Titel: | Ueber die nasse Versilberung des Glases auf kaltem Wege; mitgetheilt von Dr. Julius Löwe. |
Autor: | Julius Löwe [GND] |
Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. XLVI., S. 204 |
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XLVI.
Ueber die nasse Versilberung des Glases auf
kaltem Wege; mitgetheilt von Dr. Julius Löwe.
Löwe, über die nasse Versilberung des Glasses auf kaltem
Wege.
Seit dem Monat März war ich mit Versuchen beschäftigt, die nasse Versilberung des
Glases auf kaltem Wege auszuführen. Ich wurde hierzu theils veranlaßt durch einen
Silberspiegel, welchen ich erhalten hatte, als ich gesammelte Rückstände von
Chlorsilber mittelst einer Lösung von Traubenzucker in Aetzkali zu reduciren
versuchte, und mehr noch durch die schönen Resultate, welche Hr. Prof. Böttger in dieser Beziehung nach
einem mir unbekannten, von ihm selbst gefundenen Verfahren erhalten hat, der
Hohl- wie Planspiegel in meiner Gegenwart schon vor längerer Zeit in kurzer
Frist mit einem dauerhaften untadelhaften weißen Spiegel in der Kälte bekleidete.
Ich war in diesen Tagen fast zum gewünschten Abschlusse meiner Versuche gelangt, als
ich in dem neuesten Hefte der Annalen der Chemie und Pharmacie denselben Gegenstand
von Hrn. Prof. v. Liebig
mitgetheilt fand. Darauf hin fühle ich mich veranlaßt, auch meine in dieser Richtung
erzielten Resultate mitzutheilen, und zwar um so mehr, da die Versilberung nach
meiner Methode mit allem Erfolge sich weit billiger erreichen läßt, als dieses nach
jener der Fall ist.
Schon kurz nach dem Beginn meiner Versuche habe ich die Methode der Erzeugung von
Silberspiegel mittelst ätzendem Kali oder Natron aufgegeben, indem ich bald fand,
wie bereits Hr. Prof. v.
Liebig angegeben, daß die ätzende Lauge zur Erzielung eines schönen,
dauerhaften Spiegels möglichst rein seyn müsse, namentlich frei von Chlorkalium und
Chlornatrium und von kohlensauren Verbindungen beider Basen. Allein eine so reine
Lauge ist bei der großen Empfindlichkeit des Silbers, namentlich gegen Chlor, sehr
umständlich und mühsam zu bereiten, wie andererseits auch zu kostspielig, wenn diese
Methode in größerem Maaßstabe oder häufiger zur Anwendung kommen sollte. Ich bediene
mich daher mit dem besten Erfolge folgenden Verfahrens. Man löst 50 Theile (Gramme)
Traubenzucker oder ein Vielfaches dieser Menge je nach Bedürfniß, in 5000 Theilen
(Kubikcentimeter) destillirtem Wasser auf. In dieser Lösung löscht man in kleinen
Antheilen 20 Theile (Gram.) frisch gebrannten, möglichst reinen Aetzkalk ab und
schüttelt die trübe Flüssigkeit in einem gut verschließbaren Gefäße längere Zeit
durcheinander, oder man sucht durch ganz gelindes Erwärmen die Auflösung des Kalkes
zu befördern. Unter Abschluß der Luft wird diese Lösung nun filtrirt und in einer
Flasche mit gutem Verschlusse aufbewahrt. Andererseits löst man 7 Theile Höllenstein
in 150–160 Theilen destillirtem Wasser auf und versetzt diese Lösung
tropfenweise mit Aetzammoniak, bis der entstandene braune Niederschlag von
Silberoxyd wieder zum Verschwinden gebracht ist. Einen kleinen Ueberschuß des
Ammoniaks nimmt man besser durch einige Tropfen einer neutralen salpetersauren
Silberlösung hinweg, indem freies Ammoniak, wie ich selbst gefunden und Hr. Prof.
v. Liebig in seiner Arbeit
ebenfalls anführt, die Ablagerung des Silberspiegels sehr verzögert, oft bei großer
Menge verhindern kann. Selbst bei einer größeren Verdünnung dieser Lösungen läßt
sich ein schöner, dauerhafter Spiegel erhalten, allein die Dauer seiner Ablagerung
wird hierdurch mehr verzögert.
