Titel: | Mittheilungen über die „Persia“, das größte bis jetzt vollendete eiserne Dampfschiff; von Heinrich Gruner, Ingenieur. |
Autor: | Heinrich Gruner |
Fundstelle: | Band 140, Jahrgang 1856, Nr. I., S. 1 |
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I.
Mittheilungen über die
„Persia“, das größte bis jetzt vollendete eiserne Dampfschiff;
von Heinrich Gruner,
Ingenieur.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Gruner's Mittheilungen über das Dampfschiff
„Persia“.
Seit Erfindung des Compasses war in den mechanischen Gerüchen und Hülfsmitteln des
Seewesens für Jahrhunderte kein wesentlicher Fortschritt gemacht worden. Die Folgen
jener neuen Erfindung waren so außerordentlich, daß die Mängel, welche die
Schifffahrt noch umstrickt hielten, weniger bemerkbar wurden. Der Seemann jedoch und
der sich nach Land sehnende Reisende hatten nur zu oft Gelegenheit bei Wochen langen
Windstillen oder alles vernichtenden Stürmen die große Abhängigkeit des Menschen von
der Natur zu fühlen. Erst der unsterbliche James Watt
lehrte uns, die bewegende Kraft nicht wie bisher nur da zu benutzen, wo sie die
Natur fertig darbietet, sondern sie für die mannichfaltigsten Anwendungen selbst zu
erzeugen. Mit Bewunderung und Staunen betrachten wir das neue Leben, welches durch
ihn in alle Zweige der Industrie und des Handels gezaubert ist, und wie
neugestaltend seine Schöpfungen in beinahe alle Verhältnisse der Gesellschaft
eingreifen; dem aufmerksamen Betrachter der Geschichte der Entdeckungen und
Erfindungen kann aber eine Beobachtung nicht entgehen: es ist die, daß unter den
wichtigsten bisher gemachten Erfindungen die neueren immer von geringerer Bedeutung
sind als die früheren. Denken wir nur an die Erfindung des Compasses im Vergleich
mit jener des Dampfschiffes; die Entscheidung, welche von beiden eine an und für
sich größere genannt werden müsse, wird schwer, doch betrachten wir den Einfluß,
welchen sie auf die Gestaltung der Verhältnisse der Menschheit ausübten, so muß die
letztere entschieden zurücktreten, denn sie kann keine neuen Erdtheile entdecken,
dadurch neue Reiche, Rivalen der alten, begründen helfen und so eine neue
Völkerwanderung hervorrufen; wohl aber vereint sie das vorher unabsehbar Getrennte fast zu einem
zusammenhängenden Ganzen und bringt es uns in den Bereich einiger wenigen
Tagereisen. Man kann daher die Aufeinanderfolge der Erfindungen mit ihren Wirkungen
dem Baue eines Wohnhauses für die ganze menschliche Gesellschaft vergleichen, für
das in frühesten Zeiten der Grund gelegt ward, später die Umfassungsmauern errichtet
wurden, wogegen jetzt schon emsig am Ausbau des Ganzen gearbeitet wird. Für diesen
Ausbau bildet aber die Dampfschifffahrt und ihre stete Vervollkommnung ein
wesentliches Förderungsmittel.
Unter seinen Vermächtnissen hinterließ uns der große Watt die Erfindung der
Dampfmaschine und ihrer Anwendung für Schiffe (des Amerikaners Fulton erstes Dampfschiff erhielt seine Maschinen in Soho, dem
Etablissement von Boulton und Watt), und die Anwendung des Eisens als Baumaterial für Schiffe. Seitdem
ist nichts wesentlich Neues in diesem Zweige erschienen, denn auch die Anwendung der
Wasserschraube ist erst, wie wir aus den Fehlversuchen des französischen
Mathematikers Poucton im Jahre 1768, sie vor Erfindung
der Dampfmaschinen einzuführen, ersehen, durch Watt
möglich geworden und hat bis jetzt nur unwesentliche Aenderungen in der Form und der
Anordnung von Watt's Maschinen, bei deren Verwendung als
Kraftmaschinen für die Schraube, bewirkt.
Ziemlich zu gleicher Zeit mit Robert Fulton machte Henry Bell vor 48 Jahren an der Mündung des Clyde seine ersten Versuche mit
einem durch Dampf getriebenen Fahrzeuge. Die räumlichen Verhältnisse dieses Schiffes
lassen sich daraus entnehmen, daß z.B. in der Cajüte oben drei erwachsene Personen
mit einander Raum hatten; vergleichen wir mit ihm die „Persia“,
welche bei einer Ladungsfähigkeit von 3600 Tonnen, sehr bequeme Räumlichkeiten für
260 Cajütenpassagiere hat, so müssen wir wohl anerkennen, daß die Vermächtnisse Watt's auf rühmliche Weise benutzt worden sind.
