Titel: | Die rauchverzehrenden Dampfkesselöfen des Hrn. Dr. Ludw. Gall in Trier; von G. E. Habich, Techniker in Kassel. |
Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. I., S. 2 |
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I.
Die rauchverzehrenden Dampfkesselöfen des Hrn. Dr.
Ludw. Gall in Trier;
von G. E. Habich, Techniker
in Kassel.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Habich, über Gall's rauchverzehrende Dampfkesselöfen.
Aus einer Wochensitzung des niederösterreichischen Gewerbevereins referirt die „OesterreichischeOestereichische Zeitung“ in ihrer Nummer 184 vom 12. April d. J. aus dem
Vortrage des Hrn. Regierungsrathes Ritter Adam v. Burg
über eine von dem dortigen Techniker, Hrn. Walkhoff,
erfundene und in Liesing nächst Wien ausgeführte
rauchverzehrende Kesselfeuerung. Hr. Walkhoff wird in
seinem unter der Presse befindlichen Werke über Rübenzuckerfabrication den hier
obwaltenden Irrthum berichtigen, indem nicht er, sondern
Hr. Dr. Gall in Trier der Erfinder
dieser Feuerungs-Construction ist. Die Veranlassung dieses Irrthums
muß in dem Umstande gefunden werden, daß das Hrn. Gall
für die österreichischen Staaten verliehene ausschließliche Privilegium von Hrn. Walkhoff übernommen wurde. Wir sind also mit Recht
befugt, das Urtheil einer so weltbekannten technischen Autorität wie Hr. v. Burg auf die Gall'sche
Construction, auf welche ich weiter unten zurückkommen werde, zu beziehen.
Die „Oesterreichische Zeitung“ berichtet nun aus dem Vortrage
des Hrn. Burg über
„Rauchverbrennung“ folgendermaßen: „Zuerst
bemerkte der Hr. Regierungsrath, daß diese Frage wirklich eine brennende sey,
welche sich schon Viele zu lösen bemüht hätten, damit nicht länger ein
ungeheures Capital durch die Schornsteine nutzlos in die Luft ginge. Von allen
bisher bekannten Methoden, eine Brennmaterial-Ersparniß zu erzielen, war
die eben erwähnte, von Hrn. Walkhoff erfundene, als
die beste zu betrachten, und er
erinnere sich nicht, je etwas so Solides und Zweckentsprechendes gesehen zu haben. Er
hat sich in Liesing, wo Hr. Walkhoff dieselbe eingerichtet, selbst davon
überzeugt, daß, bei regelmäßigem Feuer, an der Mündung des Schornsteins
durchaus kein sichtbarer Rauch wahrzunehmen sey,
selbst in dem Momente nicht, wo frisch geschürt wurde. Die Wände der
Feuerung, führt er ferner an, seyen ganz kalt, also
nicht beschwerlich für den Heizer, und bieten so zugleich den besten Beleg, daß die Wärme nicht nutzlos sich zersplittere, sondern
einzig und allein dem Kessel zugeführt werde.
„Die Feuerluft im Schornsteine sey durch einen Thermometer gemessen und habe 185 bis 190 Grade C. nicht überschritten.Bekanntlich beträgt die Temperatur im Schornsteine bei den gewöhnlichen
Dampfkesselfeuerungen mindestens 400 Grade! Er müsse daher argumentiren, daß diese Feuerung die größtmögliche Ersparniß an Brennstoff verwirkliche,
da eine vollkommene Verbrennung wirklich stattgefunden, wie es die unsichtbaren
Verbrennungsproducte bewiesen, und die entwickelte Wärme außerdem so weit als
nur irgend möglich benutzt werde. Besonders sey ein
sehr lebhafter Zug ohne besondere Vorrichtungen hervorgebracht, so daß der
Schieber nur 1 1/2 Zoll offen gewesen. Es sey außer allem
Zweifel, daß künftig ganz niedrige
Schornsteine zu diesen Feuerungen genügen werden, da der Zug ohnedem lebhaft genug sey und kein
beschwerlicher, ungesunder, anschwärzender Rauch mehr in die obern
Luftschichten geführt zu werden brauche.
