Titel: | In England erlangte Erfahrungsresultate über die bei der Eisenfabrication erforderlichen Maschinenkräfte. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. LIV., S. 200 |
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LIV.
In England erlangte Erfahrungsresultate über die
bei der Eisenfabrication erforderlichen Maschinenkräfte.
Aus „The Iron
Manufacture of Great Britain, theoretically and practically
considered“, von dem Ingenieur W. Truran
(London, Septbr. 1855.)Obgleich Britannien mehr Eisen producirt als alle anderen Länder
zusammengenommen, so hatte seine Literatur bis jetzt doch noch keine dem
Praktiker genügende Beschreibung seiner Eisenhüttenprocesse aufzuweisen. Das
vorliegende Werk (23 Bogen 4. und 23 Tafeln) ist vortrefflich und eine deutsche
Bearbeitung unter der Feder eines bekannten deutschen Technikers.H.
Erfahrungsresultate über die bei der Eisenfabrication
erforderlichen Maschinenkräfte.
Hohöfen. – Bei einer Windpressung von 3 Pfd. auf
den Quadratzoll sind bei einer wöchentlichen Production von 100 Tonnen oder 2000 Centnern Roheisen
aus Thoneisenstein 55 Pferdekräfte des Gebläses erforderlich, oder wenn auf Reibung
und Verlust Rücksicht genommen wird, 66 Pferdekräfte. Die Pferdekraft = 33000 Pfd. 1
Fuß hoch gehoben. – Verschmilzt man reichen Kohleneisenstein, so sind bei
derselben Pressung und Production 22, oder mit Berücksichtigung der Verluste 27
Pferdekräfte erforderlich. – Besteht die Beschickung aus Roheisenstein und
Frischschlacken, so bedarf man eines Gebläses von respective 52 und 63
Pferdekräften.
Raffinir- oder Feineisenherd. – Bei einer Windpressung von 2 1/2 Zoll beim Feinen
von Frischroheisen, auf 100 Tonnen Fein- oder Weißeisen, die wöchentlich
producirt werden 13, und mit Reibung und Verlust 16 Pferdekräfte.
Bei gleicher Windpressung und Production sind zum Feinen von schweren Gußstücken und
Abfällen von grauem Roheisen respective 24 und 29 Pferdekräfte erforderlich.
Puddelwerk. – Nr. 1. Betrieb eines 18zölligen
Puddelwalzentrains, bestehend aus einem Paar Streck- und einem Paar
Schlichtwalzen, einer doppelten Luppenquetsche und zwei Scheren zum Zerschneiden der
Rohschienen, bei 55 Umgangen in der Minute. – Kraft zum Betriebe des Trains,
des schweren Räderwerks, der Quetsche und der Scheren, bei der obigen
Geschwindigkeit, 44 Pferdekräfte. Additionelle Kraft bei vollem Betriebe zur
Darstellung von 300 Tonnen (6000 Ctr.) Rohschienen wöchentlich, 34 Pferdekräfte.
Gesammtkraft zum Betriebe des Puddelwalzwerks mit erwähnter Geschwindigkeit und
Production, 74 Pferdekräfte. Die Rohschienen sind 3 Zoll breit und 3/4 Zoll stark
und aus Feineisen gepuddelt.
Die beim Leergange des Puddeltrains bei einer Geschwindigkeit von 55 Umgängen in der
Minute erforderlichen 44 Pferdekräfte werden auf folgende Weise absorbirt:
Kraft zur
Ueberwindung der Reibung und der Trägheit derTreibmaschine
5 Pf. Kr.
Deßgl. der
schweren Maschinerie, als Kurbel, Schwungradwellen,Rad und
Getriebe
13
Deßgl. Winkelräder, Kurbel und Spindeln für
die Scheren
3
Deßgl.
Walzwerk, bestehend aus Walzen, doppelten Getriebenund
Verbindungswellen
15
Deßgl.