Die „Persia“ bildet eines von den Dampfschiffen der British and North American Royal Mail Steam Packet
Company, deren Schiffe die Reise zwischen Liverpool und New-York in
einem Zeitraum von beiläufig 10 Tagen mit solcher Pünktlichkeit zurücklegen, daß,
sollte eines von ihnen nur eine Stunde über die festgesetzte Zeit ausbleiben, dieß
alsbald Unruhe in der Handelswelt von London, Liverpool, Manchester etc. erzeugen
würde. Sie ist das größte Dampfschiff, welches bis jetzt einen See befahren hat, und
unter den Schiffen dieser Compagnie das erste aus Eisen erbaute, da die brittische
Regierung, in Berücksichtigung daß diese Schiffe möglicherweise zu Kriegszwecken
verwendet werden könnten, früher nicht gestattete solche Schiffe aus Eisen herzustellen
– eine Ansicht, die allmählich aufgegeben ward. Schiff und Maschinen der
„Persia“ sind, wie alle Maschinen der übrigen Schiffe
dieser Compagnie, aus den wohlbekannten Werfstätten der HHrn. Robert Napier und Söhne in Glasgow
hervorgegangen und nach den Constructionen der HHrn. Napier und des Hrn. Elden, früher Dirigent des
Geschäftes, erbaut. Die Dimensionen des Schiffes sind folgende (sämmtliche Angaben
beziehen sich auf englisches Maaß und Gewicht):
Totallänge
390 engl. Fuß,
Länge zwischen den Perpendikeln
360
„ „
Breite des Rumpfes
45
„ „
Breite, gemessen über den
Radkasten
71
„ „
Durchmesser der Schaufelräder
41
„ „
Tragfähigkeit
3600 engl. Tonnen.
In Betreff der Angabe der Kraft mit welcher die Maschinen arbeiten, findet in England
in Folge der verschiedenen gebräuchlichen Grundlagen der Berechnung, stets eine
große Verschiedenheit statt. Nach der ursprünglichen, von Watt aufgestellten Regel, wobei eine Pferdekraft – 33000 Pfd. pro Minute einen Fuß hoch gehoben, angenommen ist,
arbeiten diese Maschinen mit 4 bis 5000 Pferdekräften; nach der Regel aber, welche
die englische Regierung zur Berechnung ihrer Maschinen festgesetzt hat, wobei die
Geschwindigkeit des Kolbens stets in bestimmtem Verhältniß zum Kolbenschub und der
Dampfdruck auf den Kolben constant zu 7 Pfd. angenommen ist, ohne Rücksicht darauf,
wie viel beides in Wirklichkeit seyn mag, arbeiten sie mit 900 bis 1000
Pferdekräften; endlich nach dem Plan, welchen Earl of Hardewicke in seiner Bill niedergelegt hat, arbeiten sie mit 1200
Pferdekräften.
Bevor wir zur speciellen Beschreibung des Schiffes schreiten, wollen wir die Gründe
angeben, weßhalb die „Persia“ nicht mit einer Schraube, sondern
mit Schaufelrädern als Treibapparat ausgerüstet ward. Das Hauptbestreben obiger
Compagnie ist, mit ihren Schiffen als Postschiffen die Reise in möglichst kurzer
Zeit zurückzulegen und dabei die zuverlässigste Pünktlichkeit einzuhalten.
Ungeachtet der großen Vollkommenheit, welche die Schraubendampfer bereits erlangt
haben, können sie doch die Geschwindigkeit der Schaufelraddampfer noch nicht
erreichen, wenn ihnen nicht günstiger Wind zu Hülfe kommt, in welchem Falle sie
allerdings letztere oft bedeutend übertreffen. Da im gegebenen Falle jedoch die
große Geschwindigkeit auch zuverlässig seyn mußte, so durften solche Nebenumstände
nur benutzt werden, nicht aber erforderlich seyn. Ueberdieß machte die Anwendung der Schaufelräder die
Verwendung von sogenannten Balancier-Maschinen möglich; diese Maschinen haben die Vortheile,
daß 1) der Schwerpunkt des Schiffes tief zu liegen kommt, 2) sie eine längere
Lenkstange gestatten, 3) die einzelnen Theile der Maschinen so angeordnet sind, daß
sie sich gegenseitig das Gleichgewicht halten, folglich die Maschinen mit der
kleinsten Dampfmenge aus dem Zustand der Ruhe in den der Bewegung versetzt werden
können, endlich 4) daß ihre Theile bei äußerst geringem Verbrauch von Talg sich bei
weitem nicht so leicht auslaufen, als in irgend einer der anderen Arten von
Schiffsmaschinen. Die größten Nachtheile jener Maschinen aber, nämlich bedeutendes
Gewicht und Raumerforderniß, sind bei der Bestimmung der
„Persia“ als Post- und Passagier-Schiff von
geringerer Bedeutung.
Der Rumpf des Schiffes.
Der Rumpf des Schiffes ist vollständig von Eisen hergestellt. Der Kiel,
ununterbrochen am Boden des Schiffes hinlaufend, ist aus einzelnen schmiedeisernen
Balken von 35 Fuß Länge, 13 Zoll Tiefe und 4 1/2 Zoll Breite zusammengesetzt, die
nach der in obenstehender Fig. 1 angegebenen Weise
mit einander vernietet sind.
Fig. 1., Bd. 140, S. 4
Seine aufgebogenen Enden, die Steven, sind von eisernen Balken
gebildet, die bei übrigens gleichen Dimensionen 5 Zoll Breite haben und in gleicher
Weise mit dem Kiel zusammengenietet sind. Rechtwinkelig auf ihn stoßen die Rippen
des Schiffes oder Spanten. Sie haben im Mittel des Schiffes eine Höhe von 10 Zoll.