„Daß die vollkommene Verbrennung hier auf eine solide Art, ohne große Kosten und Reparaturen zu verursachen, erreicht
sey, wurde lobend hervorgehoben, auch werde sehr wenig Luft hinzugeführt, was der Brennstoff-Ersparniß nur
günstig seyn könne. Wo viel Luft zugeführt werde,
müsse dieselbe auf Kosten des Brennstoffs erwärmt werden und führe somit auch
viel Wärme mit sich fort. Er habe sich überzeugt, daß
hier eine ganz kleine Luftöffnung genüge, um eine vollkommene Verbrennung zu
bewirken, und mehr brauche es nicht.
„Indem Hr. Ritter v. Burg noch die HHrn.
Industriellen auf diese höchst wichtige Verbesserung und dadurch herbeigeführte
erhebliche Ersparniß an Brennstoff dringend aufmerksam machen zu müssen glaubt,
versichert er zugleich, daß diese Feuerungen mit solcher Vorsicht eingerichtet
seyen, daß an den Kesseln nie ein Schaden dadurch
entstehen könne, was in der Praxis von bedeutendem Gewicht sey. Indem
er schließlich bemerkt, daß Hrn. Seibel, Besitzer der chemischen
Fabrik zu Liesing, im Namen der Kesseltechnik und Industrie aller Dank gebühre,
dem Hrn. Walkhoff Gelegenheit gegeben zu haben, die außerordentlichen Vortheile dieser Kesselheizungen zu
beweisen, schließt er damit, daß sich Hr. Seibel in L. gewiß ein Vergnügen daraus machen werde, dieselben
besichtigen zu lassen, wie es Hrn. Walkhoff nur
angenehm seyn könne, daß dieselben von vielen Industriellen beobachtet
würden.“
Soweit das Urtheil eines der gediegensten Mathematiker, Mechaniker und Techniker der
Gegenwart.
In einer Schrift:
Beschreibung meiner rauchverzehrenden Dampfkesselöfen, welche,
außer daß sie die größtmögliche Brennmaterial-Ersparniß gewähren, auch die
hohen Schornsteine unnöthig machen. Von Dr. L. Gall. Mit 1 Tafel Abbildungen. Trier 1855. Verlag von F.
A. Gall –
hat nun der Erfinder diese unendlich wichtige Construction
veröffentlicht zu einer Zeit, „wo er die nachgesuchten Schutzbriefe noch
nicht in Händen hatte.“ Er hak damit bloß beabsichtigt, diejenigen
Fabrikbesitzer und Techniker, welche in der Lage sind, von der Erfindung Gebrauch
machen zu können, in den Stand zu setzen, dieselbe – vor Eröffnung einer
zeitraubenden Korrespondenz – gründlich zu prüfen
und selber darüber zu urtheilen. Da er aber nicht, aus allzuweit getriebener
Uneigennützigkeit, auch denen hat dienen wollen, welche so
gerne ernten, wo Andere gesäet haben, und in unserm, sonst so herrlichen
Vaterlande das geistige Eigenthum der Erfinder schutzlos ist – weil alle Patente als Schutz desselben am Ende doch nur zu den Illusionen
gehören, so sah sich Gall genöthigt, sich im Besitz
dieses geistigen Eigenthums soviel als thunlich selbst zu
schützen. Die veröffentlichte „Beschreibung“ enthält deßhalb
nicht Alles. Nach seiner eigenen Erklärung (Seite 358
der „Praktischen Mittheilungen“) hat Gall gerade das verschwiegen, worauf es für die
Ausführung hauptsächlich ankommt. Wer demnach an den
Vortheilen dieser Kesselfeuerungen participiren und eines Erfolgs gewiß seyn will, der möge sich an den Hrn. Erfinder oder
einen seiner Bevollmächtigten wenden, welche die Wahl lassen werden, entweder dem
Erfinder drei Jahre lang die Hälfte der zu Geld
berechneten Brennstoff-Ersparniß zukommen zu lassen, oder 10 Jahre ein Drittel dieser Ersparniß zu einem gemeinnützigen Zwecke
(Beförderung des Seidenbaues und der Obstbaumzucht, Erhöhung der Schullehrergehalte,
Errichtung von gemeinschaftlichen Back- und Waschhäusern, Verabreichung von Holz im Winter
an dürftige Leute etc.) herzugeben. Für den letztern Fall also
verzichtet der Hr. Erfinder auf jedes Honorar für sich. Seltene
Uneigennützigkeit!
