Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. , S. 232 |
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Miscellen.
Miscellen.
Concession der königl. norwegischen Regierung zur Führung
einer unterseeischen Telegraphenleitung von der nordamerikanischen zur norwegischen
Küste.
(Mitgetheilt von dem königl. norwegischen
Telegraphen-Director, C. Nielsen.)
Die Entwickelungsgeschichte der Telegraphie bietet so viele interessante Seiten dar,
daß man in Zweifel ist, welcher man den Preis zuerkennen soll; eine der
interessantesten ist aber doch wohl die riesenmäßige Gestaltung, welche die Projecte
zur Verbindung entlegener, durch tiefe Meere von einander getrennten Länder
annehmen.
Nur wenige Jahre sind verflossen, seit man den Gedanken, die Küsten Frankreichs und
Englands durch einen unterseeischen Telegraphen zu verbinden, mehr für eine schöne
Idee, als für ein praktisch ausführbares Unternehmen ansah; jetzt wartet man nur
darauf, daß das Tau, welches durch das mittelländische Meer gelegt wird, befestigt
sey, um einen neuen Welttheil an das europäische Telegraphennetz zu knüpfen.
Eine nahe Zukunft trägt wahrscheinlich noch mehrere ebenso großartige Anlagen in
ihrem Schooße, aber den Preis vor allen diesen trägt doch wohl der Gedanke davon,
die zwei entferntesten Hemisphären, Europa und Amerika, mit einander zu verbinden.
Selbst dieß ist schon mehr als eine bloße Idee. Der durch so viele frühere
Verdienste bekannte Lieutenant Maury hat den Boden des Oceans untersucht und ihn für dieses
großartige Unternehmen vorzüglich geeignet gefunden, und der energische
amerikanische Bürger Tal. P. Shaffner hat Europa bereist, um dem
amerikanischen Tau bei der Landung eine wohlwollende Aufnahme zu sichern.
Jede Phase in der Geschichte dieses großen Werkes, von dem Augenblicke wo die erste
Idee dazu gefaßt wurde bis zu dem, wo das erste telegraphische Signal zwischen
beiden Welttheilen gewechselt wird, hat ihre Bedeutung; es wird daher auch die
nachstehende, von Sr. Majestät dem Könige von Norwegen und Schweden dem oben
erwähnten amerikanischen Bürger Tal. P. Shaffner unterm
24. Januar 1855 ertheilte Concession für die Leser dieser Zeitschrift von Interesse
seyn.
Diese Concession lautet wie folgt:
Unter dem 24. Januar 1855 haben Se. Majestät gnädigst zu resolviren geruht:
In Betreff des von dem amerikanischen Bürger Tal. P. Shaffner eingegebenen unterthänigsten Gesuches wird
folgende gnädigste Concession für eine zur Anlage einer elektrischen
Telegraphenlinie, bestimmt Amerika und Europa zu verbinden, zu bildende Gesellschaft
ertheilt:
§. 1. Der Gesellschaft wird die Erlaubniß ertheilt, einen Telegraphendraht von
Amerika an die Küste von Norwegen aus Land zu führen, so wie daselbst eine
Telegraphenstation zu errichten. Dagegen wird keine Erlaubniß ertheilt, wie
nachgesucht wurde, eine Telegraphenleitung durch Norwegen anzulegen. Sofern die
unterseeische Linie an einem Punkte auf der Strecke zwischen Stavanger und Mandal aus Land geführt wird,
will die königl. norwegische Regierung veranstalten, daß die Telegraphenlinie des
Staates, deren Anlage von der schwedischen Gränze an längs der norwegischen Küste
bis Mandal beschlossen, und gegenwärtig in Ausführung begriffen ist, bis zu dem
Punkte ausgedehnt werde, wo die oben angeführte unterseeische Leitung das Land
erreicht. Wie weit man mit einer norwegischen Linie an einem nördlicher als
Stavanger gelegenen Punkte, wenn ein solcher gewählt werden sollte, anschließen
kann, wird auf näherem Uebereinkommen beruhen Uebrigens behält sich die königl.
norwegische Regierung die nöthigen Bestimmungen vor, sowohl in Betreff der Details
rücksichtlich des Auslandführens der Linie und Errichtung der Station, als über die
Bedingungen, unter welchen Depeschen von oder nach Amerika durch Norwegen mit den
dortigen Staatstelegraphen befördert werden können. Diese Depeschen sollen, so
schnell es sich thun läßt, mit den in Norwegen eingerichteten Staatstelegraphen und
gegen die für die Beförderung von Depeschen auf den norwegischen Linien allgemein
festgesetzte Bezahlung befördert werden.
