Titel: | Black's Sicherheitsapparat für Dampfkessel; von Hrn. Prof. Dr. Rühlmann. |
Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. XXXVI., S. 169 |
Download: | XML |
XXXVI.
Black's
Sicherheitsapparat für Dampfkessel; von Hrn. Prof. Dr. Rühlmann.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen
Gewerbevereins. 1855, S. 223.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Black's Sicherheitsapparat für Dampfkessel.
Seit einiger Zeit wird den Dampfkesselbesitzern unseres Landes ein Sicherheitsapparat
gegen Dampfkesselexplosionen angepriesen, der unfehlbar seyn soll, sobald die
Explosionsursache der zu niedrige Wasserstand im Kessel ist. Es ist dieser Apparat
kein anderer als der des Engländers Black in verbesserter
Gestalt. Black's Apparat wurde bereits in den Annales des Mines von 1852, livr. I S. 113, dann hieraus im polytechn. Journal, Bd. CXXVIII S. 161, beschrieben, wie auch
durch Zeichnungen erläutert. Die vorliegende Verbesserung ist jedoch so wesentlich,
daß der Apparat in vielfacher Hinsicht als neu erscheint, bei weitem mehr Vertrauen
einstößt als in seiner früheren Gestalt, und deßhalb wohl abermals beschrieben zu
werden verdient.
Fig. 17 zeigt
den Apparat in seiner ganzen Zusammenstellung, und Fig. 18 die
wesentlichsten Theile desselben im Durchschnitte nach größerem Maaßstabe gezeichnet.
Von den eingeschriebenen Buchstaben gibt A den
Dampffessel an, C den Dampfraum, E, E die Wasserlinie des niedrigsten Wasserstandes beim regelmäßigen
Betriebe, so wie die höchsten Stellen oder Scheitel der Feuerzüge zu beiden Seiten des Kessels
mit F bezeichnet sind. Ferner ist D die Mündung eines dampfdicht durch den Kesseldeckel bei M gehenden Kupferrohres R
von ungefähr 1 1/2 Zoll Durchmesser und von einer solchen Höhe (5 bis 8 Fuß), daß
darin aufsteigendes heißes Kesselwasser am oberen Ende der Röhre bis auf etwa 35,
höchstens 40 Grad Reaumur abgekühlt wird. Wie der obere Theil der Röhre R angeordnet ist, wird mit Zuziehung der
Durchschnittsfigur 18 deutlich.
Das vom Kessel aus ganz senkrecht aufsteigende Rohr R ist
vorerst ein Mal bei II rechtwinkelig umgebogen, weiter aufwärts aber schraubenförmig
gewunden und am äußersten Ende V verschlossen. In der
Mitte des horizontalen Theiles, bevor die Schraubenform S beginnt, ist das Rohr durch ein kurzes, oben und unten offenes Rohrstück
W unterbrochen, dessen Achse parallel zum Rohr R ist. Ein Stempel oder Kolben P, der durch eine Stopfbüchse mit Drückung a
geht, verschließt das Rohrstück W unterhalb, Während der
Verschluß oberhalb durch einen Pfropf Q aus einer
leichtflüssigen, bei ungefähr 80° Reaumur schmelzbaren Metalllegirung bewirkt
wird.
So lange der Wasserstand im Kessel nicht zu niedrig wird, befindet sich die untere
Mündung D des Rohres R unter
Wasser, der Dampfdruck im Raume C zwingt das Wasser zum
Aufsteigen im Rohre R bis in dessen schraubenförmigen
Theil S, wobei das äußerste geschlossene Ende
insbesondere zur Aufnahme der etwa angesammelten atmosphärischen Luft dient.
Wie schon oben bemerkt, ist dabei das Wasser in der Nähe von Q so weit abgekühlt, daß durch die Hitze desselben ein Schmelzen des
Pfropfes Q nicht eintreten kann.