Das Schriftchen des Hrn. Gall bietet nun Stoff genug, um
sich sowohl von der principiellen Richtigkeit seiner
Construction, als auch von der Neuheit derselben zu überzeugen. Ueber die praktischen Erfolge derselben liegen S. 3 Zeugnisse vor
– nach der öffentlichen Empfehlung des Hrn. v. Burg wird die Erfindung indessen keiner weitern Zeugnisse mehr
bedürfen.
Ich will nun in dem Folgenden eine gedrängte Darstellung dieser
Feuerungs-Construction zu geben versuchen, wobei ich mich indessen wegen der
weitern Ausführung auf die Schriften Gall's beziehen muß.
Nur über die Wichtigkeit der Rauchverbrennung erlaube ich mir einige Bemerkungen
vorauszusenden.
Es ist ein wahrhaft einziges Vorschreiten, wenn in England durch eine
Parlaments-Acte vom 20. August 1853 kurzer Hand decretirt wurde, daß
„mit und nach dem 1. August 1854 jede Feuerung – u.s.w. u.s.w.
– in allen Fällen so eingerichtet oder abgeändert werden muß, daß sie
ihren Rauch verzehrt oder verbrennt.“ Die Herren im Parlamente
residiren in der Hauptstadt, erachteten es für „räthlich, die Unannehmlichkeiten zu beseitigen, welche von dem
Rauch der Feuerungen in der Hauptstadt und der Dampfschiffe oberhalb
Londonbrücke herrühren“ und decretirten: „erfindet binnen Jahresfrist eine
Rauchverbrennung!“ Indessen ist bis auf den heutigen Tag in
England noch keine praktische Rauchverbrennung erfunden
worden, die Schornsteine rauchen lustig fort und man verhängt die angedrohte Strafe
nicht, weil man sich in der besagten Parlamentsacte eine Hinterthür gelassen hatte
durch ein „soviel als möglich.“ War also die vollständige
Rauchverbrennung noch nicht erfunden, so kam man durch
dieses „soviel als möglich“ über alle Klippen hinweg.
Gall hat seine rauchverzehrende Feuerung bereits im Jahre
1840 erfunden und sie findet sich der Hauptsache nach schon in seiner 1843 als
Manuskript gedruckten „Beschreibung des
Dampf-Marienbad-Apparats“ erläutert. Durch andere
wichtige Arbeiten an der Patentirung seiner Erfindung damals gehindert, hat er erst
nach der Publication der obigen Parlamentsacte seiner eigenen Erfindung dasjenige
Interesse abgewonnen, welches ihr in so hohem Maaße gebührt. Die Folge davon war die
Publication seines obigen Werkes.