Jede von ihnen ist aus einer 5/8 Zoll dicken Blechtafel und vier 4zölligen
Winkeleisen hergestellt und zwar in der Weise, daß die äußere Begränzungscurve der
Blechfläche genau nach den Linien des Schiffes gearbeitet ist und auf jeder Seite
derselben an ihren beiden Begränzungscurven zwei Winkeleisen entlang laufen, so daß
der Durchschnitt beistehende Fig. 2 gibt.
Fig. 2., Bd. 140, S. 4
Mit den äußern Winkeleisen der Spanten ist die aus Eisenblech
hergestellte Bekleidung vernietet. Dieselbe steigt vom Kiel auf und erhebt sich bis
zu den Brüstungen, fortwährend an Stärke abnehmend. Die unterste zunächst an den Kiel sich anschließende
Reihe der Bleche liegt am Kiel in einer Nuth, die an beiden Seiten desselben
eingehobelt ist und ist hier mit ihm vernietet, wie Fig.
3 zeigt. Die Blechtafeln, welche sie bilden, sind 1 1/6 Zoll dick, die
Tafeln der nächst benachbarten Reihe sind 15/16 Zoll dick, diejenigen an der
geladenen Wasserlinie ¾ Zoll, über derselben 11/16 Zoll und die Bleche der
Brüstungen haben eine Dicke von 7/16 Zoll.
Fig. 3., Bd. 140, S. 5
Die Bleche überlappen sich abwechselnd, nach der neuern Bauweise, wobei die Ränder
eines Bleches vollständig unten liegen, während das andere mit seinen Rändern beide
nach unten und oben benachbarte bedeckt; verschieden von dem gewöhnlichen
sogenannten Clinker-Baue, wobei stets der untere Rand des nächst
höherliegenden Bleches den oberen des benachbart tieferliegenden bedeckt. Beim Bau
des Rumpfes ist in der That Alles, was Sorgfalt und Geschicklichkeit beitragen
konnte um die „Persia“ zu einem sichern Schiff zu machen,
aufgeboten worden. Aus diesem Grunde liegen die Rippen im äußersten Vordertheile
oder Bug nicht parallel den übrigen, somit rechtwinkelig zu dem Kiel, sondern
parallel dem Kiel, sonach horizontal, um für den Fall eines Zusammenstoßes mit einem
andern Fahrzeuge der „Persia“ größere Widerstandsfähigkeit zu
geben. Es ist diese Anordnung der Rippen bei diesem Schiff zum erstenmal angewendet
worden. Der ganze Rumpf ist in sieben Räume getheilt, welche durch sechs
wasserdichte eiserne Querwände von einander geschieden sind. Durch ein eisernes
Fallthor können im Nothfall die einzigen in ihnen befindlichen Oeffnungen
augenblicklich und zwar ebenfalls wasserdicht verschlossen werden. Sollte ein Fels
in einen oder selbst in zwei benachbarte Räume zugleich eindringen, so würde, wenn
in Folge des verursachten Lecks diese Räume mit Wasser angefüllt würden, doch durch
die übrigen Räume dem Fahrzeug Leichtigkeit genug bleiben, um es flott zu
erhalten.
Neben diesen Querwänden sind es sechs eiserne Balken,
welche die vollständige Festigkeit des Schiffes herstellen. Da der Maschinenraum
sich in einer Länge von 115 Fuß ausdehnt und hier keine eisernen Querwände
gestattet, erschien es rathsam, an ihrer Stelle diese Balken anzubringen. Sie sind
sämmtlich aus vier Blechwänden hergestellt, die durch vier Winkeleisen mit einander
verbunden sind. Zwei von ihnen sind in einer Höhe von 16 Fuß und etwa gleich weit
vor und hinter dem Mittel des Schiffes angebracht, 39 Fuß von einander entfernt
stehend. Zwei andere von gleichen Dimensionen befinden sich im Niveau des obern
Decks, einer 24 Fuß vor, der andere 9 Fuß hinter dem Mittel des Schiffes. Zur Festigkeit des Schiffes und
Unterstützung der Radkasten sind endlich noch zwei Balken vorhanden, ebenfalls im
Niveau des obern Verdecks, und zwar der eine 4 1/2 Fuß vor, der andere 10 Fuß hinter
dem Mittel des Schiffes; diese beiden Balken sind 1 Fuß 9 Zoll hoch und 2 Fuß 3 Zoll
breit.
Nach demselben Princip, welches Scott Russel für sein im
Bau begriffenes großes Schiff „Great Lastern“ anwendet, nämlich
die Bildung eines festen Doppelschiffes, sind die wasserdichten Güterräume
hergestellt; dieselben bestehen in einer Reihe von Behältern, jeder etwa 72 Fuß
lang, 16 Fuß weit und 20 Fuß tief, welche an und für sich eine bedeutende Fracht
flott zu erhalten vermögen. – Die Linien des Schiffes sind sehr leicht und
schön und lassen eine große Geschwindigkeit erwarten. Für die Symmetrie womit das
Schiff gebaut ist, spricht die Thatsache, daß es, allein betrachtet, kleiner
erscheint als es in der Wirklichkeit ist, und erst im Vergleich mit anderen
Fahrzeugen seine großen Verhältnisse augenscheinlich werden.
Die Verdecke.
Das Schiff hat zwei eigentliche Verdecke, ein Hauptverdeck und ein oberes Verdeck.