Bei der Ausführung der Versilberung selbst setzt man zu 1 Volum. der Silberauflösung
noch 6 Volum. der Traubenzuckerkalkflüssigkeit, oder wenigstens so viel derselben,
bis die Mischung beider Flüssigkeiten braunschwarz wird. Man sucht die
Silberauflösung, ehe man sie mit der Zuckerkalkflüssigkeit versetzt, mit den
Wandungen der Glasgefäße in vollständige Berührung zu bringen, so daß jene überall
von dieser benetzt sind. Gut ist es, die Glasgefäße erst mit etwas mäßig
concentrirter Kali- oder Natronlauge zu reinigen und jede Spur des ätzenden
Alkalis mit destillirtem Wasser abzuwaschen. Zur Erzeugung der Silberspiegel nach
dieser Art gehört jedoch, wie ich gefunden, daß man die ganze Flüssigkeit schon
während des Eingießens der Zuckerkalklösung etwas in Bewegung versetzt, denn sonst
setzt sich der größte Theil des ausgefällten metallischen Silbers leicht am Boden
der Gefäße ab, ohne die Glaswandungen zu bekleiden, oder wenigstens ist der in der
Ruhe erhaltene Spiegel zu dunkel – ein Beweis, daß die abgelagerte
Silberschichte zu dünn ist. Sind die beiden Flüssigkeiten concentrirter, so tritt
dieser Uebelstand etwas schwächer hervor, als bei einer etwas größeren Sättigung. Im
Ganzen erschien es mir, als wenn die Bildung der Silberschichte nach diesem meinem
Verfahren sich langsamer erzeuge, als dieses bei Anwendung von Kali- oder Natronlauge der Fall
ist. Jedoch hierdurch wird auch andererseits, wie ich gefunden, dem Spiegel eine
größere Festigkeit verliehen, so daß er schon kurz nach seiner Bildung hinlängliche
Adhäsion zu den Glaswandungen erhalten hat, und weniger leicht zu befürchten ist ihn
im noch feuchten Zustande beim Reinigen mit destillirtem Wasser zu verletzen, wie
dieses mir bei den Spiegeln mittelst des Alkalis vorgekommen ist. Fällt die
Silberschichte vielleicht etwas zu dunkel aus, so kann man unbeschadet der Reinheit
der schon erzeugten Silberfläche, von der einen oder andern Flüssigkeit hinzusetzen
und die Operation so lange fortsetzen, bis der Ueberzug seinen gewünschten hellen
Glanz erhalten hat.
Ich habe nach dem beschriebenen Verfahren die schönsten und hellsten Versilberungen
erzielt, vorzugsweise bis jetzt noch bei Hohlgefäßen; doch zweifle ich keinen
Augenblick, daß sich auch ebene Glasplatten auf diese Art mit dem gewünschten
Erfolge mit einem Silberspiegel belegen lassen. Zieht man dabei noch in Erwägung,
daß der Silberverbrauch zur Erzeugung einer solchen reflectirenden Silberschichte,
wie schon Hr. Prof. v. Liebig
angegeben, nur höchst gering ist und der größte Theil des nicht zur Ablagerung
gekommenen Metalles sich wieder sammeln läßt, ferner, daß der Traubenzucker sowohl
als vielmehr noch der hier in Anwendung kommende Aetzkalk zwei jetzt sehr billige
Materialien sind, so läßt sich behaupten, daß in Betreff des Kostenpunktes der
Anwendung der Versilberungsmethode im Großen in dieser Beziehung kein Hinderniß im
Wege steht.
Frankfurt a. M.