§. 2. Obige Concession ist davon bedingt, daß sich die Gesellschaft mit den
nöthigen Mitteln zur Ausführung des Unternehmens binnen fünf Jahren von jetzt an
bildet, und daß die Anlage im Laufe der darauf folgenden fünf Jahre vollendet
wird.
§. 3. Tritt nach Vollendung der unterseeischen Linie irgend eine Unterbrechung
auf derselben ein, so ist die Gesellschaft verpflichtet, so schnell als möglich, und
spätestens binnen fünf Jahren, dieser abzuhelfen und die Verbindung wieder
herzustellen.
§. 4. Sofern es nöthig seyn sollte und gewünscht würde, und unter der
Bedingung, daß die Gesellschaft eine billige Minimaleinnahme garantirt, will die
norwegische Regierung auf der Telegraphenlinie des Staates einen oder mehrere
besondere Drähte zur Beförderung der Depeschen der Gesellschaft anbringen
lassen.
§. 5. So weit als die amerikanische Linie norwegisches See- oder
Landgebiet passirt, sollen die Gesellschaft und ihre Bevollmächtigten oder Beamten
den Gesetzen, den Gerichten und obrigkeitlichen Bestimmungen des Reiches in jeder
Weise unterworfen seyn, wie wenn sie norwegische Unterthanen wären, ohne irgend ein
Exterritorialrecht oder irgend eine andere Ausnahme.
§. 6. Im Falle Norwegen mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika oder mit
irgend einem Staate, über dessen Besitzungen die Telegraphenlinie geführt wird, in
Krieg kommen sollte, kann die norwegische Regierung für die Dauer des Krieges
dieselbe unterbrechen, ohne daß gegenwärtige Concession dadurch als erloschen zu
betrachten wäre. Ebenso behält man sich, wenn Norwegen mit irgend einem anderen
Lande in Krieg gerathen sollte, das Recht vor, keine Depeschen nach oder aus diesem
Lande zu befördern, so lange der Krieg dauert.
§. 7. Derjenige oder diejenigen, welche die hier behandelte Unternehmung
leiten, sollen verpflichtet seyn, der norwegischen Regierung alle Aufklärungen über
das Fortschreiten der Angelegenheit etc. zu geben, welche gewünscht werden.
§. 8. Gegenwärtige Concession soll auf 100 Jahre gelten, hört aber früher auf,
sofern die Gesellschaft obige Bedingungen nicht erfüllt. Es soll dabei der
Gesellschaft nicht
benommen seyn, ihr Recht einer anderen Privatgesellschaft zu übertragen, wovon
jedoch, eintretenden Falles, Meldung an die Regierung geschehen soll. (Zeitschr d.
deutsch-österr. Tel.-V.)
Der Suez-Canal.
Bekanntlich hat die wissenschaftliche Commission, welche den General Napoleon auf
seiner ägyptischen Expedition begleitete, sich ungünstig über das Project eines
Canalbaues über die Landenge von Suez ausgesprochen und insbesondere das ungleiche
Niveau beider Meere als ein Haupthinderniß bezeichnet. Das große Weltinteresse,
welches sich an das fragliche Project knüpft, gab im Jahr 1845 Veranlassung zur
Bildung einer Gesellschaft für Vorarbeiten (Société d'etudes) zu dem Suez-Canal, deren
Ingenieure: Negrelli für Oesterreich, Talabot für Frankreich und Stephenson für England sich gründlich mit dem Gegenstand beschäftigten,
Untersuchungen an Ort und Stelle anstellten und ein reiches Material für die Lösung
der wichtigen Aufgabe sammelten In 1847 veröffentlichte die französische Abtheilung
der genannten Gesellschaft das Resultat ihrer Arbeiten, und empfahl die Annahme der
Trace von Alexandrien über Cairo nach Suez. Die Ereignisse des Jahres 1848 ließen
das Project des Suez-Canals nicht weiter verfolgen; dasselbe wurde aber von
dem neuen Vicekönig, Said-Pascha, begünstigt und im November 1854 erhielt der
französische Generalconsul, Hr. v.
Lesseps, die Concession für einen Schiffscanal durch die Landenge von
Suez.
