Titel: | Verbesserte Zündhütchenmaschine; von H. Josten, Mechaniker in Ratingen bei Düsseldorf. |
Autor: | H. Josten |
Fundstelle: | Band 139, Jahrgang 1856, Nr. XXV., S. 102 |
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XXV.
Verbesserte Zündhütchenmaschine; von H. Josten, Mechaniker in
Ratingen bei Düsseldorf.
Mit Abbildungen aus Tab.
II.
Josten's verbesserte Zündhütchenmaschine.
Unter den vielen Maschinen welche zur Fabrication der Zündhütchen erforderlich
sindWir verweisen auf die Beschreibung der Maschine zum Einpressen der
Metalldecke in die Kupferzündhütchen, dann der Lademaschine für die
Zündhütchen, im polytechn. Journal Bd.
CXXXVIII S. 14 und 338.A. d. Red., ist keine von solcher Wichtigkeit, als die Maschine zur Darstellung von
Kapseln; von dieser hängt gewissermaßen die ganze Regelmäßigkeit der Fabrication ab.
Die Pariser Maschinen haben meistens den Fehler, daß sie zu schwach gebaut sind, was
öfters Störungen in der Arbeit verursacht; auch sind die Excentrics zu klein, was
die Maschine verhindert einen größeren Hub zu machen, daher sie zur Darstellung
langer Kapseln, wie derjenigen der Militär-Zündhütchen, gar nicht verwendet
werden kann. Ferner sind diese Maschinen zu gedrängt in ihrer Zusammensetzung,
welches dem Arbeiter beim Wechseln der Hohlstempel (Flöten) und der Stifte sehr
hinderlich ist; andere Theile, z.B. die unteren Stiftplatten, können wieder durch
unzweckmäßige Befestigung nicht an ihrer richtigen Stelle gehalten werden, wodurch
ein unnöthiger Verschleiß von Flöten, Stiften und Schneideplatten entsteht, und eine nicht unbedeutende
Masse von fehlerhaften Kapseln und viel Schrot veranlaßt wird. Meine Hauptaufgabe
war daher, diese Mängel durch eine zweckmäßige Construction der Maschine zu
beseitigen, ohne dieselbe in ihren wesentlichsten Theilen einer Veränderung zu
unterwerfen, und meine unausgesetzten Bemühungen wurden auch vom schönsten Erfolge
gekrönt. Einfachheit und Zweckmäßigkeit war hier, wie bei allen meinen mechanischen
Vorrichtungen das Hauptziel, welches dann selbstredend die größte Dauerhaftigkeit
zur Folge hat.
Meine Maschine (Fig.
1 bis 10) besteht aus folgenden Theilen:
a Gestell der Maschine aus
Gußeisen.
b Querstück, als Verbindungsstück,
Lagerdeckel und Führung dienend.
d Achse mit zwei Excentrics und
Krummzapfen aus einem Stück geschmiedet.
c Backen, welche die gußstählernen
Führer des Prismas umfassen.
e Stahlstangen (obere).
i Stahlstangen (untere).
f Schneideplatte.
g Obertheil der Schneideplatte.
h Reiterhalter.
k Zugstange.
l Prisma.
m Führung für das Prisma,
n Stellschrauben dazu.
o Schrauben zum Befestigen der
Backen.
p Leitstifte.
q Stiftmutternplatten,
r Stellschrauben dazu.
s Schrauben zur Befestigung der
Stiftmutternplatten.
t Mutter dazu,
u Schrauben zur Befestigung der
Stiftmutter,
v Stiftmutter,
w Stift (in natürlicher Größe
gezeichnet).
x Unterlagscheibe.
y Schwungrad.
z Mutter zur Befestigung des Rades an
der Achse.
1 Flötenstempel.
2 Flötenhalter.
3 Schrauben zur Befestigung des Flötenhalters an das Prisma.
Fig. 1 vordere Ansicht der Maschine.
Fig. 2a Querschnitt nach der Linie AB und obere Ansicht der Basis des Gestelles.
Fig. 2b Achse mit dem Krummzapfen und den
Excentrics.
Fig. 3a Längendurchschnitt eines gewöhnlichen
Flötenhalters;
Fig. 3b obere Ansicht desselben.
Fig. 4a obere Ansicht meines verbesserten
Flötenhalters;
Fig. 4b Längendurchschnitt desselben.
Fig. 5 gewöhnliche Flöte in natürlicher Größe und Form.
Fig. 6 Flöte zum verbesserten Flötenhalter in natürlicher Größe.
Fig. 7 Anordnung der Befestigung der Stifte, Stiftmuttern und
Stiftmutternplatten.
Fig. 8 obere Ansicht der Stiftmutternplatte.
Fig. 9 und 10 Anordnung der
Verbindung der Seitenstangen zur Führung der Schneideplatte und des Reiters.
Dieselben Buchstaben bezeichnen in allen Figuren die nämlichen Gegenstände. Fig. 1, 2a, 2b, 9 und 10 sind in 1/4 der wirklichen Größe, Fig. 3a, 3b, 4a, 4b in 1/2 der wirklichen Größe, Fig. 5, 6, 7, 8 in wirklicher Größe
gezeichnet.