Getragen sind diese von eisernen Balken, welche 3 Fuß von einander abstehen, vom Bug
bis Stern rechtwinkelig zum Kiel stehend, sich regelmäßig wiederholen und, indem sie
so die beiden Wände des Schiffes verbinden, wesentlich zu dessen Festigkeit
beitragen. Diese Balken sind je aus 3 Theilen zusammengesetzt, nämlich aus dem
eigentlichen Deckbalken von 10 Zoll Höhe und aus zwei zu beiden Seiten seines obern
Randes angenieteten 3zölligen Winkeleisen. Auf diesen Balken ruhen die das Verdeck
bildenden Holzbohlen. Das untere oder Hauptdeck wird durch den Maschinenraum
unterbrochen, was hier die oben beschriebenen eisernen Balken an die Stelle der
fehlenden Deckbalken nöthig macht. Die beiden Hälften, in welche das Hauptdeck somit
zerfällt, sind durch zwei schmale Gränzwege, welche außerhalb des Maschinenraumes zu
jeder Seite desselben hinlaufen, in Verbindung gesetzt, so daß der Reisende von
einem Ende des Verdecks zum andern gelangen kann, ohne genöthigt zu seyn deßhalb auf
das obere Deck zu steigen.
In einer Höhe von 8 1/2 Fuß über dem Hauptdeck befindet sich das obere Verdeck,
welches sich über die ganze Länge des Schiffes ununterbrochen ausdehnt, und nur eine
verhältnißmäßig kleine Oeffnung oder Luke direct über den Maschinen für die Wege der
Kurbeln erhalten muß.
Zu diesen beiden eigentlichen Verdecken kommt noch ein drittes, welches durch das
Dach sämmtlicher auf dem Hauptverdeck stehenden Cajüten gebildet wird und sich von Stern bis Bug
des Schiffes ausdehnt. Es gewährt somit einen ununterbrochenen Spaziergang von 370
Fuß Länge und verbindet damit den großen Vortheil einer in Folge seiner höheren Lage
weiten und ungestörten Aussicht auf das Meer. Hinsichtlich der Breite dehnt sich
dieses Verdeck fast über die ganze Breite des Schiffes aus und läßt nur die an den
Seiten des darunter liegenden Salons hinführenden Wege unbedeckt.
Die Cajüten.
Auf dem untern oder Hauptdeck befinden sich sämmtliche Schlafgemächer, die in zwei
äußeren und zwei inneren Reihen neben einander hinlaufen, welche Reihen wiederum
durch zwei fortlaufende Gangwege geschieden sind; außer ihnen sind auf diesem
Verdecke noch eine Damen- und darneben eine Herrencajüte, beide sehr elegant
eingerichtet, für diejenigen Reisenden, welche es vorziehen sich näher dem
Mittelpunkte des Schiffes aufzuhalten.
Die beiden äußeren Reihen der Schlafcajüten erhalten ihr Tageslicht durch runde, in
den Seiten des Schiffes befindliche Fenster; die inneren durch gleiche von der Decke
der Cajüte, die hier unter den Sofas des darüber liegenden Salons angebracht sind.
Diese Gemächer, meistens zwei bis drei Betten enthaltend, sind allen Ansprüchen der
Bequemlichkeit entsprechend ausgestattet. Sie, wie alle übrigen Räume des Schiffes,
können durch Dampf geheizt werden; für den erforderlichen Luftwechsel ist besonders
Sorge getragen und selbst mit fließendem Wasser sind sie sämmtlich versehen. Je zwei
benachbarte Cajüten werden durch eine gemeinschaftliche, in einem verschlossenen
Raum hängende Lampe erleuchtet.
Das ganze obere Verdeck ist mit Cajüten und Räumlichkeiten besetzt, die nur den zum
Gehen eben erforderlichen Raum frei lassen. Am äußersten hintern Ende des Schiffes
liegt der Rauchsalon; darneben Cajüten für Capitän und Officiere, von denen aus das
Schiff vollständig übersehen werden kann. Hieran schließt sich der große Salon,
welcher 60 Fuß lang, 20 Fuß weit und 8 Fuß hoch ist und worin bequem 170 Personen zu
gleicher Zeit speisen können. Der ganze Salon macht mehr den Eindruck eines
stattlichen Prunkzimmers als einer Schiffscajüte. Die sich an ihn reihenden Küchen,
Vorrathsräume etc. nehmen allein einen Flächenraum von etwa 300 Quadratfuß weg. Auf
dem Vordertheile des Schiffes befinden sich die Zimmer für die Maschinenführer, ein
zweiter großer Salon und die Räume für das Schiffsvolk, wie gewöhnlich in der Spitze
des Schiffes. – Ueber die Tischler-, Zimmermanns-,
Bäcker- und Fleischerwerkstätten der „Persia“, über die in ihr
befindlichen Babräume, Eishäuser und Aehnliches verbreite ich mich hier nicht näher;
um jedoch einen Begriff ihrer auch in dieser Beziehung großartigen Ausstattung zu
geben, führe ich an, daß dieses schwimmende Hotel nicht weniger als 400 Tischtücher,
1600 Handtücher, 800 Kopfkissen, 1600 Betttücher, 400 gesteppte Decken und 1200
andere Bettdecken mit sich führt.