Drei Linien kamen für diesen Canal in Betracht: die von Talabot empfohlene von Alexandrien über Cairo nach Suez; die von den
Ingenieuren Linant-Bey und Mongel-Bey vorgeschlagene von Pelusium am mittelländischen Meer
direct nach Suez über die Wüste; endlich eine vermittelnde von Alexandrien dem Meer
entlang direct auf Suez, am See Timsah mit den beiden andern Linien sich
vereinigend. Die Strecke von Suez bis Timsah ist hiernach allen drei Linien
gemeinschaftlich. Die internationale Experten-Commission, welche kürzlich für
Begutachtung des Suez-Canal-Projects in Aegypten war und die
verschiedenen Linien bereist hat, sprach sich hierüber in einem vorläufigen Bericht
an den Vicekönig folgenden Inhalts aus:
„Ew. Hoheit haben uns nach Aegypten gerufen, um hier die Frage der
Durchstechung der Landenge von Suez zu studiren. Indem Sie uns die Mittel an die
Hand gaben, in Betreff der Bodenverhältnisse ein Urtheil zu fällen über das
Verdienst der verschiedenen in Vorschlag gebrachten Lösungen, haben Sie uns
aufgefordert, Ihnen die leichteste, sicherste, dem europäischen Handel
vortheilhafteste zu unterbreiten. Unsere Forschungen, begünstigt durch das
erwünschteste Wetter, erleichtert und abgekürzt durch die Umfänglichkeit der uns
zur Verfügung gestellten materiellen Mittel, sind beendigt. Während sie uns
einerseits mit den zahllosen Hindernissen, oder, besser gesagt, mit den
Unmöglichkeiten bekannt gemacht haben, dem Canal die Richtung über Alexandria zu
geben, zeigten sie uns andererseits unerwarteterweise die große Leichtigkeit der
Anlegung eines Hafens im Meerbusen von Pelusium. Der directe Canal von Suez nach
dem Meerbusen von Pelusium ist daher die einzige Lösung des Problems der
Verbindung des rothen Meers mit dem mittelländischen Meer. Die Ausführung ist
leicht, der Erfolg gesichert, der Nutzen für den Handel der Welt unermeßlich.
Unsere Ueberzeugung in dieser Hinsicht ist einstimmig; wir werden die Gründe
dafür in einer ausführlichen Denkschrift auseinandersetzen, welche sich auf die
hydrographischen Plane der Buchten von Suez und Pelusium, auf die
Höhenverhältnisse des Bodens und auf, die Beschaffenheit der von dem Canal
durchschnittenen Landstriche kenntlich machende Bohrungen stützt. Die Abfassung
dieser Denkschrift, so wie die der Plane, Profile und Bohrungen, welche ihr
beigegeben werden sollen, ist eine zeitraubende Arbeit, mit der wir uns in
Europa thätig beschäftigen werden, um sie binnen einiger Monate Ew. Hoheit
vorlegen zu können. Indeß beeilen wir uns. Ihnen schon jetzt von unsern
Schlußfolgerungen Kenntniß zu geben. 1) Die Linie über Alexandria ist vom
technischen sowie vom ökonomischen Gesichtspunkt aus unzulässig. 2) Die gerade Linie bietet
jede wünschenswerthe Erleichterung für die Ausführung des eigentlich sogenannten
Seecanals, mit einer Verzweigung an den Nil, und mit nur gewöhnlichen
Schwierigkeiten für die Anlegung der beiden Häfen. 3) Der Suezer Hafen wird sich
auf eine weite und sichere, jeder Zeit zugängliche Rhede öffnen, wo man auf 1600
Meter vom Ufer acht Meter Wasser findet. 4) Der im Meerbusen von Pelusium
anzulegende Hafen, welchen das Vorproject in den Hintergrund des Meerbusens
verlegte, wird 18 Kilometer westlicher, in der Gegend angelegt werden wo man auf
2300 Meter vom Ufer acht Meter Wasser findet, wo der Ankergrund gut und das
Untersegelgehen leicht ist. 5) Die Kosten des Canals von einem Meer zum andern,
so wie der dabei erforderlichen Arbeiten werden die Ziffer von 200 Millionen,
wie sie in dem Vorproject der Ingenieure des Vicekönigs veranschlagt sind, nicht
übersteigen. – Alexandria, 2. Januar 1856. Die Mitglieder etc. Conrad, Vorsitzender; Negrelli,
Mac Lean, Renaud; Liesson, Schriftführer.“
(Eisenbahnzeitung, 1856, Nr. 4.)
Oudry's neue
Blechbrückenconstruction.
Seit R. Stephenson seine berühmte Blechkastenbrücke über
die Menai-Straits in Nord-Wales glücklich und zum Erstaunen der ganzen
civilisirten Welt vollendete, hat sich für die Verwendung des Eisenblechs zu
Bauconstructionen ein Feld eröffnet, dessen Erstreckung fast unabsehbar genannt zu
werden verdient. Dem Stephenson folgte Brunel mit seinem kühnen Baue einer Eisenblechbrücke über
den Wyefluß an der Gränze von Süd-Wales, und gegenwärtig sieht Brunel seinen noch größern Brückenbau-Ausführungen
in der Saltash-Bahnlinie entgegen, während gleichzeitig Fairbairn die treffliche Anwendung der Eisenblechconstruction zu Ausladern
(Hälsen) bei KrahnenPolytechn. Journal Bd. CXXI S. 261.
