Titel: | Ueber Devincenzi's Verfahren zum erhabenen Graviren auf Zink; Bericht von Hrn. Becquerel. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XLVI., S. 197 |
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XLVI.
Ueber Devincenzi's Verfahren zum erhabenen Graviren
auf Zink; Bericht von Hrn. Becquerel.
Aus den Comptes rendus, Decbr. 1855. Nr.
27.
Devincenzi's Verfahren zum erhabenen Graviren auf Zink.
Die (französische) Akademie der Wissenschaften hatte mich in Verbindung mit den HHrn.
Chevreul und Seguier beauftragt das Verfahren des
Erfinders zu prüfen, welches derselbe Elektrographie
nennt.Man sehe den betreffenden Aufsatz im polytechn. Journal Bd. CXXXVIII S. 368.A. d. Red.
Die Zinkographie, oder die Kunst auf Zink zu zeichnen, um dann Abdrücke in der Presse
zu machen, wird in England und in Deutschland schon längst ausgeübt, wo die Zinkplatten zum Theil die
lithographischen Steine ersetzt haben, was in Frankreich keinen Eingang fand. Hr.
Joseph Devincenzi, welcher
mit dem Zink erhaben gravirte Platten für die Buchdruckerpresse zu erhalten bestrebt
war, blieb nach vielen Versuchen bei dem Verfahren stehen, welches wir später
beschreiben. Vorher wollen wir bemerken, daß erst nach ihm Hr. L. P. Dumont ein Verfahren einschlug, welches
von dem uns jetzt beschäftigenden ganz verschieden ist. Dumont's Methode besteht darin, auf eine
Zinkplatte mit einer unauflöslichen Kreide seiner Erfindung, oder mit der
lithographischen Kreide oder Tinte zu zeichnen, dann die fette Substanz der
Zeichnung durch schwaches Erwärmen flüssig zu machen, hernach auf der Platte ein aus
Harz, Burgunder Pech und Asphalt bestehendes Pulver zu verbreiten, dann dasjenige
Pulver, welches nicht anhaftete, wegzublasen, endlich die Platte wieder zu erwärmen,
um das Pulver zu befestigen, welches die Zeichnung bedeckt. Die so vorgerichtete
Platte wird in ein Bad von Zinkvitriol getaucht, und mit dem negativen Pol einer
galvanischen Säule verbunden, die Flüssigkeit hingegen mit dem positiven Pol. Man
erhält so ein Relief welches man in Gutta-percha abformt, und diese Form
benutzt man, um auf galvanoplastischem Wege eine Reliefplatte darzustellen.
Das Verfahren Devincenzi's ist
von dem vorhergehenden verschieden. Man nimmt eine gewöhnliche Zinkplatte, deren
Oberfläche vorher mit gesiebtem Sand gekörnt worden ist, und zeichnet darauf mit
lithographischer Kreide oder Tinte; man passirt sie dann durch einen schwachen Absud
von Galläpfeln, und hierauf durch Gummiwasser, damit die von der Zeichnung nicht
bedeckten Theile der Zinkfläche den (unten angegebenen) Firniß nicht annehmen. Man
wäscht mit Wasser, dann entfernt man die Kreide oder Tinte mit Terpenthinöl, wie es
beim Präpariren des lithographischen Steins geschieht. Nach diesen Operationen
befeuchtet man die Platte und trägt mittelst der Walze einen Firniß auf, der aus
Asphalt, mit Bleiglätte gekochtem Leinöl und Terpenthin besteht, welchem man hernach
Lavendelöl zusetzt. Der Firniß haftet bloß an den mit Kreide oder Tinte überzogenen
Theilen. Man läßt 12 bis 15 Stunden lang trocknen; dann überfährt man die Platte mit
einem in sehr schwache Schwefelsäure getauchten Pinsel, um die nicht mit Firniß
überzogene Oberfläche abzubrennen; hierauf taucht man die Platte in eine
Kupfervitriol-Auflösung von 15° Baumé, worin eine Kupferplatte
von gleicher Große parallel mit ihr in fünf Millimeter Entfernung angebracht wird,
die man dann mit der Zinkplatte vermittelst eines Kupferstäbchens in Verbindung
setzt. Die nicht mit Firniß überzogenen Theile der Zinkplatte werden chemisch durch
die Kupfervitriol-Auflösung angegriffen, und elektrochemisch durch die Wirkung des
Volta'schen Paares, während jene Auflösung den Firniß gar nicht angreift. Man nimmt
die Zinkplatte von Minute zu Minute aus dem Bade, um das abgelagerte Kupfer zu
entfernen, und schon nach vier bis acht Minuten ist das Relief so weit gediehen, daß
davon eine sehr große Anzahl von Abdrücken in der Buchdruckerpresse gemacht werden
kann.