Es scheint mir aber, als seyen die Vortheile der Rauchverbrennung bei Weitem noch
nicht genügend hervorgehoben. Auf dem niedrigsten Standpunkte befinden sich offenbar
die Legislatoren Englands, welche es nur für räthlich hallen, die „Unannehmlichkeiten zu beseitigen.“ Diesen
gegenüber hebt nun Gall hauptsächlich den Brennstoffgewinn, welchen die Rauchverbrennung
herbeiführt, hervor. Ein weiterer Vortheil besteht bekanntlich darin, daß die vom
Rauch am Kesselboden abgelagerten Krusten von Ruß, welche einen schlechten
Wärmeleiter bilden und den Heizeffect schwächen, unmöglich gemacht werden. Was mir
aber – bei der beständigen Zunahme der für die Zwecke der Industrie
fortrauchenden Schornsteine – als wichtigster Grund für die Notwendigkeit der Rauchverbrennung erscheint, ist der
Umstand, daß jener als Rauch unbenutzt fortgehende Kohlenstoff überhaupt für längere Zeit dem Kreislauf der Stoffe
entzogen ist. Der Kohlenstoff der Kohlensäure bildet ein
Pflanzennahrungsmittel – der Kohlenstoff im
Ruß bildet es nicht (der Düngungswerth des Rußes beruht bloß in seinem
Ammoniakgehalt). Offenbar müßten hierdurch Ausfälle in dieser Nahrungsquelle der
Pflanzen entstehen, wenn sie nicht durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe
ausgeglichen werden. Noch mehr aber – der im Rauch niedergeschlagene
Kohlenstoff geht für eine ewig lange Zeit als Brennstoff
verloren. Er zerstreut sich auf den Feldern, die ihn nicht gebrauchen können und die
nur aus Kohlensäure wiederum Brennstoff oder Brod machen. Die
Rauchverbrennung bietet deßhalb auch eins von den Mitteln, um dem „Hungern
und Frieren“ entgegen zu treten.
Nach diesen, wie ich glaube, nicht überflüssigen Erörterungen treten wir nun zunächst
an das Princip der Rauchverbrennung überhaupt. Und das
setzt die Erkenntniß der Ursachen des Rauchens
voraus.
Wenn einer unserer Brennstoffe (abgesehen von Holzkohlen und Kohks) zum Heizen
benutzt wird, so unterliegt er im ersten Stadium seiner
Veränderung der sogenannten trocknen Destillation. Die
Producte derselben sind sämmtlich brennbar und verbrennen bei hinreichendem Zutritt von Sauerstoff zu Wasser und Kohlensäure. Diese gerade hinreichende Sauerstoffportion ist in der Regel
nicht vorhanden. Entweder fehlt
es überhaupt daran, und dann tritt bei den meisten Producten der trocknen
Destillation eine weitere Zersetzung bei der vorhandenen Glühhitze ein, wobei fein
zertheilter Kohlenstoff ausgeschieden wird und sich als Rauch
kenntlich macht; oder es tritt zu viel kalte Luft in den Ofen, wodurch der
Heizraum unter jene Temperatur herabgedrückt wird, welche
die vollständige Verbrennung des Kohlenstoffs im Rauche nothwendig erheischt
und wobei dann wiederum wenigstens viele unverbrannte Kohlenstoffpartikel das Weite
suchen.
Zur Herbeiführung der hinreichenden Luftportionen, deren Sauerstoff die vollständige
Verbrennung ermöglichen sollte, bedurfte man nun den nöthigen
Zug. Um diesen herbeizuführen, machte die bisherige kesseltechnische Praxis
himmelhohe Schornsteine – denn: je höher die Schornsteine, desto größer die
Differenz in den specifischen Gewichten innerhalb und außerhalb des Schornsteins,
desto rascher auch die durch den Zug erfolgende Ausgleichung dieser Differenz
– aber auch – desto kostspieliger. Je mehr
der Zug auf diesem Wege gesteigert wird, desto größere
Wärmequantitäten gehen unbenutzt verloren! Mit richtigem
Blicke hat Gall hier die Abhülfe erkannt. Da die
Temperatur-Differenz Ursache der Luftströmung ist, so suchte er diese
Bedingung durch eine constant sehr hohe Temperatur des
Verbrennungsraumes zu erfüllen. Und um diese
herbeizuführen, mußten alle jene Veranlassungen von
Wärmeverlusten auf ein Minimum reducirt werden. Dahin gehörten folgende.