– Die meisten Krahne der Ausstellung, von französischen Mechanikern
eingesandt, waren mit hohlen Ausladern, aus Eisenblech und Winkeleisen
hergestellt, versehen., ja selbst zum Baue ganzer Häuser mit dem entschiedensten Erfolge wagte.
Von den meisten dieser genannten Bauwerke fanden sich in der englischen Abtheilung im
Hauptgebäude der Pariser Industrie-Ausstellung Modelle von so ausgezeichneter
Arbeit, daß man größtentheils nicht wußte, ob man mehr die Herstellungsweise,
überhaupt die Modellarbeit, oder das Bauwerk bewundern sollte was sie
repräsentirten.
Bisher hatte noch kein Constructeur gewagt, das Eisenblech zur Herstellung größerer
Bogendrücken zu verwenden. Der französische Ingenieur des Straßen- und
Brückenbaues. Hr. Alphons
Oudry, war der Erste, der diesen neuen und wichtigen Schritt
versuchte und zwar mit entschiedenem Erfolge, da die erste derartige größere Brücke
über die Seine in Paris (Pont d'Arcole) zwischen dem Hôtel de Ville und Notre
Dame bereits glücklich vollendet und dem Verkehr übergeben ist. Als
Ausstellungsgegenstand figurirte diese Brücke in einem schön gearbeiteten Modelle
(1/20 der wahren Größe im östlichen Annexe) auf einer
horizontalen Spiegelplatte stehend, um ohne besondere Mühe die Constructionen und
Anordnungen unterhalb der Brücke, wie vom Wasser aus gesehen, betrachten zu
können.
Der kühne Brückenbogen hat 80 Meter (= 273,84 Fuß Hannover.) Spannweite, und 6,12
Meter (= 20,95 Fuß hannoverisch) Pfeilhöhe. Es besteht der ganze Bogen aus 12
nebeneinander aufgestellten einzelnen Bögen von nicht mehr als 0,395 Met. (1,35 Fuß
= 16,2 Zoll hannoverisch) Höhe in der Mitte (im Scheitel). Zehn dieser Bögen von je
1,33 Meter Entfernung tragen die Fahrbahn (von 12 Meter Breite) und je einer nach
außen in 3,5 Met. Entfernung, die Trottoirstrecken der Brücke von 4,0 Met. Breite
für die Fußgänger.
Die Dicke der verwendeten Eisenbleche variirte von 10 bis 15 Millimeter (circa 1/2 Zoll bis 5/8 Zoll), während die mittlere Dicke
der Winkeleisen 8 Millimeter bei 90 bis 100 Millimeter Schenkellänge beträgt. Die Basis der
Brückenbahn wird hauptsächlich aus sogenannten schmiedeisernen
Barlow-Eisenbahnschienen (sehr große Schienen) gebildet, die auf den
Scheiteln der Träger mit ihren horizontalen Flantsch-Füßen durch Schrauben
befestigt sind.
Um bei der fast unbegreiflich geringen Bogenhöhe im Scheitel (16 Zoll) nachtheilige
Durchbiegungen so viel als möglich zu vermeiden, hat man an jeden der zwölf
einzelnen horizontalen Hauptbalken des Brückenoberbaues schmiedeiserne, starke
Zugbänder von circa 300 Millimeter Höhe angenietet,
diese durch die etwa 10 Meter (34,24 Fuß) starke Landpfeiler geführt und sie
endlich, mit Zuziehung kräftiger gußeiserner Wandplatten, gehörig verankert.
Das Gewicht sämmtlichen Eisenwerks beträgt, in runder Summe gerechnet, 1,000,000
Kilogr., das von Trottoir, Straße, Geländer etc. 800,000 Kilogr., als zufällige
Belastung hatte man ebenfalls 800,000 Kilogr. angenommen, so daß die Totalbelastung
zwei Millionen sechsmal hunderttausend Kilogr. beträgt. Die gesammten Baukosten
werden die Summe von etwas über eine Million Franken erreichen.