Um uns zu versichern, daß sowohl die zartesten Striche als die Halbtöne bei diesem
Gravirverfahren reproducirt werden, ersuchten wir unsern ausgezeichneten Künstler,
Hrn. Chatillon, irgend einen
scharf begränzten Gegenstand auf eine gekörnte Zinkplatte zu zeichnen; diesem Wunsch
entsprechend, zeichnete derselbe das Porträt des Perugino nach Raphael, worin
außerordentlich feine Striche als Merkzeichen dienen sollten. Mit dieser Platte
führte dann Hr. Devincenzi in
unserer Gegenwart die beschriebenen Operationen aus, worauf wir sie Hrn. Plon zum Druck übergaben; alle
Abdrücke waren die vollkommene Copie der Zeichnung, was auch Hr. Chatillon anerkannte; die kaum
sichtbaren Merklinien wurden aufgefunden.
Da der Zink von der Kupfervitriol-Auflösung direct angegriffen wird, so fragt
es sich, ob die elektrochemische Wirkung durchaus nothwendig ist; wir ersuchten
daher den Erfinder, eine nach dem beschriebenen Verfahren gezeichnete und präparirte
Zinkplatte sechs Minuten, also eben so lang wie die vorige, bloß in eine
Kupfervitriol-Auflösung von 15° Baumé zu tauchen, und dann
Abdrücke davon zu machen. Die erhaltenen Abzüge waren ungenügend, denn die Umrisse
der Zeichnung waren nicht scharf und mehrere Theile kamen gar nicht zum Vorschein.
Dadurch überzeugten wir uns, daß die Mitwirkung eines Volta'schen Paares, welche der
Erfinder anwendet, nicht zu entbehren ist; dasselbe ätzt tiefer und gleichförmiger,
ohne die Zeichnung des Künstlers im geringsten zu benachtheiligen. Hr. Devincenzi ließ vom Kopf des
Perugino achthundert Abdrücke machen; von anderen Platten zog er dreitausend ab, und
die letzten waren so schön wie die ersten. Da der Zink mehr Widerstand darbietet,
als die zum Abklatschen gebräuchliche Legirung von Blei und Spießglanz, so glaubt
Hr. Devincenzi, daß man von
den erhaben geätzten Zinkplatten wenigstens eben so viele Abdrücke wird machen
können wie von den Stereotypplatten.
Devincenzi's Verfahren zum
erhabenen Graviren oder Aetzen auf Zinkplatten erfüllt daher den Zweck des
Erfinders, nämlich den Holzstich durch den Zinkstich zu
ersetzen. Für die Holzstiche oder Holzschnitte ist ein Zeichner und ein
Graveur erforderlich; für die Zinkstiche braucht man nur einen Zeichner. Im
Vergleich mit der Lithographie auf Stein oder auf Zink, hat dieses Verfahren den großen
Vortheil, daß man eine sehr beträchtliche Anzahl von Abdrücken mit geringen Kosten
machen kann, während diese Anzahl bei der Lithographie sehr beschränkt ist und
überdieß theurer zu stehen kommt.
Die Commission der Akademie spricht sich schließlich dahin aus, daß das von Hrn.
Devincenzi entdeckte
Verfahren für die Künste von großer Wichtigkeit ist.