In den oben angegebenen Räumen bietet das Schiff ein Unterkommen für 260 Reisende
(Cajütenpassagiere) und darneben für das Schiffsvolk, welches aus 170 Mann besteht,
nämlich:
1) in der Seemannsabtheilung:
6 Officiere, 54 Matrosen, 1 Arzt, 1 Zahlmeister, 1 Zimmermann
und 1 Tischler,
2) in der Maschinenabtheilung:
8 Maschinenführer, 54 Feuerleute,
3) in der Bedienung:
8 Köche und 36 Kellner.
Wir wenden uns nun zu den Mechanismen des Schiffes und beabsichtigen dabei besonders
die Dampfmaschinen mit Hülfe der beigefügten genauen
Maaßstabzeichnung einer nähern Betrachtung zu unterwerfen. Zuvor sey noch bemerkt,
daß die „Persia“, trotz ihrer kräftigen Maschinen, doch
befähigt ist im Nothfalle auch ohne deren Hülfe, bloß mit ihren Segeln die Reise
zurückzulegen. Sie hat drei Masten, welche allerdings klein sind im Verhältniß zu
ihren übrigen Dimensionen, da deren Thätigkeit nur in außergewöhnlichen Fällen in
Anspruch genommen wird; obgleich dieselben aber nur als Barke aufgetakelt sind, hat
ihre Hauptsegelstange oder Hauptraa doch eine Länge von 76 Fuß. Die unteren Raaen
können erforderlichenfalls auf das Verdeck herabgelassen werden.
Der Steuerungsmechanismus
hat die gewöhnliche Einrichtung. An der 8 Zoll starken
verticalen Ruderwelle sitzt ein großes Radsegment, an dessen beiden Enden die beiden
gegen einander laufenden Ketten befestigt sind. Zwei Treibketten sind dabei so
angebracht, daß die Ketten auf dem Radsegment fortwährend straff erhalten werden.
Durch zwei feste Leitrollen werden die Ketten vom Radsegment auf das Steuerrad
geleitet, welches mit einem kürzeren oder längeren eisernen Kreuzschaft regiert
wird, letzteres bei stürmischem Wetter. Solcher Steuerräder hat das Schiff zwei, von
denen eines nahe dem Stern auf dem oberen Verdeck steht, das andere aber in der
Mitte des Schiffes auf dem obersten sogenannten Sturmverdeck; von ihnen kann je das eine oder andere nach
Erforderniß mit gleichem Erfolge benutzt werden. Bei jedem der Steuerräder steht ein
Compaß und außer diesen beiden hat das Schiff einen dritten auf der Spitze des
Besanmastes, welcher dadurch den localen Einflüssen des Eisens des Schiffes
möglichst entrückt ist. Um diesen Zweck noch vollständiger zu erreichen, ist die
gesammte Ausrüstung dieses Mastes aus Messing und Kupfer hergestellt. Der Compaß
selbst aber, welcher nun hauptsächlich zur Berichtigung der beiden anderen
Schiffscompasse dient, hat die Einrichtung eines gewöhnlichen Landcompasses, indem
er sich frei in seinem Behälter drehen kann.
Kessel und Maschinen.
Der Maschinenraum erstreckt sich in der Mitte des Schiffes bei einer durchgehenden
Breite von 45 Fuß und einer Höhe von 32 Fuß in einer Länge von 145 Fuß. Dieser
allerdings bedeutende Raum ist von acht Kesseln und zwei Maschinen eingenommen, und
zwar sind dieselben in der Weise aufgestellt, daß die beiden Maschinen in der Mitte
des Raumes stehen, die Längenachsen einer jeden parallel dem Kiele, und an jedem
Ende des Raumes eine Gruppe von vier Kesseln. Von den vier Kesseln einer Gruppe
stehen je zwei dicht neben einander, nur etwa 12 Zoll Zwischenraum lassend; ihnen
gegenüber, die Rücken nach der Wand des Schiffes gekehrt, stehen die beiden anderen
Kessel in einer solchen Entfernung von den beiden ersten, daß ein 12 Fuß breiter
Feuerungsraum zwischen ihnen hinläuft. Die Kessel selbst haben die unter dem Namen
der „Schiffsröhrenkessel“ bekannte Einrichtung. Entlang des
Maschinenraumes laufen die Kielschwinnen der eiserne Unterbau für Maschinen und
Kessel, mit welchem dieselben durch starke Fundamentschrauben verbunden sind; und
unter den Kesseln, also auf dem Boden des Schiffes, liegen die Kohlenbehälter,
welche 1400 Tonnen Kohlen aufnehmen können, von denen der Berechnung nach täglich
etwa 120 Tonnen verbraucht werden. Die Kessel haben alle gleiche Höhe, nämlich 19
Fuß, und gleiche Tiefe, 9 Fuß 10 Zoll; ihre Längen sind verschieden, wegen der
Stellung der Schornsteine, welche durch die Anordnung der Räume auf den Verdecken
vorgeschrieben war. Von den vier Kesseln der vorderen Gruppe ist jeder 16 Fuß 9 Zoll
lang und hat fünf Feuerungsplätze; von denen der hinteren Gruppe haben zwei
gegenüberstehende bei einer Länge von 20 Fuß sechs Feuerungsplätze, die anderen
beiden bei 13 Fuß 6 Zoll Länge, je vier Feuerungsplätze, so daß die Gesammtsumme der
Feuerungsplätze vierzig ist. Die Rostfläche einer jeden Feuerung ist 6 Fuß 6 Zoll
lang und 2 Fuß 9 Zoll breit, mithin ihr Flächeninhalt in allen acht Kesseln = 715 Quadratfuß. Die
Höhe einer Feuerung vom Boden des Aschenloches bis zur Decke derselben ist 5 Fuß 2
Zoll.
