Titel: | Elektrotelegraphischer Signalapparat für Eisenbahnen, welchen sich Ritter Gaetano Bonelli zu Turin, Generaldirector der sardinischen Telegraphen, am 25 Januar 1855 für England patentiren ließ. |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXXVII., S. 167 |
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XXXVII.
Elektrotelegraphischer Signalapparat für
Eisenbahnen, welchen sich Ritter
Gaetano Bonelli zu Turin, Generaldirector der sardinischen Telegraphen,
am 25 Januar 1855 für England patentiren
ließ.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1855, Nr.
1678.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Bonelli's elektrotelegraphischer Signalapparat für
Eisenbahnen.
Dieser Apparat gestattet einem oder mehreren Wagenzügen oder Locomotiven, während der
Fahrt oder im Zustande der Ruhe, mit einander oder mit den Telegraphenstationen
längs der Linie zu correspondiren. Der Erfinder bedient sich eines isolirten
Leiters, welcher der Länge nach zwischen beide Schienen gelegt wird. Auf diesem
Leiter gleitet ein Metallstück, der sogenannte „Gleiter“ oder
eine Frictionsrolle, welche an der Locomotive, dem Tender oder einem sonstigen Wagen
befestigt ist, und mit einem auf demselben angeordneten elektrotelegraphischen
Apparat in leitender Verbindung steht. Letzterer Apparat communicirt mit der Erde
vermittelst der Räder der Locomotive und der Bahnschienen oder mittelst eines
besonderen auf den Schienen gleitenden Metallstückes. Auf diese Weise geht ein
elektrischer Strom durch den isolirten Leiter, den telegraphischen Apparat der
Locomotive, welche mit einer kleinen Batterie versehen ist, und durch die Erde. Der
telegraphische Apparat kann von irgend einer bekannten Construction seyn und die
Anordnung des isolirten Conductors kann nach den Umständen abgeändert werden. Man kann letztern an seinen
Enden mit einer Telegraphenstation in Verbindung und dadurch diese mit den auf der
Linie befindlichen Locomotiven in Correspondenz setzen, oder seine Enden einfach in
das Erdreich senken. Die Herstellung einer derartigen Telegraphenleitung ist nach
des Erfinders Angabe weniger kostspielig, als das seitherige System der
Drahtleitungen. Da jede Maschine oder jeder Wagenzug mit einem vollständigen, zur
Absendung so wie zum Empfang von Depeschen eingerichteten Apparate versehen ist, so
kann jeder Zug mit dem nächst folgenden oder vorangehenden Zug correspondiren, und
sich von der jedesmaligen Lage eines solchen Zuges vergewissern. Sollte die Bahn an
irgend einer Stelle wegen eines Hindernisses unbefahrbar seyn, so legt man einen
eisernen Stab vor dieser Stelle quer über die Schienen, so daß derselbe mit dem
Leiter und einer der Bahnschienen in Berührung ist; alsdann geht ein Strom durch die
Locomotive und der Locomotivführer erkennt an den Ablenkungen der Nadel, daß sich
ein Hinderniß auf der Bahn befindet und daß daher mit Vorsicht gefahren werden muß.
Auch kann ein Zug mit der Telegraphenstation correspondiren und erfahren, ob die
Bahn an dieser Station in Ordnung sey.
Längs der Linie ab, Fig. 6, ist eine eiserne
Schiene gelegt, auf welcher ein von der Locomotive herabhängendes Metallstück d gleitet. Dieses Metallstück steht in Verbindung mit
der Spirale e, welche einen Theil des Wheatstone'schen Nadeltelegraphen mit einer Nadel bildet. Zifferblatt und Handhabe des
letzteren befinden sich unter den Augen und in dem Bereiche des Locomotivführers.
Ein Draht c stellt die Communication mit der Erde her,
entweder durch Vermittelung der Locomotivräder, oder mittelst eines Metallstücks,
welches längs den Schienen gleitet. Die Locomotive mag nun in Bewegung seyn oder
nicht, so nimmt ein elektrischer Strom, welcher von a
oder b kommt, den durch die Pfeile 1 bis 5 angedeuteten
Weg, bewirkt eine Ablenkung der Magnetnadel und kehrt durch das Erdreich wieder
zurück. Auf diese Weise können der Locomotive von vor- oder rückwärts
gelegenen Stationen Depeschen zugesandt werden.