Sinkt dagegen das Wasser bis unter D des Rohrstückes R, so fällt plötzlich die vorher in die Röhre empor
gedrückte Wassersäule herunter, es füllt sich R mit
Kesseldampf, der sofort ein Schmelzen des Pfropfes Q
erzeugt, worauf der Dampf über Q durch die Oeffnung x ausströmt und dabei die Dampfpfeife N zum Tönen bringt.
Um nach Herstellung des gehörigen Wasserstandes das Ausströmen des Wasserdampfes
durch die Pfeife leicht unterbrechen zu können, dient der Kolben P, dessen äußerstes Ende kegelförmig (ventilartig)
gestaltet ist, und den man nur gehörig hoch zu heben braucht, um die Oeffnung bei
Q so lange zu verschließen, bis daselbst ein
frischer Pfropf eingesetzt ist, der überdieß noch durch den Untertheil des
Pfeifenkörpers N an seinem gehörigen Platze gehalten
wird. Zum bemerkten Aufwärtsschieben des Stempels P
dient ein Hebel T, der in einer Oese y am Rohre R seinen
Drehpunkt findet, während der kurze Arm y, b bei b mit P scharnierartig verbunden, und das Ende
z des längeren Armes y,
x zur Aufnahme einer Kette oder Schnur geeignet ist.
Es bleibt nunmehr noch die Beantwortung der Hauptfrage übrig: ob sich nämlich der
Apparat vollständig bewährt oder nicht.
Hierzu theilen wir zunächst das Vorzüglichste aus einem Berichte mit, welcher dem
königlich preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe, über die Versuche mit
einem Black'schen Apparate auf der Alvenslebenshütte,
erstattet wurde. (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in
Preußen, 1854, S. 166, daraus im polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 459.)
Im Allgemeinen konnte man die Wirksamkeit des Apparates nicht in Abrede stellen,
indessen wurde doch auch in Erfahrung gebracht, daß dieselbe von vielen
Nebenumständen abhängig ist. Von ganz besonderem Einflüsse auf die Wirksamkeit des
Apparates haben sich nämlich gezeigt:
1) Die Wallungen des Wassers, wodurch der Apparat bald zu früh, bald zu spät in
Thätigkeit tritt.
2) Das in den Kessel eintretende Speisewasser, wodurch gleichfalls veranlaßt wird,
daß der Apparat zu spät wirkt.
3) Die plötzliche Verminderung des Dampfverbrauchs, durch Stillstand eines der
Dampfconsumenten (z.B. einer Dampfmaschine), bringt das Kesselwasser so in Ruhe, daß
der Apparat wieder zu spät seine Wirksamkeit zeigt.
Außerdem wird behauptet, daß der Apparat noch zwei Mängel besitze, welche seine
Anwendbarkeit sehr beeinträchtigen dürften.
Der erste Fehler sey der, daß der Apparat den Wassermangel sehr plötzlich und erst
dann anzeige, wenn wirklich schon Gefahr vorhanden ist; der zweite Fehler bestehe
aber darin, daß, wenn der Pfropf geschmolzen ist, durch den aus der Oeffnung der
Pfeife ausströmenden Dampf, besonders wenn die Dämpfe sehr hoch gespannt sind, so
viel Wasser mit fortgerissen werde, daß dadurch nicht allein der Wassermangel im
Kessel (mithin die Gefahr) noch zunehme, sondern auch das Schließen des Apparates
nur unter der Gefahr, verbrüht zu werden, möglich sey.