Hinsichtlich der Schönheitsform steht die Brücke ebenfalls als ein Prachtwerk da, und
nimmt deßhalb zwischen Notre Dame und Hôtel de Ville eine geeignete Stelle ein. Für die
Constructeure ist dieß aber ein neues, so bedeutendes Experiment, daß dessen
Ergebnisse gewiß wieder zu bisher nicht geahmten Schöpfungen führen werden. Was
viele Ingenieure bisher geradezu als eine Unmöglichkeit erklärten, das Schmiedeisen
(selbst in geeigneter Gestalt) auf Zusammendrückungsfestigkeit zu verwenden, hat
sich hier als ausführbar gezeigt, und höchst wahrscheinlich nur bewiesen, wie
vorsichtig man mit Schlüssen hinsichtlich Kräften seyn muß, wie dieß mit den
Elasticitätswiderständen der Materialien der Fall ist, deren Kenntniß hinsichtlich
der sogenannten Elasticitätsgränze sich fast auf Null reducirt. Gewöhnlich hat man
die Erscheinungen an der Bruchstelle auf die letztgenannte Gränze übergetragen, was
gewiß durchaus als falsch genannt werden muß. Prof. Dr.
Rühlmann. (Mittheilungen des hannoverschen
Gewerbevereins, 1855, S. 331.)
Ausfütterung gußeiserner Seilscheiben mit Hanfgurten.
Vor 1 1/2 Jahren war es endlich vergönnt, den in der ganzen bergmännischen Welt seit
Jahren bekannten Drahtseilen auch in Wieliczka Eingang zu verschaffen und die
schweren kostspieligen Hanfseile nach und nach zu verdrängen. Schon sind vier
Förderschächte mit Drahtseilen versehen, die übrigen drei erhalten sie in diesem
Jahre. War vor dieser Einführung die Befürchtung einer kurzen Dauer der Drahtseile,
und zwar auf Grund der corrodirenden Eigenschaft des Salzes, eine wahrscheinliche,
so wurde sie doch durch die Erfahrung in keiner Weise gerechtfertigt. Oftmaliges
– wöchentliches – Schmieren der Drahtseile mit einer Mischung von Pech
und Ripsöl oder mit Theer verhindert das Rosten zur Genüge.
Mit der Einführung der Drahtseile mußte auch die Umänderung der Seilscheiben
vorgenommen werden. Die ersten wurden aus trockenem Eichenholz, mit um den Zapfen
angebrachten gußeisernen Deckscheiben angefertigt, entsprachen aber der Erwartung
nicht in gewünschter Weise, da bei dem in Wieliczka per
1 Hub geförderten Salzquantum von nahe 24 Centner Nutzlast sich nur zu bald ein
Einschnitt in der Scheibenspur zeigte, der binnen einem Jahre nach mehrmaligem
Nachbessern so tief geworden, daß eine gänzliche Ausfütterung der Scheibenspur
vorgenommen werden mußte.
Durch diesen für die Förderung nützlichen Umstand aufmerksam gemacht, wurde
genehmigt, für einen zweiten Schacht Seilscheiben aus Gußeisen zu bestellen. Die
Spur erhielt im Querschnitte die Form einer Parabel. Ein Ausfüttern mit Holz konnte
aber nicht wohl angewendet werden, theils wegen der angedeuteten Spurform,
hauptsächlich aber wegen der unzulässigen Spurverengung der schon fertigen
Seilscheiben.
Es wurde demnach auf Antrag des k. k. Salinen-Berginspectionsadjuncten, Hrn.
Karl Kuczkiewicz,
versucht, die Spurmitte mit einer aus 2/5zölligen Stricken geflochtenen, 4 Zoll breiten Hanfgurte zu
überspannen. Eine dieser Gurten ist seit zwei Monaten in täglicher Arbeit, ohne nur
im geringsten schadhaft geworden zu seyn, und entspricht demnach viel besser als
eine Ausfütterung mit Holz. Daß nebstbei ein einfaches Ueberziehen weit weniger Zeit
erfordert und ein continuirliches Fördern weit weniger beirrt, zudem auch billiger
zu stehen kommt, als das Ausfüttern mit Holz, ist überall dort von wesentlichem
Belange, wo, wie in Wieliczka, auf unausgesetzte Förderung besonders gesehen werden
muß. (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1856, Nr.
2.)
Die Eisenproduction im Zollvereine.
Die Hohofenproduction des Zollvereins war folgende in preuß. Centnern:
1850.
1853.
1) Preußen
2,623883 Ctr.
4,099932 Ctr.