Die Anzahl der Röhren in jedem der Kessel mit 5 Feuerungsstellen ist 380,
in jedem der Kessel mit 6
Feuerungsstellen ist sie
450
und in jedem Kessel mit
4
„ „ „
300
–––––––––––
ihre Gesamtsumme beträgt somit:
3020 Röhren.
Die Entfernung zwischen den Mittelpunkten zweier Röhren ist:
horizontal gemessen
4 5/8 Zoll,
vertical gemessen
4 3/4 Zoll.
Der Durchmesser der Röhren ist
3,5 Zoll,
die
Länge „ „ „
6 Fuß 6 Zoll,
die gesammte Heizfläche in den 3020 Röhren ist somit 17863,3
Quadratfuß. Zu je einer Gruppe von vier Kesseln gehört ein gemeinschaftlicher
Dampfkasten, der die Hälse der Kessel vereinigt und auf welchem der Schornstein
steht. Jeder der beiden Dampfkasten ist 10 Fuß hoch, aus ihnen wird mittelst eines
Schlußventils der Dampf für die Maschinen entnommen. Es hat diese Anordnung
besonders den Vortheil, daß das Mitführen von Wassertheilchen mit dem Dampfe, wozu
der niedrige Dampfraum in Schiffsröhrenkesseln besonders Anlaß gibt und welches die
schwankende Bewegung der Kessel noch begünstigt, dadurch in hohem Grade verhindert
wird. An dem obersten Theile eines jeden Kessels sind zwei Sicherheitsventile
angebracht, von denen stets eines durch die Regierungsbeamten in einem Behälter
abgeschlossen gehalten wird. Der Flächeninhalt eines jeden Ventiles beträgt etwa
0,005 der Rostfläche des Kessels und das Ventil selbst ist nur bis 20 Pfd. Druck pro 1 Quadratzoll beladen.
Die beiden Schornsteine haben je 45 Fuß Höhe und 7 Fuß 6 Zoll Durchmesser.
In Folge des Salzgehaltes des in den Kesseln verwendeten Seewassers, welcher im
atlantischen Ocean etwa 3,5 Procent beträgt, wird ein häufiges Ausblasen des Wassers
aus den Schiffskesseln nöthig, um den Niederschlag der Salze an den Kesselwänden und
zwischen den Röhren so gering als möglich zu machen. Dadurch geht durchschnittlich
der vierte Theil des eingebrachten Speisewassers weg und sonach ein bedeutender
Betrag von Hitze verloren. Bei so vielen Kesseln als hier, ist dieser Verlust
besonders beträchtlich, und man hat deßhalb Sorge getragen, durch Refrigeratoren
soviel Wärme als möglich zurückzuhalten. Das heiße ausgeblasene Kesselwasser wird
nämlich genöthigt durch cylindrische Kupfergefäße zu passiren, die zahlreiche enge
kupfernen Röhren enthalten, durch welche andererseits das aus dem
Heißwasser-Reservoir des Condensators entnommene Speisewasser vor seinem Eintritt in den Kessel
gepumpt wird. Da das Ausblasewasser eine Temperatur von beläufig 104° C., das
Speisewasser eine solche von etwa 38° C. hat. so wird in der That ein
beträchtlicher Theil der Wärme conservirt.
In Betreff der Maschinen sind bereits die Gründe erwähnt worden, welche zur Wahl
gerade dieser Art bewogen haben. Sie haben die Einrichtung der von Watt erfundenen Niederdruckmaschinen, die als
Schiffsmaschinen mit an den Seiten liegenden (anstatt der bei Landmaschinen oberhalb
liegenden) Hebelbäumen versehen sind; und als solche Balanciermaschinen (Side-lever Engines) sind sie wohl den meisten
unserer Leser so bekannt, daß sie keiner näheren Beschreibung bedürfen.
Die beigefügte genaue Maaßstabzeichnung (Fig. 1 Tab. I) stellt die
Maschinen des Schiffes „Arabia“ derselben Compagnie dar, und
möchte wohl aus dem Grunde willkommen seyn, weil die vorliegenden Maschinen sich bei
ihrer Anwendung auf den Schiffen jener Compagnie ausgezeichnet bewahrt haben. Die
Maschinen der „Arabia“ sind vollständig übereinstimmend und
proportional mit denen der „Persia“ gebaut; der einzige
Unterschied liegt im Cylinder, indem der innere Durchmesser desselben bei der
„Persia“ 100 Zoll und der Kolbenschub 10 Fuß beträgt. Die
Hauptdimensionen der Maschinen der „Persia“ sind:
Durchmesser der Cylinder
100 Zoll
Kolbenschub
10 Fuß,
Durchmesser der
Schaufelräder
10 Fuß,
Länge der Schaufeln
10 Fuß,
Tiefe der Schaufeln
3 Fuß.
Die Zeichnung stellt im Längendurchschnitt der Maschine eine innere Ansicht von
Cylinder, Ventilkasten, Condensator, Luftpumpe, Heißwasserreservoir und Luftgefäß
dar, mit äußerer Ansicht der Kurbelwelle mit ihren Trägern und Diagonalsäulen,
Lenkstange etc., und zeigt die Wege der Kurbel, Seitenhebel, Geradführung,
Schieber- und Expansionsventil-Hebel in punktirten Linien. (Dabei
steht der Kolben auf dem Ende des ersten Drittels seines Herabweges.)