Hier in Hannover befinden sich zur Zeit drei von Hrn. Watremetz zu Witten an der Ruhr gelieferte Black'sche Apparate, von der Art wie unsere Zeichnung
darstellt, in Anwendung, und zwar einer auf der Druckschwärze-Fabrik der
HHrn. Gebrüder Jänecke und
Schneemann, der andere in
der Wagenfabrik des Hrn. Meine
und der dritte in der Actien-Spinnerei und Weberei in Linden. An beiden
ersteren Orten klagt man über den hohen Preis des Apparates, der mit 50 Thalern
bezahlt werden mußte, ferner auch zum Theil über schlechte Arbeit und schlechtes Material, nicht aber
über dessen Unbrauchbarkeit. Ueberhaupt dürfte Manches in den oben ausgesprochenen
Urtheilen etwas zu weit gefaßt, der Apparat zu scharf beurtheilt seyn, wohin unter
Anderem das angeblich fast unmögliche Schließen desselben, nach dem Schmelzen des
Pfropfs, gehört. Jedenfalls werden wir über die Erfahrungen gewissenhaft berichten,
die man hier mit dem Apparate noch zu machen hofft.
In einer uns vorliegenden gedruckten Ankündigung und Empfehlung des Apparates finden
sich so viele günstige Zeugnisse, unter anderen vom Obermünzmeister Haindl in München, Maschinenfabrikanten Wöhlert in Berlin, Regierungsrath v. Burg und dem technischen Rathe Engerth in Wien, Baurath Cremer und
Maschinenmeister Pellens in Aachen etc., daß wir
mindestens noch nicht jetzt die Unbrauchbarkeit des Apparates aussprechen
können.
–––––––––
Nachschrift. Nach Abfassung vorstehenden Aufsatzes wurde
mir für die Beurtheilung des Black'schen Apparates noch
Folgendes bekannt, was ich hier nachzutragen für Pflicht halte:
1) In einer der größten Fabriken der Umgegend Hannovers hatte man einen Black'schen Apparat vor mehreren Jahren bei einem
Dampfkessel angebracht, denselben aber im wahren Sinne des Wortes zuletzt ganz
vergessen. Bei Gelegenheit eines Jahrmarktes versäumt der Heizer dieses Kessels
seine Schuldigkeit zu thun, es entsteht plötzlich zum Schrecken der Umgebung ein
entsetzlicher Lärm einer Dampfpfeife, die Niemand kennt, die aber recht bald als zu
dem unbeachtet gelassenen, wohl auch verachteten Black'schen Apparat gehörig, erkannt wird, und wodurch, nach mir gewordener
Versicherung eines achtbaren Technikers, allein große Gefahr vermieden wurde.
2) Gelangte ich in Besitz einer Bekanntmachung der königl.
preußischen Regierung zu Magdeburg, worin der Black'sche Apparat dringend empfohlen, zugleich aber auch auf die richtige
Behandlung desselben aufmerksam gemacht wird. Nach einleitenden Bemerkungen enthält
diese Bekanntmachung in letztgedachter Beziehung Folgendes:
„Wir machen darauf aufmerksam, daß die Anbringung des Black'schen Apparates der polizeilichen Genehmigung
unterliegt, und bestimmen, daß der Eigenthümer den Apparat nicht eher in Betrieb
nehmen darf, bis er auf ein von einem Regierungs-Techniker ausgestelltes
Attest darüber, daß
1) die untere Einmündung des Steigerohrs mindestens zwei Zoll, und wenn der
Apparat an der Stelle der höchsten Wallungen des Wassers angebracht ist, drei
Zoll über dem Schluß der höchsten Feuerzüge sich befindet;
2) der Apparat so befestigt ist, daß das Steigerohr nicht willkürlich weiter
hinunter geschoben werden kann;
3) daß der Hebel, mit welchem das Steigerohr dicht unter dem Pfropfen
verschlossen werden kann, dergestalt im geöffneten Zustande befestigt ist, daß
er vom Heizer nicht willkürlich bewegt werden kann;
4) daß der Apparat bei einem deßhalb anzustellenden ersten Versuche prompt
functionirt hat –
die polizeiliche Genehmigung erhalten, welche in diesem Falle zu ertheilen wir
die HHrn. Landräthe und die Magistrate hierdurch autorisiren.