Hat die Locomotive, welche die Signale empfängt, eine Batterie bei sich, deren Kette
bei x zwischen den Pfeilen 4 und 5 unterbrochen ist, so
hat es gar keine Schwierigkeit nach einer andern Locomotive oder andern längs der
Bahnlinie gelegenen Stationen zu signalisiren. Fig. 7 stellt den Aufriß,
Fig. 8 den
Grundriß einer Bahnstrecke dar mit einer Telegraphenstation A, ferner drei Locomotiven B, C, D und einem
Wagen E, welcher in Folge eines Unfalles auf den
Schienen geblieben ist. Zwischen den Schienen r ist der
isolirte eiserne Leiter a, b befestigt, welcher auf
irdenen oder sonstigen isolirenden Trägern f ruht. Diese
sind in der durch die Figuren 9 und 10
angedeuteten Weise an die Querschwellen der Eisenbahn befestigt. Fig. 12 stellt einen
irdenen Träger anderer Art dar, welcher mittelst eines zweckdienlichen
Schraubenbolzens an die Querschwellen befestigt ist. Der vollkommeneren Isolirung
wegen ist es rathsam, sämmtliche Flächen dieser Stange, ausgenommen die mit der
Locomotive in Communication befindliche, mit einer bituminösen Substanz zu
überziehen. Bei Uebergängen muß diese Schiene unter die Bahnschienen gelegt werden.
Der Patentträger bemerkt, daß diese Leitscheine bei gewöhnlichen Telegraphen statt
der üblichen Drahtleitung angewendet werden könne, und glaubt, daß sie der letzteren
gegenüber den Vortheil der größeren Billigkeit und Sicherheit habe. In diesem Falle
würde die Stange ganz mit Theer überzogen, und könnte noch, wie die Punktirung in
Fig. 9
andeutet, eine Art Schutzdach erhalten. Die Enden der Schienen, welche den isolirten
Leiter bilden, müssen in vollkommenem metallischem Contract stehen; sie werden daher
mittelst Schrauben vereinigt, und es hat sich rathsam gezeigt, an der Fuge ein Stück
Zinnblech einzuschalten.
Da, wo die Bahn wechselt oder Zweigbahnen einmünden, bedient man sich der in Fig. 11
dargestellten Einrichtung. Die Schiene a, b wird
unterbrochen, und die Communication zwischen den beiden Enden mittelst der Stange
k hergestellt, welche dick mit Theer überzogen ist
und unter der Erde hingeführt wird. Das längs des Leiters gleitende Metallstück
begegnet der Schiene l, welche den Zweck hat, dasselbe
zu unterstützen; diese Schiene ist von den Leitern a, b
ganz unabhängig. In Folge dieser Einrichtung wird zwar der elektrische Strom,
während der Gleiter über die Schiene l hingleitet,
unterbrochen, aber diese Unterbrechung ist von so kurzer Dauer, daß dieser
Uebelstand nicht von Belang ist.
Für telegraphische Stationen kann der Leiter a, b auf
ähnliche Weise unterbrochen und die Schiene l mit dem
telegraphischen Apparat in Verbindung gebracht werden, so daß die Schiene
solchergestalt einen Theil der Kette bildet. Anstatt den Hauptstrom durch sämmtliche
Spiralen der telegraphischen Apparate gehen zu lassen, wodurch seine Stärke eine
Schwächung erleiden würde, kann man sich auch von andern Quellen hergeleiteter
elektrischer Ströme bedienen. In Folge dieser Einrichtung würden die von einer
Station oder Locomotive ausgehenden Signale auf sämmtlichen übrigen Stationen längs
der Linie reproducirt. Und in der That muß der von der ersten Station ausgehende
Strom sämmtliche Spiralen der verschiedenen Apparate afficiren.