Das Gestell der Maschine ist mit der ovalen Grundplatte und den beiden Seitenständern
aus einem Stück gegossen. Oben nimmt es zwei Lager von gutem Rothguß auf, in welchen
die Achse zu liegen kömmt, auf der das Schwungrad einerseits und zwei Riemscheiben
andererseits aufgesteckt sind. Die Achse ist an demjenigen Ende, wo sich die
Riemscheiben befinden, um so viel verlängert, daß man noch eine Kurbel vermittelst
einer Mutter daran befestigen kann, was auch dann nicht selten wünschenswerth ist,
wenn die Maschine von irgend einer Kraft in Bewegung gesetzt wird, namentlich beim
Einsetzen neuer Flöten oder Stifte. Ein Querstück, welches als Lagerdeckel dient,
verbindet die beiden Ständer mit einander und gewährt daher zunächst dem Ganzen mehr
Festigkeit. In der Mitte nimmt es eine Schraube auf, welche dazu dient den Reiter
aufzuhalten und den Hub desselben zu reguliren. Zugleich dient das Querstück den
beiden Seitenstangen, welche den Reiter tragen und an denen am untersten Ende die
Schneideplatte hängt, als obere Führung. Mittelst vier Schrauben ist es auf eine
passende Weise mit dem Gestell verbunden, so daß man erforderlichen Falles den
Lagern mehr Schluß geben kann. Die Mitte der Achse bildet einen Krummzapfen, woran
die Zugstange hängt, welche bei der Rotation der Achse das Prisma auf und nieder
führt. Zu beiden Seiten dieser Kurbelwarze sind zwei Excentrics angebracht, mit der Achse aus
einem Stück geschmiedet, von eigenthümlicher Form, welche die Bestimmung haben,
während die Achse rotirt, die Schneideplatte theils zu heben, theils stillstehend zu
halten. Der Zweck dieses Stillstandes ist das Ausschneiden, der Zweck der Bewegung,
die Formirung der Kapsel. Die Anordnung dieses Theiles der Maschine ergibt sich am
deutlichsten aus Fig. 10, welche die Stangen von der Seite der Maschine und die Achse von
einem der Enden aus gesehen darstellt. Das Mittel dieser Fig. 10 bildet hier einen
Rahmen, der oben mit einer viereckigen gußeisernen Platte geschlossen ist, an
welcher sich an ihrer unteren Fläche zwei gut gehärtete Stahlstücke befinden, die
auf den Excentrics der Achse ruhen, während die andere obere Fläche zwei glatt
abgedrehte Stahlstängelchen enthält, die in dem Querstück ihre Führung haben. Unten
wird dieser Rahmen durch ein Querstück Fig. 9 getragen, in dessen
Mitte eine andere Stahlstange angebracht ist, die ihre Führung in dem Prisma hat,
während das Prisma seine Führung in den Stahlstücken hat, welche sich in den
Backenstücken befinden, die mit Schrauben an das Gestell befestigt sind. Diese
Stange kann beliebig verlängert werden, weßhalb sie lose durch das Querstück Fig. 9 gleitet
und mit zwei Muttern an dessen Flächen festgehalten wird; am untern Ende ist sie
ebenfalls mit Gewinde und Mutter versehen, um die Schneidplatte und den Obertheil
derselben jederzeit losnehmen zu können. Die beiden erwähnten Stahlstücke worin das
Prisma gleitet, können mit Stellschrauben angedrückt werden, um ihnen den
erforderlichen Schluß zu geben. Aus demselben Grunde ist auch die Zugstange mit
einem Schließkeil so eingerichtet, daß bei unvermeidlichem Verschleiß der Lager
dieselben angezogen werden können. Unter dem Prisma ist der Flötenhalter (zur
bessern Deutlichkeit in Fig. 3a und 3b in 1/2 wirklicher Größe dargestellt) vermittelst zweier Schrauben
unbeweglich festgeschraubt. Derselbe ist aus Gußstahl angefertigt, glashart gehärtet
und hinsichtlich der Genauigkeit das wichtigste Stück in der Maschine. In Fig. 5 sieht
man eine Flöte in natürlicher Größe in einem Flötenhalter, welcher durchschnitten
ist. Vermittelst eines der Flötenstempel wird die Flöte in dem Flötenhalter
niedergehalten, indem man quer durch das Prisma einen Keil schiebt und ihn so lange
antreibt, bis er die Flöte gehörig fest in den Flötenhalter preßt. Eine Oeffnung in
dem Prisma, unmittelbar über dem Flötenhalter, von entsprechender Weite, an welcher
eine Rinne angebracht wird, gestattet den Kapseln den Weg in einen nebenstehenden
Kasten und zugleich dem Arbeiter genügende Einsicht in das Innere der Maschine, um
von Zeit zu Zeit die Hütchen zu besichtigen. Die andere Seite dieser Oeffnung in dem
Prisma ist mit einer kleinen durchlöcherten Platte versehen, welche hinreichend
Licht durchläßt und so angeordnet ist, daß sie leicht weggenommen werden kann, um beim Einsetzen neuer
Flöten nicht hinderlich zu seyn.