1) Beim Aufgeben von frischem Brennmaterial findet stets
eine Erniedrigung der Temperatur des Feuerraumes statt
– sowohl durch den kältern Brennstoff, als durch
übermäßiges Zuströmen kalter Luft.
Die Abhülfe besteht darin, daß man die Rostfläche theilt
und durch die reihenweise Beschickung der einzelnen
Abtheilungen die dabei unvermeidliche Temperatur-Erniedrigung auf ein Minimum zurückführt. In der That ist hierdurch, selbst
bei neuem Aufgeben von Brennstoff, der Rauchbildung wesentlich vorgebeugt.
2) Die Einrichtung des Ofens muß den Heizer nöthigen, nie zu große Quantitäten
Brennstoff auf einmal aufzugeben und mit diesen die Rostfläche gleichmäßig bedeckt
zu erhalten.
3) Die herkömmlichen und für unvermeidlich gehaltenen Wärmeverluste durch die Mauerwände und Heizthüren werden auf die Weise
vermieden, daß man die zur vollständigen Verbrennung nöthige Luft zuvor alle jene
Flächen passiren läßt, denen sonst solche Wärme-Verluste entquellen. Man
bringt also dadurch die bereits auf flüchtigem Fuße befindliche Wärme stets wieder in den Heizraum zurück.
4) Die Theorie des „lebhaften Zugs“ führte die weitere Fatalität
mit sich, daß – wenn auch glücklicher oder zufälliger Weise die zur
Verbrennung des aufgegebenen Brennstoffs gerade nothwendige Sauerstoffmenge
zugeführt wurde – die mit Wärme beladenen Gase viel zu
rasch an der Siedefläche des Kessels vorüber huschten.
Um dem vorzubeugen, läßt Gall die zur Verbrennung nöthige
Luft, zwar in gleicher Menge, wie bei dem lebhaftesten
Zuge, aber langsamer zu dem Brennmaterial strömen,
wodurch dann auch die mit der aus dem Verbrennungsproceß resultirenden Wärmemenge
beladene Luft längere Zeit mit den Kesselwänden in
Berührung bleibt. Zu dem Ende mußte sowohl die freie
Rostoberfläche, als auch die Querschnittsfläche des
Schornsteins vergrößert werden. Und um die zur innigen Mengung der in die unverbrannten Gase und den Rauch einströmenden
Luft, sowie zur vollständigen Verbrennung dieses Gemenges
vor der Berührung mit der Kesselfläche erforderliche Zeit
zu gewinnen, mußte erst die wichtige Entdeckung gemacht
werden, daß der Rost 10 Fuß tief und noch mehr unter dem Kessel liegen
darf. Dadurch wurde dann der Verbrennungsraum (Feuerschlot nennt ihn Gall) zwischen Rostfläche
und Kesselfläche bedeutend verlängert. In diesem Feuerschlot fand ein vollauf ausreichender Zug statt und Gall durfte den hohen Schornsteinen den
Scheidebrief geben; seine Schornsteine überragen den
höchsten Punkt der Gebäude nur um 2 Fuß und haben nicht mehr die Aufgabe den Zug zu
befördern, sondern bilden lediglich einen Abflußcanal für die
Verbrennungsproducte.
Als Beispiel folge hier nun die
Beschreibung eines vier Feuerherde enthaltenden Kesselofens
nach dem Systeme Gall's,
die ich der oben erwähnten umfassenden Schrift entnehme.
Die beigefügten Figuren sollen bloß die Construction der Oefen im Allgemeinen
veranschaulichen, ohne in den Dimensionen der einzelnen Theile des dargestellten
Ofens maaßgebend zu seyn.
Fig. 1 äußere
Ansicht des Ofens.
Fig. 2
senkrechter Durchschnitt desselben nach den durch die Figuren 3, 4 und 5 gezogenen Linien I
– II.
Fig. 3
Grundriß des Ofens, nach der durch die Fig. 1 und 2 gezogenen Linien III
– IV.