A ist die Grundplatte, B der
Cylinder, B¹ der Cylinderdeckel und die
Stopfbüchse, B² her obere Dampfweg, B³ der untere Dampfweg, B⁴ der Kolben, B⁵ Kolbenringe
und Federn, B⁶ Kolbendeckring, B⁷ Kolbenstange, B⁸ Kreuzhaupt der Kolbenstange.
C Schieberventil, C¹
Ventilkasten, C² Deckel und Stopfbüchse
desselben, C³ Facette-Kuppelung, C⁴ Dichtung desselben; C⁵ Expansionsventil-Kasten, C⁶ Dampfröhre.
D Condensator, D¹
Condensatorweg vom obern Theil des Cylinders, D²
deßgleichen vom untern Theil; D³ Weg zur
Luftpumpe.
E Einspitzrose, E²
die Ventilwelle; F Luftpumpe, F¹ Deckel und Stopfbüchse derselben, F² Kolben, F³ Kolbenventil
derselben, F⁴ Ausflußventil, F⁵ Ausflußventil-Führungsstangen, F⁶ Einströmungsventil der Luftpumpe, F⁷ deren Kolbenstange, F⁸ deren Kreuzhaupt, F⁹ deren
Führungsstangen. G Heißwasserreservoir, G¹ dessen Luftraum, G² dessen Ausflußröhre, G³ dessen
Luftröhre.
Die Speisepumpe und Bodenpumpe sind in der Zeichnung nicht sichtbar; von letzterer
sieht man nur bei I den Kolben. K Mittelpunkt der Seitenhebel, L Seitenhebel,
M Lenkstange, M¹
Kreuzverbindungsstück, M² deren
Verbindungsglieder. N Kurbel, N¹ Kurbelstift, N² Kurbelwelle.
O Lagerstuhl für die Kurbelwellenlager, O¹ Kurbelwellenlager Deckel, O² deren Schrauben und Muttern, O³ deren Oelbecyer. P
Säulen zur Unterstützung der Kurbelwellenlager, P¹ deren Fußlager, P² Säulenstützen,
P³ Säulenkreuzstützen. Q Diagonalstützung, Q¹ und Q² Diagonalstützen. R
Geradführung, R¹ deren Radialhebel, R² deren Radialstangen, R³ deren Verbindungsstangen. S
Schieberventilwelle, S¹ deren Hebel, S² deren Lager, S³ deren Verbindungsglieder, S⁴
deren Spindel, S⁵ deren Geradführung, S⁶ deren Gegengewicht, S⁷ zu letzterem gehöriger Hebel. T
Expansionsventil, T¹ dessen Welle mit Hebeln, T² dessen Ausrückhebel, T³ Expansionsscheibe auf der Kurbelwelle, T⁴ deren Rolle mit Gegengewicht und Hebel, T⁵ deren Verbindungsstange. U Welle des
Steuerungsrades der Maschine; W Ausblaseventil, W² Ausblaserohr. X
und X¹ sind Ventile für den Austritt des Wassers
welches sich etwa im Cylinder angesammelt hat.
Nachdem wir nun das Schiff mit seinen Haupttheilen näher betrachtet haben, und dabei
die ungemein schweren Massen, welche sich als eisernes Eingeweide in ihm befinden,
kennen lernten, wird es passend seyn, einiges über das Totalgewicht und die
Geschwindigkeit des Schiffes zu erwähnen. Das Gewicht des vollendeten Rumpfes
allein, nachdem derselbe vom Stapel gelaufen war, jedoch noch nicht die Maschinen in
sich hatte, betrug 2200 Tonnen; mit den Maschinen und vollständig geladen, hat das
ganze Schiff ein Gewicht von 5400 Tonnen oder 108000 Centner, wobei es 23 Fuß tief
im Wasser gehen wird.
Die Geschwindigkeit der „Persia“ kann bis jetzt nur nach einer
kurzen Probefahrt, die auf einer genau abgemessenen Strecke zwischen zwei
Leuchtthürmen vorgenommen wurde, geschätzt werden, da sie von ihrer ersten Reise
nach New-York noch nicht zurückgekehrt ist. Bei einem Drucke von 20 bis 21
Pfd. auf 1 Quadratzoll legte sie mit Leichtigkeit 18 1/2 englische Meilen in einer Stunde zurück,
wobei die Schaufelräder 17 3/4 bis 18 Umdrehungen in einer Minute machten. Die
Entfernung zwischen den genannten beiden Leuchtthürmen beträgt 175 Knoten oder 203
englische Meilen gleich 42 deutschen Meilen, welche sie in 10 Stunden 43 Minuten
durcheilte. Dabei muß bemerkt werden, daß während der Fahrt für etwa 3/4 Stunden die
Geschwindigkeit der Schaufelräder auf 14 Umdrehungen pro
Minute verringert wurde, während sie im übrigen durchschnittlich 18 Umdrehungen
machten. Ebenso wurde durch begegnende Fahrzeuge Zeit verloren, welche im Ganzen
einer halben Stunde Aufenthalt entsprechen dürfte. Dessen ungeachtet war die Kürze
der Fahrzeit außerordentlich, denn letztere ist hier um 5 Stunden geringer als
durchschnittlich bei andern Fahrzeugen.