Die Stiftmutternplatte, deren Anordnung und Befestigung an die Grundplatte der
Maschine sich aus Fig. 7 ergibt, wo dieselbe in 1/2 wirklicher Größe mit Stiftmutter und
Stift dargestellt ist, ist gegen jede Verschiebung von der Seite gesichert und kann
vermittelst der Stellschrauben, welche in der Stiftplatte selbst ihre Mutter haben,
während das unterste Ende auf der Grundplatte der Maschine ruht, auf jede beliebige
Höhe gestellt werden.
Die wesentlichsten Vortheile welche meine Maschine gewährt, sind zu klar in die Augen
fallend und zu bewährt befunden worden, als daß es nöthig wäre darüber etwas noch
hinzuzufügen. Arbeiter welche auf der Pariser Maschine durchaus nicht fertig werden
konnten, leisteten auf meiner Maschine Vorzügliches. Hinsichtlich des Kostenpreises
ist sie ebenfalls den Pariser Maschinen vorzuziehen, und bezüglich der
Dauerhaftigkeit begnüge ich mich zu bemerken, daß eine von mir nach vorliegender
Zeichnung erbaute Maschine, welche täglich im Gebrauch war, nach Verlauf von zwei
Jahren, bei einer strenge vorgenommenen Revision, noch in so gutem Zustande erfunden
wurde, daß weder Stellschrauben noch Lager angezogen werden mußten, wobei die
Maschine von Hand getrieben durchschnittlich 90,000 Kapseln per Tag lieferte. Acht solche, etwas später angefertigte Maschinen,
befinden sich sämmtlich noch in voller Thätigkeit.
Die Maschine ist offenbar einfach construirt; alle ihre Theile sind dem Arbeiter ohne
Mühe zugänglich, können in jeder beliebigen Richtung verstellt werden und gewähren
überdieß den Vortheil, daß man die größten wie die kleinsten Hütchen auf einer und
derselben Maschine darstellen kann.
Da der Gußstahl am geeignetsten zu den Flöten verwendet wird, so ist es wesentliche
Bedingung, denselben in hinlänglicher Qualität und Quantität zu besitzen, um des
zeitraubenden Probirens des Stahls überhoben zu seyn. Selbst unter der besten
Qualität finden sich jedoch Stangen vor, welche feine Risse haben und sich erst beim
Härten als schadhaft erweisen. Nichts hemmt aber mehr die Arbeit, als das öftere
Wechseln der Flöten. Denn wenn eine Flöte in der Maschine springt, so verletzt sie
zugleich die Schneidplatte mehr oder minder, und man ist genöthigt diese zuvor
wieder auszubessern. Um dieses Uebelstandes möglichst überhoben zu seyn, construirte
ich mir einen besondern Flötenhalter, der mir wesentliche
Dienste leistet. Die Flöten bleiben der innern Form nach dieselben, erleiden aber in
der äußern eine Aenderung, wie man aus Fig. 5 ersieht, welche
eine gewöhnliche Flöte, und aus Fig. 6, welche eine für
meinen verbesserten Flötenhalter darstellt. Der Flötenhalter selbst ist in Fig. 4a und in Fig. 4b in 1/4 wirklicher Größe gezeichnet. Er besteht aus Gußstahl,
braucht jedoch nicht gehärtet zu werden, welches ebenfalls ein Vortheil ist. Während
die Löcher in dem gewöhnlichen Flötenhalter von oben nach unten conisch ausgebohrt,
sind dieselben hier ganz cylindrisch, so daß die Flöte genau in das Loch paßt. Es
wird nun das Loch, nach außen zu, halb durch eine Backe ersetzt, welche vermittelst
einer Stellschraube fest an die Flöte angepreßt wird. Der Flötenstempel fällt hier,
nebst dem auf ihn wirkenden Keil, welcher nicht mit Unrecht der Zerstörer der
Flötenhalter genannt wird, ganz weg. Man gewinnt dadurch wieder mehr Raum für die
Hütchen, kann auch die Flöten besser einsetzen und, was von noch größerer
Wichtigkeit ist, dieselben besser herstellen. Oben über den Flöten liegt eine kleine
Platte von gehärtetem Stahl, bei welcher Anordnung die Flöte sich durch das Arbeiten
immer fester setzt, während sie in den alten Flötenhaltern das Bestreben hat immer
lockerer zu werden, je stärker der Druck in der Maschine ist. Durch die Anwendung
eines solchen Flötenhalters erleidet die Maschine keine Veränderung, da derselbe an
jedes Prisma statt des bisherigen befestigt wird. In diesen Flötenhaltern erhielt
man ganz schöne Hütchen mit Flöten, welche bereits gerissen waren, als sie
eingesetzt wurden, und es wurde damit eben so lange gearbeitet, als wenn sie ganz
gewesen wären. Ein solcher Flötenhalter macht beim Uebergehen von einer Sorte
Hütchen zur andern die theuren Prismas entbehrlich, wogegen ein gewöhnlicher ein
besonderes Prisma erfordert; seine Dauerhaftigkeit ist hinlänglich erprobt.