Fig. 4
waagerechter Durchschnitt nach den Linien V – VI.
Fig. 5
waagerechter Durchschnitt nach den Linien VII – VIII.
Die einzelnen Theile sind in diesen Figuren mit denselben Buchstaben bezeichnet.
A der Ofen. B die Ummauerung des
Dampfkessels. C der Dampfkessel. (B und C sind als bloße Andeutungen zu betrachten.)
Der Ofen erscheint hier als ein freistehender, senkrechter Cylinder mit kreisförmiger
Basis. Man beschränkt sich jedoch nicht auf diese Form und gibt daher – indem
man nach der Localität und nach der Größe der zu beheizenden Kessel, Pfannen u.s.w.
in jedem besondern Falle die entsprechendste anwendet – dem Ofen auch bald
eine quadratische, bald eine fünf- bis achteckige Basis, sowie man ihn unter
Umständen auch auf der Basis eines Kreisabschnittes aufführt und sich an eine Mauer
der Heizkammer anlehnen läßt.
adie Sohle der überwölbten Heizkammer,
bdie Wölbung der Heizkammer,
c, c, c, cdie Schürhälse,
d, d, d, ddie Roste der vier Feuerherde,
e, e, e, edie Aschenfälle.
Nach Umständen bringt man jedoch auch nur drei Aschenfälle an oder steigt bis zu
acht.
f, f eine die vier Feuerherde überspannende
kuppelförmige Wölbung von feuerbeständigen Ziegeln. (Kann
unter Umständen auch als Kreuzgewölbe aufgeführt werden.)
g, g ein kreisrunder, oder auch im Querschnitt
quadratischer oder länglich-viereckiger Feuerschlot von feuerbeständigen Ziegeln, durch welchen die, die
entwickelte Wärme mit sich führende Luft, die Feuerluft,
zu dem Kessel gelangt, und in welchem die noch nicht verbrannten Producte der der
Verbrennung vorhergehenden Destillation, sowie die nur halb verbrannten Gase und die
mit fortgerissenen staubförmigen Kohlentheilchen (der Rauch) vollends verbrannt
werden. Gall nennt ihn deßhalb auch wohl den Rauchverbrennungs-Schlot.
Nach Umständen setzt man diesen Schlot auch, ohne den
Feuerraum zu überwölben, unmittelbar auf die denselben
einschließenden Mauern, indem man ihn sich nach oben allmählich verengern läßt.
h, h ein senkrechter viereckiger, oberhalb der Roste aus feuerbeständigen Ziegeln
aufgeführter Luftcanal, an den sich die vier Feuerherde
anschließen.
i, i zwei gußeiserne, am Boden in den Canal h mündende Luftzuführungsröhren.
k eine die obere Oeffnung des Canals h bedeckende feuerbeständige Ziegelplatte, mit zahlreichen, nach oben bis auf 6 bis 8''' Durchmesser
sich verjüngenden Oeffnungen, durch welche die in dem Canal erhitzte Luft in die der
Verbrennung entgangenen Gase etc. strömt, welche sich in den Schlot g erheben.
l, l ein Mantel von
gewöhnlichen Ziegeln, welcher das innere Mauerwerk g, h
in einem Abstande von 3 bis 4'' umschließt.
m, m freier Zwischenraum
zwischen der Wölbung f und dem Schlot g einer-, und dem Mantel l andererseits.
n, n etwa 20 oder mehr Verbandziegel, welche, außer daß sie den Mantel l mit der Wölbung f und dem Schlot g verbinden, noch die gleich anzugebende Bestimmung
haben.
o, o acht (oder mehr oder weniger) in dem Mantel f gesparte Luftcanäle, durch
welche kalte Luft in den Zwischenraum m dringt.