Quetsche nebst Kurbel
4
Wenn das Walzwerk im vollständigen Betriebe ist, so sind die 74 Pferdekräfte wie
folgt, vertheilt:
auf die Treibmaschine
7 Pf. Kr.
„ das
schwere Räderwerk
15
„ die
Schere
4
„ die
beiden Walzengerüste
37
„ die
Quetsche
11
Nr. 2. Betrieb des Puddeltrains, bestehend aus Walzen, Quetsche und Schere, ähnlich
den vorhergehenden, jedoch 82 Umgänge in der Minute, bei verminderter
Geschwindigkeit der angewendeten Treibmaschine machend. Die von der letztern und der
Maschinerie bei dieser Geschwindigkeit absorbirte Kraft beträgt 19,5 Dampfpferde;
Absorbirung des leergehenden Trains 28,5 Pferdekräfte; Gesammtabsorbirung von der
Maschine, dem Räderwerk, den Walzen und den Quetschen, wenn sie weder zängen noch
walzen, 48 Pferdekräfte. Additionelle Kraft bei vollem Betriebe und einer
wöchentlichen Fabrication von 360 Tonnen, 67,5 Pferdekräfte – wobei 3 Zoll
breite und 3/4 Zoll dicke Rohschienen aus Roheisen dargestellt werden. Daher beläuft
sich die Gesammtkraft zum Betriebe des Trains auf 115,5 Dämpfpferde.
Zum Betriebe eines Stirnhammers ist eine geringere Kraft erforderlich als zu einer
doppelten Quetsche, allein während des Betriebes erfordert jener eine größere
Nutzkraft; bei 19 Umdrehungen der Hebedaumenwelle in der Minute absorbiren Trägheit
und Reibung 16 Pferdekräfte.
Stab- oder
Grobeisen- auch Schienen-Walzwerk.
– Betrieb eines 18zölligen Schienentrains, bestehend aus Streck- und
Schlichtwalzen und doppelten, in Lagern befindlichen Getrieben, horizontaler
Hochdruckdampfmaschine, schwerem Räderwerk, gekröpften Scheren, 8 Pressen zum
Geradrichten der Schienen, Sägen und Verbindungstheilen. Geschwindigkeit der Walzen
85 Umgänge in der Minute. Kraft beim Leergange des Walzwerks etc. 71 Dampfpferde.
Additionelle Kraft beim Walzen von Schienen mit Basis 168 Dampfpferde. Gesammtkraft
zum Betriebe eines Schienenwalzwerks, welches wöchentlich 600 Tonnen Schienen
fabriciren kann, 239 Pferdekräfte. Diese Kraft wird auf folgende Weise
absorbirt:
durch Reibung und Trägheit der
Maschine
12 Pf. Kr.
„
das schwere Getriebe
22
„
den Train
179
auf die Scheren
6
„ „
acht Richtpressen
12
„ „
Kreissägen
8
Die von dem Train absorbirte mittlere Kraft beträgt 179 Dampfpferde, allein sie wird
nur in Zwischenräumen von wenigen Secunden ausgeübt, und während des Walzens beträgt die von der
Maschine abgegebene und die in dem schweren Schwungrade angehäufte Kraft 332 bis 485
Dampfpferde.
Betrieb eines 18zölligen Stabeisentrains, bestehend aus
einem Paar Streck- und einem Paar Schlichtwalzen, gekröpften Scheren, vier
Richtpressen und einem Paar Kreissägen. Die von der Treibmaschinerie der drei Trains
und ihren Mittheilungen leergehend beanspruchte Kraft ist = 52 Dampfpferden. Von
jedem Train der leergehenden Walzen, werden 21 Pferdekräfte absorbirt; additionelle
Kraft für jeden Train beim Walzen von 1 1/2zölligem Rund- und Quadrateisen
29,5 Dampfpferde; beim Auswalzen von 6- und 1zölligem Flacheisen 112
Dampfpferde. Gesammtkraft für einen Train von Stabeisenwalzen zu Flacheisen 159
Pferdekräfte; dito für ein Walzwerk mit drei Trains oder
Gerüsten welche 6zölliges Flach-, 1 1/2zölliges Quadrat- und Rundeisen
fabriciren, mit den Bewegungsmittheilungen, 286 Pferdekräfte.
Betrieb eines 12zölligen Walzwerks, bestehend aus drei
Streck- und zwei Schlichtwalzen, Getrieben, zwei Paar Scheren und einer
horizontalen Hochdruckmaschine leergehend, bei 140 Umgängen in der Minute, 26
Pferdekräfte; additionelle Kraft beim Walzen von Rund- und Quadrateisen von
5/8 bis 1 Zoll Stärke, 23 Dampfpferde, zusammen 49 Pferdekräfte. Wöchentliches
Fabricationsquantum 80 bis 100 Tonnen.