2) Bayern
328846 „
485978 „
3) Sachsen
197789 „
175637 „
4) Württemberg
153484 „
124465 „
5) Baden
106107 „
102351 „
6) Kurhessen
67745
„
87923
„
7)
Hessen-Darmstadt
104532 „
144770 „
8) Braunschweig
67460
„
79890
„
9) Nassau
293112 „
398276 „
10) Luxemburg
131920 „
280000 „
11) Thüringische Staaten
70000
„
75000
„
12) Uebrige kleine
Staaten
78900
„
72235
„
–––––––––––––––––––––––––
Summe
4,232778 Ctr.
6,126457 Ctr.
Die Hohofenproduction in der österreichischen Monarchie kann für 1853 zu 4 1/2
Millionen Ctr. angenommen werden, die derjenigen Hütten Hannovers, welche 1853 noch
nicht zum Zollverein gehörten, zu 70000 Ctr., so daß die Gesammtproduction der
deutschen Staaten nebst den nicht zum deutschen Bunde gehörenden Provinzen in runder
Summe zu 10 3/4 Millionen Ctrn. angenommen werden kann.
Von der Hohofenproduction des Zollvereins im Jahre 1853 wurden 1,778346 Ctr. bei
Kohks dargestellt, d.h. 29 Proc. vom Ganzen.
An Gußwaaren wurden 1853 producirt:
Aus Erzen
840404 Ctr.
Aus
Roheisen
1,245685 „
–––––––––––
Summe
2,086089 Ctr.
An Stabeisen wurden 1853 dargestellt:
Bei Holzkohlen
1,724153 Ctr.
Bei
Steinkohlen
3,332333 „
–––––––––––
Summe
5,056486 Ctr.
An Blech
488454 Ctr.
„ Weißblech
47061 „
„ Draht
310612 „
„ Roh-, Puddel- und
Cementstahl
170123 „
„ Gussstahl
55651 „
Der Antheil Preußens an dieser Production betrug 1853:
Bei der Hohofenproduction
67,2 Proc.
„ den
Gußwaaren aus Roheisen
83,0 „
Beim Stabeisen
80,3 „
„ Blech
86,8 „
„ Draht
95,0 „
„ Rohstahl
85,0 „
„ Gussstahl
100
Das zur Eisenfabrication erforderliche Roheisen berechnet sich für 1853
folgendermaßen. Hierbei ist für Stabeisen und Rohstahl ein Verbrauch von 133 1/3
Pfd., bei den Gußwaaren von 115 Pfd. Roheisen auf 100 Pfd. angenommen, für Blech und
Draht, in soweit sie nicht unter dem Stabeisen mit begriffen waren, ein
Pauschquantum nach annähernder Schätzung. Demnach waren 1853 an Roheisen
erforderlich:
Für Gußwaaren aus Erzen
840404 Ctr.
„ Gußwaaren aus Roheisen
1,432537 „
„ Stabeisen
6,741981 „
„ Rohstahl
226831 „
„ Blech und Draht
350000 „
–––––––––––
Summe des erforderlichen
Roheisens
9,591753 Ctr.
Da nun die Production 1853 nur
betrug
6,126451 Ctr.
und die Roheiseneinfuhr aus dem
Auslande
1,978722 „
–––––––––––
so beläuft sich die Summe des
vorhandenen Roheisens auf
8,105479 Ctr.
Das Fehlende wird aber durch das wieder benutzte Bruch – und alte
Schmiedeisen, besonders auch durch abgenutzte Eisenbahnschienen ersetzt.
Die Einfuhr betrug 1853 außer der oben angegebenen Roheisenmenge: 168174 Ctr.
Stabeisen, Schienen und Stahl, 72669 Ctr. Klein- und Faconeisen, Blech. Draht
etc., 84627 Ctr. Gußwaaren und Maschinen, 26146 Ctr. grobe Eisen- und
Stahlwaaren und 5278 Ctr. feine Eisen – und Stahlwaaren. (Berg- und
hüttenm. Zeitung, 1855, Nr. 34.)
Verfahren, den zur Chlorbereitung angewandten Braunstein
wieder auf Mangansuperoxyd zu verarbeiten; von W. H. Balmain zu St. Helens, Lancashire.
Um den zur Chlorbereitung verwendeten Braunstein mit Vortheil auf Mangansuperoxyd zu
verarbeiten, geschieht dieß in Verbindung mit der Salmiakfabrication vermittelst der
ammoniakalischen Flüssigkeit der Steinkohlengas-Anstalten.