Schließlich sey es uns gestattet einige Worte über das vom Stapellaufen der „Persia“ beizufügen. Man wagte es,
diese Eisenmasse von damals 2100 Tonnen Gewicht in einen Strom, welcher kaum zweimal
so breit als das Fahrzeug lang ist, frei vom Stapel laufen zu lassen, wobei Alles
vollkommen nach Wunsch ausfiel.
Der Unterbau für das Ablaufen des Schiffes hatte die für diese Zwecke übliche
Anordnung, bestehend aus starken Holzblöcken unter dem Kiel, auf welche die 500 Fuß
langen hölzernen Gleitbahnen zu beiden Seiten des Schiffes gelagert waren, der Stern
des Schiffes 200 Fuß von ihrem dem Wasser zugekehrten Ende entfernt. Auf ihnen lag
die sogenannte Wiege, nämlich der während des Ablaufens directe Unterbau des
Schiffes, dessen Gleitflächen, auf den Gleitbahnen ruhend, mit der ganzen Last des
Schiffes auf diese drücken, da das ganze Schiff vollkommen in der sogenannten Wiege
liegt, sein Kiel frei über den Erdboden hinlaufend; die Gleitflächen der Wiege waren
225 Fuß lang und 18 Zoll breit, so daß die gesammte gleitende Unterstützungsfläche
675 Quadratfuß betrug und der Druck auf 1 Quadratfuß sonach
3,₁₀₉Tonnen erreichte. Die Steigung der Gleitbahnen betrug 1/2
Zoll auf 1 Fuß, ihr Neigungswinkel war somit = 2° 23', und sie wuchs an ihrem
dem Strome zugekehrten Ende zu 9/16 Zoll an. Die Bahnen waren aus gut getrocknetem
Holz hergestellt und über ihre ganze Ausdehnung mit einer 1/4 Zoll dicken Schicht
von geschmolzenem Talg und einer dünnen Lage von flüssiger Seife bedeckt. –
Aus obigen Angaben ergibt sich der Normaldruck auf die Bahnen zu 2098 Tonnen, der
abwärts gerichtete Druck parallel den Bahnen zu 86,1 Tonnen. Da das Schiff, nachdem
der letzte Keil unter dem Kiel ausgeschlagen war, ohne äußere Einwirkung sich
freiwillig auf den Bahnen in Bewegung setzte, so finden wir, daß der
Reibungscoefficient in diesem Falle nicht größer als 0,₀₄ angenommen
werden kann. Das
Schiff lief mit einer Geschwindigkeit von etwa 11 1/2 pro Secunde die Bahnen hinab. – Da sich die Wiege nicht über die
ganze Länge des Schiffes erstreckte, sondern etwa 60 Fuß an jedem Ende des Schiffes
nicht unterstützt waren, so war es nöthig, das Einsinken des Buges des Fahrzeuges in
den Ufergrund, nachdem der Stern, welcher voran lief, bereits im Wasser und die
Gleitbahnen zu Ende waren, zu verhindern; dieß ward erreicht durch eine Reihenfolge
von sechs gußeisernen Blöcken, etwa 5 Zoll dick, die in der Mitte des Stapels auf
starke Kreuzbäume aufgelagert waren. Auf sie fiel das Schiff nach Beendigung der
Gleitbahnen und führte so den Rest des Laufes auf seinem Kiele aus. Da bei früheren
gleichen Gelegenheiten diese gußeisernen Blöcke gewöhnlich in der Mitte gebrochen
waren, obgleich die ganze Begründung sich gut erhalten hatte, so ward der Vorschlag
gemacht, sie mit einem 3/8 Zoll dicken Eisenblech zu bedecken, um so den Einfluß der
Hitze, erzeugt durch die Reibung des Kieles, abzuleiten, und die Ausführung zeigte
guten Erfolg, denn die Blöcke blieben dieses Mal unversehrt.
Um ein Anlaufen des Sternes des Schiffes an das gegenüberliegende Ufer des Clyde zu
verhüten, war es nöthig die Bewegung des Schiffes nach seinem Ankommen im Wasser
aufzuhalten; dazu wurden zwei Anker des Schiffes, jeder von 2 1/2 Tonnen Gewicht, in
den Grund gesenkt mit zwei an ihnen befestigten Platten, im Ganzen etwa 8 Tonnen
wiegend. Ketten von 2 1/2 Zoll Durchmesser liefen von ihnen nach beiden Seiten des
Schiffes, wo sie an dasselbe befestigt waren, und nachdem das Schiff im Wasser
angekommen war und die Anker mit den Platten im Erdboden 56 Fuß weit nachgewühlt
hatten, spannten sich die Ketten und brachten mit anscheinend größter Gemächlichkeit
den schwimmenden Koloß unter dem frohen Hurrah der Tausende anwesender Zuschauer zur
Ruhe.