Betrieb eines 12zölligen Walzwerks, bestehend aus einem Paar Streck- und einem
Paar Schlichtwalzen, Getrieben, Scheren etc., welche von einer besondern
Dampfmaschine getrieben werden. Beim Auswalzen von 1 1/2 bis 3/8zölligem Flacheisen,
mit Einschluß der Reibung, der Maschine, der Getriebe und Scheren, 32
Pferdekräfte.
Betrieb eines Trains von 8zölligen Walzen, bestehend aus drei Streck-, drei
ovalen und einem Paar Schlichtwalzen, welche mit einer Geschwindigkeit von 220
Umgängen in der Minute betrieben werden. Kraft, um die Maschine und die Maschinerie
im Gange zu erhalten, 17 Pferdekräfte; beim Leergehen des Trains 24 Pferdekräfte;
dazu kommen beim Walzen von 1/2zölligen Flachstäben 14 Pferdekräfte, bei 3/4zölligen
Flachstäben 21 Pferdekräfte, bei 1/2zölligem Bolzeneisen von dreifacher Länge 18
Pferdekräfte; Gesammtkraft, welche ein Walzwerk, welches 3/4zölliges Flacheisen
fabricirt, absorbirt, 62 Pferdekräfte.
Betrieb eines achtzölligen Trains, dem obigen ähnlich, jedoch von einer besondern
Maschine und Maschinerie betrieben; er liefert kurze Längen von Bolzen- und
Quadrateisen bis 5/8 Zoll; mittlere Kraft bei halbzölligem Bolzeneisen,
einschließlich Reibung und Trägheit, 54 Pferdekräfte.
Betrieb von einem Paar 4 1/2füßigen Schienen-Sägen,
welche 820 Umdrehungen in der Minute machen und mit Räderwerk und Riemenscheiben in
Bewegung gesetzt werden: besondere, horizontale Hochdruckmaschine von 11
Pferdekräften.
Betrieb von einem Paar doppelter Schienen-Richtpressen, welche 28 Züge in der Minute machen und
wöchentlich 80 bis 100 Tonnen Schienen gerade richten, 7 Pferdekräfte.
Betrieb von schweren gekröpften Scheren, welche
Rohschienen von 6 und 1 Zoll zerschneiden, 65 Schnitte in der Minute machen und
täglich 120 Tonnen zerschneiden, 9 Pferdekräfte.
Eine annähernde Bestimmung der Maschinenkräfte, welche auf einem englischen
Eisenwerke, von der Gewinnung der Kohlen und Erze ab, bis zur Vollendung des
verkäuflichen Stabeisenwerks angewendet werden, geben wir hier bezüglich des Dowlais
Eisenwerks in Südwales, in welchem das Roheisen hauptsächlich zu Eisenbahnschienen
und gröberen Stabeisensorten verarbeitet wird. Die Kraftverhältnisse sind
bedeutender als die in Schottland und in den nördlichen englischen Grafschaften
angewendeten, jedoch geringer als auf den Hütten in Staffordshire und andern
Gegenden, wo viel feines Eisen fabricirt wird.
Die Kraft, welche im Jahre 1855 die Maschinen zu Dowlais entwickeln, ist
folgende:
4 Wasserhaltungsmaschinen
auf den Steinkohlen- undEisensteingruben, so wie zur
Wasserversorgung des Werks
496 Pf. Kr.
16 Fördermaschinen auf den
Steinkohlen- und Eisensteinschachten
1134 „ „
14 Maschinen auf
Gichtbrücken u. s. w
668 „ „
11 Locomotiven, welche
Steinkohlen und Erz auf das Werkfördern und Producte
fortschaffen
580 „ „
2 Maschinen, welche
Thonmühlen, Pochwerke, Ziegelmaschinenetc. betreiben
76 „ „
5 Gebläsemaschinen
2154 „ „
10 Maschinen zu
Hammer- und Walzwerken
2165 „ „
2 Maschinen zum Betriebe
der Dreh- und Bohrwerke, von Scheren etc.
35 „ „
––––––––––
Summa
7308 Pf. Kr.
Die jährliche Production dieses Werks beträgt 108,576 Tonnen Roheisen, die jährliche
Production des Vereinigten Königreichs 3,585,906 Tonnen. Berechnet man die dazu
erforderlichen Maschinenkräfte nach den obigen Angaben von der Dowlaishütte, so sind
242,000 Pferdekräfte nöthig.