Man läßt in einen großen Bottich eine Quantität des ammoniakalischen Gaswassers
laufen und setzt demselben von der bei der Chlorbereitung zurückgebliebenen
Manganlösung zu, bis kein Niederschlag mehr entsteht oder die überstehende klare
Flüssigkeit mit Säuren nicht mehr aufbraust. Dieses Gemisch läßt man einige Stunden
stehen, zieht dann die klare Flüssigkeit ab, und verdampft sie, damit das darin
enthaltene salzsaure Ammoniak herauskrystallisirt. Der Niederschlag wird dann mit
Wasser angerührt und, nachdem er sich wieder gesetzt hat, die überstehende klare
Flüssigkeit abgezogen und ebenfalls zur Krystallisation abgedampft. Man bringt
diesen Niederschlag nun auf ein Filter, um das Wasser abtropfen zu lassen. Hierauf
gibt man ihn auf den Herd eines Flammofens und erhitzt ihn zum Rothglühen, bis er
aushört wie Zunder zu brennen und eine schwarze Farbe angenommen hat, wo er dann in
Mangansuperoxyd verwandelt ist.
Wenn dieses Mangansuperoxyd zur Chlorbereitung verwendet werden soll, kann man dem
Niederschlag, bevor man ihn auf das Filter gibt, Kalk beimischen; er wird dann im
Flammofen zum Theil in mangansauren Kalk verwandelt und kann folglich mehr Chlor
liefern.
Wenn die Gasanstalt welche das ammoniakalische Wasser liefert, von der Fabrik wo die
Manganlösung gewonnen wird, sehr entfernt ist, oder wenn das erzeugte
Mangansuperoxyd zur Glasfabrication verwendet werden soll, so verkocht man das
flüssige salzsaure Mangan zur Trockne und erhitzt es in einem Ofen auf eine solche
Temperatur, daß das Eisenoxyd unauflöslich wird; in diesem Zustand wird es in die
Nähe der Gasanstalt transportirt, um wieder in Wasser aufgelöst und auf beschriebene
Weise weiter behandelt zu werden.
Das Mangansuperoxyd läßt sich nach diesem Verfahren beliebig oft regeneriren,
vorausgesetzt daß man die freie Säure des Rückstands von der Chlorbereitung nicht
mit Kalk neutralisirt. – Patentirt in England am 31. März 1855. (London Journal of arts, Januar 1856, S. 36.)
Composition, um von Lithographien welche auf Malertuch
übertragen wurden, das Papier vollständig zu entfernen; von L. A. Besnard zu Paris.
In ein Gefäß welches erhitzt werden kann, gibt man ein Quart (2 1/2 Pfd.) weiches
Wasser und einen Löffelvoll Leinsamen; dieses Gemisch läßt man einige Minuten lang
sieden, nimmt es dann vom Feuer und seiht es durch, in ein reines Gefäß. In einem
halben Trinkglas des so präparirten Wassers löst man 400 Gran weißen feuchten Zucker
auf, seiht durch feine Leinwand und setzt diesem den Rest des präparirten Quarts
Flüssigkeit zu.
In ein Quart (2 1/2 Pfd.) Wasser, welches auf einem Sandbad im Kochen erhalten wird,
gibt man 800 Gran weißen Lein, während man mit einem hölzernen Spatel umrührt. Nach
beiläufig drei Minuten wird die Flüssigkeit vom Feuer genommen und durchgeseiht. Die
so bereitete Lösung wird mit dem Leinsamen-Wasser und der Zuckerlösung
gemischt und das Ganze wieder auf das Feuer gestellt. Wenn das Gemisch zu kochen
beginnt, rührt man es mit einem Kameelhaarpinsel um, welchen man mit der Flüssigkeit
gesättigt herauszieht, um damit schnell und leicht die Lithographie oder den
Kupferstich (die man vorher mittelst Uebertragpapiers auf das Malertuch übertragen
hat) auf- und nieder, in der Quere und hin und her zu überfahren; die
Zeichnung bleibt dann, von dem kleinsten Papiertheilchen vollständig befreit,
zurück; obige Lösung befestigt sie auf dem Malertuch augenblicklich. Das Trocknen
des Malertuchs erfordert mehr oder weniger Zeit, je nach der Temperatur. Nachdem
dasselbe mit Firniß überzogen worden ist, kann es nach den gewöhnlichen Methoden
bemalt werden. – Patentirt in England am 10. Febr. 1855. (London Journal of arts, Januar 1856, S. 33.)
Verfahren die Wollentuche haltbar schwarz zu färben; von
Thomas Richardson zu Leeds.
Der Hauptzweck dieses Verfahrens ist, die Wollentuche mit geringeren Kosten als nach
den jetzt gebräuchlichen Methoden haltbar schwarz zu färben; dieß geschieht, indem
man sie zuerst mit zweifach-chromsaurem Kali beizt, und dann in einem Bad von
schwefelsaurem Indigo und anderen geeigneten Färbematerialien ausfärbt.