Der von irgend einem speciellen Apparat ausgehende vollständige Strom begegnet keinem
andern äußeren Widerstand, als dem des Apparates selbst, die Zahl der übrigen
Apparate der Linie ändert diesen Widerstand nicht im mindesten. Der Widerstand der
Spirale derjenigen Station, von welcher eine Depesche abgeht, läßt sich leicht
beseitigen durch Anwendung eines zweiten Leiters, welcher im Moment der Transmission
durch eine einfache Handbewegung des Telegraphisten in die Kette eingeschaltet wird,
und eine geeignete Quantität des elektrischen Stromes aufnimmt. Obgleich eine
isolirte Leitungsschiene von großem Querschnitt sehr vortheilhaft erscheinen mag,
indem dadurch der Leitungswiderstand beinahe gänzlich beseitigt wird, so gestattet
sie doch nur die Anwendung inducirter elektrischer Ströme, welche die nothwendige
Stärke der Batterien bedeutend schwächen, anstatt den Strom zu nöthigen, sämmtliche
Spiralen zu durchlaufen. Dieses System ist indessen wirksam, selbst wenn man der
Leitschiene einen Durchmesser gleich demjenigen eines der gewöhnlichen
Telegraphendrähte gibt. In diesem Falle können, da der Widerstand des Leiters nicht
mehr unbedeutend ist, die Stationen oder Locomotiven nur mit einer beschränkten
Anzahl anderer Stationen oder Locomotiven, d.h. nur mit den zunächst gelegenen
correspondiren.
Der Gleiter, oder das von der Locomotive herabhängende Metallstück vermittelt die
Communication zwischen dem Leiter und dem telegraphischen Apparat. Der in Fig. 13
dargestellte Gleiter besteht einfach aus einer eisernen Schiene von rectangulärem
Querschnitt m, die sich an ihrem untern Ende in das
krumme und mit einer Rinne versehene Stück n endigt,
welches auf dem isolirten Leiter ruht. Die Stange m
bewegt sich in einer an das Maschinengestell befestigten irdenen Führung o und ist an ihrem oberen Ende mit einer Erweiterung p versehen, welche ihrem Niedersinken Schranken setzt.
Der mit dem obern Theil des Gleiters verbundene Draht q
communicirt mit dem telegraphischen Apparat der Maschine. Die Schiene m, welche schwer genug ist, um das Gleitstück beständig
gegen den Leiter gedrückt zu erhalten, ist mit zwei Armen m' versehen, mit welchen die gleitenden Stücke r verbunden sind. Die letzteren haben den Zweck die Leitschiene rein zu
erhalten.
Bei Eisenbahnen mit doppeltem Schienenweg kann man sich eines einzigen zwischen
beiden Bahnen angeordneten Leiters bedienen. In diesem Falle bedürfen die
Instrumente an den Stationen nicht zweier Nadeln, auch muß alsdann das Gleitstück
seitwärts an der Locomotive befestigt und mittelst einer Feder oder sonstigen
Vorrichtung gegen die Seite des Leiters gedrückt werden. Damit beim Begegnen der
Züge keine Störung entstehe, drücken die Gleitstücke der verschiedenen Züge gegen
zwei verschiedene Seiten
der Leitschiene. In Folge dieser Anordnung können die Züge verschiedener Bahnlinien
mit einander communiciren.
Hr. Bonelli glaubt, daß die
Communication mit der Erde leicht mittelst eines guten Leiters der Elektricität
herzustellen sey, welcher gegen die Achse eines Räderpaares, z.B. der Treibräder der
Locomotive, gedrückt würde. Angenommen nun, die Locomotive B sey im Begriff von der Station A abzufahren,
so bewegt zunächst der Locomotivführer die Handhaben des Apparates. Befindet sich
nun keine andere Locomotive vor oder hinter ihm auf der Bahnlinie, und ist die
Schiene gehörig isolirt, so wird keine Ablenkung der Nadeln stattfinden; er kann
daher in vollkommener Sicherheit abfahren. In der Regel aber werden sich Locomotiven
auf irgend einer Stelle der Bahn befinden, und in diesem Falle wird die Nadel
abweichen. Der Führer der Locomotive C wird aber auch
die Ablenkung seiner Nadel wahrnehmen, und augenblicklich antworten, an welcher
Stelle der Bahn er sich befindet. Auf diese Weise erfährt der erste, ob er mit
Sicherheit abfahren kann oder nicht.