p, pconische Röhren in großer Anzahl, durch welche die in dem
Zwischenraum m erhitzte Luft von allen Seiten in das
Innere des Schlotes g strömt, um den diesen
durchstreichenden Gasen und Kohlentheilchen (Rauch) den zu ihrer Verbrennung
nöthigen Sauerstoff zuzuführen. (Die Verbandziegel n, n
bewirken, daß die in dem Zwischenraum m, m sich aufwärts
bewegenden Luftströme sich an denselben mehrfach zerstoßen und zersplittern und, in
Folge davon, die, durch die Mauern der Wölbung
f
und des Schlotes
g
gedrungene Wärme mit immer neuen Berührungspunkten
aufnehmen, so daß die, zur Vollendung der Verbrennung dienende Luft mit einer sehr hohen Temperatur in das Innere des
Schlotes
g
gelangt und Wärmeausstrahlung verhütet wird.)
q eine der vier doppelwandigen
Schiebethüren, mit einer über eine Rolle gehenden runden Kette, an deren
anderm Ende ein solches Gegengewicht befestigt ist, daß
es nur eines Anstoßes mit der schon mit Kohlen gefüllten Schaufel bedarf, um die
Thüre aufgehen zu machen, und eine etwas größere
Anstrengung nur nöthig ist, um sie wieder zu schließen,
wozu dann aber der Heizer die Hände frei hat. (Eine andere und zweckmäßigere
Einrichtung zu diesem Zwecke hat Gall in dem erwähnten
Schriftchen noch nachträglich beschrieben.)
r, r, r, r gußeiserne Schiebrahmen (hier bloß angedeutet), worin die Thüren auf und nieder
gleiten.
s, s eiserne, die Mantelmauer umschließende Zugreifen, deren Anzahl beliebig vermehrt werden
kann.
t, t gußeiserne, die Schürhälse deckende Platten.
u, uFußboden der Kesselkammer.
v, vSchiebeplatte von Gußeisen, um bei unterbrochenem
Betriebe den Schlot g abzusperren und dadurch die
Abkühlung des Ofens großentheils zu verhüten.
Fig. 6 ist
eine vordere Ansicht einer der doppelwandigen Schiebethüren, woran die vordere Wand zerbrochen dargestellt ist.
Fig. 7 zeigt
eine solche Schiebethür im senkrechten Querdurchschnitt. Diese Thüren bilden ein
oben und zu beiden Seiten geschlossenes Gehäuse, auf dessen gußeisernen Hinterwand
a der vordere aus Eisenblech gebildete Theil b mit Nieten befestigt ist. Die hintere Wand ist oben
mit vielen Löchern von 3''' Durchmesser versehen, durch welche die unten in das
Gehäuse eintretende Luft erhitzt wird und mit vermehrter Geschwindigkeit über der
Brennmaterialschicht in den Feuerherd strömt und hierher einen Theil des zur
Verbrennung der Destillationsproducte nöthigen
Sauerstoffs liefert.
Die vorstehende Beschreibung wird ausreichen, um ein lebendiges Bild der Construction
im Allgemeinen zu erlangen. Wer sich specieller
unterrichten will, den muß ich auf das erwähnte Schriftchen verweisen. Und wer
Anwendung von der Erfindung machen und sich von der Vortrefflichkeit derselben
überzeugen will, der wende sich an Hrn. Dr. Gall oder einen seiner Bevollmächtigten.
Um manchen voraussichtlichen Einwendungen zu begegnen, macht Gall noch auf Folgendes aufmerksam.
Wo naßgründiges Erdreich, oder eine Ueberschwemmungen ausgesetzte Lage die
Einrichtung eines überwölbten Heizraumes in der Erde
nicht gestatten, darf man denselben nur eben so bauen, wie man in solchen Gegenden
die Keller baut: man geht so tief in die Erde, als es
zulässig ist und verschafft sich den übrigen nöthigen Höhenraum über dem Horizont, indem man die Dampfkessel, Sudpfannen
u.s.w. um einige Fuß höher legt, als es bisher geschieht.