Was die Behandlung des Apparates betrifft, so empfehlen wir folgende
Vorsichtsmaßregeln:
a. Da der Apparat nur den Zweck hat, den Augenblick
anzuzeigen, wenn die Gefahr nahet, so kann er weder die gesetzlich
vorgeschriebenen Kennzeichen des Wasserstandes ersetzen, noch darf deren
sorgfältige Beobachtung versäumt werden. Vielmehr ist das Pfeifen des Apparates
als ein Beweis zu betrachten, daß der Heizer seine Schuldigkeit bereits
vernachlässigt habe. Es ist daher ganz angemessen, denselben in einem solchen
Falle mit einer gelinden Strafe zu belegen.
b. Es ist dabei aber andererseits mit großer Strenge
darauf zu halten, daß der Heizer nicht etwa, um jener Strafe zu entgehen, die
Steigeröhren verschließt, tiefer in den Kessel schiebt, oder endlich einen
Bleipfropf, welcher nicht schmilzt, anstatt des aus Wismuthmischung gefertigten,
einsetzt. Dieserhalb ist die Unversehrtheit des Apparates und des ad 3 gedachten Hebelverschlusses, so wie die
Aechtheit des Pfropfes vom Eigenthümer oder dem Aufsichtsbeamten öfter zu
prüfen, und ein etwaiger Betrug Seitens des Helfers aufs Strengste zu
strafen.
c. Die Sicherheitspfropfe sind, auch wenn sie sonst
im Handel vorkommen sollten, nur direct vom Patentträger zu beziehen, und wird
es zweckmäßig seyn, bei jeder neuen Sendung versuchsweise einen der Pfropfe in
siedendes Wasser zu legen, worin er schmelzen muß.
d. Bevor die Pfeife hell ertönt, pflegt der Apparat
in Folge der eintretenden Dämpfe zu zittern; hierauf wird ein Knacken hörbar,
welches vom Schmelzen des Pfropfes herrührt, ferner ertönt ein deutliches
Zischen, bis dieses sich zum gellenden Pfeifen ausbildet.
Obgleich diese Functionen rasch auf einander folgen, so sind doch die Heizer
anzuweisen, auch schon auf jene Vorzeichen zu achten.
e. Sobald der Apparat pfeift, oder auch nur jene
Vorzeichen sich bemerklich machen, sind zunächst die Feuerthüren aufzumachen,
sodann ist die Wasserpumpe in Bewegung zu setzen und nun endlich nach Schließung
des Hebels (wozu der Verschluß des Hebels zu öffnen ist) ein neuer Pfropf
einzusetzen und der Hebel wieder zu öffnen und zu fixiren.
Magdeburg, den 23. Januar 1855.
Königl. Regierung, Abtheilung des Innern.“
Zusatz.
Hr. J. Watremetz in Witten an
der Ruhr, Westphalen, von welchem der ihm patentirte Black'sche Sicherheitsapparat bezogen werden kann, theilte uns im März d.
J. bezüglich desselben noch Folgendes mit:
„Von einigen Seiten hat man dem Apparat ein zuweilen eintretendes
Functioniren bei vollem Wasserstand und dabei stattfindenden Wasserausguß
vorgeworfen, was bei Manchen ein Vorurtheil gegen denselben hervorrief.
Dergleichen Fälle können indessen nur bei unrichtiger Aufstellung vorkommen,
oder wo der Dampfraum unverhältnißmäßig klein ist, oder eine ungewöhnliche an
sich schon nachtheilige Bewegung des Wassers im Kessel statt findet.
Um diesem Vorwurf in letzterer Beziehung zu begegnen, hat man die Mündung am
unteren Ende des Apparates mit einem Schutzmantel gegen die Wasserwallungen
umgeben, Fig.
19, wodurch auch in diesem Falle das befriedigendste Resultat erlangt
wurde. “
Die Redact. d. p. J.