Die Führer der Locomotiven B und C können während der Ruhe oder während der Fahrt mit einander
correspondiren, und die unter einander gewechselten Signale werden von sämmtlichen
Bahnzügen der nämlichen Linie verstanden. Wenn man vor der Station A die Leitschiene unterbricht und die beiden Enden mit
den an dieser Station befindlichen Drähten des Instrumentes in Verbindung setzt, so
daß der Strom durch dasselbe circuliren kann, so können Signale zwischen der Station
und den in ihrer Nähe befindlichen Zügen gewechselt und von den letztern die etwa
nöthigen Instructionen eingeholt werden. Bei Eisenbahnen mit zwei Geleisen, wovon
jedes seine eigene Leitschiene besitzt, muß der Stationsapparat mit zwei Nadeln
versehen seyn, nämlich mit einer Nadel für jede Schiene.
Sollte es aus irgend einer Ursache nöthig seyn, einige Wagen auf der Bahn
zurückzulassen, so können die sich nähernden Züge einfach dadurch vor der Gefahr
gewarnt werden, daß man eine Eisenschiene so legt, daß sie die Leitungsschiene und
die Bahnschienen berührt. Der Führer des sich nähernden Zuges wird alsdann eine
Ablenkung seiner Nadel bemerken, und da er auf seine sofortige telegraphische
Anfrage keine Antwort erhält, so ist ihm dieses ein Zeichen, daß ein Hinderniß
existirt und daß er somit vorsichtig zu fahren hat. Zu diesem Zwecke würde es jedoch
nöthig seyn, die Enden der Leitungsschiene zu isoliren, anstatt sie in das Erdreich
treten zu lassen. Die Stärke der Ablenkung der Nadel setzt den Locomotivführer in
den Stand die ungefähre Entfernung des Hindernisses zu schätzen. Zur gleichzeitigen
Communication mit den Bahnzügen verschiedener Geleise braucht man einfach nur die Enden der
Leitungsschienen beider Geleise mit einander in leitende Verbindung zu setzen und
wie oben zu verfahren. An der Locomotive kann, wie bei gewöhnlichen Telegraphen, ein
Wecker angebracht werden.
Vorstehendes System besitzt, wie Hr. Bonelli bemerkt, abgesehen von seinem großen Nutzen in Anwendung auf
bewegliche Telegraphenstationen, d.h. Locomotiven, auf gewöhnliche Telegraphen
angewandt, noch folgende wichtige Vortheile:Wir verweisen hinsichtlich des praktischen Werths dieses sinnreichen Systems
auf die Bemerkungen im polytechn. Journal Bd. CXXXVII S. 74.A. d. Red.
1) seine leichte Anordnung über dem Boden und die Einfachheit seiner Träger;
2) da der Querschnitt der Leitungsschiene größer ist, als derjenige eines
gewöhnlichen Telegraphendrahtes, so ist dadurch auch der Leitungswiderstand
bedeutend geringer.
Weitere Vortheile sind:
3) die allgemeine Einrichtung der Telegraphenstationen, wonach jedes Instrument mit
der Erde in leitende Verbindung gebracht ist und durch einen besonders abgeleiteten
anstatt durch einen directen Strom in Gang gesetzt wird;
4) die Leichtigkeit, womit das Instrument gehandhabt und reparirt werden kann;
5) die Wohlfeilheit der Batterien, indem die auf große Entfernungen hin zu
telegraphirenden Depeschen keine größere Kraft erfordern, als die auf geringe
Entfernungen zu befördernden;
6) die große Leichtigkeit, womit vermöge dieses Systems abgeleiteter Ströme mit einer
beliebigen Anzahl von Stationen correspondirt werden kann;
7) die isolirte Thätigkeit jedes Instrumentes, vermöge welcher die Zwischenstationen
nicht, wie bei dem bestehenden System, die Verbindungen zu unterbrechen
brauchen;
8) die Möglichkeit, bei seiner Anwendung auf Eisenbahnen die Anzahl fester
Telegraphenstationen beträchtlich zu reduciren, indem diese, dem vorliegenden System
gemäß, nur an wichtigen Punkten angebracht würden.