In einen Kessel, welcher die erforderliche Menge Wasser enthält, gibt man 4 Pfd.
rothes chromsaures Kali, 3 Pfd. rothen Weinstein und 6 Pfd. käufliche Schwefelsäure.
Nachdem der Inhalt des Kessels auf den Siedepunkt erhitzt worden ist, haspelt man
das Wollentuch hinein und kocht es eine Stunde lang, indem man es gut ausgebreitet
herumhaspelt.
Die Färbeflotte wird in einem zweiten Kessel bereitet. Nachdem man denselben mit
Wasser gefüllt hat, setzt man 100 Pfd. Blauholz, 4 Pfd. Kamholz oder sonstiges
Rothholz, 2 Pfd. Gelbholz, 4 Pfd. schwefelsauren Indigo und 3 Pfd. Schwefelsäure zu.
Diese Mischung wird auf 75° Reaumur erhitzt und dann das Tuch
hineingehaspelt; die Flüssigkeit wird beiläufig 1 Stunde und 20 Minuten lang im
Kochen erhalten. Während dieser Zeit wird das Tuch öfters unter sorgfältigem
Ausbreiten Herumgehaspelt. Das gefärbte Tuch wird nun aus dem Kessel genommen, und in einer
Waschmaschine mit etwas Walkererde gereinigt. (Mit einem kleinern Verhältniß von
rothem chromsaurem Kali und Blauholz erhält man eine blaue Farbe.) Wenn ein ganz
sattes Schwarz verlangt wird, muß man der Färbeflotte ein wenig Bleizucker
zusetzen.
Das auf angegebene Weise schwarz gefärbte Tuch soll der Probe mit Säure (welche die
Kaufleute anzuwenden pflegen) eben so widerstehen, wie ein in der Waidindigküpe
gefärbtes. – Patentirt in England am 16. Mai 1855. (London Journal of arts, Januar 1856, S. 38.)
Ueber die Entfernung des Farbstoffs der ätherischen
Oele.
Ein früherer Versuch von Sachse deutet darauf hin, daß der
Farbstoff der ätherischen Oele trennbar ist. Es kommt nur darauf an ein Verfahren zu
finden, wie man durch Destillation eines einzigen ätherischen Oels dieses farblos
gewinnen kann. Ein solches Verfahren besteht, nach der Beobachtung des Dr. A. Overbeck, in
Folgendem: Man destillirt ein Gemisch des zu entfärbenden ätherischen Oels (in dem
angestellten Versuche Wermuthöl) mit dem gleichen Gewicht fetten Oels (Mohnöl) mit
einer fast gesättigten Kochsalzlösung. Das überdestillirte Oel war bis zum letzten
Tropfen farblos; der ganze Farbstoff blieb, an das fette Oel gebunden zurück.
(Archiv der Pharmacie, Bd. CXXXIV S. 149.)
Mittel, jungen Wein alt zu machen.
Auf mehrseitige Anfragen theilen wir hier das wirksamste und in der jetzigen
Jahreszeit am leichtesten anzuwendende Verfahren mit; es besteht nämlich darin, den
Wein der Kälte auszusetzen, ohne ihn jedoch gefrieren zu
lassen. Man bringt den Wein zu dem Ende in kleinen Gebinden, von 1 Anker bis 1 Ohm,
in ein ebenerdiges, heizbares und mit einem Thermometer versehenes Local. So lange
die Temperatur der äußeren Luft niedriger, als jene im
Innern des Locals ist, ohne jedoch unter – 4 1/2° R. zu sinken, werden
die Fenster und Thüren desselben offen gelassen; steigt hingegen die äußere
Temperatur über die innere, so sind die Thüren und Fenster zu schließen, und
letztere, wenn sie nicht mit Läden versehen sind, mit Strohmatten zu verhängen.
Sinkt aber die Temperatur im Local unter – 4 1/2° R., so wird ein
wenig geheitzt, jedoch nur so viel, als eben nöthig ist, um ein noch tieferes
Herabgehen der Temperatur zu verhüten. Kurz, es kommt darauf an, den Wein während der kalten Jahreszeit so lange als möglich
einer – 4 1/2° R. möglichst nahe kommenden Temperatur auszusetzen, da
bei einer Temperatur unter + 5° R. und bis – 4 1/2° R. in
wenigen Wochen eine vollständigere Abscheidung der im Wein gelösten
stickstoffhaltigen Materien stattfindet, als bei gewöhnlicher Kellertemperatur in 1
bis 2 Jahren. (Böttger's polytechn. Notizblatt, 1856, Nr. 4.)