Wo es jedoch ganz unthunlich ist einen Ofen dieses Systems (d.h. einen Ofen, der die
Anbringung von drei und mehr, von einem Feuerschlot
überragten Feuerherden gestattet) unter dem Kessel etc.
aufzuführen, da setzt man denselben auf der Basis eines größern oder kleinern
Abschnittes eines Kreises oder Achtecks auch vor den zu
beheizenden Kessel etc. In diesem Falle unterbleibt die Ueberwölbung des Feuerraums
und wird der in diesem Falle pyramidalische oder conische
Rauchverbrennungs-Schlot dann unmittelbar auf das die Feuerherde enthaltende
Mauerwerk gesetzt und die Feuerluft aus dem oben
verwölbten Schlot seitwärts ihrer Bestimmung
zugeführt.
Nachtrag.
In wissenschaftlicher Hinsicht bietet diese Construction dadurch besonderes
Interesse, daß sie die Theorie der Schornsteine berichtigt oder vielmehr durch eine
neue ersetzt. Zur Unterhaltung der Verbrennung ist eine gewisse Menge Luft nöthig
– um diese in den Feuerraum zu treiben, bedarf man des „Zugs“ – und um
diesen Zug hervorzubringen, baut man hohe Schornsteine, wobei das durch die Erwärmung der Luftsäule im Schornsteine
gestörte Gleichgewicht die Triebfeder bildet. Diese aerostatische Differenz wächst
und fällt mit der Höhe des Schornsteins und der Temperatur in demselben. So lehrt die alte Theorie, der
zu Liebe denn auch die Schornsteine zu erklecklicher Höhe anwuchsen.
Mit Recht wendet Dr. Gall
hiergegen ein, daß die Verdrängung der innern Luft durch die äußere schon in dem
Augenblick beginnt, wo der Brennstoff auf dem Roste entzündet wird, also bevor die Temperatur und dadurch die Dichtigkeit und
Schwere der Luft in den Zügen und dem Schornsteine noch die
geringste Veränderung erlitten haben können. Es erscheint lediglich die im Feuerraum stattfindende Luftverdünnung als Ursache des Nachdringens der äußern Luft, d.h. des
„Zugs.“ Nachdem dieses Princip erst einmal festgestellt
war, wurden die Functionen des Schornsteins dahin
zurückgeführt, daß er einzig und allein zur nothwendigen
Fortleitung der Verbrennungsproducte aus dem Locale berufen ist. Hierzu
genügt es, ihn über das Dach hinauszuführen.
Auf dieser Grundlage aber – und sie ist der größte Fortschritt, den die
Brennstoff-Oekonomie jemals gemacht hat – war es nun auch möglich, auf
die Benutzung jener Wärmemengen Bedacht zu nehmen, welche man bisher für die
Herstellung des „Zugs“ nothwendig hielt. Man wird für die Folge
daran denken können, durch Vergrößerung der Siedefläche
jene producirten Wärmemengen so vollständig absorbiren zu
lassen als möglich – man wird dahin streben, diese Wärmemengen ungekürzt für jenen Zweck auszunutzen, dessentwegen man sie überhaupt entwickelt hat. Befürchtungen,
daß die Temperatur im Schornstein dadurch zu sehr
erniedrigt, der Zug vermindert und in Folge dessen die Verbrennung unvollständig werde – alle solche
Rücksichtsnahmen existiren in Zukunft nicht mehr.
Ich habe auf diese Seite der Gall'schen Erfindung aus dem
Grunde besonders hinweisen wollen, weil ich aus Erfahrung weiß, wie schwer es bei
Manchem hält, sich von der Herrschaft der Glaubensartikel von wegen hoher
Schornsteine zu emancipiren. Es ist ungemein wichtig, über diese totale Umwälzung in
der Feuerungskunde vollständig klar zu werden, damit nicht durch falsche Auffassung
verkrüppelte Ausführungen dieser Construction, an denen es wahrscheinlich ohnehin
nicht fehlen wird, geschehen.
Kassel, im Juli 1856.