweise
genauer zu studiren, sie dann direct einzuleiten, d.h. dem Stickstoffe
absichtlich die geeignete Menge Wasserdampf beizumischen und das so erhaltene
Ammoniak in der angegebenen Weise in Cyanammonium umzuwandeln? Man würde nämlich
dadurch die größte praktische Schwierigkeit umgehen, welche bei der Darstellung
des Cyankaliums aus atmosphärischem Stickstoffe nach dem bisher versuchten
Verfahren sich gezeigt hat, die nämlich, daß die angewendeten
Charmotte-Röhren oder gemauerten Schächte durch die Einwirkung der
schmelzenden Potasche binnen Kurzem zerstört wurden.
Eine durchaus neue, praktisch anwendbare Bildungsweise des Cyans habe ich nicht
auszufinden vermocht.
Bericht über vorstehende Abhandlung; erstattet von der
Abtheilung für Chemie und Physik des Vereins für Gewerbfleiß in
Preußen.
Von dem Chemiker Hrn. R. Brunnquell ist im Jahr 1854 eine
Abhandlung eingegangen, in welcher er versucht hat, die achte Preisaufgabe,
betreffend die Darstellung des Blutlaugensalzes, zu lösen. Derselbe hat
nachgewiesen, daß bei der üblichen Bereitungsweise nicht wesentlich an Potasche
gespart werden könne, indem eine bedeutende Menge überschüssigen kohlensauren Kalis
beim Schmelzen mit Thierkohle zugegen seyn muß, weil sonst das Gemisch nicht zum
Schmelzen zu bringen ist und die Bildung des Cyankaliums erschwert, selbst
verhindert wird. Um das beim Schmelzen der Masse entweichende Ammoniak, wodurch die
Ausbeute an Blutlaugensalz wesentlich verringert wird, zu verwerthen, schlägt
derselbe vor, die entweichenden Gase durch ein schmelzendes Gemisch von Potasche und
Thier- oder Holzkohle streichen zu lassen, wodurch das Ammoniak in Cyan
verwandelt werden soll.
Hr. Brunnquell beschreibt noch ein eigenthümliches
Verfahren, Blutlaugensalz darzustellen. Er leitet kohlensaures Ammoniak, durch
trockene Destillation thierischer Stoffe (Knochen) erzeugt, durch glühende, mit
Holzkohlen erfüllte Röhren, wodurch Cyanammonium gebildet werden soll, und läßt das
letztere mit einer Lösung von Eisenvitriol in Berührung treten, wobei schwefelsaures
Ammoniak und Eisencyanür sich bilden, welches letztere mit kohlensaurem Kali
Blutlaugensalz liefert. – Gegen dieses Verfahren läßt sich vom wissenschaftlichen
Standpunkte nichts einwenden, allein eine andere Frage ist, ob dasselbe auch
günstige Resultate darbietet.
Nach dem Urtheile der Abtheilung verdient die Abhandlung des Preisbewerbers, die mit
vieler Sachkenntniß verfaßt ist, alle Anerkennung, obschon sie die von der
Preisaufgabe verlangte Angabe, auf welchem Wege die größte Ausbeute erhalten werden
könne, nicht enthält. Derselbe hat den Beweis nicht geliefert, daß durch die von ihm
vorgeschlagene Benutzung des beim Schmelzen entweichenden Ammoniaks mehr
Blutlaugensalz gewonnen werde. Es ist aber nicht einzusehen, weßhalb das Ammoniak,
wenn es beim Durchgange durch ein glühendes Gemisch von Potasche und Kohle sich in
Cyan umwandelt, diese Veränderung nicht schon bei der ersten Schmelzung erleidet, wo
dieselben Stoffe vorhanden und eine geeignete Temperatur die Einwirkung
begünstigt.
Hinsichtlich des von dem Verfasser der Abhandlung angegebenen Verfahrens der
Darstellung von Blutlaugensalz bemerken wir, daß eine positive Nachweisung fehlt, ob
die von demselben angestellten Versuche ein genügendes Resultat gegeben haben; es
scheint dieß vielmehr bezweifelt werden zu müssen. Da jedoch ein jedes neue
Verfahren bei der ersten Ausführung mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, so würde man
dem Hrn. Brunnquell wohl zu nahe treten, wollte man seine
Vorschläge ohne Weiteres als unpraktisch bei Seite legen.
Nach dem Vorgetragenen kann der Preisbewerber keinen Anspruch auf Zuerkennung des
ausgesetzten Preises machen; allein seine Mühe und sein Fleiß verdienen eine
Anerkennung.
Die Abtheilung erlaubt sich daher den Vorschlag, dem Bewerber von der für die Lösung
der Aufgabe ausgesetzten Summe von 500 Thalern den größern Theil, 300 Thaler, zu
bewilligen, unter der Bedingung, daß er in die Beschränkung des ihm unterm 5.
Februar 1854 verliehenen fünfjährigen Patents willige, ohne welche eine freie
Benutzung des durch die Verhandlungen zu veröffentlichenden Verfahrens nicht möglich
ist.
Endlich glaubt die Abtheilung noch vorschlagen zu müssen, falls Hr. Brunnquell durch fortgesetzte Versuche dahin gelangen
sollte, durch die Praxis bekundete genügende Resultate mit seinem Verfahren binnen
eines Zeitraumes von zwei Jahren, d.h. bis 1. October 1857, zu erzielen, um den
Beweis liefern zu können, daß durch seine Methode die größte Ausbeute gewonnen
werde, demselben den Rest der Summe – 200 Thaler – und die silberne
Denkmünze zu ertheilen.